BERICHT über die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf die Menschenrechte

1.3.2013 - (2012/2136(INI))

Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten
Berichterstatterin:Inese Vaidere

Verfahren : 2012/2136(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A7-0057/2013
Eingereichte Texte :
A7-0057/2013
Aussprachen :
Angenommene Texte :

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

über die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf die Menschenrechte

(2012/2136(INI))

Das Europäische Parlament,

–       in Kenntnis der gemeinsamen Mitteilung der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament und den Rat vom 12. Dezember 2011 mit dem Titel „Menschenrechte und Demokratie im Mittelpunkt des auswärtigen Handelns der EU – ein wirksamerer Ansatz“ (COM(2011)0886),

–       in Kenntnis des Strategischen Rahmens der EU für Menschenrechte und Demokratie und des EU-Aktionsplans für Menschenrechte und Demokratie (11855/12), die der Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ am 25. Juni 2012 angenommen hat,

–       in Kenntnis der EU-Leitlinien zu den Menschenrechten,

–       in Kenntnis der Schlussfolgerungen des G20-Gipfels in Los Cabos (Mexiko) am 18./19. Juni 2012,

–       unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 13. Oktober 2011 an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen mit dem Titel „Für eine EU-Entwicklungspolitik mit größerer Wirkung: Agenda für den Wandel“ (COM(2011)0637),

–       in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Wirtschafts- und Sozialausschuss vom 27. Januar 2012 mit dem Titel „Handel, Wachstum und Entwicklung – Eine maßgeschneiderte Handels- und Investitionspolitik für die bedürftigsten Länder“ (COM(2012)0022),

–       unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahr 1948,

–       in Kenntnis des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte und des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte,

–       in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“ vom 24. September 2012,

–       in Kenntnis der Resolution des UN-Menschenrechtsrats S-10/1 vom 23. Februar 2009 zu den Auswirkungen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise auf die universelle Durchsetzung und effektive Inanspruchnahme der Menschenrechte,

–       in Kenntnis der UN-Konferenz über die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise und ihre Auswirkungen auf die Entwicklung vom 24. bis 26. Juni 2009 in New York und des Abschlussdokuments dieser Konferenz (angenommen durch die UN-Generalversammlung im Rahmen der Resolution 63/303 vom 9. Juli 2009),

–       in Kenntnis der Millenniums-Erklärung der Vereinten Nationen zu den Millenniums-Entwicklungszielen, die am 8. September 2000 angenommen wurde[1],

–       in Kenntnis der auf dem Weltgipfel für Ernährungssicherheit vom 16. bis 18. November 2009 in Rom vereinbarten Grundsätze für nachhaltige Welternährungssicherheit („Rome Principles for Sustainable Global Food Security“),

–       in Kenntnis des 2009 vorgelegten UN-Berichts der damaligen unabhängigen Expertin der Vereinten Nationen für die Frage der Menschenrechte und der extremen Armut, Magdalena Sepúlveda Carmona, derzeit Sonderberichterstatterin über extreme Armut und Menschenrechte,

–       in Kenntnis des am 4. Februar 2009 vorgelegten Berichts der UN-Sonderberichterstatterin Raquel Rolnik über das Recht auf angemessene Unterkunft als Bestandteil des Rechts auf angemessenen Lebensstandard und über das Recht auf Nichtdiskriminierung in dieser Hinsicht,

–       in Kenntnis der Informationsnotiz Nr. 7 zur UN-Politik vom Oktober 2012 des UN-Sonderberichterstatters über das Recht auf Nahrung, Olivier de Schutter, und der Sonderberichterstatterin über extreme Armut und Menschenrechte, Magdalena Sepúlveda Carmona, mit dem Titel „Absicherung für die Armen – Ein globaler Sozialversicherungsfonds“ („Underwriting the poor – A Global Fund for Social Protection“),

–       unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. März 2010 zu den Auswirkungen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise auf die Entwicklungsländer und die Entwicklungszusammenarbeit[2],

–       unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. November 2010 zu Menschenrechten, Sozial- und Umweltnormen in internationalen Handelsabkommen[3],

–       unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. Dezember 2012 zu einer Strategie für digitale Freiheiten in der Außenpolitik der EU[4],

–       unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Juni 2011 zu der Investition in die Zukunft: ein neuer mehrjähriger Finanzrahmen (MFR) für ein wettbewerbsfähiges, nachhaltiges und inklusives Europa[5],

–       unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. Juli 2011 zur Finanz-, Wirtschafts- und Sozialkrise: Empfehlungen in Bezug auf zu ergreifende Maßnahmen und Initiativen[6],

–       in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 13. Oktober 2011 mit dem Titel „Der künftige Ansatz für die EU-Budgethilfe an Drittstaaten“ (COM(2011)0638),

–       unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Oktober 2012 über eine Agenda für den Wandel: die Zukunft der EU-Entwicklungspolitik[7],

–       in Kenntnis des globalen Monitoring-Berichts 2012 der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds vom 20. April 2012 („Global Monitoring Report 2012“),

–       in Kenntnis des gemeinsamen Berichts der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und der Weltbank vom 19. April 2012 mit dem Titel „Inventory of Policy Responses to the Financial and Economic Crisis“,

–       in Kenntnis des Berichts über die Welt der Arbeit der Internationalen Arbeitsorganisation vom 29. April 2012 mit dem Titel „Bessere Arbeitsplätze für eine bessere Wirtschaft“ („World of Work Report: Better Jobs for a Better Economy“),

–       in Kenntnis des Berichts der Internationalen Arbeitsorganisation vom Mai 2012 mit dem Titel „Globale Beschäftigungstrends für die Jugend 2012“ („Global Employment Trends for Youth 2012“),

–       gestützt auf Artikel 48 und Artikel 119 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

–       in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten sowie der Stellungnahme des Entwicklungsausschusses (A7-0057/2013),

A.     in der Erwägung, dass die vorliegende Entschließung – obwohl die Finanz- und Wirtschaftskrise alle Regionen der Welt in unterschiedlichem Ausmaß betrifft – auf die Einschätzung der Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf Drittländer mit Schwerpunkt auf den Entwicklungsländern und am wenigsten entwickelten Ländern ausgerichtet ist;

B.     in der Erwägung, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise in Wirklichkeit eine weltweite Systemkrise ist, und dass eine Verflechtung dieser Krise mit verschiedenen anderen Krisen, wie der Nahrungsmittel-, Umwelt- und Sozialkrise, stattgefunden hat;

C.     in der Erwägung, dass die Krise nicht nur wirtschaftliche und soziale Rechte, sondern auch politische Rechte beeinträchtigt, wenn Regierungen angesichts wachsender Unzufriedenheit und wirtschaftlicher Härte, die ihren Ausdruck insbesondere in Protesten der Bevölkerung finden, wie 2011 in Nordafrika und im Nahen Osten, in einigen Fällen die Meinungs- oder Vereinigungsfreiheit beschneiden;

D.     in der Erwägung, dass infolge der brutalen Niederschlagung sozialer Proteste in vielen Ländern der Welt die bürgerlichen und politischen Rechte in Gefahr sind; unter Hinweis darauf, dass das Recht auf Information und das Recht auf Beteiligung an politischen Entscheidungen des Staates zur Bekämpfung der Krise gewahrt werden müssen;

E.     in der Erwägung, dass zwar eine vollständige Bewertung der Auswirkungen der Krise auf die bürgerlichen und politischen Rechte noch aussteht, jedoch Klarheit darüber besteht, dass sie soziale Konflikte vergrößert hat, was manchmal zu gewalttätiger Unterdrückung führt, und dass es zudem durch die Krise zu einer Vervielfachung der Fälle von Missachtung der Grundrechte, wie der Meinungsfreiheit oder des Rechts auf Information, gekommen ist;

