BERICHT zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Änderung des Beschlusses 2006/326/EG zwecks Festlegung eines Verfahrens zur Umsetzung von Artikel 5 Absatz 2 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen

12.11.2009 - (KOM(2009)0100 – C6‑0108/2009 – 2009/0031(CNS)) - *

Rechtsausschuss
Berichterstatterin: Lidia Joanna Geringer de Oedenberg

Verfahren : 2009/0031(CNS)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A7-0058/2009
Eingereichte Texte :
A7-0058/2009
Aussprachen :
Angenommene Texte :

ENTWURF EINER LEGISLATIVEN ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Änderung des Beschlusses 2006/326/EG zwecks Festlegung eines Verfahrens zur Umsetzung von Artikel 5 Absatz 2 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen

(KOM(2009)0100 – C6‑0108/2009 – 2009/0031(CNS))

(Verfahren der Konsultation)

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis des Vorschlags der Kommission an den Rat (KOM(2009)0100),

–   gestützt auf Artikel 61 Buchstabe c und Artikel 300 Absatz 2 Unterabsatz 1 des EG-Vertrags,

–   gestützt auf Artikel 300 Absatz 3 Unterabsatz 1 des EG-Vertrags, gemäß dem es vom Rat konsultiert wurde (C6-0108/2009),

–   gestützt auf Artikel 55 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Rechtsausschusses (A7-0058/2009),

1.  billigt den Vorschlag der Kommission;

2.  fordert den Rat auf, es zu unterrichten, falls er beabsichtigt, von dem vom Parlament gebilligten Text abzuweichen;

3.  fordert den Rat auf, es erneut zu konsultieren, falls er beabsichtigt, den Vorschlag der Kommission entscheidend zu ändern;

4.  beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

BEGRÜNDUNG

Kurzfassung des Gegenstands

Das Parlament wird zu dem Verfahren konsultiert, welches die Gemeinschaft anwenden kann, um Dänemark zu gestatten, bestimmte völkerrechtliche Übereinkommen im Bereich des Europäischen Zivilrechts abzuschließen.

Hintergrund

Dänemark beteiligt sich nicht an der Annahme von Maßnahmen gemäß dem Titel des EG-Vertrags, der die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen betrifft[1]. Folglich sind Rechtsakte der Gemeinschaft, die auf dem Gebiet der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen erlassen werden, für Dänemark, welches in Bezug auf diese Fragen als Drittland angesehen wird, weder bindend noch anwendbar. Die Gemeinschaft hat bisher zwei völkerrechtliche Abkommen mit Dänemark geschlossen, durch die die Anwendung von zwei wesentlichen Rechtsakten im Bereich des Zivilrechts ausgedehnt wird, und zwar

· die Verordnung Brüssel I[2] und

· die Verordnung zur Zustellung von Schriftstücken[3].

In beiden völkerrechtlichen Abkommen ist vorgesehen, dass Dänemark der Zustimmung der Gemeinschaft (ausgenommen Dänemark) bedarf, bevor es andere völkerrechtliche Abkommen abschließen kann, die möglicherweise den Anwendungsbereich der beiden gemeinschaftlichen Rechtsakte berühren oder ändern[4]. Jedoch ist an keiner Stelle ein Verfahren für die Erteilung einer solchen Zustimmung festgelegt.

Die Kommission ist der Auffassung, dass das Fehlen eines Verfahrens zur Zustimmung wegen der Dringlichkeit einer Lösung bedarf[5]. Sie schlägt vor, statt zu versuchen, das völkerrechtliche Abkommen zu ändern, was als aufwendiges Verfahren betrachtet wird, die beiden Beschlüsse des Rates zum Abschluss völkerrechtlicher Abkommen durch die Gemeinschaft ohne Einbeziehung Dänemarks zu ändern.

Beide Vorschläge beruhen auf der gleichen Rechtsgrundlage wie die ursprünglichen Beschlüsse des Rates, d.h. auf Artikel 61 Buchstabe c, Artikel 300 Absatz 2 Buchstabe i und Artikel 300 Absatz 3 Buchstabe i.

Inhalt der Doppelvorschläge

Die Kommission schlägt zwei Verfahren vor.

