BERICHT über Nichtdiskriminierung und Chancengleichheit für alle – Eine Rahmenstrategie

18.5.2006 - (2005/2191(INI))

Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres
Berichterstatterin: Tatjana Ždanoka
Verfasserin der Stellungnahme(*):
Claire Gibault, Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter
(*) Verstärkte Zusammenarbeit zwischen Ausschüssen – Artikel 47 der Geschäftsordnung

Verfahren : 2005/2191(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A6-0189/2006
Eingereichte Texte :
A6-0189/2006
Angenommene Texte :

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zu Nichtdiskriminierung und Chancengleichheit für alle – Eine Rahmenstrategie

(2005/2191(INI))

Das Europäische Parlament,

–   gestützt auf Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, wonach die Gemeinschaft kraft der ihr übertragenen Zuständigkeiten geeignete Vorkehrungen treffen kann, um Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen,

–   in Kenntnis der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr[1],

–   unter Hinweis auf die Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft[2] sowie der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf[3], die jede mittelbare oder unmittelbare Diskriminierung aufgrund der Rasse oder der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung verbieten,

–   gestützt auf Artikel 21 Absatz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, wonach Diskriminierungen insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung verboten sind,

–   unter Hinweis auf die im Rahmen der Vereinten Nationen und vom Europarat angenommenen unterschiedlichen Rechtsinstrumente, die jegliche Diskriminierung im Hinblick auf die durch sie garantierten Rechte verbieten, und besonders die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und das Rahmenübereinkommen des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten,

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Nichtdiskriminierung und Chancengleichheit für alle - Eine Rahmenstrategie“ (KOM(2005)0224),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 28. April 2005 zur Lage der Roma in der Europäischen Union[4],

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Juni 2005 zum Schutz von Minderheiten und Maßnahmen gegen Diskriminierung in einem erweiterten Europa[5],

–   unter Hinweis auf den Jahresbericht 2004 des Netzes der Sachverständigen für Grundrechte sowie seinen Bericht über Minderheiten, der im selben Jahr veröffentlicht wurde,

–   gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,

–   unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und die Stellungnahme des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (A6‑0189/2006),

A. in der Erwägung, dass die Bekämpfung von Diskriminierung ein wesentlicher Bestandteil jeder Integrationspolitik - die ihrerseits den sozialen Zusammenhalt garantiert - und ein unverzichtbares Mittel zur Bekämpfung von Ausgrenzung ist,

B.  in der Erwägung, dass Diskriminierung zum großen Teil auf Unkenntnis oder Unverständnis und die daraus resultierende Angst vor dem Anderen zurückzuführen ist, und dass das Problem deshalb an der Wurzel angegangen werden muss, durch gezielte Maßnahmen zur Förderung von Toleranz und Pluralismus von frühester Jugend an; unter Hinweis darauf, dass die Programme Sokrates, Leonardo und Jeunesse in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielen können,

C. unter Hinweis auf die Feststellung der EUMC, dass die Verbreitung praktischer Informationen über Nichtdiskriminierung auf nationaler Ebene durch die nationalen Behörden begrenzt ist und auf die Zielgruppen und die NRO, die sie unterstützen, ausgedehnt werden sollte; in der Erwägung, dass die Regierungen der Tatsache stärker Rechnung tragen sollten, dass die Zivilgesellschaft ein effizienter Partner bei der Bekämpfung von rassistisch motivierter Diskriminierung sein kann und alle Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung unterstützen sollten,

D. in der Erwägung, dass Artikel 21 der Charta der Grundrechte, der in Artikel II-81 des Verfassungsvertrags übernommen wurde, eine größere Reichweite besitzt als Artikel 13 des EG-Vertrags, da in ihm Gründe für Diskriminierung aufgeführt sind, die in letzterem nicht genannt werden, wie Hautfarbe, soziale Herkunft, genetische Merkmale, Sprache, politische und andere Anschauungen, Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, Vermögen und Geburt; in um so größerem Bedauern darüber, dass diese erweiterte Definition des Begriffs bisher in der Praxis in keine rechtsverbindliche Form umgesetzt wurde,

E.  in der Erwägung, dass sich die Mitgliedstaaten, wie das Netz der Sachverständigen kürzlich festgestellt hat, bei der Annahme von Rechtsinstrumenten auf der Grundlage von Artikel 13 des EG-Vertrags zur Einhaltung der Grundrechte verpflichten müssen, die in den allgemeinen Grundsätzen des EG-Rechts verankert sind, einschließlich der Rechte, Freiheiten und Grundsätze gemäß der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

F.  in der Überzeugung, dass man, indem man bestimmte Formen von Diskriminierung bei der Rechtssetzung vorrangig behandelt, eine Art Hierarchie der Diskriminierungsgründe schafft, die nicht zu rechtfertigen ist,

G. unter Hinweis darauf, dass der Begriff Diskriminierung unterschiedlich aufgefasst werden kann, je nachdem, ob man ihm eine individuelle oder kollektive Bedeutung beimisst, und dass der Schutz der Rechte der Bürger als Einzelpersonen nicht die gleichen Maßnahmen erfordert wie der Schutz der Interessen von Personengruppen,

H. in der Erwägung, dass definiert werden muss, was unter positiven Maßnahmen zu verstehen ist, bevor eventuelle Beschlüsse über eine wie auch immer geartete Änderung von Rechtsvorschriften gefasst werden; in der Erwägung, dass positive Maßnahmen auch Maßnahmen zur Bekämpfung von Ungleichbehandlung und rechtswidriger Diskriminierung umfassen und ein Instrument zur Förderung einer ausgewogenen Beteiligung der Personen in den Sektoren und auf den Ebenen darstellen, wo es von entscheidender Bedeutung ist, dass die gesamte Bevölkerung in ausgewogener Weise vertreten ist; unter besonderem Hinweis darauf, dass dies nicht auf den Bereich Beschäftigung beschränkt werden darf und über die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern hinausgehen muss,