F.     in der Erwägung, dass Entwicklungsländer und am wenigsten entwickelte Länder von der Finanz- und Wirtschaftskrise betroffen sind, vor allem durch die sinkende Exportnachfrage, die hohe Verschuldung sowie die Gefahr sinkender ausländischer Direktinvestitionen (ADI) und rückläufiger Mittel der öffentlichen Entwicklungshilfe (ODA), was sich auch auf die Durchsetzung der Menschenrechte auswirkt, da weniger Ressourcen zur Sicherung der sozialen und wirtschaftlichen Rechte zur Verfügung stehen, und immer mehr Menschen in die Armut getrieben werden;

G.     in der Erwägung, dass die Weltwirtschaftskrise den Lebensstandard der Entwicklungsländer in den letzten zehn Jahren maßgeblich verändert hat; in der Erwägung, dass in einem Viertel der Volkswirtschaften in den Entwicklungsländern die Ungleichheit zugenommen hat und zu einer Beschränkung des Zugangs zu Bildung, Nahrung, Land und Krediten führt;

H.     in der Erwägung, dass die gemeinschaftliche ODA der EU von 53,5 Milliarden EUR im Jahr 2010 auf 53,1 Milliarden EUR im Jahr 2011 zurückgegangen ist, und damit das ODA-Niveau auf 0,42 % des BNE im Vergleich zu 0,44 % des BNE im Jahr 2010 gesunken ist; in der Erwägung, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten dennoch weiterhin die weltweit größten Geber von öffentlicher Entwicklungshilfe sind;

I.      in der Erwägung, dass das Ziel der von der EU mit den Partnerländern unterzeichneten Handelsabkommen unter anderem in der Förderung und Ausweitung von Handel und Investitionen sowie der Verbesserung des Marktzugangs besteht, um eine Steigerung des Wirtschaftswachstums, der Zusammenarbeit und des sozialen Zusammenhalts, eine Senkung der Armut, die Schaffung neuer Beschäftigungsmöglichkeiten, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die Anhebung des Lebensstandards zu erreichen und auf diese Weise schließlich zur Durchsetzung der Menschenrechte beizutragen;

J.      in der Erwägung, dass die angemessene Überwachung und praktische Umsetzung der Menschenrechtsklausel für jedes Handelsabkommens gewährleistet sein muss; in der Erwägung, dass jeglicher systematische Verstoß gegen die in den EU-Handelsabkommen verankerten Menschenrechtsklauseln jede der unterzeichnenden Parteien zum Ergreifen „geeigneter Maßnahmen“ berechtigt, wozu auch gehören kann, das Abkommen vollständig oder teilweise auszusetzen oder zu kündigen oder Beschränkungen aufzuerlegen;

K.     in der Erwägung, dass die Initiative „Aid-for-Trade“ positive Ergebnisse gezeigt und in den Partnerländern zur Entwicklung besserer Handelskapazitäten und wirtschaftlicher Infrastrukturen beigetragen hat;

L.     in der Erwägung, dass das Versäumnis, angemessene Maßnahmen einzuleiten, um alle Formen der Korruption zu verhindern, aufzudecken und auszumerzen, einen der Gründe für die Finanzkrise darstellt; in der Erwägung, dass weit verbreitete Korruption im öffentlichen und privaten Sektor, sowohl in Entwicklungs- als auch Industrieländern, den effektiven, breitgefassten und gleichrangigen Schutz und die Förderung der zivilen, politischen und sozialen Rechte erschwert; in der Erwägung, dass Korruption die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit behindert und sich direkt auf die Bevölkerung auswirkt, da die Kosten für öffentliche Dienste steigen, ihre Qualität sinkt und arme Menschen oft Einschränkungen beim Zugang zu Wasser, Bildung, medizinischer Versorgung und vielen anderen wichtigen Diensten erfahren;

M.    in der Erwägung, dass die derzeitige Wirtschaftskrise bedeutende Implikationen für die Unterstützung der Demokratie und einer guten Regierungsführung durch die Europäische Union und andere wichtige Geber birgt; in der Erwägung, dass Probleme, mit denen Geberländer konfrontiert werden, eine Senkung der ausländischen Unterstützung begünstigen; jedoch in der Erwägung, dass durch die weltweite Krise eine nachhaltige Unterstützung für politische Reformen und eine demokratische Entwicklung in Drittländern umso bedeutender sind;

N.     in der Erwägung, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise zudem eine unverhältnismäßige Auswirkung auf die Rechte bestimmter Bevölkerungsgruppen hat, insbesondere die Ärmsten und Ausgegrenzten;

O.     in der Erwägung, dass die Rechte der ärmsten Menschen am stärksten von der Krise beeinträchtigt werden; in der Erwägung, dass der Weltbank zufolge 1,2 Milliarden Menschen in extremer Armut von weniger als 1,25 USD pro Tag leben; in der Erwägung, dass nach Schätzung der Weltbank aufgrund der Wirtschaftskrise selbst im Fall einer raschen Erholung weitere 71 Millionen Menschen weltweit bis 2020 weiter in extremer Armut leben werden; in der Erwägung, dass drei Viertel der armen Weltbevölkerung in Ländern mit mittlerem Einkommen leben;

P.     in der Erwägung, fest, dass die Finanzkrise sich weltweit auf verschiedenen Übertragungswegen verbreitet hat und unterschiedlich schnell und heftig in Wechselwirkung mit anderen Krisen (darunter die Nahrungsmittel- und Energiekrise) getreten ist; nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass Schätzungen der Weltbank und der VN zufolge weitere 55 bis 103 Millionen Menschen aufgrund der Krise in Armut leben müssen, wodurch das Erlangen weiterer Fortschritte bei der Verwirklichung der Menschenrechte aufs Spiel gesetzt wird;

Q.     in der Erwägung, dass in Armut und Hilflosigkeit lebende Menschen einen wirksamen und erschwinglichen Zugang zu Rechtsmitteln benötigen, um ihre Rechte einfordern oder gegen an ihnen verübte Menschenrechtsverletzungen vorgehen zu können; in der Erwägung, dass der fehlende Zugang zu einem fairen Gerichtsverfahren und einer fairen Verhandlung ihre wirtschaftliche und soziale Verwundbarkeit verstärkt;

R.     in der Erwägung, dass 2012 die weltweite Arbeitslosenquote auf 200 Millionen angestiegen ist, damit seit Ausbruch der Krise 2008 um 27 Millionen zugenommen hat, das Recht auf Arbeit gefährdet und zu sinkenden Haushaltseinkommen führt; in der Erwägung, dass die Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse und Arbeitslosigkeit Auswirkungen auf die Gesundheit der Betroffenen haben können, was zu mangelnder Selbstachtung oder sogar depressiver Stimmung führen kann;

S.     in der Erwägung, dass in den Entwicklungsländern über 40 % der Arbeitnehmer im informellen Sektor beschäftigt sind und daher in vielen Fällen unter unsicheren und ungleichen Bedingungen ohne jegliche soziale Absicherung arbeiten, und nur 20 % ihrer Familien Zugang zu jedweder Form der sozialen Absicherung haben;

T.     in der Erwägung, dass sich die Rechte der Frauen wegen der Krise dahingehend verschlechtert haben, dass sie beispielsweise in noch größerem Umfang unbezahlter Arbeit nachgehen und zunehmender Gewalt ausgesetzt sind; in der Erwägung, dass der Aufbau von Gemeinwohldienstleistungen und die Einführung tragfähiger Sozialschutzsysteme bei der Sicherstellung der Wahrung wirtschaftlicher und sozialer Rechte von Frauen von entscheidender Bedeutung sind;

U.     in der Erwägung, dass Frauen am Arbeitsplatz hinsichtlich der Regelungen zu Beschäftigungszugang, Vergütung, Kündigung, Sozialleistungen und Wiedereinstellung häufig eine Ungleichbehandlung gegenüber Männern erfahren;