Nach dem ersten Verfahren würde die Kommission die alleinige Zuständigkeit erhalten, Dänemark die Zustimmung der Gemeinschaft zu geben. Dieses Verfahren würde in Anwendung kommen, wenn die Mitgliedstaaten bereits ermächtigt wurden, im Interesse der Gemeinschaft das völkerrechtliche Abkommen abzuschließen, welchem Dänemark beizutreten beabsichtigt, oder die Gemeinschaft dieses bereits selbst abgeschlossen hat.

In diesem Zusammenanhang sollte daran erinnert werden, dass kürzlich eine Mechanismus für die Verhandlung und den Abschluss bilateraler Abkommen zwischen Mitgliedstaaten (außer Dänemark) und Drittstaaten[6] vereinbart wurde. Dieser Mechanismus entspricht derzeit jedoch nicht der Verordnung Brüssel I[7], und deshalb gibt es keine Möglichkeit, die Tatsache einzuschränken, dass nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes, der Gemeinschaft die ausschließliche Zuständigkeit für den Abschluss völkerrechtlicher Übereinkünfte bezogen auf die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zukommt[8].

Das zweite Verfahren ist abgesehen von einer Ergänzung eines Komitologieverfahrens des beratenden Ausschusses mit dem ersten identisch[9]. Dieses Verfahren würde zur Anwendung kommen, wenn das erste nicht angewandt wird.

Die Gründe für diese Dualität der Verfahren bestehen darin, dass in der ersten Gruppe von Fällen, die Bewertung, ob die gemeinschaftlichen Maßnahmen durch das internationale Übereinkommen betroffen sind, bereits getroffen wurde.

Die Herangehensweise der Berichterstatterin

Ein erster Meinungsaustausch zu beiden Vorschlägen fand im Rechtsausschuss am 21. April 2009 mit dem früheren Berichterstatter, Manuel Medina Ortega, statt.

Grundsätzlich neigt Ihre Berichterstatterin, Lidia Joanna Geringer de Oedenberg, unter Berücksichtigung:

· der Bedeutung der Integrität der Acquis im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und insbesondere der Nützlichkeit der gemeinschaftsweiten Anwendung von zwei wesentlichen Instrumenten für europäische Zivilverfahren,

· der Wichtigkeit zu gewährleisten, dass Dänemark dem selben Niveau der Kontrolle unterliegt wie jeder andere Mitgliedstaat, wenn es ein völkerrechtliches Abkommen abschließen möchte, welches sich auf die Verordnungen Brüssel I und zur Zustellung von Schriftstücken auswirkt,

· des durch das Verfahren der Konsultation beschränkten Spielraums,

dazu, die beiden Vorschläge dem Ausschuss nahezulegen und zu empfehlen, dass er diesen zustimmt.

Sie hat jedoch einige Vorbehalte, die sie im Ausschuss mit der Kommission erörtern möchte, bevor die Abstimmung zu diesem Bericht vorgenommen wird.

Zusätzliche Bemerkung

Die beiden Vorschläge sollten auch im Kontext der Änderung der Situation Dänemarks in Bezug auf justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen nach der möglichen Ratifizierung des Vertrags von Lissabon bewertet werden. Das Protokoll über die Position Dänemarks im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts würde geändert werden, indem ein Übergang zu einem „opt-in“-System entsprechend den derzeit auf das Vereinigte Königreich und Irland angewandten Regelungen anstatt des derzeitigen blanko „opt-out“-Systems aufgenommen wird[10]. Dadurch würde potenziell die Notwendigkeit des oben erörterten Mechanismus aufgehoben werden, wenn Dänemark sich entscheidet, sich an irgend einer bestimmten Maßnahme zu beteiligen, beispielsweise an der Verordnung Brüssel I oder der Verordnung zur Zustellung von Schriftstücken.