I.   in der Erwägung, dass durch eine Erziehung, die Frieden, Gewaltverzicht und den Dialog zwischen den Kulturen fördert, auf eine Kultur der Nichtdiskriminierung hingearbeitet werden sollte,

J.   in der Überzeugung, dass es sich, um weit in die Vergangenheit zurückreichende Ungerechtigkeiten oder Diskriminierungen auszugleichen, als notwendig erweisen kann, vorübergehend auf „positive Maßnahmen“ zurückzugreifen, die auf einer „proaktiven“ Auslegung des Gerechtigkeitsbegriffs basieren und ganz unterschiedliche Formen annehmen können; mit der Feststellung, dass die Einführung von Quoten als außerordentliche Maßnahme angesehen werden sollte, die nur in Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und unter Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit angewandt werden darf,

K. in der Erwägung, dass für bestimmte besonders benachteiligte Gesellschaftsgruppen, wie die Roma, oder in ihren Rechten beeinträchtigte Gruppen, wie Nichtstaatsangehörige, die Annahme positiver Maßnahmen oder sogar spezifischer Rechtsvorschriften unerlässlich ist, um ihnen eine echte Beteiligung am gesellschaftlichen Leben und besonders eine politische Teilhabe zu garantieren, damit sie Einfluss auf sie betreffende Entscheidungen nehmen können,

L.  unter Hinweis darauf, dass die in bestimmten Mitgliedstaaten praktizierte Unterbringung von Roma-Kindern in gesonderten Schulklassen oder in Einrichtungen für geistig Behinderte einer Form von Rassentrennung gleichkommt, und dass dringend Maßnahmen zur Abkehr von dieser Praxis ergriffen werden müssen,

M. in der Erwägung, dass der Beratende Ausschuss des Rahmenübereinkommens die Einführung positiver Maßnahmen zugunsten der Angehörigen besonders benachteiligter Minderheiten empfiehlt,

N. in der Erwägung, dass die Unterzeichnerstaaten des Internationalen Übereinkommens über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte nach Ansicht des UN-Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte verpflichtet sind, Menschen mit Behinderungen bevorzugte Behandlung zu gewähren, um das Ziel der vollständigen Beteiligung und Gleichbehandlung innerhalb der Gesellschaft für alle Personen mit Behinderungen zu verwirklichen,

O. unter Hinweis auf die Feststellung der EUMC, wonach das wahre Ausmaß und die Natur des Problems des Rassismus nach wie vor schwer einzuschätzen sind, da in vielen Mitgliedstaaten darüber weder offizielle noch inoffizielle Statistiken geführt werden oder diese wenig Aussagekraft besitzen,

P.  in der Erwägung, dass es, wie die EUMC betont, ohne offizielle Statistiken über ethnische und nationale Herkunft sowie Religion schwierig sein wird, das Phänomen der Diskriminierung und den Erfolg der Maßnahmen zu seiner Bekämpfung richtig einzuschätzen; in der Erwägung, dass das Fehlen ausreichender statistischer Daten zur Veranschaulichung und Bewertung der Diskriminierung es unmöglich macht, eine Strategie der Nichtdiskriminierung zu entwickeln, die insbesondere auf positiven Maßnahmen zugunsten solcher Gruppen aufbaut,

Q. unter Hinweis darauf, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten in der Gemeinschaft durch die Richtlinie 95/46/EG geregelt wird, und dass es, wie das Netz der Sachverständigen betont, insofern keinen Konflikt zwischen dem Schutz personenbezogener Daten und der Überwachung des Phänomens der Diskriminierung auf statistischem Wege gibt, als das Ziel dieser Überwachung darin besteht, zu einem besseren Verständnis der zu starken oder zu schwachen Vertretung bestimmter Gruppen in bestimmten Bereichen oder auf bestimmten Ebenen zu gelangen und den Fortschritt zu bewerten, um eventuellen Handlungsbedarf festzustellen und die wirksamsten Vorgehensweisen zu ermitteln,

R.  in der Erwägung, dass zur Feststellung indirekter bzw. mittelbarer Diskriminierungen, die ausdrücklich durch die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften verboten sind, verlässliche Statistiken erforderlich sind, besonders über bestimmte Gruppen, die spezifische Merkmale aufweisen; in der Erwägung, dass mangels solcher Statistiken den potenziellen Opfern einer mittelbaren Diskriminierung ein wichtiges Mittel zur Anerkennung ihrer Rechte vorenthalten wird,

S.  unter besonderem Hinweis darauf, dass die Interpretation von Fakten, die möglicherweise Aufschluss über das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung geben, in Übereinstimmung mit nationalem Recht oder nationalen Gepflogenheiten erfolgt, und dass der Rückgriff auf statistische Daten als Beweiselement zur Feststellung einer mittelbaren Diskriminierung ins Ermessen der Mitgliedstaaten gestellt wird, was nicht nur auf eine unterschiedliche Handhabung hinausläuft, sondern auch bedeutet, dass es in den Mitgliedstaaten, wo diese Praxis nicht anerkannt wird, unmöglich ist, gegen bestimmte Formen mittelbarer Diskriminierung gerichtlich vorzugehen,