V.     in der Erwägung, dass die Krise Jugendliche unverhältnismäßig stark betrifft; in der Erwägung, dass 2011 weltweit 74,8 Millionen junge Menschen im Alter von 15 bis 24 ohne Beschäftigung waren, und damit über 4 Millionen mehr als 2007, wobei der Nahe Osten und Nordafrika besonders hohe Arbeitslosenquoten aufweisen;

W.    in der Erwägung, dass in den Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen etwa 200 Millionen junge Menschen ohne allgemeinen Schulabschluss leben, denen somit ihr Recht auf Bildung vorenthalten wurde;

X.     in der Erwägung, dass Kinder in besonderem Maße von der Finanz- und Wirtschaftskrise betroffen sind, da ihre Lebensumstände häufig durch die Gefährdungen und Risiken, denen ihre Sorgeberechtigen ausgesetzt sind, negativ beeinflusst werden;

Y.     in der Erwägung, dass weltweit 61 Millionen Kinder im Grundschulalter keine Schule besuchen, und dass bei dem Ziel einer Grundschulbildung für alle seit 2008 keine Fortschritte erzielt wurden; in der Erwägung, dass 31 Millionen und damit weltweit die Hälfte der Kinder, die keine Schule besuchen, in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara leben, und dass mehr Mädchen als Jungen die Schule verlassen müssen, weil sie aufgrund der Belastung durch Armut zur Mitarbeit im Haushalt gezwungen sind;

Z.     in der Erwägung, dass empirischen Belegen zufolge in wirtschaftlichen Krisenzeiten, wenn weniger Mittel für Bildungszwecke zur Verfügung stehen, mehr Kinder vorzeitig die Schule verlassen oder gar keine Schule besuchen, um am Arbeitsleben teilzunehmen; in der Erwägung, dass über 190 Millionen Kinder im Alter von 5 bis 14 Jahren zur Arbeit gezwungen sind, wobei im Afrika südlich der Sahara jedes vierte Kind zwischen 5 und 17 Jahren Kinderarbeit verrichten muss, während dies im asiatisch-pazifischen Raum auf jedes achte und in Lateinamerika und der Karibik auf jedes zehnte Kind zutrifft; in der Erwägung, dass insbesondere Mädchen einem sehr hohen Risiko ausgesetzt sind, die Schule verlassen zu müssen, um zwangsweise Kinderarbeit oder Arbeit im Haushalt zu verrichten; in der Erwägung, dass sich dadurch negative Auswirkungen auf das Wohlergehen der Kinder und ihr Recht auf Bildung ergeben, und langfristig die Qualität der Arbeitskräfte und die gesamte Entwicklung beeinträchtigt werden;

AA.  in der Erwägung, dass die aufgrund der Finanzspekulationen auf den Derivatemärkten steigenden und unbeständigen Nahrungsmittelpreise Millionen von Menschen betreffen, die große Mühe haben, ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen; in der Erwägung, dass sich die weltweiten Fortschritte bei der Bekämpfung des Hungers seit 2007 verlangsamt haben; in der Erwägung, dass 868 Millionen Menschen an chronischer Unterernährung leiden, wobei die überwiegende Mehrheit (850 Millionen) in Entwicklungsländern lebt; in der Erwägung, dass die von den gefährdeten Haushalten angewandten Bewältigungsstrategien auch zu Einschnitten bei der Quantität und/oder Qualität der Nahrungsmittel in wichtigen Phasen der Entwicklung des Kindes oder während der Schwangerschaft und damit zu langfristigen Auswirkungen auf das körperliche Wachstum und die psychische Gesundheit führt;

BA.  in der Erwägung, dass angesichts der steigenden Nachfrage nach landwirtschaftlichen Gütern zur Lebensmittelherstellung, und immer mehr zu Energie- und Industriezwecken, der Wettbewerb um Land, einen Rohstoff, der immer knapper wird, ebenfalls steigt; in der Erwägung, dass nationale und internationale Investoren langfristige Kauf- oder Leasingverträge abschließen, um sich riesige Landflächen zu sichern, was zu sozioökonomischen und wirtschaftlichen Problemen für die betroffenen Länder und insbesondere für die lokale Bevölkerung führen könnte;

CA.  in der Erwägung, dass sich die Wirtschaftskrise auf die älteren Menschen besonders stark auswirken kann, da sie ein höheres Risiko tragen, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, und geringere Aussichten auf Umschulung und Neueinstellung haben; in der Erwägung, dass die Krise ihren Zugang zu erschwinglicher Gesundheitsversorgung einschränken kann;

DA.  in der Erwägung, dass die Verteuerung von Arzneimitteln (um bis zu 30 %) sich nachteilig auf das Recht auf Gesundheit der am stärksten benachteiligten Gruppen, insbesondere Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen, auswirkt;

EA.   in der Erwägung, dass weltweit 214 Millionen Wanderarbeitnehmer infolge der Wirtschaftskrise noch stärker von Ungleichbehandlung, Unterbezahlung oder der Nichtauszahlung ihrer Löhnen sowie körperlicher Misshandlung betroffen sind;

FA.   in der Erwägung, dass Heimatüberweisungen, Mikrokredite und ausländische Direktinvestitionen zur Abmilderung des durch die Krise verursachten Schocks für die Wirtschaften von Entwicklungsländern beitragen;

GA.  in der Erwägung, dass Menschenhandel eine moderne Form der Sklaverei und eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte darstellt; in der Erwägung, dass Menschenhändler das Bedürfnis potenzieller Opfer nach einer menschenwürdigen Arbeit und einem Ausweg aus der Armut ausnutzen; in der Erwägung, dass zwei Drittel der Opfer des Menschenhandels Frauen und Mädchen sind;

HA.  in der Erwägung, dass weltweit 1,3 Milliarden Menschen keinen Zugang zu Strom haben; in der Erwägung, dass der Zugang zu Energie und insbesondere zu Strom grundlegend für das Erreichen verschiedener Millenniums-Entwicklungsziele ist, da er unter anderem durch eine Steigerung der Produktivität die Armut verringert, das Einkommen steigert, den Aufbau von Kleinstunternehmen fördert und wirtschaftliche und soziale Selbstbestimmung ermöglicht;

IA.    in der Erwägung, dass der Landwirtschaftssektor in den Entwicklungsländern mehr als 70 % der Arbeitskräfte Beschäftigung und Existenzgrundlage bietet; in der Erwägung, dass der Teil der ODA, der der Landwirtschaft zukommt, kontinuierlich abnimmt und heute nur noch 5 % der Gesamt-ODA ausmacht; in der Erwägung, dass in ressourcenarmen Ländern mit geringem Einkommen das Wachstum im Landwirtschaftssektor fünfmal wirksamer zur Bekämpfung der Armut beiträgt als Wachstum in anderen Branchen (elfmal wirksamer im Afrika südlich der Sahara); in der Erwägung, dass die ländliche Entwicklung und Maßnahmen zur Unterstützung der Landwirtschaft, insbesondere lokaler Produktion, entscheidende Elemente für alle Entwicklungsstrategien darstellen und für die Ausmerzung der Armut, des Hungers und der Unterentwicklung unerlässlich sind;

JA.   in der Erwägung, dass durch aggregierte Daten, die häufig zur Beschreibung der Auswirkungen der Krise verwendet werden, die innerhalb und zwischen den Ländern bestehenden großen Unterschiede verdeckt werden können; in der Erwägung, dass nur schwer Zugang zu den Echtzeitdaten erlangt werden kann, die für ein umfassendes Verständnis der Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf Regionen und benachteiligte Gruppen erforderlich wären; in der Erwägung, dass die Notwendigkeit einer gemeinschaftlichen und innovativen Datenerhebung und -auswertung auf globaler Ebene besteht;

