BERICHT über die Gleichstellung der Geschlechter und die Steuerpolitik in der EU

29.11.2018 - 2018/2095(INI).

Ausschuss für Wirtschaft und Währung
Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter
Berichterstatter: Marisa Matias, Ernest Urtasun
(Gemeinsames Ausschussverfahren – Artikel 55 der Geschäftsordnung)


Verfahren : 2018/2095(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A8-0416/2018
Eingereichte Texte :
A8-0416/2018
Angenommene Texte :

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zu der Gleichstellung der Geschlechter und der Steuerpolitik in der EU

(2018/2095(INI))

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV),

–  gestützt auf die Artikel 8, 10, 11, 153 und 157 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

–  unter Hinweis auf die Artikel 23 und 33 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

–  unter Hinweis auf den EU-Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie 2015,

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 16. Juni 2016 zur Gleichstellung der Geschlechter (00337/2016),

–  unter Hinweis auf den Europäischen Pakt für die Gleichstellung der Geschlechter für den Zeitraum 2011–2020, der den Schlussfolgerungen des Rates vom 7. März 2011 als Anlage beigefügt ist (07166/2011),

–  unter Hinweis auf die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), insbesondere deren Artikel 14, der Diskriminierung untersagt,

–  unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und den Bericht des Unabhängigen Experten der Vereinten Nationen für die Auswirkungen der Auslandsverschuldung und damit zusammenhängender internationaler finanzieller Verpflichtungen von Staaten auf den vollen Genuss aller Menschenrechte, insbesondere der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte, vom 15. Januar 2016 über illegale Finanzströme, Menschenrechte und die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung („Final study on illicit financial flows, human rights and the 2030 Agenda for Sustainable Development“),

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 18. Dezember 1979 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau,

–  unter Hinweis auf die Erklärung und die Aktionsplattform von Peking, die am 15. September 1995 auf der vierten Weltfrauenkonferenz angenommen wurden, sowie auf die darauffolgenden entsprechenden Abschlussdokumente, die im Rahmen der VN-Sondertagungen Peking +5 (2000), Peking +10 (2005), Peking +15 (2010) und Peking +20 (2015) angenommen wurden,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen von Istanbul) und seinen Artikel 3, der den Begriff „Geschlecht“ als „die gesellschaftlich geprägten Rollen, Verhaltensweisen, Tätigkeiten und Merkmale, die eine bestimmte Gesellschaft als für Frauen und Männer angemessen ansieht“, definiert, sowie auf das Interamerikanische Übereinkommen zur Verhütung, Bestrafung und Beseitigung von Gewalt gegen Frauen (Übereinkommen von Belém do Pará) von 1994,

–  unter Hinweis auf die Resolution 70/1 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 25. September 2015 mit dem Titel „Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“,

–  unter Hinweis auf die wichtigsten Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) zur Gleichstellung der Geschlechter, und zwar unter anderem das Übereinkommen (Nr. 100) über die Gleichheit des Entgelts, das Übereinkommen (Nr. 111) über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf, das Übereinkommen (Nr. 156) über Arbeitnehmer mit Familienpflichten und das Übereinkommen (Nr. 183) über den Mutterschutz,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Stellungnahme des Zentrums für wirtschaftliche und soziale Rechte (Centre for Economic and Social Rights – CESR), der Alliance Sud, des Projekts „Global Justice Clinic“ der New York University School of Law, der NRO „Public Eye“ und des Tax Justice Network (Netz für Steuergerechtigkeit) an den CEDAW mit dem Titel „Swiss Responsibility for the Extraterritorial Impacts of Tax Abuse on Women’s Rights“ (Verantwortung der Schweiz für die extraterritorialen Auswirkungen von steuerlichem Missbrauch auf die Rechte der Frau), in dem die überproportionale steuerliche Belastung von Frauen, insbesondere von Frauen mit geringem Einkommen und Frauen in Entwicklungsländern, hervorgehoben wird, die durch den Verlust öffentlicher Einnahmen infolge von grenzüberschreitendem Steuermissbrauch verursacht wird,

–  unter Hinweis auf die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen vom 3. Dezember 2015 mit dem Titel „Strategic Engagement for Gender Equality 2016–2019“ (Strategisches Engagement für die Gleichstellung der Geschlechter 2016–2019) (SWD(2015)0278),

–  unter Hinweis auf die Strategie Europa 2020 der Kommission für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum,

–  unter Hinweis auf die Länderberichte der Kommission im Rahmen des Europäischen Semesters 2018,

–  unter Hinweis auf den Bericht der Kommission von 2017 über die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Europäischen Union,

–  unter Hinweis auf den Bericht der Kommission mit dem Titel „Taxation Trends in the European Union – Data for the EU Member States, Iceland and Norway, 2018 Edition“ (Steuerentwicklungen in der Europäischen Union – Daten für die EU-Mitgliedstaaten sowie Island und Norwegen, Ausgabe 2018),