T.  mit der Feststellung, dass Gleichheit und das Recht auf ein Leben frei von Diskriminierung und Rassismus Grundprinzipien einer Gesellschaft sind, in der alle Mitglieder ausreichend integriert sind; in der Erwägung, dass die Politiken der EU im Bereich der Integration und Diskriminierung miteinander kompatibel sein sollten; in der Erwägung, dass „Integration“ ungeachtet der Tatsache, dass die Traditionen und kulturellen Werte der Mitgliedstaaten geachtet werden müssen, auf einem einheitlichen Ansatz beruhen sollte, wie ihn die Mitgliedstaaten in den Gemeinsamen Grundprinzipien zur Integration aus dem Jahr 2004 vereinbart haben,

Allgemeine Erwägungen

1.  vertritt die Ansicht, dass die Bekämpfung der Diskriminierung über die Rechtsinstrumente und Rekursmöglichkeiten hinaus auf Erziehung und Bildung, der Förderung bewährter Methoden sowie auf Kampagnen, die sich an die allgemeine Öffentlichkeit und die Bereiche und Sektoren richten, in denen Diskriminierung statt findet, beruhen muss; betont, dass die Bekämpfung der Diskriminierung ferner auf einem Bewusstsein der sozialen, aber auch der wirtschaftlichen Folgen dieses Phänomens beruhen muss, an der die NRO mitwirken müssen, die von den Mitgliedstaaten eng in ihre Politik zur Bekämpfung von Diskriminierung einbezogen werden sollten;

2.  vertritt die Ansicht, dass der Begriff „positive Maßnahmen“ klar definiert werden muss und dass deutlich gemacht werden muss, dass positive Maßnahmen nicht gleichbedeutend mit positiver Diskriminierung sind; stellt fest, dass konkrete Beispiele für positive Maßnahmen beispielsweise folgende Maßnahmen umfassen können: Überprüfung von Einstellungspolitiken und Maßnahmen zur Identifizierung und Abschaffung derjenigen, die Diskriminierung Vorschub leisten; Maßnahmen, um benachteiligte Gruppen über ihre Chancen und Möglichkeiten zu informieren; Festlegung von Zielnormen, um die Vertretung benachteiligter Gruppen innerhalb der Arbeitnehmerschaft zu erhöhen oder Maßnahmen, um benachteiligten Gruppen eine Teilnahme in der Gesellschaft als Ganzes zu ermöglichen;

3.  vertritt die Ansicht, dass in den Mitgliedstaaten angewandte beispielhafte und bewährte Methoden zur Bekämpfung von Diskriminierung, von denen einige weitreichender, tiefgreifender oder stärker verankert sind als andere, mittels eines Benchmarking-Verfahrens gesammelt und publik gemacht werden sollten; empfiehlt in diesem Sinne, das Netz der nationalen Gleichbehandlungsstellen (Equinet) zu verstärken und alle Mitgliedstaaten zu ermutigen, sich an diesem Projekt zu beteiligen; vertritt die Ansicht, dass diese Aufgabe der Sammlung und Verbreitung von Informationen, der Koordinierung und des Anstoßens von Maßnahmen langfristig der Agentur für Grundrechte übertragen werden könnte;

4.  begrüßt die Initiative der Kommission, 2007 ein Europäisches Jahr für Chancengleichheit zu starten und wünscht, dass dieses zu einer Sensibilisierung des Bewusstseins für unterschiedliche Formen von Diskriminierung, Mehrfachdiskriminierungen und zu einer besseren Aufklärung über Rekursmöglichkeiten beitragen wird; hofft jedoch, dass solche Initiativen künftig längere Zeit im Voraus geplant werden; bekräftigt seinen Standpunkt, wonach die Kommission und die Mitgliedstaaten sicherstellen müssen, dass alle Formen von Diskriminierung gleichermaßen behandelt und angegangen werden und erinnert die Kommission an ihr Versprechen und ihre Verpflichtung, sich eingehend mit diesem Problem zu befassen und dem Parlament über ihr Vorgehen Bericht zu erstatten; bedauert nach wie vor die Tatsache, dass für das Jahr gegen Diskriminierung angesichts der Bedeutung der Bekämpfung von Diskriminierung nur unzureichende Mittel zur Verfügung gestellt wurden; fordert in Anbetracht der Tatsache, dass der Dialog zwischen den Kulturen auch den Aspekt der Diskriminierungsbekämpfung umfasst, dass im Rahmen des Europäischen Jahres des Dialogs zwischen den Kulturen (2008) die 2007 begonnen Maßnahmen fortgesetzt werden;

5.  fordert die Kommission auf, eine Bildung und Erziehung im Sinne einer Pädagogik des Friedens, des Gewaltverzichts und des Dialogs zwischen den Kulturen zu fördern;

6.  bedauert, dass die Charta der Grundrechte noch keine Rechtsverbindlichkeit hat und fordert, dass dies geändert wird; fordert nachdrücklich, dass sich die Kommission bei ihrer systematischen und gründlichen Kontrolle, zu der sie sich verpflichtet hat, was die Vereinbarkeit ihrer Rechtssetzungsakte mit der Charta der Grundrechte betrifft, besonders darum bemüht, Diskriminierungen unmittelbarer, aber vor allem mittelbarer Art, die daraus für verschiedene Personengruppen resultieren könnten, aufzudecken und für jeden Legislativvorschlag eine Abschätzung der Auswirkungen in Zusammenhang mit Diskriminierung vorzunehmen, um die Übereinstimmung der Politiken in allen Generaldirektionen der Kommission zu gewährleisten; vertritt die Ansicht, dass die Agentur für Grundrechte eng in die in diesem Rahmen durchgeführten Untersuchungen zur Folgenabschätzung einbezogen werden sollte;

