BERICHT über den Antrag auf Aufhebung der Immunität von Giorgos Grammatikakis

30.9.2016 - (2016/2084(IMM))

Rechtsausschuss
Berichterstatter: António Marinho e Pinto

Verfahren : 2016/2084(IMM)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A8-0279/2016
Eingereichte Texte :
A8-0279/2016
Aussprachen :
Angenommene Texte :

VORSCHLAG FÜR EINEN BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

über den Antrag auf Aufhebung der Immunität von Giorgos Grammatikakis

(2016/2084(IMM))

Das Europäische Parlament,

–  befasst mit einem am 1. April 2016 von der stellvertretenden Staatsanwaltschaft beim Obersten Gerichtshof der Hellenischen Republik übermittelten und am 27. April 2016 im Plenum bekannt gegebenen Antrag auf Aufhebung der Immunität von Giorgos Grammatikakis im Zusammenhang mit der von der Staatsanwaltschaft angestrebten gerichtlichen Verfolgung wegen strafbarer Untreue im Amt in Mittäterschaft im Zeitraum zwischen 2000 und 2002 in Rethymno, Kreta (Vorgang ABM: AB05/1956),

–  unter Hinweis darauf, dass Giorgos Grammatikakis auf sein Recht, gemäß Artikel 9 Absatz 5 der Geschäftsordnung gehört zu werden, verzichtet hat,

–  gestützt auf die Artikel 8 und 9 des Protokolls Nr. 7 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union und auf Artikel 6 Absatz 2 des Aktes vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments,

–  unter Hinweis auf die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. Mai 1964, 10. Juli 1986, 15. und 21. Oktober 2008, 19. März 2010, 6. September 2011 und 17. Januar 2013[1],

–  unter Hinweis auf Artikel 62 der Verfassung, Artikel 54 der Zivilprozessordnung und Artikel 83 der Geschäftsordnung des Parlament der Hellenischen Republik,

–  unter Hinweis auf die Verfügung Nr. 5181/18.11.2015 der Staatsanwaltschaft am Berufungsgericht von Kreta,

–  unter Hinweis auf das Protokoll der Vernehmung von Giorgos Grammatikakis, MdEP, vom 7. April 2016 zusammen mit seiner Verteidigungsschrift und unterstützenden Dokumenten,

–  unter Hinweis auf die Verfügung Nr. 104/2015 des Rats am Berufungsgericht von Kreta,

–  gestützt auf Artikel 5 Absatz 2, Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 9 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Rechtsausschusses (A8-0279/2016),

A.  in der Erwägung, dass die stellvertretende Staatsanwaltschaft beim Obersten Gerichtshof der Hellenischen Republik im Zusammenhang mit der Verfolgung einer mutmaßlichen Straftat die Aufhebung der parlamentarischen Immunität von Giorgos Grammatikakis, Mitglied des Europäischen Parlaments, beantragt hat;

B.  in der Erwägung, dass gemäß Artikel 9 des Protokolls Nr. 7 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union Mitgliedern des Europäischen Parlaments im Hoheitsgebiet ihres eigenen Staates die den Parlamentsmitgliedern zuerkannte Unverletzlichkeit zusteht;

C.  in der Erwägung, dass ein Abgeordneter laut Artikel 62 der Verfassung der Hellenischen Republik während der Legislaturperiode ohne vorherige Zustimmung des Parlaments nicht verfolgt, festgenommen oder inhaftiert oder in sonstiger Weise in seiner Freiheit beschränkt werden darf;

D.  in der Erwägung, dass die griechischen Behörden beabsichtigen, Giorgos Grammatikakis gemeinsam mit anderen strafrechtlich zu verfolgen, weil er rechtlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen sein soll;

E.  in der Erwägung, dass es bei der angestrebten Strafverfolgung um eine Diskussion geht, die am 8. März 1996 stattgefunden haben soll, über die Möglichkeit, eine neue private kollektive Versicherung – zusätzlich zu der Pflichtversicherung – für alle Beschäftigten der Universität von Kreta abzuschließen, sowie um mutmaßliche rechtswidrige Zahlungen in Form aufeinanderfolgender Überweisungen während des Zeitraums 2000 bis 2002;