–  unter Hinweis auf den Bericht der Kommission vom 8. Mai 2018 mit dem Titel „Ausbau der Betreuungseinrichtungen für Kleinkinder in Europa mit Blick auf die Verbesserung der Beteiligung von Frauen am Erwerbsleben, die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und ein nachhaltiges und integratives Wachstum (die „Barcelona-Ziele“)“ (COM(2018)0273),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen,

–  unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Richtlinie des Rates vom 18. Januar 2018 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf die Mehrwertsteuersätze,

–  unter Hinweis auf den Gleichstellungsindex des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen (EIGE),

–  unter Hinweis auf den Bericht von UN Women mit dem Titel: „Progress of the world’s women 2015–2016. Transforming economies, realising rights“ (Fortschritte der Frauen in der Welt 2015–2016: Wirtschaftswandel und Durchsetzung von Rechten),

–  unter Hinweis auf den Schlussbericht der Sachverständigengruppe des Europarats für die Berücksichtigung des Gleichstellungsaspekts bei der Haushaltsplanung (Gender Budgeting) aus dem Jahr 2005, in dem Gender Budgeting als geschlechtsspezifische Bewertung von Haushaltsplänen unter Einbeziehung einer geschlechtsspezifischen Perspektive auf sämtlichen Ebenen des Haushaltsprozesses und Umstrukturierung von Einnahmen und Ausgaben mit Blick auf die Förderung der Geschlechtergleichstellung definiert wird,

–  unter Hinweis auf die Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen Parlaments aus dem Jahr 2015 mit dem Titel „Bringing transparency, coordination and convergence to corporate tax policies in the European Union – I – Assessment of the magnitude of aggressive corporate tax planning“ (Transparentere Gestaltung, Koordinierung und Annäherung der Politik im Bereich der Körperschaftssteuer in der Europäischen Union – I – Bewertung des Ausmaßes aggressiver Körperschaftssteuerplanung),

–  unter Hinweis auf die abschließenden Bemerkungen des CEDAW zu extraterritorialen Verpflichtungen in Bezug auf die geschlechtsspezifischen Auswirkungen illegaler Finanzströme und Steuervermeidung durch Unternehmen in der Schweiz aus dem Jahr 2016 und in Luxemburg aus dem Jahr 2018[1],

–  unter Hinweis auf das Themenpapier des Instituts für Entwicklungsstudien aus dem Jahr 2016 mit dem Titel „Redistributing Unpaid Care Work – Why Tax Matters for Women’s Rights“ (Umverteilung unbezahlter Pflegearbeit – Warum Steuern für die Frauenrechte eine Rolle spielen),

–  unter Hinweis auf die Studie der Fachabteilung C für Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten des Parlaments vom April 2017 mit dem Titel „Gender equality and taxation in the European Union“ (Gleichstellung der Geschlechter und Besteuerung in der Europäischen Union),

–  unter Hinweis auf den Bericht von UN Women vom April 2018 mit dem Titel „Gender, taxation and equality in developing countries“ (Geschlecht, Besteuerung und Gleichstellung in Entwicklungsländern),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. September 2012 zur Rolle der Frau in der grünen Wirtschaft[2],

–  unter Hinweis auf den Bericht der OECD über die Umsetzung der geschlechtsbezogenen Empfehlungen der OECD (Juni 2017) und auf die Steuer- und Sozialleistungsmodelle der OECD aus dem Jahr 2015,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. Juni 2015 zu der Strategie der EU für die Gleichstellung von Frauen und Männern nach 2015[3],

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 28. April 2016 zu weiblichen Hausangestellten und weiblichem Pflegepersonal in der EU[4],

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. Mai 2016 zu dem Thema „Armut: eine geschlechtsspezifische Perspektive“[5],

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. März 2017 zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Europäischen Union 2014–2015[6],

–  unter Hinweis auf seine Empfehlung vom 13. Dezember 2017 an den Rat und die Kommission im Anschluss an die Untersuchung von Geldwäsche, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung[7],

–  gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf die gemeinsamen Beratungen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung und des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter gemäß Artikel 55 der Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Währung und des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (A8-0416/2018),

A.  in der Erwägung, dass in den Artikeln 2 und 3 EUV die Nichtdiskriminierung und die Gleichstellung von Frauen und Männern als zwei der zentralen Werte und Ziele, auf die sich die Union gründet, anerkannt werden; in der Erwägung, dass die Europäische Union gemäß den Artikeln 8 und 10 AEUV verpflichtet ist, bei der Festlegung und Durchführung ihrer Politik und ihrer Maßnahmen Ungleichheiten zu beseitigen, die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern und Diskriminierung zu bekämpfen; in der Erwägung, dass die Charta der Grundrechte der Europäischen Union Rechte und Grundsätze enthält, die sich auf das Verbot direkter und indirekter Diskriminierung (Artikel 21 Absatz 1) und die Gleichstellung von Frauen und Männern (Artikel 23) beziehen; in der Erwägung, dass die in der Charta verankerten Rechte für die Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Rechts der Union (Artikel 51) unmittelbar von Belang sind;