7.  ist wie die Kommission der Ansicht, dass es, um offenkundige Ungleichheiten zu beseitigen, die „endemischen“, „strukturellen“ oder „kulturellen“ Charakter haben, und damit ein stark gestörtes Gleichgewicht wieder herzustellen, in einigen Fällen notwendig sein kann, zeitweilig von einem auf die Einzelperson bezogenen Gleichheitsverständnis abzukommen, zugunsten einer „Verteilungsgleichheit“, die auf eine Personengruppe bezogen ist, indem so genannte „positive“ Maßnahmen ergriffen werden;

8.  betont, dass Begriffe wie „Positive Action”, „Egalité Affirmative” oder „Verteilungsgleichheit“ die gleiche Realität widerspiegeln und auf der Anerkennung der Tatsache beruhen, dass in bestimmten Fällen eine wirksame Bekämpfung von Diskriminierung ein gezieltes Eingreifen seitens der zuständigen Stellen zur Wiederherstellung eines stark gestörten Gleichgewichts bedeutet; betont, dass diese Art der Intervention nicht mit einer Form von Diskriminierung, auch nicht einer „positiven“ Diskriminierung gleichgesetzt werden darf, und dass das Konzept der positiven Maßnahmen nicht auf die Idee von Quoten reduziert werden darf; erinnert daran, dass diese Maßnahmen vielmehr verschiedenste Formen annehmen können, wie die Garantie von Einstellungsgesprächen, den bevorzugten Zugang zu Ausbildungsgängen, die den Zugang zu Berufen eröffnen, in denen bestimmte Gruppen unterrepräsentiert sind, die vorrangige Verbreitung von Stellenangeboten in bestimmten Bevölkerungsgruppen oder die Berücksichtigung von Berufserfahrung, statt nur Diplome anzuerkennen;

9.  erinnert daran, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung einen Mitgliedstaat nicht daran hindert, spezifische Maßnahmen beizubehalten oder zu ergreifen, um Benachteiligungen im Zusammenhang mit einem der Diskriminierungsgründe gemäß Artikel 13 des EG-Vertrags zu verhindern oder auszugleichen, und betont, dass solche spezifischen Maßnahmen allen Bereichen zugute kommen sollten, in denen gravierende Ungleichgewichte festgestellt werden, gleich, ob es sich um den Bildungs- oder Gesundheitsbereich, den Wohnungsbereich, den Zugang zu Gütern und Dienstleistungen oder andere Bereiche handelt;

10. ist sich der Tatsache bewusst, dass die geringe Vertretung bestimmter Gruppen in bestimmten Berufskategorien einen doppelt negativen Effekt haben kann, indem die Betreffenden entmutigt werden, sich um den Erwerb der für diese Berufe erforderlichen Kenntnisse zu bemühen, womit ein Teufelskreis in Gang gesetzt wird; empfiehlt deshalb nachdrücklich, dass die hochrangige Arbeitsgruppe für ethnische Minderheiten auf dem Arbeitsmarkt, die Ende 2006 ihren Bericht vorlegen soll, diesem Problem große Aufmerksamkeit widmet, und Bedingungen zu schaffen, die allen Personengruppen den Zugang zu allen Formen und Ebenen des Studiums und der Ausbildung ermöglichen, und zwar in allen Altersgruppen, vom Kindesalter an, erforderlichenfalls durch positive Maßnahmen, um es benachteiligten Gruppen zu ermöglichen, Schul-, Hochschul- oder Berufsbildungsmöglichkeiten wahrzunehmen, die ihnen ohne diese positiven Maßnahmen nicht zugänglich wären;

11. betont die Notwendigkeit, den Bevölkerungsgruppen der Roma und Nichtstaatsangehörigen Gleichberechtigung hinsichtlich der sozialen und politischen Rechte zu garantieren, und fordert die Mitgliedstaaten und Beitrittskandidaten auf, eine Strategie zu entwickeln, um die Teilnahme von Roma und Nichtstaatsangehörigen, als Wähler wie als Kandidaten, an den Wahlen auf allen Ebenen zu erhöhen;

12. fordert die Mitgliedstaaten, die dies bisher versäumt haben, auf, eine Behörde zu schaffen, die auf Chancengleichheit und Bekämpfung von Diskriminierungen auf nationaler Ebene spezialisiert ist; betont nachdrücklich, dass diese Einrichtung unabhängig sein und mit ausreichenden Finanzmitteln ausgestattet werden muss, um in der Lage zu sein, den Opfern von Diskriminierung bei ihren gerichtlichen Schritten den notwendigen Beistand zu leisten; vertritt die Ansicht, dass diese Behörde auch mit Ermittlungsbefugnissen in Bezug auf die betreffenden Fälle ausgestattet werden muss;

Erhebung statistischer Daten

13. vertritt die Ansicht, dass die Richtlinie 95/46/EG keinesfalls ein Hindernis für die Erhebung von Daten insbesondere betreffend die ethnische Herkunft und Religion darstellt, sondern im Gegenteil einen notwendigen und wünschenswerten Schutz gegen jede missbräuchliche Verwendung solcher zu statistischen Zwecken erhobenen Daten bietet;

14. vertritt die Ansicht, dass ungeachtet kultureller, historischer oder verfassungsrechtlicher Erwägungen die Erhebung von Daten zur Lage von Minderheiten und benachteiligten Gruppen von wesentlicher Bedeutung ist, und dass Politiken und Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von Diskriminierung auf genauen und verlässlichen Daten beruhen müssen;