1.      bekräftigt seine feste Entschlossenheit zur Verteidigung und Förderung der bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte und Grundfreiheiten als Grundprinzip der Außenpolitik der Europäischen Union und zur Unterstützung aller anderen Politikbereiche gemäß den Festlegungen des Vertrags von Lissabon, insbesondere vor dem Hintergrund der Wirtschafts- und Finanzkrise;

2.      weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Menschenrechte auch das Recht auf Nahrung, Wasser, Bildung, eine angemessene Unterkunft, Land, menschenwürdige Arbeit, Gesundheit und Sozialleistungen umfassen; verurteilt, dass diese Rechte in einer Reihe von Staaten seit Beginn der Krise im Rückgang begriffen sind; erkennt an, dass in den meisten Fällen Armut und die Verschlimmerung der Armut der Grund dafür sind, dass diese Rechte nicht eingehalten werden; fordert die EU auf, größere Bemühungen zu unternehmen und mehr Geld zu investieren, um die Millenniums-Entwicklungsziele (MDG) zu erreichen, da deutlich ist, dass die Welt weit hinter den Zielen, die für 2015 gesteckt wurden, zurückliegt;

3.      weist nachdrücklich darauf hin, dass die Antwort auf die Krise multilaterale Zusammenarbeit unter internationaler Koordination auf regionaler und interregionaler Ebene einschließen muss und dabei ein stark auf die Menschenrechte ausgerichteter Ansatz im Mittelpunkt stehen sollte;

4.      erinnert an die Aufgabe der Regierungen, die Menschenrechte, einschließlich wirtschaftlicher und sozialer Rechte sowie digitaler Freiheit, in Einklang mit den internationalen Menschenrechtsbestimmungen stets zu achten, zu schützen und zu gewährleisten; fordert die Regierungen auf, Diskriminierung gleich welcher Art zu unterbinden und die Wahrung der grundlegenden Menschenrechte aller sicherzustellen; bedauert die zwischen rechtlicher Anerkennung und politischer Durchsetzung dieser Rechte bestehende Diskrepanz;

5.      bestätigt, dass es keine Rechtfertigung für Staaten – ungeachtet des Niveaus ihrer Einnahmen – gibt, hinsichtlich ihrer Verpflichtungen zur Achtung der fundamentalen Menschenrechte Abstriche zu machen, auch wenn die weltweite Wirtschaftskrise eine schwere Bedrohung für die Umsetzung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte schafft; betont, dass Regierungen grundsätzlich verpflichtet sind, die für ein würdevolles Leben notwendigen „grundlegenden Mindeststandards“ in Bezug auf soziale und wirtschaftliche Rechte zu garantieren;

6.      drängt die Regierungen dazu, durch die Anwendung eines Rahmenwerks für Menschenrechte im Entscheidungsprozess die Interessen der am stärksten benachteiligten Bevölkerungsteile in den Mittelpunkt des politischen Handelns zu stellen; fordert die Regierungen zum Ergreifen aller notwendigen Maßnahmen auf, um den Zugang aller zum Recht sicherzustellen, und dabei die in Armut lebenden Menschen in besonderem Maße zu berücksichtigen, da sie eine genaue Kenntnis ihrer Rechte sowie die Mittel zu deren Wahrnehmung benötigen; fordert die EU auf, die Bekämpfung der Straflosigkeit und ihre Unterstützung der Reformprogramme für Justiz und Rechtsstaatlichkeit in den Partnerländern zu verstärken, um eine aktive Zivilgesellschaft zu ermöglichen, die die Grundlage für jede Demokratisierung darstellt;

7.      begrüßt die Verpflichtung der EU, die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu fördern und ihre Bemühungen zu verstärken, im Einklang mit dem Strategischen Rahmen für Menschenrechte und Demokratie und unter besonderer Berücksichtigung der armen und gefährdeten Bevölkerungsteile den universellen und nichtdiskriminierenden Zugang zu grundlegenden Versorgungsleistungen sicherzustellen; erwartet mit Interesse die Umsetzung dieser Bemühungen in konkrete Maßnahmen, einschließlich in den von den EU-Delegationen erarbeiteten Länderstrategien für Menschenrechte;

8.      besteht darauf, dass sich der EU-Sonderbeauftragte für Menschenrechte dafür einsetzt, dass die Menschenrechte im Vordergrund des politischen Handelns stehen und besonderes Augenmerk auf die am stärksten benachteiligten Gesellschaftsgruppen in Drittländern gerichtet wird;

9.      betont, wie bedeutend es ist, dafür zu sorgen, dass die Unterstützung der Menschenrechte und die Förderung der Demokratie nicht durch Budgetkürzungen für solche Projekte infolge der Krise untergraben werden; unterstreicht in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit der kontinuierlichen Unterstützung von durch das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte finanzierten Projekten für Menschenrechtsverteidiger, einschließlich derjenigen, die sich für wirtschaftliche und soziale Rechte, wie die Rechte von Arbeitnehmern und Migranten, einsetzen; betont die Bedeutung der Förderung der Menschenrechtserziehung;

10.    erinnert die Regierungen an ihre Aufgabe, den Organisationen der Zivilgesellschaft Zugang zu den für die Ausübung ihrer Rolle innerhalb der Gesellschaft notwendigen Mitteln zu verschaffen, und die derzeitige Krise nicht als Vorwand zu nutzen, diesen Organisationen weniger Unterstützung zu gewähren; fordert eine ausreichende Finanzierung für die Fazilität für die Zivilgesellschaft nach 2013, damit die Kapazitäten der Zivilgesellschaft in den Partnerländern weiter ausgebaut werden können;

11.    unterstreicht, dass die Kommission in die Folgenabschätzungen für legislative und nicht legislative Vorschläge, Durchführungsmaßnahmen sowie Handels- und Investitionsabkommen mit wesentlichen wirtschaftlichen, sozialen und Umweltauswirkungen Menschenrechtsbestimmungen aufnehmen sollte;

12.    stellt mit Besorgnis fest, dass die weltweite Wirtschaftskrise die Ausgaben für Öffentliche Entwicklungszusammenarbeit durch die EU-Mitgliedstaaten gefährdet; weist darauf hin, dass die Kosten der weltweiten Wirtschaftskrise überproportional von armen Ländern getragen werden, obwohl sie in den reicheren Ländern entstanden ist; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten daher auf, ihre bestehenden bilateralen und multilateralen Verpflichtungen zur Öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit und die Ziele, die beispielsweise in der UN-Millenniumserklärung festgelegt wurden, beizubehalten und umzusetzen, insbesondere indem sie die Bereiche angehen, die aktuell einen Mangel an Fortschritt erfahren und zur Erzielung des besten Gegenwerts und zur Gewährleistung der Kohärenz der politischen Maßnahmen im Bereich Menschenrechte und Entwicklung den effizienten Einsatz von Entwicklungshilfen sicherzustellen; weist darauf hin, dass auch die Schwellenländer aufgrund ihres möglichen Beitrags zur öffentlichen Entwicklungshilfe eine wichtige Rolle spielen;

13.    drängt die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten, die Maßnahmen zur Krisenbekämpfung und die Entwicklungspolitik gemäß der Mitteilung der Kommission „Eine Agenda für den Wandel: Die Zukunft der EU-Entwicklungspolitik“ und der Entschließung des Parlaments zu dieser Mitteilung an einen menschenrechtsbasierten Ansatz anzupassen;

14.    unterstreicht die Bedeutung von Kohärenz und Koordination der politischen Maßnahmen, damit das Ziel der Armutsverringerung erreicht und die Glaubwürdigkeit und die Wirkung der EU-Außenhilfe verstärkt werden können;

15.    bekräftigt, dass Budgethilfen für Partnerländer sowie alle Handelsabkommen stärker von der Achtung der Menschenrechte und Demokratie in den Partnerländern abhängig gemacht werden sollten; vertritt die Ansicht, dass Geber und Kreditgeber vor allem auf koordinierte Art und Weise gegen gemeldete Betrugsfälle und Korruption vorgehen und Reformen fördern sollten, die in diesen Ländern zu einer guten Staatsführung und Transparenz beitragen; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, systematische Folgenabschätzungen zu weit verbreiteter Korruption in Partnerländern, welche den erwünschten Effekt von Entwicklung und humanitären Projekten behindern könnte, zu erstellen;

