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Hinweise zu Didaktik und Methoden

Modul 6: Währungsunion

Einführung

Die Währungsunion ist das Ereignis im Laufe der Integrationsgeschichte, das jeden Einzelnen von uns unmittelbar und spürbar berührte, im doppelten Sinn des Wortes. Deshalb sind Anknüpfungspunkte zur Behandlung von Modul 6 in der Erwachsenenbildung leicht zu finden. Jede Teilnehmerin, jeder Teilnehmer kann aus eigener – guter oder unangenehmer – Erfahrung von der Umstellung der „guten alten D-Mark“ auf Euro und Cent berichten.

• Nach zehn Jahren Erfahrung mit dem neuen Geld können die Hoffnungen oder Befürchtungen von einst mit dem Befund von heute verglichen werden.
• Den persönlichen Berichten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer kann die Bewertung der Ökonomen und Politiker gegenübergestellt werden.
• Überwiegend ist die Ansicht, der Euro habe in Europa das Schlimmste der jüngsten globalen Wirtschafts- und Finanzkrise verhindert. Der Euro hat sich in der Finanzkrise bewährt und der Europäischen Union (EU) große Turbulenzen erspart. Denn Währungsturbulenzen wie früher hat es während der ganzen Wirtschaftskrise im Euroraum nicht gegeben.
• Gleichzeitig wird diese Krise jedoch eine harte Bewährungsprobe für den Euro werden.

Die Staatsverschuldung der EU-Staaten ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Große Konjunkturprogramme und die teure Bankenrettung zur Bekämpfung der internationalen Wirtschaftskrise haben viel Geld gekostet. Im Frühjahr 2010 wurden einzelne Länder mit einer ungünstigen Ausgangslage und ungelösten Strukturproblemen wie Griechenland Ziel von Spekulationen. Sie haben die internationale Spekulation geradezu eingeladen, Druck auf den Eurokurs auszuüben. Dem haben die EU-Staaten mit einer beispiellosen Rettungsaktion zunächst einen Riegel vorschieben können (siehe Zusatzthema „Die Maßnahmen zur Stabilisierung des Euro“). Ob diese Maßnahmen dauerhaft wirken können, wird u. a. auch davon abhängen, ob die Reformen des Stabilitäts- und Wachstumspakts die übermäßige Staatsverschuldung wirksam eindämmen können..

Für den Erfolg der WWU ist es notwendig, dass die Teilnehmer ihre Wirtschafts-, Finanz-, und Lohnpolitik flexibel an veränderte Rahmenbedingungen anpassen. Denn Fehlentwicklungen in einzelnen Staaten lassen sich nicht mehr durch Wechselkursänderungen korrigieren.

Mit dieser Thematik sind also seit 2010 und wohl auch noch 2012 und darüber hinaus ausreichend aktuelle Anknüpfungspunkte für die Behandlung des Themas gegeben.