15. vertritt die Ansicht, dass die gemäß Richtlinie 95/46/EG einzusetzende Arbeitsgruppe nach Artikel 29 eine Stellungnahme ausarbeiten sollte, um die Bestimmungen der Richtlinie zu klären, die die Erhebung statistischer Daten in Bezug auf bestimmte Personengruppen erschweren könnten, und damit eine einheitliche Auslegung in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten;

16. macht auf die Tatsache aufmerksam, dass, sobald personenbezogene Daten für ihre statistische Nutzung anonymisiert werden, die in diesen Statistiken enthaltenen Informationen nicht mehr als personenbezogene Daten anzusehen sind; erinnert daran, dass es außerdem zuverlässige Verfahren gibt, die die Anonymität wahren und traditionell in den Sozialwissenschaften Anwendung finden und somit die Ausarbeitung von Statistiken auf der Grundlage von als sensibel betrachteten Kriterien ermöglichen dürften;

17. begrüßt die Tatsache, dass die Kommission beabsichtigt, in Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden und anderen interessierten Parteien Statistiken zur Bewertung von Diskriminierungsfällen auszuarbeiten; erwartet mit Interesse die Veröffentlichung des für 2006 angekündigten Handbuchs zur Datenerhebung;

18. erinnert daran, dass der Begriff der mittelbaren Diskriminierung untrennbar mit quantitativen Kriterien verbunden ist und dass es deshalb kontraproduktiv ist, die Erhebung von auf bestimmte Eigenschaften bezogenen statistischen Daten unter Berufung auf die Rechtsvorschriften für den Schutz personenbezogener Daten zu verhindern, da es ohne diese Daten nicht möglich ist, den Nachweis für das Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung zu erbringen;

19. vertritt die Ansicht, dass es unabdingbar ist, die Beweisführung auf der Grundlage statistischer Daten zu erlauben, um wirksam alle Formen mittelbarer Diskriminierung zu bekämpfen und damit die Richtlinien der Gemeinschaft zur Bekämpfung von Diskriminierung, die sie ausdrücklich verbieten, ordnungsgemäß umzusetzen;

20. fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Statistikinstrumente so zu gestalten, dass Daten bezüglich Beschäftigung, Wohnung, Bildung und Einkommen für jede der Personengruppen verfügbar sind, die von einer Diskriminierung aufgrund eines der in Artikel 13 des EG-Vertrags genannten Kriterien betroffen sein könnten;

21. macht auf die Tatsache aufmerksam, dass eine Person, um in den Genuss einer bevorzugten Behandlung aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer geschützten Gruppe zu gelangen, zunächst einmal als eine solche identifiziert werden muss, was voraussetzt, dass wichtige sie betreffende Daten verfügbar sind; erinnert daran, dass diese Daten insbesondere in Einklang mit den Rechtsvorschriften über den Schutz personenbezogener Daten und mit Artikel 3 Absatz 1 des Rahmenübereinkommens über den Schutz nationaler Minderheiten verarbeitet werden müssen;

Notwendigkeit der Ergänzung der Rechtsvorschriften

22. bedauert, dass die Kommission ungeachtet der wiederholten Forderungen des Parlaments derzeit nicht beabsichtigt, einen umfassenden Rechtsakt auf dem Gebiet der Diskriminierungsbekämpfung auszuarbeiten; weist darauf hin, dass bessere Rechtsetzung nicht nur bedeutet, dass unnötige Rechtsakte eliminiert werden, sondern auch, dass Rechtsvorschriften als Reaktion auf die starken politischen Signale des Europäischen Parlaments entwickelt werden; plädiert nachdrücklich dafür, dass vor Mitte 2007 ein neuer Rechtsakt vorgelegt wird, der alle in Artikel 13 des EG-Vertrags genannten Diskriminierungsgründe abdeckt und den gleichen Anwendungsbereich hat wie Richtlinie 2000/43/EG;

23. fordert die Mitgliedstaaten auf, in ihrer Gesetzgebung die in Artikel 21 der Charta genannten verschiedenen Diskriminierungsgründe gebührend zu berücksichtigen, um der Charta die Glaubwürdigkeit zu verleihen, die ihr bislang durch ihren nicht rechtsverbindlichen Charakter vorenthalten blieb;

24. fordert die Mitgliedstaaten auf, ohne Vorbehalte oder einschränkende Erklärungen Verpflichtungen im Rahmen von Menschenrechtsübereinkommen im Bereich der Nichtdiskriminierung und des Schutzes von Personen, die Minderheiten und anderen sensiblen Gruppen angehören, zu übernehmen, und diesen Verpflichtungen gewissenhaft nachzukommen;

25. vertritt die Ansicht, dass traditionelle nationale Minderheiten für ihre Beteiligung an Entscheidungsprozessen betreffend ihre Identität dringend einen Regelungsrahmen benötigen und durch verschiedene Formen der Selbstverwaltung oder Autonomie geschützt werden müssen, um die durch die Kopenhagener Kriterien einerseits und das Fehlen diesbezüglicher Bestimmungen in den Mitgliedstaaten andererseits geschaffenen zweierlei Maßstäbe zu überwinden;