16.    fordert die Entwicklungsländer zur Erarbeitung wirtschaftspolitischer Maßnahmen auf, die nachhaltiges Wachstum und Entwicklung fördern, Arbeitsplätze schaffen, gefährdete Gesellschaftsgruppen in den Mittelpunkt politischen Handelns stellen und die Entwicklung auf ein solides Haushaltssystem, das Steuerhinterziehung unterbindet, stützen, um die notwendigen Voraussetzungen für eine wirksamere und gerechtere Mobilisierung der inländischen Ressourcen zu schaffen;

17.    fordert ausländische und inländische Investoren auf, eine durchgreifende Politik im Bereich der sozialen Verantwortung der Unternehmen in allen Ländern voranzutreiben, wobei die Betonung auf der nachhaltigen Entwicklung und guten Regierungsführung liegen sollte, mit eindeutigem Schwerpunkt auf Menschenrechten, menschenwürdiger Arbeit, arbeitsrechtlichen Standards, Vereinigungsfreiheit, Tarifverhandlungen und weiteren sozialen Erwägungen;

18.    ermutigt die Entwicklungsländer zur Inanspruchnahme der von der EU im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems (APS) gewährten Handelspräferenzen mit dem Ziel, ihre Wirtschaft anzukurbeln, ihre Exporte zu diversifizieren und die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern; erinnert an ihre Verpflichtung, im Rahmen des APS+ die wichtigen internationalen Übereinkommen zu den Menschen- und Arbeitnehmerrechten, zu Umweltschutz und zur verantwortungsvollen Staatsführung zu ratifizieren und tatsächlich umzusetzen;

19.    fordert die EU zur Unterstützung des internationalen Ziels eines universellen Zugangs zu Energie bis 2030 und der Verabschiedung eines entsprechenden Beschlusses auf, da dies zur wirtschaftlicher Selbstbestimmung und zur Verbesserung der sozialen Situation der ärmsten und am stärksten benachteiligten Bevölkerungsgruppen in den Entwicklungsländern beiträgt;

20.    begrüßt die Einrichtung eines spezifischen Durchsetzungsmechanismus zur Überwachung der Umsetzung der Menschenrechtsklauseln in den bilateralen und regionalen Abkommen der EU, den sogenannten Abkommen der „neuen Generation“; begrüßt die Bemühungen, die Bewertung der Menschenrechtssituation in Drittländern bei der Aufnahme von Verhandlungen zu Handels- und/oder Investitionsabkommen oder bei ihrem Abschluss zu verbessern; stellt mit Bedauern fest, dass die aktuellen Kontrollbestimmungen für Menschenrechte in den maßgeblichen Übereinkünften nicht klar definiert oder hinreichend ambitioniert sind; fordert die EU auf, eine unbeugsame, prinzipientreue Haltung einzunehmen, indem sie darauf besteht, dass ihre Partnerländer die Menschenrechtsklauseln in internationalen Übereinkommen erfüllen;

21.    begrüßt die Neuausrichtung der EU-Hilfen auf die am wenigsten entwickelten Länder, und dass Länder mit mittlerem Einkommen gedrängt werden, einen steigenden Anteil ihrer Steuereinnahmen für Sozialversicherungssysteme und die Wahrung der Menschenrechte der ärmsten und am stärksten benachteiligten Bevölkerungsteile zu verwenden;

22.    fordert die internationale Gemeinschaft auf, den Regierungen im Afrika südlich der Sahara angemessene Unterstützung zu gewähren, damit die Finanzkrise nicht die humanitäre Krise in einigen Ländern der Region verschärft;

23.    fordert die Regierungen zur Einhaltung ihrer Verpflichtungen gegenüber den Bürgern bei dem verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen auf;

24.    drängt die Regierungen, alle notwendigen Maßnahmen zur Verringerung extremer Einkommensgefälle zu ergreifen und die Bedingungen zu schaffen, die den derzeit in extremer Armut lebenden Menschen die volle Ausschöpfung ihres Potentials und ein menschenwürdiges Leben ermöglichen;

25.    drängt die Regierungen der Entwicklungsländer zur Einführung sozialer Sicherungssysteme, da diese grundlegend für den Schutz der am stärksten benachteiligten Bevölkerungsteile und die Widerstandsfähigkeit gegen wirtschaftliche und Umweltschocks sind, und sie sich als Investition in die Gesellschaft, statt als reiner Kostenfaktor erwiesen haben, wie Sozialprogramme wie bolsa família in Brasilien oder nachfrageorientierte Programme im öffentlichen Bau wie Indiens Beschäftigungsprogramm für ländliche Gebiete (National Rural Employment Guarantee Scheme) zeigen; unterstreicht, dass der Erfolg solcher Bargeld-Transfersysteme weitgehend von den an sie geknüpften Bedingungen abhängt, wie der Einschreibung an und den Besuch einer Schule oder Bedingungen im Bereich Gesundheit, insbesondere die Impfung von Kindern;

26.    begrüßt die gemeinsame Initiative des UN-Sonderberichterstatters über das Recht auf Nahrung, Olivier De Schutter, und der UN-Sonderberichterstatterin über extreme Armut und Menschenrechte, Magdalena Sepúlveda Carmona, zur Stärkung der Sozialsicherungssysteme in Entwicklungsländern durch einen globalen Sozialsicherungsfonds („Global Fund for Social Protection“), der die Umsetzung internationaler Solidarität zum Nutzen der am wenigsten entwickelten Länder ermöglicht; fordert die Kommission zur Unterstützung dieser Programme auf;

27.    ist der Auffassung, dass Investitionen in eine nachhaltige Landwirtschaft in den Entwicklungsländern eine treibende Kraft bei der Bekämpfung der Ernährungsunsicherheit und der Ankurbelung des Wachstums insgesamt sind; fordert die Regierungen zur Unterstützung der verantwortlichen privatwirtschaftlichen Investoren und der kleinen Nahrungsmittelhersteller auf, insbesondere Frauen und landwirtschaftliche Genossenschaften, die den wirksamsten Beitrag zur Verringerung extremer Armut leisten, indem sie für mehr Einkünfte aus Beschäftigung sorgen; unterstreicht die Bedeutung von Investitionen in die ländliche Infrastruktur, die zu einer Senkung der Transaktionskosten führen und den Bauern den Zugang zu Märkten und die Erzielung eines höheren Einkommens ermöglichen;

28.    fordert die Regierungen auf, dafür zu sorgen, dass nationale und internationale Finanzspekulanten, die in Land investieren, keine negativen Auswirkungen auf Kleinbauern und lokale Produzenten haben, indem sie Umsiedlungen, Umweltprobleme und Unsicherheit hinsichtlich Lebensmittel und Einkommen verursachen; erinnert diesbezüglich daran, dass sichere Beschäftigung und Ernährung Bedingungen für die Achtung der Menschenrechte, die Demokratisierung und jegliches politisches Engagement sind;

29.    ersucht die Regierungen und den privaten Sektor gleichermaßen, den informellen und traditionellen Landbesitz ebenso wie die Landnutzungsrechte zu respektieren; betont, dass benachteiligte Gruppen, wie z. B. indigene Völker, geschützt werden müssen, da Land oft die einzige Ressource ist, mithilfe derer sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können;

30.    drängt die Regierungen, keine Kürzung oder Streichung der Nahrungsmittelsubventionen vorzunehmen, da diese Zuschüsse der Ausbreitung von Hunger entgegenwirken und die Ernährungssituation in den Empfängerhaushalten verbessern können;