F.  in der Erwägung, dass ein früheres Verfahren in derselben Sache für den Zeitraum ab 2000 mit einem Freispruch für alle Beschuldigten endete;

G.  in der Erwägung, dass die angestrebte Strafverfolgung offensichtlich in keinerlei Zusammenhang mit dem Status von Giorgos Grammatikakis als Mitglied des Europäischen Parlaments steht, sondern sich auf seine frühere Stellung als Rektor des Senats der Universität von Kreta bezieht;

H.  in der Erwägung, dass die Strafverfolgung keine in Ausübung des Amtes als Mitglied des Europäischen Parlaments erfolgte Äußerung oder abgegebene Stimme im Sinne von Artikel 8 des Protokolls Nr. 7 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union betrifft;

I.  in der Erwägung, dass die angestrebte Strafverfolgung auf den Zeitraum von 1996 bis 2000 ausgeweitet wurde und es darin auch um die letzte Sitzung des Senats der Universität von Kreta mit Giorgos Grammatikakis als Rektor geht, in der diese Frage erörtert, jedoch kein Beschluss gefasst wurde; in der Erwägung, dass es keinen Hinweis dafür gibt, dass der politischen Tätigkeit des Mitglieds durch die angestrebte Strafverfolgung Schaden zugefügt werden soll;

J.  in der Erwägung, dass die Klage gegen viele mitangeklagte Mitglieder des Senats der Universität von Kreta und des ELKE-Ausschusses letztendlich als unzulässig abgewiesen wurde, weil die Verjährungsfrist von 15 Jahren für die mutmaßlichen Straftaten abgelaufen war, während andere vom Gericht im Mai 2016 in allen Anklagepunkten endgültig freigesprochen wurden;

K.  überrascht, dass die Aufhebung der Immunität erst etwa 20 Jahre nachdem die Ereignisse stattgefunden haben, beantragt wurde, und das griechische Rechtssystem nicht in der Lage war, in diesem Zeitraum ein Verfahren gegen Giorgos Grammatikakis anzustrengen, dies aber jetzt gegen ihn in seiner Eigenschaft als Mitglied des Europäischen Parlaments zu tun beabsichtigt;

L.  in der Erwägung, dass eine langsam arbeitende Justiz nie gerecht sein kann, weil die Menschen, um die es geht, nicht mehr dieselben sind wie noch vor 20 Jahren; in der Erwägung, dass Recht auch rechtzeitig gesprochen werden muss, wenn es diesen Namen verdienen soll;

1.  beschließt, die Immunität von Giorgos Grammatikakis aufzuheben, der dies selbst beantragt hat, damit diesem langen Rechtsverfahren ein Ende bereitet werden kann;

2.  beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss und den Bericht seines zuständigen Ausschusses unverzüglich den griechischen Behörden und Giorgos Grammatikakis zu übermitteln.

  • [1]  Urteil des Gerichtshofs vom 12 Mai 1964, Wagner/Fohrmann und Krier, 101/63, ECLI:EU:C:1964:28; Urteil des Gerichtshofs vom 10. Juli 1986, Wybot/Faure und andere, 149/85, ECLI:EU:C:1986:310; Urteil des Gerichts vom 15. Oktober 2008, Mote/Parlament, T-345/05, ECLI:EU:T:2008:440; Urteil des Gerichtshofs vom 21. Oktober 2008, Marra/De Gregorio und Clemente, C200/07 und C-201/07, ECLI:EU:C:2008:579; Urteil des Gerichts vom 19. März 2010, Gollnisch/Parlament, T-42/06, ECLI:EU:T:2010:102; Urteil des Gerichtshofs vom 6. September 2011, Patriciello, C163/10, ECLI: EU:C:2011:543; Urteil des Gerichts vom 17. Januar 2013, Gollnisch/Parlament, T-346/11 und T-347/11, ECLI:EU:T:2013:23.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNGIM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS

Datum der Annahme

26.9.2016

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

12

0

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Joëlle Bergeron, Marie-Christine Boutonnet, Mady Delvaux, Dietmar Köster, Gilles Lebreton, António Marinho e Pinto, Evelyn Regner, Tadeusz Zwiefka

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter

Sergio Gaetano Cofferati, Angel Dzhambazki, Stefano Maullu, Virginie Rozière