26. fordert die Kommission auf, ihren Verpflichtungen als Hüterin der Verträge tatkräftig nachzukommen und Sofortmaßnahmen gegen Mitgliedstaaten zu ergreifen, die Gemeinschaftsgesetze, welche Diskriminierung auf der Grundlage von Artikel 13 des EG-Vertrags verbieten, noch nicht in nationales Recht umgesetzt haben, wie die Richtlinie zur Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse (2000/43/EG) und die Beschäftigungsrichtlinie (2000/78/EG); erinnert dran, dass der Gerichtshof bereits bei mehreren Mitgliedstaaten auf Nichteinhaltung der Antidiskriminierungsrichtlinien erkannt hat und fordert diese Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, ihren diesbezüglichen Verpflichtungen nachzukommen; vertritt die Ansicht, dass gegen neue Mitgliedstaaten, die die Antidiskriminierungsrichtlinien nicht umgesetzt haben, ebenso wie gegen alte Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden müssen; fordert die Kommission auf, unverzüglich Qualität und Inhalt der Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Antidiskriminierungsrichtlinien zu prüfen, unter anderem auf der Grundlage der vom Netz unabhängiger Sachverständiger für Diskriminierungsbekämpfung ausgearbeiteten Berichte, und gegen diejenigen Mitgliedstaaten, die die Richtlinien nicht ordnungsgemäß umgesetzt haben, umgehend beim Gerichtshof Klage zu erheben;

27. fordert die Kommission auf, sich bei einer künftigen Revision der Rechtsvorschriften im Bereich der Diskriminierungsbekämpfung besonders eingehend den Problemen der Mehrfachdiskriminierung und der Rassentrennung, die einer Form der Diskriminierung gleichkommt, zuzuwenden; fordert die Kommission auf, sich noch einmal eingehend mit dem Problem der mittelbaren Diskriminierung zu befassen und in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Beweisführung anhand von Statistiken über Diskriminierung zuzulassen;

28. fordert nachdrücklich, dass die neue EU-Agentur für Grundrechte, die im Jahr 2007 ihre Arbeit aufnehmen soll, eng in den neuen Rahmen für Diskriminierungsbekämpfungsmaßnahmen einbezogen wird und die politisch Verantwortlichen in der EU mit aktuellen, zweckmäßigen, zuverlässigen, umfassenden und relevanten Informationen versorgt, auf deren Grundlage künftige Maßnahmen und Rechtsvorschriften entwickelt werden können; vertritt die Ansicht, dass es in Anbetracht der Besorgnisse hinsichtlich der Aufgaben und Funktion der Grundrechteagentur von wesentlicher Bedeutung ist, dass die Agentur in die Anti-Diskriminierungspolitik der EU eingebunden wird und eine wichtige Rolle in diesem Rahmen übernimmt;

29. fordert den Rat auf, den Vorschlag der Kommission für einen Rahmenbeschluss des Rates zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit anzunehmen, mit dem ein rechtlicher Rahmen für die strafrechtliche Verfolgung rassistischer und fremdenfeindlicher Gewalt geschaffen werden soll, da dieser Beschluss zur Förderung der notwendigen Erhebung von Daten über rassistisch motivierte Gewalt und Verbrechen in der ganzen EU beitragen würde;

30. fordert die Kommission nachdrücklich auf, Vorschläge für ein Verbot der Diskriminierungen vorzulegen, die gleichgeschlechtliche – verheiratete oder in einer eingetragenen Partnerschaft lebende – Paare in ihrem Alltag erleiden, besonders, wenn sie das im EU-Recht festgeschriebene Recht auf Freizügigkeit wahrnehmen; fordert, dass der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung auch in diesem Bereich angewandt wird;

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31. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

  • [1]  ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31.
  • [2]  ABl. L 180 vom 19.7.2000, S. 22.
  • [3]  ABl. L 303 vom 2.12.2000, S. 16.
  • [4]  ABl. C 45 E vom 23.2.2006, S. 129.
  • [5]  Angenommene Texte, 8.6.2005, P6_TA(2005)0228.

STELLUNGNAHME des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (*) (23.3.2006)

für den Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres

zu Nichtdiskriminierung und Chancengleichheit für alle
(2005/2191(INI))

Verfasserin der Stellungnahme(*): Claire Gibault(*) Verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Ausschüssen – Artikel 47 der Geschäftsordnung

VORSCHLÄGE

Der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter ersucht den federführenden Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:

–   unter Hinweis auf die Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft,

–   unter Hinweis auf die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf,

–   unter Hinweis auf die Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen,

–   unter Hinweis auf die Richtlinie 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen,

–   unter Hinweis auf Artikel 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

A. in der Erwägung, dass die Achtung der Würde des Menschen, aus der sich die Gleichstellung von Frauen und Männern herleitet, ein Grundprinzip des Gemeinschaftsrechts ist, und dass in Artikel 3 Absatz 2 des EG-Vertrags der Grundsatz der Integration niedergelegt ist, wonach die Gemeinschaft darauf hinwirkt, in all ihren Tätigkeiten Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern; in der Erwägung, dass eine konsistente Gleichstellungspolitik umgesetzt werden muss, die einen zusätzlichen Nutzen bei den bestehenden Programmen und bereits in der Entwicklung befindlichen Initiativen bewirkt,

B.  in der Erwägung, dass die Kommission vorgeschlagen hat, das Jahr 2007 zum „Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle“ zu erklären,

1.  fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Umsetzung der geltenden Rechtsvorschriften der EU zur Bekämpfung der Diskriminierung vollständig und abschließend in nationales Recht umzusetzen; fordert die Kommission auf, für die Überwachung und regelmäßige Bewertung der Anwendung dieser Rechtsvorschriften durch die Mitgliedstaaten zu sorgen und zu prüfen, welche Initiativen zur Ergänzung des geltenden Rechtsrahmens in Gleichstellungsfragen möglich sind; stellt fest, dass die Schaffung eines Rechtsrahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung von Frauen nicht ausreicht, um eine echte Gleichstellung zu gewährleisten; fordert die Mitgliedstaaten daher auf, eine aktive Gleichstellungspolitik in Form von zielgerichteten und differenzierten Maßnahmen zu verfolgen, einschließlich positiver Maßnahmen;