  • [1]  Artikel 1 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls 5. “Dänemark beteiligt sich nicht an der Annahme von Maßnahmen durch den Rat, die nach Titel IV des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vorgeschlagen werden.“
  • [2]  Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. L 12 vom 16.1.2001, S. 1.
  • [3]  Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des europäischen Parlaments und des Rates über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten, ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 79.
  • [4]  Die betreffenden völkerrechtlichen Abkommen, wurden durch die Ratsbeschlüsse 2006/325/EG, ABl. L 120 vom 5.5.2006, S. 22 und 2006/326/EG, ABl. L 120 vom 5.5.2006, S. 23, geschlossen. Artikel 5Abssatz 2 beider völkerrechtlichen Abkommen:
    „Dänemark hat sich des Abschlusses völkerrechtlicher Übereinkommen zu enthalten, die möglicherweise den Anwendungsbereich der diesem Abkommen angehängten Verordnung Brüssel I berühren oder ändern, es sei denn, die Gemeinschaft erteilt ihr Einverständnis dazu und es werden zufrieden stellende Lösungen mit Blick auf das Verhältnis zwischen den Parallelabkommen und dem in Rede stehenden völkerrechtlichen Übereinkommen gefunden.“
    Siehe analog dazu das Urteil des Europäischen Gerichtshofs C-22/70 Kommission gegen Rat (Europäische Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals - AETR),
    Slg. [1971] 263.
  • [5]  KOM(2009) 100 endgültig, Begründung, S. 3.
  • [6]  Verordnung Nr. 662/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Einführung eines Verfahrens für die Aushandlung und den Abschluss von Abkommen zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten über spezifische Fragen des auf vertragliche und außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendenden Rechts, ABl L 200 vom 31.7.2009, S. 25.
  • [7]  Siehe Erwägung 21 zum künftigen Bericht der Kommission über die Anwendung der Verordnung , die sich indirekt (durch Bezugnahme auf Erwägung 5) auf eine mögliche Ausweitung des Mechanismus auf die Verordnung Brüssel I bezieht. Siehe auch die Erklärung im Protokoll des Rates: "Der Rat fordert die Kommission auf, bei der Ausarbeitung ihres Berichts nach Artikel 10 sorgfältig zu prüfen, ob im Lichte der bei der Anwendung der Verordnung gewonnenen Erfahrung die Verordnung bei Ablauf ihrer Geltungsdauer durch eine neue Verordnung, die denselben Sachbereich abdeckt oder sich auch auf andere Sachbereiche, die von anderen gemeinschaftlichen Rechtsakten abgedeckt werden, erstreckt, ersetzt werden sollte. Im Rahmen des Berichts über die Anwendung der Verordnung über das anwendbare Recht sollte die Kommission insbesondere prüfen, ob eine mögliche neue Verordnung auch die Anerkennung und Vollstreckung nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 erfassen sollte." und die Antwort der Kommission: "Die Kommission nimmt diese Aufforderung zur Kenntnis und wird sie in ihrem Bericht über die Anwendung der Verordnung sorgfältig prüfen, unbeschadet ihrer eigenen Befugnisse."
  • [8]  Gutachten 1/03 vom 7. Februar 2006 (Die Zuständigkeit der Gemeinschaft für den Abschluss des neuen Übereinkommens von Lugano über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen) Slg [2006] I-1145.
  • [9]  Artikel 3 des Beschlusses 1999/468 des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23).
  • [10]  Siehe Artikel 8 und den Anhang des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls 22 zur Position Dänemarks.

VERFAHREN

Titel

Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen

Bezugsdokumente - Verfahrensnummer

KOM(2009)0100 – C6-0108/2009 – 2009/0031(CNS)

Datum der Konsultation des EP

27.3.2009

Federführender Ausschuss

       Datum der Bekanntgabe im Plenum

JURI

2.4.2009

Berichterstatter(-in/-innen)

       Datum der Benennung

Lidia Joanna Geringer de Oedenberg

2.9.2009

 

 

Prüfung im Ausschuss

5.10.2009

 

 

 

Datum der Annahme

10.11.2009

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

19

0

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Raffaele Baldassarre, Luigi Berlinguer, Sebastian Valentin Bodu, Lidia Joanna Geringer de Oedenberg, Klaus-Heiner Lehne, Antonio López-Istúriz White, Jiří Maštálka, Bernhard Rapkay, Evelyn Regner, Francesco Enrico Speroni, Alexandra Thein, Diana Wallis, Cecilia Wikström, Tadeusz Zwiefka

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Sergio Gaetano Cofferati, Edit Herczog, Edvard Kožušník, Kurt Lechner

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 187 Abs. 2)

Sajjad Karim

Datum der Einreichung

13.11.2009