Lernziele

Es gilt zu erkennen, dass

  • der Euro trotz der aktuellen Krise eine Erfolgsgeschichte ist.
  • der Erfolg der WWU und des Euro insbesondere in der hohen Preisstabilität liegt; so betrug die Inflationsrate in den vergangenen zehn Jahren durchschnittlich 2 %, eine Halbierung im Vergleich zu Anfang der 90er Jahre.
  • Preistransparenz ein wesentliches Merkmal der Gemeinschaftswährung ist; dabei können nicht nur die Bürgerinnen und Bürger im Euroraum Preise besser miteinander vergleichen, auch Unternehmen erhalten für ihre Geschäftsbeziehungen im Euroraum mehr Transparenz.
  • der Euro auch international – neben dem US-Dollar – zentrale Bedeutung erlangt hat, was sich dämpfend auf den Preisanstieg beispielsweise im Energie- oder Nahrungsmittelsektor auswirkt.
  • auf dieser Grundlage auch die langfristigen Zinssätze auf unter 4 % gesunken sind, was nicht zuletzt für den Immobilienerwerb und für Unternehmensinvestitionen von Vorteil ist.
  • die Unternehmen keine Wechselkursschwankungen mehr befürchten müssen; der Euro schützt rund ein Drittel der Produktion und die Hälfte des Handels vor solchen Schwankungen.
  • auf dieser Grundlage dank der Weiterentwicklung des Binnenmarktes und der damit einhergehenden Integration der Volkswirtschaften zwischen 1999 und 2010 rund 16 Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden konnten.
  • der Euro innerhalb von zehn Jahren seinen Außenwert um nahezu 100 Prozent gesteigert hat, von 0,80 Euro pro Dollar im September 2000 auf zwischenzeitlich 1,50; im Verlauf der Verschuldungskrise seit dem Frühjahr 2010 sank der Kurs zeitweilig wieder auf 1,20, lag damit aber immer noch um 50 % über seinem Tiefststand.
  • sowohl die Auf- wie die Abwertung des Euro gegenüber den Weltwährungen Dollar und Yen Vorteile für Europa bringt (Aufwertung verbilligt Importe, Abwertung verbilligt Exporte), aber spiegelbildlich auch Nachteile (Aufwertung verteuert Exporte, Abwertung verteuert Importe); Aufwertungen wirken sich für Länder wie Deutschland, deren Bruttonationalprodukt erheblich vom Export abhängt, eher nachteilig aus, weil der Export durch einen starken Euro verteuert wird.
  • der Euro eine Weltwährung geworden ist, die den Dollar als Reservewährung zwar nicht verdrängt hat, ihm aber nahegekommen ist.
  • die Vermeidung übermäßiger öffentlicher Defizite durch die Mitgliedstaaten die im EU-Vertrag festgeschriebene Grundregel der Haushaltspolitik ist; nach dem Stabilitäts- und Wachstumspakt müssen alle Mitgliedstaaten mittelfristig einen nahezu ausgeglichenen Haushalt oder einen Überschuss erwirtschaften.
  • der Stabilitäts- und Wachstumspakt zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte in Krisenzeiten aber nicht eingehalten wird (werden kann?).
  • die EU-Staaten den Stabilitäts- und Wachstumspakt seit 2010 so reformiert haben, dass übermäßige Haushaltsdefizite wirksamer verhindert werden.
  • der EU-Vertrag bestimmt, dass weder die Union noch die Mitgliedstaaten für öffentliche Schulden anderer EU-Staaten haften („no-bail-out“-Klausel Art. 125 AEUV), die Politik aber in der Not Auswege finden kann, z. B. in Art. 122 AEUV, der einen finanziellen Beistand er möglicht, wenn ein EU-Staat in Schwierigkeiten gerät aufgrund von außergewöhnlichen Ereignissen, die sich seiner Kontrolle entziehen.
  • die Einsicht gewachsen ist, dass die Währungsunion auf Dauer nur bei fortschreitender Integration in Richtung zur politischen Union funktionieren kann und dass insbesondere im Bereich der Fiskalpolitik (der nationalen Haushalte) weitere Hoheitsrechte auf die Union übertragen werden müssen.

Didaktische Absichten

Euro und Währungsunion sind die täglich und unmittelbar erfahrbaren Wirkungen der europäischen Integration. Die meisten werden überwiegend positive Erfahrungen mit der Gemeinschaftswährung haben (Urlaub!). Dennoch hält sich hartnäckig der Verdacht, der Euro sei ein Teuro, die Währungsumstellung habe zu spürbaren Verteuerungen des Lebensunterhalts geführt. Eine geführte Diskussion um diesen Befund kann den Blick dafür öffnen, dass sowohl Lob wie Kritik an der EU allgemein stark vom „Hörensagen“ beeinflusst werden. Im Zusammenhang mit der Verschuldungskrise seit 2010 kann besonders auf die Pflicht der EZB verwiesen werden, die Preisstabilität zu garantieren. Da die Zentralbanken zur Stützung der Kurse Anleihen hochverschuldeter Eurostaaten gekauft haben, kann die Preissteigerung nach Ansicht mancher Experten zunehmen (Ursache: durch den Ankauf gibt die Zentralbank Geld ab, der Geldumlauf erhöht sich; Wirkung: durch höheren Geldumlauf steigt die Nachfrage und steigen möglicherweise die Preise). Das will die EZB gerade vermeiden, indem sie dem Finanzsektor in gleichem Umfang Geld entzieht: Sie lässt laufende Finanzierungsgeschäfte mit Banken am Geldmarkt auslaufen. Dann würde die Zentralbankgeldmenge nicht steigen und der Aufwärtsdruck auf die Preise ausbleiben.