2.  betont, dass insbesondere der Bekämpfung der Armut besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist, da vor allem die schwächsten Bevölkerungsgruppen und insbesondere Frauen unter Armut leiden, und erinnert daran, wie wichtig es ist, zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung die offene Koordinierungsmethode zu verwenden; weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer politischen Maßnahmen zur Förderung des sozialen Zusammenhalts auch in Zukunft der flexiblen Arbeitszeit für Frauen und Männer und der Entwicklung einer geeigneten und guten Betreuungsinfrastruktur für die Kinder, aber auch Einrichtungen für ältere Menschen, Behinderte und abhängige Personen Priorität einräumen müssen;

3.  fordert die Regierungen mit Nachdruck auf, die Umsetzung der Gleichstellung quer durch alle relevanten Politikbereiche verstärkt durchzusetzen, auch in den Bereichen Beschäftigung und Sozialpolitik, Bildung, Forschung, Außenbeziehungen, Entwicklungszusammenarbeit, Haushalt und Finanzen;

4.  fordert die Mitgliedstaaten auf, den gleichberechtigten Zugang von Frauen und Männern zu allen Ebenen der beruflichen Bildung, der beruflichen Ausbildung und der beruflichen Fortbildung zu gewährleisten und dafür zu sorgen, dass bei der angebotenen Berufsberatung sowie bei der Qualität der gebotenen Bildung keine Diskriminierung zwischen Mädchen und Jungen erfolgt;

5.  begrüßt die Absicht der Kommission, jährlich einen „Gleichstellungsgipfel“ hochrangiger Vertreter zu veranstalten, und fordert sie auf, dabei auch die Frage der Gleichstellung von Frauen und Männern zu behandeln und die Teilnahme des Europäischen Parlaments, der europäischen und internationalen Organisationen, der zuständigen nationalen Stellen und Einrichtungen sowie der Vertreter der Bürgergesellschaft zu gewährleisten; ermuntert die Kommission, diesen Vorschlag so rasch wie möglich in die Tat umzusetzen;

6.  fordert die Kommission auf, im Rahmen der Mitteilung, die sich eingehender mit der Geschlechtergleichstellung befasst und die sie 2006 vorlegen will, qualitative und quantitative Vergleichsdaten für alle Mitgliedstaaten vorzulegen, damit die Bereiche bestimmt werden können, in denen Frauen dauerhaften und schweren Diskriminierungen ausgesetzt sind, und neue Ansätze vorzuschlagen;

7.  betont die Bedeutung und den Stellenwert der nichtstaatlichen Organisationen, die sich mit Gleichstellungsfragen beschäftigen, für die Umsetzung der europäischen Politik der Gleichstellung von Frauen und Männern und fordert die Kommission auf, systematisch Programme und Initiativen zur Unterstützung der einschlägigen europäischen und nationalen nichtstaatlichen Organisationen zu fördern, damit die Bürgergesellschaft einen pluralistischen Ausdruck findet;

8.  fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Zusagen, die sie gegeben haben und die vom Europäischen Rat in Barcelona 2002 gebilligt wurden, umzusetzen; Maßnahmen zum Abbau des geschlechtsspezifischen Lohngefälles zu treffen und für den gleichberechtigten Zugang von Frauen zur beruflichen Bildung und zu qualifizierten und hochwertigen Berufen zu sorgen und die Gleichbehandlung bei den Löhnen und Gehältern zu gewährleisten;

9.  fordert die Regierungen auf, nach Geschlecht und Tätigkeit aufgeschlüsselte Statistiken zu erheben und zu analysieren, um die einzelnen Formen der Diskriminierung zu analysieren, die Frauen oder Männer einerseits aufgrund ihres Geschlechts und andererseits aufgrund der Rasse, der Religion, einer Behinderung, ihres Alters oder der sexuellen Ausrichtung vielfach erleiden müssen;

10. weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Bekämpfung jeder Form von Diskriminierung im Rahmen einer pädagogischen Vorgehensweise erfolgen muss, die sich auf Achtung, Toleranz und Gerechtigkeit stützt und darauf abzielt, die Einstellung durch die Wertschöpfung für zivilgesellschaftliche Maßnahmen, insbesondere was die Jugend betrifft, zu ändern; fordert die Mitgliedstaaten auf, systematisch Anstrengungen zu unternehmen, um die Gesellschaft für das Genderproblem zu sensibilisieren und das Bewusstsein für Diskriminierung durch Bestrebungen zur Beseitigung von Vorurteilen in der Öffentlichkeit zu schärfen und auf Änderungen in geschlechtsspezifischen Verhaltensweisen hinzuwirken;

11. betont, dass die Mitgliedstaaten so frühzeitig wie möglich schon bei Kindern Informations- und Sensibilisierungskampagnen über die gleichberechtigte Aufteilung der Familien- und Haushaltspflichten durchführen müssen;

12. fordert die Mitgliedstaaten auf, unbeschadet der Grundsätze der freien Meinungsäußerung und der Pressefreiheit nationale Einrichtungen, die die Gleichstellung fördern, anzuweisen, in Konsultation mit den Medien und Werbefachleuten einen Ethikkodex zu erstellen und dafür zu sorgen, dass in den Medien und in der Werbung keine geschlechtsbezogenen Stereotypen von Frauen oder Männern erscheinen;

13. fordert die Mitgliedstaaten auf, zur Umsetzung des Grundsatzes der Gleichstellung von Frauen und Männern unabhängige Einrichtungen zu benennen und dafür zu sorgen, dass diese über ausreichende finanzielle und Humanressourcen verfügen, um ihre Aufgabe zu erfüllen;