31.    ruft zu mehr Transparenz auf den Rohstoffmärkten auf, um Preisschwankungen von Agrarrohstoffen durch übermäßige Spekulationen zu vermeiden, und betont die Notwendigkeit nach größerer internationaler Aufmerksamkeit und verbesserter Koordination diesbezüglich;

32.    weist die Regierungen darauf hin, dass im Mittelpunkt politischer Maßnahmen zur Jugendbeschäftigung neben der Schaffung von Arbeitsplätzen auch die Sicherstellung von Einkommenshöhen und Arbeitsbedingungen stehen sollten, die für den Aufbau eines ausreichenden Lebensstandards geeignet sind;

33.    bringt seine Unterstützung für die weltweite Einführung einer Finanztransaktionssteuer zum Ausdruck, die einen innovativen Mechanismus zur Entwicklungsfinanzierung darstellen und so zur universellen Durchsetzung wirtschaftlicher und sozialer Rechte beitragen kann; fordert alle Mitgliedstaaten zur Unterstützung des EU-Haushaltsvorschlags für eine Finanztransaktionssteuer auf;

34.    betont, dass die Bekämpfung von illegalen Finanzströmen sowie von Steueroasen und Rohstoffspekulation notwendige Schritte zur Verwirklichung der Menschenrechte sind, insbesondere in einkommensschwachen Staaten;

35.    vertritt die Auffassung, dass die Entwicklungsländer innovative Finanzierungssysteme für die Wirtschaftspolitik einrichten sollten; empfiehlt den Entwicklungsländern, Finanzmechanismen zu entwickeln, die mit ihren eigenen Ressourcen verknüpft sind;

36.    plädiert für eine stärkere Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in den Entwicklungsländern, wodurch die Arbeitslosigkeit gesenkt und Strategien zur Schaffung von Arbeitsplätzen unterstützt werden könnten;

37.    erachtet die Stärkung politischer Maßnahmen im Bereich Qualifizierung und Ausbildung, einschließlich nicht-formaler Bildung sowie Praktika und die Ausbildung am Arbeitsplatz als äußerst wichtig, da sie Unterstützung für einen erfolgreichen Übergang von der Schule in den Arbeitsmarkt bieten;

38.    betont, dass die Ereignisse des „Arabischen Frühlings“ eine Reihe von Unzulänglichkeiten der EU-Politik in Bezug auf die Region aufgezeigt haben, einschließlich der Situation junger Menschen, die in ihren Ländern unter Massenarbeitslosigkeit leiden und keine Perspektiven haben; fordert die EU auf, wirksamere Maßnahmen zu ergreifen, um die Auswirkungen der Finanzkrise in Drittländern stärker zu bekämpfen, einschließlich der gebührenden Berücksichtigung von Berichten von Organisationen der Zivilgesellschaft;

39.    drängt die Regierungen der Länder, in denen die Kinderarbeit häufig anzutreffen ist, und die internationalen Geber zur Förderung vorbeugender Maßnahmen u. a. zur Ausweitung des Zugangs zu Schulbildung, zur Verbesserung der Schulqualität und zur Senkung der Schulkosten, um so die Armutsquoten zu senken und das Wirtschaftswachstum anzuregen;

40.    drängt die Regierungen zur Bereitstellung von Angeboten des zweiten Bildungswegs für Menschen ohne Grundschulbildung, um ihnen Kenntnisse im Lesen, Schreiben, Rechnen und im Bereich Lebensführung zu vermitteln, die ihnen bei der Überwindung der Armut helfen können;

41.    drängt die Regierungen zur Verstärkung von Unterstützungsmaßnahmen zum Schutz von Kindern, einschließlich Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder und zur Sensibilisierung von Regierungsmitarbeitern zu dem Thema;

42.    weist darauf hin, dass die Geschlechtergleichstellung eine wesentliche Komponente aller politischen Konjunkturmaßnahmen sein muss; drängt auf die Verstärkung von politischen Maßnahmen und Praktiken, die sicherstellen, dass mehr Frauen bei ihrem Eintritt in den Arbeitsmarkt einer Beschäftigung unter menschenwürdigen Bedingungen und mit sozialer Absicherung nachgehen; fordert öffentliche Investitionen in Betreuungsdienste zur Verringerung der unbezahlten Haushalts- und Betreuungsarbeit von Frauen; besteht darauf, dass sich die Arbeitsmarktpolitik damit befasst, dass es nicht genug Möglichkeiten für Elternzeit zur Kinderbetreuung und -erziehung gibt;

43.    unterstreicht die Notwendigkeit, Frauen stärker in den sozialen Dialog und in Entscheidungsprozesse einzubeziehen; bekräftigt die Tatsache, dass die Bildung von Mädchen und Frauen und geschlechtergerechte Mitgestaltungsmöglichkeiten von grundlegender Bedeutung sind;

44.    drängt die Regierungen zur Auseinandersetzung mit den kritischen Menschenrechtsproblemen, denen sich ältere Menschen insbesondere in Zeiten des Wirtschaftsabschwungs gegenübersehen, wie Langzeitarbeitslosigkeit, altersbedingte Diskriminierung am Arbeitsplatz, Einkommensunsicherheit und unerschwingliche Gesundheitsversorgung; fordert die Regierungen zur Einführung neuer innovativer Mechanismen zur flexiblen Erwerbsbeteiligung auf, wie die Gewährung von Sozialrenten für ältere Menschen in Teilzeitarbeit, Umschulungsprogramme oder fiskalische Maßnahmen, die auf die Beschäftigungsförderung von älteren Menschen abzielen;

45.    fordert die Senkung der Transaktionskosten für Heimatüberweisungen und z. B. die vereinfachte Möglichkeit für Migranten, in den Gastländern ein Bankkonto zu eröffnen;

46.    fordert die Regierungen auf, sicherzustellen, dass der Kampf gegen den Menschenhandel auch in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise ein vorrangiges Ziel bleibt; drängt die Regierungen zur vollständigen Umsetzung der Rechtsvorschriften zur Verfolgung von Menschenhändlern und -schmugglern, zur Ausweitung der Unterstützung und der Gewährung von Rechtshilfe für Opfer des Menschenhandels und zur Entwicklung einer stärkeren internationalen Zusammenarbeit;

47.    begrüßt den Austausch der Hochrangigen Gruppe der Vereinten Nationen über die Entwicklungsagenda nach 2015 unter Teilnahme des Kommissionsmitglieds für Entwicklung; ist der Auffassung, dass der Rahmen für die Zeit nach 2015 die universelle Durchsetzung der Menschenrechte in den Mittelpunkt stellen, die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise insbesondere auf die ärmsten und am stärksten benachteiligten Bevölkerungsgruppen berücksichtigen und die Verpflichtungen mit Blick auf die Ziele der Armutsverringerung aufrechterhalten sollte; drängt alle beteiligten Parteien, die Festlegung messbarer Ziele und Indikatoren sowie qualitativer und ergebnisbasierter Indikatoren zu erwägen;

48.    unterstreicht die Notwendigkeit, die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf verschiedene Gebiete, einschließlich in der EU und in ihren Beziehungen zu Drittländern, weiter zu erforschen und zu analysieren und die Überwachung der frühen Anzeichen für globale und regionale Krisen zu verbessern; betont, dass aufgeschlüsselte Daten in der Forschung und bei der Planung politischer Maßnahmen eine größere Rolle spielen sollten, damit die Probleme der ärmsten und am stärksten benachteiligten Gesellschaftsmitglieder besser erfasst und behandelt werden können; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten zur Bereitstellung finanzieller Unterstützung für das Innovationslabor der Vereinten Nationen „Global Pulse“ auf, das der UN-Generalsekretär 2009 lanciert hat, um durch die Erhebung und Auswertung von Daten ein besseres Verständnis der Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf gefährdete Bevölkerungsteile zu erlangen und geeignete politische Maßnahmen erarbeiten zu können;

49.    beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD), dem EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und dem Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte zu übermitteln.