Die Staatsschuldenkrise, die nach Griechenland auch Irland, Portugal, Spanien und Zypern erfasst hat und womöglich weitere Eurostaaten erfassen wird, ist ein Beispiel dafür, welch hohes Maß an Komplexität die Probleme in diesem Bereich erreicht haben, so dass es selbst Experten schwer fällt, die Ursachen zu erklären oder die Wirkung von Maßnahmen zu ihrer Lösung vorherzusagen. Entsprechend vorsichtig sollten „Laien“ in ihrer Beurteilung der politischen Maßnahmen sein.

ARBEITSBLATT 1 (Konvergenz und Defizitverfahren)

M1 bis M4 stellen die diejenigen Artikel aus dem Lissabon-Vertrag und den Protokollen zusammen, die für Haushaltsdisziplin, Konvergenz und Defizitverfahren von Bedeutung sind. In diesem Zusammenhang ist zu empfehlen, mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern über die anhaltend hohe Verschuldung der öffentlichen Haushalte in EU-Staaten und ihre Ursachen zu diskutieren. Ist die globale Wirtschafts- und Finanzkrise allein dafür verantwortlich zu machen?

M5 stellt den Wechselkursmechanismus (WKM II) vor, an dem Währungen der EU-Staaten teilnehmen können, die den Euro noch nicht einführen konnten oder wollten.

ARBEITSBLATT 2 (Hat der Euro sich bewährt?)

M1 bringt einen Beitrag aus der Tageszeitung „Die Welt“ vor Beginn der Währungsunion. Der Autor ist Mitglied des Europäischen Parlaments. Decken sich die Vorhersagen über Vorteile des Euro mit der Wirklichkeit von heute?

M2 bringt einen Beitrag aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ aus der Zeit, als die globale Wirtschaft- und Finanzkrise ihren Höhepunkt erreicht hatte. Der Autor war von 1998 bis 2006 Mitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank und galt als „Chefökonom“ der EZB.

M3 ist die Landkarte Europas mit Kennzeichnung der EU-Staaten nach ihrer Zugehörigkeit zur Währungsunion oder ihrer Teilnahme am Wechselkursmechanismus. Besonders hinzuweisen wäre auf die Länder Dänemark und Schweden. Dänemark hat sich, wie Großbritannien, ein „opt-out“ ausbedungen, ist also nicht verpflichtet, der Währungsunion beizutreten, nimmt aber am WKM II teil und erfüllt damit eine Vorbedingung für die Einführung des Euro. Schweden erfüllt alle Konvergenz-Bedingungen und wäre demnach verpflichtet, den Euro zu übernehmen, nimmt aber nicht am WKM II teil, um dieses Kriterium für die Teilnahme an der Währungsunion nicht zu erfüllen. Ein Grund dafür ist das negative Referendum im September 2003, als 56,5 Prozent der Stimmen den Euro abgelehnt hatten.

M4 fasst die Hoffnungen und die Ängste zusammen, die mit der Einführung des Euro verbunden waren. Der Autor war seit 1998 Vizepräsident der Bundesbank und ist seit Juni 2006 Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank („Chefvolkswirt“).

M5 ist eine Karikatur aus dem Jahr 2000, als der Eurokurs gegenüber dem Dollar sank und sank, vom Startkurs 1,18 im Januar 1999 auf den Tiefststand 0,83 im Oktober 2000. An vorderster Abwehrfront erkennt man neben dem deutschen Michel Frankreichs Marianne mit den Gesichtszügen von Chirac (damals Staatspräsident) sowie Italiener und Spanier, während der Brite sich davonmacht.

M6 listet die Bedingungen auf, die ein Staat erfüllen muss, um an der Währungsunion teilnehmen zu können.