14. fordert die Parteien auf nationaler und europäischer Ebene auf, ihre Struktur und die Verfahren, die sie anwenden, zu überprüfen, um die direkten oder indirekten Hemmnisse für eine diskriminierungsfreie Teilhabe der Frau zu beseitigen und geeignete Strategien zu beschließen, um eine echte Geschlechterparität in den gewählten Parlamenten und den nationalen Regierungen zu verwirklichen;

15. betont, dass gewährleistet sein muss, dass die Maßnahmen, die im Rahmen des Europäischen Jahres der Chancengleichheit für alle ergriffen werden, und die im Rahmen des Europäischen Jahres des interkulturellen Dialogs vorgesehenen Aktivitäten einander ergänzen und aufeinander abgestimmt sind, damit eine gegenseitige Förderung der Kampagnen in Bezug auf die grundlegenden Ziele der Politik der Union gegeben ist;

16. hebt die positive Rolle hervor, die die zugewanderten Frauen in unserer Gesellschaft spielen, und fordert die Mitgliedstaaten auf, gegen jede Form der Diskriminierung vorzugehen und ihnen den Stellenwert in der Integrationspolitik dieser Staaten zuzuerkennen, der ihnen zukommt; begrüßt die Absicht der Kommission, 2006 eine hochrangige Beratergruppe zum Thema Integration von benachteiligten ethnischen Minderheiten in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt einzusetzen und sich besonders mit den Problemen von Migrantinnen zu beschäftigen, die einer doppelten Diskriminierung ausgesetzt sind; hierbei sollten im Sinne eines Europas der Bürgerinnen und Bürger auch innovative Ansätze von Nichtregierungsorganisationen Berücksichtigung finden, die durch ihre täglichen Aktivitäten auf lokaler und regionaler Ebene soziale Integration fördern, wie beispielsweise Sportvereine, Jugend- und Kulturzentren etc.

VERFAHREN

Titel

Nichtdiskriminierung und Chancengleichheit für alle

Verfahrensnummer

2005/2191(INI)

Federführender Ausschuss

LIBE

Stellungnahme von
  Datum der Bekanntgabe im Plenum

FEMM
27.10.2005

Verstärkte Zusammenarbeit – Datum der Bekanntgabe im Plenum

27.10.2005

Verfasser(-in) der Stellungnahme
  Datum der Benennung

Claire Gibault
5.10.2005

Prüfung im Ausschuss

21.2.2006

21.3.2006

 

 

 

Datum der Annahme

21.3.2006

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

15

0

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Edit Bauer, Hiltrud Breyer, Ilda Figueiredo, Věra Flasarová, Lissy Gröner, María Esther Herranz García, Rodi Kratsa-Tsagaropoulou, Astrid Lulling, Siiri Oviir, Marie Panayotopoulos-Cassiotou, Teresa Riera Madurell, Amalia Sartori, Britta Thomsen, Anna Záborská

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(-innen)

Lidia Joanna Geringer de Oedenberg

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2)

 

Anmerkungen (Angaben nur in einer Sprache verfügbar)

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VERFAHREN

Titel

Nichtdiskriminierung und Chancengleichheit für alle – Eine Rahmenstrategie

Verfahrensnummer

2005/2191(INI)

Federführender Ausschuss
  Datum der Bekanntgabe der Genehmigung im Plenum

LIBE
27.10.2005

Mitberatende(r) Ausschuss/Ausschüsse
  Datum der Bekanntgabe im Plenum

FEMM
27.10.2005

CULT
27.10.2005

EMPL
27.10.2005

DEVE
27.10.2005

AFET

27.10.2005

Nicht abgegebene Stellungnahme(n)
  Datum des Beschlusses

CULT
23.11.2005

DEVE

5.10.2005

AFET

16.11.2005

EMPL

23.11.2005

 

Verstärkte Zusammenarbeit
  Datum der Bekanntgabe im Plenum

FEMM
27.10.2005

 

 

 

 

Berichterstatter(in/innen)
  Datum der Benennung

Tatjana Ždanoka
4.7.2005

 

Ersetzte(r) Berichterstatter(in/innen)

 

 

Prüfung im Ausschuss

23.1.2006

19.4.2006

 

 

 

Datum der Annahme

15.5.2006

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

34

3

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Alexander Alvaro, Roberta Angelilli, Edit Bauer, Johannes Blokland, Mihael Brejc, Kathalijne Maria Buitenweg, Maria Carlshamre, Giusto Catania, Charlotte Cederschiöld, Carlos Coelho, Fausto Correia, Kinga Gál, Patrick Gaubert, Elly de Groen-Kouwenhoven, Ewa Klamt, Magda Kósáné Kovács, Stavros Lambrinidis, Romano Maria La Russa, Sarah Ludford, Antonio Masip Hidalgo, Claude Moraes, Lapo Pistelli, Martine Roure, Inger Segelström, Antonio Tajani, Ioannis Varvitsiotis, Manfred Weber, Stefano Zappalà, Tatjana Ždanoka

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende(r) Stellvertreter(in/innen)

Camiel Eurlings, Giovanni Claudio Fava, Sophia in 't Veld, Sylvia-Yvonne Kaufmann, Bill Newton Dunn, Marie-Line Reynaud

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende(r) Stellv. (Art. 178 Abs. 2)

Emine Bozkurt, Pasqualina Napoletano

Datum der Einreichung

18.5.2006

Anmerkungen (Angaben nur in einer Sprache verfügbar)

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