STELLUNGNAHME des Entwicklungsausschusses (23.1.2013)

für den Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten

zu den Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf die Menschenrechte
(2012/2136(INI))

Verfasser der Stellungnahme: Keith Taylor

VORSCHLÄGE

Der Entwicklungsausschuss ersucht den federführenden Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:

1.  betont, dass die Wirtschafts- und Finanzkrise sämtliche Menschenrechte, auch die Bürgerrechte und die politischen Rechte, bedroht; unterstreicht, dass die Wirtschafts- und Finanzkrise nachteilige Auswirkungen auf den Zugang zu Lebensmitteln, Gesundheitsdiensten und Bildung für die besonders schutzbedürftigen Gruppen der Gesellschaft sowohl in städtischen als auch in ländlichen Gegenden gehabt und weltweit zu einem dramatischen Anstieg der Armutsquoten geführt hat; weist darauf hin, dass Regierungen die Pflicht haben, die Beachtung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte sicherzustellen und Schutz vor Missbrauch durch beispielsweise Unternehmen und andere private Akteure zu bieten, indem sie die UN-Leitprinzipien für Unternehmen und Menschenrechte umsetzen; weist darauf hin, dass die EU in der Verantwortung steht, Partnerschaften anzuregen, die für Wachstum und Beschäftigung im Aufnahmeland sorgen und dabei auch soziale Mindestnormen berücksichtigen;

2.  stellt fest, dass die Finanzkrise sich weltweit auf verschiedenen Übertragungswegen verbreitet hat und unterschiedlich schnell und heftig in Wechselwirkung mit anderen Krisen (darunter Nahrungsmittel- und Energiekrise) getreten ist; stellt mit Besorgnis fest, dass Schätzungen der Weltbank und der VN zufolge zwischen 55 und 103 Millionen mehr Menschen aufgrund der Krise in Armut leben müssen, wodurch weitere Fortschritte bei der Verwirklichung der Menschenrechte aufs Spiel gesetzt werden;

3.  stellt besorgt fest, dass sich nach Schätzungen der Weltbank und des IWF die Verringerung der Armutsquote in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara verlangsamt hat; und dass 2009 aufgrund der Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise 30 000 bis 50 000 mehr Kinder in Afrika südlich der Sahara gestorben sind;

4.  stellt mit Besorgnis fest, dass sich die Rechte der Frauen wegen der Krise dahingehend verschlechtert haben, dass sie beispielsweise in noch größerem Umfang unbezahlter Arbeit und zunehmender Gewalt ausgesetzt sind; bekräftigt demzufolge, dass der Aufbau von Gemeinwohldienstleistungen und tragfähigen Sozialschutzsystemen bei der Sicherstellung der Wahrung wirtschaftlicher und sozialer Rechte von Frauen von entscheidender Bedeutung ist;

5.  verweist darauf, dass der Grundsatz der Nichtdiskriminierung insbesondere vor dem Hintergrund der Krise die Einleitung positiver Schritte gegen unverhältnismäßige Auswirkungen auf Frauen, indigene Bevölkerungsgruppen und andere systematisch benachteiligte Teile der Bevölkerung erfordert und dass zugleich sichergestellt werden muss, dass diese Krisenbekämpfungsmaßnahmen den am meisten benachteiligten und schutzbedürftigen Gemeinschaften zugute kommen;

6.  betont, dass arme Menschen dank der Investitionen im Sozialbereich besser vor der Krise geschützt werden konnten und dass die Widerstandsfähigkeit armer Menschen gegenüber Schocks gesteigert wird; betont , dass einige Entwicklungsländer trotz Krise eine Wachstumsrate von fast 4 % aufweisen; betont, dass Länder mit wirkungsvollen Systemen für innerstaatliche Besteuerung ihre Anfälligkeit gegenüber plötzlichen Verlusten von Handelssteuern oder Kapitalzuflüssen aus dem Ausland reduzieren; dringt daher darauf, dass die EU Entwicklungsländern hilft, progressive und effektive Besteuerungssysteme zu etablieren, um die Auswirkungen der Krise auf öffentliche Einnahmen zu mildern, um dazu beizutragen, dass die Mittel für Sozialschutzprogramme sichergestellt werden, und um für eine gerechte Verteilung vorhandener Ressourcen zu sorgen; verlangt, dass die EU in Bezug auf die Voraussetzungen und die Wirksamkeit ihrer Entwicklungshilfe in Bezug auf die Länder unnachgiebig bleibt, in denen die mit Bestechung einhergehende Einschränkung der Menschenrechte die Auswirkungen der Krise weiter verschärft;

7.  betont, dass die Menschen in den Industrieländern die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise zwar zu spüren bekommen, die Menschen in den Entwicklungsländern jedoch die Hauptlast der Krise zu tragen haben und es für sie nur wenige Sicherheitsnetze gibt; fordert ein stärkeres Engagement seitens der EU, um diese Auswirkungen in den Entwicklungsländern zu mildern;

8.  stellt mit Besorgnis fest, dass infolge der brutalen Niederschlagung sozialer Proteste in vielen Ländern der Welt die bürgerlichen und politischen Rechte in Gefahr sind; betont, dass das Recht auf Information und das Recht auf Beteiligung an politischen Entscheidungen des Staates zur Bekämpfung der Krise gewahrt werden müssen;

9.  bedauert, dass wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte in der Praxis weiterhin schwer durchgesetzt werden können, auch wenn die internationale Gemeinschaft die Unteilbarkeit und gleiche Bedeutung aller Menschenrechte anerkennt; ist der Ansicht, dass das Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, das Beschwerden einzelner Personen über angebliche Verletzungen der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte ermöglicht, in vollem Umfang genutzt werden sollte;

10. betont, dass soziale Spannungen vermehrt Diskriminierung und Hass gegenüber Minderheiten und Wanderarbeitnehmern verursacht haben, die zu den am meisten gefährdeten und von der Krise betroffenen Gruppen zählen und deren Bedürfnisse bei der Bewältigung der Krise berücksichtigt werden müssen;

11. bestätigt, dass es keine Rechtfertigung für Staaten, ungeachtet des Niveaus ihrer Einnahmen, gibt, hinsichtlich ihrer Verpflichtungen zur Achtung der fundamentalen Menschenrechte Abstriche zu machen, auch wenn die weltweite Wirtschaftskrise eine schwere Bedrohung für die Umsetzung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte schafft; betont, dass Regierungen grundsätzlich verpflichtet sind, die für ein würdevolles Leben notwendigen „grundlegenden Mindeststandards“ in Bezug auf soziale und wirtschaftliche Rechte zu garantieren;

12. betont, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern eine Waffe im Kampf gegen die Frauenarmut ist, weil sie sich positiv auf Produktivität und nachhaltige Gesellschaften auswirkt und zu einer höheren Frauenerwerbstätigkeit führt, was seinerseits zahlreiche soziale, wirtschaftliche und ökologische Vorteile mit sich bringt;

13. betont, dass die Umsetzung sozialer und wirtschaftlicher Rechte unter anderem von der Fähigkeit des Staates abhängt, den Finanzmarkt zu regulieren und Ressourcen auf gerechte Weise zu verteilen, beispielsweise durch ein wirkungsvolles, transparentes und progressives Besteuerungssystem;

14. betont, dass die Antworten der Regierungen auf die Krise nicht nur wirtschaftspolitischer sondern auch sozialpolitischer Art sein müssen und dass die Förderung einer besseren Governance in künftigen Partnerschaftsvereinbarungen verstärkt berücksichtigt werden muss, um die Bemühungen der Entwicklungsländer zu unterstützen;

15. bedauert, dass in Krisenzeiten die Rechte der Frauen und die Rechte von Minderheiten massiv verletzt werden, und verlangt, in diesen Zeiten dem Kampf gegen Diskriminierung auf der Grundlage des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, der Rasse oder ethnischen Herkunft, des Alters, einer Behinderung, der sexuellen Veranlagung und Geschlechtsidentität besonders wichtig zu nehmen;

16. betont, dass die Bekämpfung von illegalen Finanzströmen sowie von Steueroasen und Rohstoffspekulation notwendige Schritte zur Verwirklichung der Menschenrechte sind, insbesondere in einkommensschwachen Staaten;

17. betont, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise zudem eine unverhältnismäßige Auswirkung auf die Rechte bestimmter Bevölkerungsgruppen hat, insbesondere die Ärmsten und Ausgegrenzten;

18. betont, dass zwar eine vollständige Bewertung der Auswirkungen der Krise auf die bürgerlichen und politischen Rechte noch aussteht, jedoch Klarheit darüber besteht, dass die Krise soziale Konflikte vergrößert hat, was manchmal zu gewalttätiger Unterdrückung führt, und dass es zudem durch die Krise zu einer Vervielfachung der Fälle von Missachtung der Grundrechte, wie der Meinungsfreiheit oder des Rechts auf Information, gekommen ist;

19. weist darauf hin, dass die Grundwerte der Freiheit, Menschenwürde, sozialen Gerechtigkeit und Nichtdiskriminierung Voraussetzungen für eine nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung sind; betont insbesondere die Allgemeingültigkeit der Agenda für menschenwürdige Arbeit der IAO als grundlegendes Prinzip, um „faire Globalisierung“ sicherzustellen; fordert die EU auf, eine auf Menschenrechten basierende Reaktion auf die Krise zu unterstützen und aktiv zur Einrichtung von Mindestniveaus zum Sozialschutz in Entwicklungsländern beizutragen und gleichzeitig deren individuelle Ansätze hinsichtlich der Umsetzung zu respektieren;

20. weist darauf hin, dass zur Einhaltung der Menschenrechte unter anderem eine soziale Grundsicherung gehört, die mit Mindestlöhnen die uneingeschränkte Anwendung internationaler Arbeitsnormen und Vorkehrungen gegen extreme Armut umfasst;

21. stellt fest, dass etwa 5,1 Milliarden Menschen, 75 % der Weltbevölkerung, keinen ausreichenden sozialen Schutz genießen, 2,6 Milliarden Menschen keinen Zugang zu angemessener sanitärer Versorgung und 884 Millionen Menschen keinen Zugang zu Trinkwasser haben, 873 Millionen an chronischem Hunger leiden, etwa 9 Millionen Kinder unter fünf Jahren jährlich an weitgehend vermeidbaren Krankheiten sterben und 100 Millionen Menschen unter die Armutsgrenze gedrängt werden, wenn sie für Kosten der Gesundheitsversorgung aufkommen müssen;

22. weist darauf hin, dass Länder südlich der Sahara wegen der begrenzten Diversifizierung ihrer Volkswirtschaften und Exporte sowie wegen des Übergewichts der primären Rohstoffe besonders anfällig für externe Schocks sind; betont, dass illegale Finanzströme eine große Hürde für Afrikas Entwicklung schaffen, sodass auch die Verwirklichung der Menschenrechte gehemmt wird; legt den afrikanischen Ländern nahe, systematische Prüfungen ihrer Staatsverschuldung einzuleiten; fordert die EU nochmals auf, den Kampf gegen Steueroasen und Korruption zu einer ihrer höchsten Prioritäten zu erklären und internationale Finanzinstitute und Entwicklungshilfeorganisationen nachdrücklich aufzufordern, das Gleiche zu tun;

23. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass die Menschenrechte im Rahmen aller abgeschlossenen oder geänderten Handels- und Investitionsabkommen durch verbindliche und nicht verhandelbare Menschenrechtsklauseln tatsächlich geschützt werden; betont daher, dass sich die Mitgliedstaaten in ihrem Bemühen, sich Zugang zu Exportmärkten zu sichern oder Investoren anzulocken, nicht in Geschäfte verstricken lassen sollten, die ihre Fähigkeit beeinträchtigen, ihren menschenrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen; verlangt, dass die Kommission systematische Beurteilungen der Auswirkungen von Handels- und Investitionsabkommen auf die Menschenrechte durchführt, um dazu beizutragen, dass die Menschenrechte wirklich durchgesetzt werden;

24. stellt mit Besorgnis fest, dass die weltweite Wirtschaftskrise die Ausgaben für Öffentliche Entwicklungszusammenarbeit durch die EU-Mitgliedstaaten gefährdet; weist darauf hin, dass die Kosten der weltweiten Wirtschaftskrise überproportional von armen Ländern getragen werden, obwohl sie in den reicheren Ländern entstanden ist; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten daher auf, ihre bestehenden bilateralen und multilateralen Verpflichtungen in Bezug auf Öffentliche Entwicklungshilfe und die Ziele, die in der VN-Millenniumserklärung aufgestellt wurden, beizubehalten und umzusetzen; weist darauf hin, dass auch die Schwellenländer durch ihren potenziellen Beitrag zur Öffentlichen Entwicklungshilfe eine wichtige Rolle spielen;

25. bekräftigt, dass Entscheidungen, die in die Zuständigkeit internationaler Einrichtungen fallen, darunter des IWF, der Weltbank oder der WTO, mit dem gesamten Spektrum der in den internationalen Menschenrechtsabkommen verankerten auf die Menschenrechte bezogenen Verpflichtungen vereinbar sein müssen.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

22.1.2013

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

24

0

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Thijs Berman, Michael Cashman, Corina Creţu, Véronique De Keyser, Nirj Deva, Leonidas Donskis, Charles Goerens, Filip Kaczmarek, Miguel Angel Martínez Martínez, Gay Mitchell, Norbert Neuser, Bill Newton Dunn, Maurice Ponga, Birgit Schnieber-Jastram, Michèle Striffler, Alf Svensson, Keith Taylor, Eleni Theocharous, Patrice Tirolien, Anna Záborská, Iva Zanicchi

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter

Enrique Guerrero Salom, Gesine Meissner, Judith Sargentini

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

19.2.2013

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

47

3

17

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Pino Arlacchi, Elmar Brok, Jerzy Buzek, Tarja Cronberg, Arnaud Danjean, Mário David, Mark Demesmaeker, Michael Gahler, Marietta Giannakou, Ana Gomes, Andrzej Grzyb, Anna Ibrisagic, Liisa Jaakonsaari, Anneli Jäätteenmäki, Jelko Kacin, Tunne Kelam, Evgeni Kirilov, Maria Eleni Koppa, Andrey Kovatchev, Paweł Robert Kowal, Wolfgang Kreissl-Dörfler, Eduard Kukan, Alexander Graf Lambsdorff, Vytautas Landsbergis, Ryszard Antoni Legutko, Krzysztof Lisek, Sabine Lösing, Ulrike Lunacek, Willy Meyer, Francisco José Millán Mon, Alexander Mirsky, Annemie Neyts-Uyttebroeck, Raimon Obiols, Ria Oomen-Ruijten, Pier Antonio Panzeri, Alojz Peterle, Mirosław Piotrowski, Bernd Posselt, Hans-Gert Pöttering, Cristian Dan Preda, Fiorello Provera, Libor Rouček, Tokia Saïfi, José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, György Schöpflin, Adrian Severin, Marek Siwiec, Sophocles Sophocleous, Laurence J.A.J. Stassen, Charles Tannock, Inese Vaidere, Johannes Cornelis van Baalen, Geoffrey Van Orden, Sir Graham Watson

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Marije Cornelissen, Anne Delvaux, Barbara Lochbihler, Monica Luisa Macovei, Emilio Menéndez del Valle, Potito Salatto, Marietje Schaake, Helmut Scholz, Indrek Tarand, Traian Ungureanu, Ivo Vajgl

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 187 Abs. 2)

Rui Tavares, Claudiu Ciprian Tănăsescu