B.  in der Erwägung, dass Frauen in der gesamten Europäischen Union auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor unterrepräsentiert sind, da ihre Beschäftigungsquote insgesamt immer noch fast 12 % niedriger ist als die der Männer; in der Erwägung, dass 31,5 % der berufstätigen Frauen in der Union einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen, während der Anteil bei den Männern bei 8,2 % liegt;

C.  in der Erwägung, dass die Bekämpfung des geschlechtsspezifischen Beschäftigungsgefälles und die Reduzierung des geschlechtsspezifischen Rentengefälles, das im europäischen Durchschnitt fast 40 % beträgt und auf die kumulierten Ungleichheiten im Laufe des Lebens einer Frau und Phasen von Nichterwerbstätigkeit zurückzuführen ist, von größter Bedeutung sind;

D.  in der Erwägung, dass das geschlechtsspezifische Lohngefälle in der Union gegenwärtig 16 % beträgt und dass dies bedeutet, dass der Stundenlohn von Frauen in der Union in sämtlichen Wirtschaftsbereichen im Durchschnitt 16 % niedriger ist als jener der Männer;

E.  in der Erwägung, dass die kumulative Wirkung der zahlreichen Diskrepanzen auf Frauen (geschlechtsspezifisches Lohn- und Beschäftigungsgefälle, Unterbrechung der Erwerbstätigkeit im Zusammenhang mit Kinderbetreuung sowie Vollzeit- gegenüber Teilzeitbeschäftigung) erheblich zum geschlechtsspezifischen Lohn- und Rentengefälle beiträgt und Frauen somit stärker von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, was sich wiederum negativ auf ihre Kinder und Familien auswirkt;

F.  in der Erwägung, dass im Rahmen der Aktionsplattform von Peking hervorgehoben wird, dass die verschiedenen Maßnahmen und Programme, auch jene im Steuerbereich, aus einer geschlechtsspezifischen Perspektive zu prüfen und gegebenenfalls dahingehend anzupassen sind, dass hinsichtlich produktiver Ressourcen, des Wohlstands, der Chancen, des Einkommens und der Dienstleistungen eine gerechtere Verteilung gefördert wird;

G.  in der Erwägung, dass gemäß dem Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) Familien auf den Grundsätzen der Gleichheit, der Gerechtigkeit und der Selbstverwirklichung eines jeden Mitglieds beruhen müssen und Frauen auch im Steuerrecht Männern gleichgestellt sein müssen und damit als Individuen und autonome Bürgerinnen und nicht als von Männern abhängig behandelt werden;

H.  in der Erwägung, dass sich die Mitgliedstaaten als Unterzeichner des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte verpflichtet haben, möglichst viele Ressourcen zu mobilisieren, damit für die schrittweise Durchsetzung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte Mittel zur Verfügung stehen;

I.  in der Erwägung, dass die Vorschriften über die Einkommensteuer, durch die Frauen im Hinblick auf den Zugang zu Beschäftigung und betrieblicher Altersvorsorge sowie im Hinblick auf die entsprechenden Bedingungen indirekt benachteiligt werden, möglicherweise gegen Artikel 14 der Richtlinie 2006/54/EG[8] vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen verstoßen[9];

J.  in der Erwägung, dass in der Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen mit dem Titel „Strategic Engagement for Gender Equality 2016–2019“ (Strategisches Engagement für die Gleichstellung der Geschlechter 2016–2019) zwar Schlüsselbereiche für die Gleichstellung der Geschlechter, darunter die Steuerpolitik, aufgezeigt werden, jedoch keine verbindlichen Vorschriften oder eine Aufforderung zur Verpflichtung zum Gender Mainstreaming auf der Ebene der Mitgliedstaaten enthalten sind;

K.  in der Erwägung, dass der Steuerpolitik implizite oder explizite geschlechtsbezogene Verzerrungseffekte anhaften können; in der Erwägung, dass bei einem expliziten Verzerrungseffekt Steuervorschriften in unterschiedlicher Weise auf Männer bzw. Frauen ausgerichtet sind und bei einem impliziten Verzerrungseffekt die jeweiligen Vorschriften eigentlich für alle in gleicher Weise gelten, tatsächlich jedoch eine Diskriminierung vorliegt, da die jeweilige Maßnahme mit Verhaltensmustern bzw. Einkommensstrukturen im Zusammenhang steht, wodurch sie sich je nach Geschlecht unterschiedlich auswirkt; in der Erwägung, dass die meisten Mitgliedstaaten Steuervorschriften, bei denen explizit zwischen Männern und Frauen unterschieden wird, abgeschafft haben, implizite Verzerrungseffekte mit Bezug zu Steuern jedoch nach wie vor in der gesamten Union weit verbreitet sind, da die Steuervorschriften mit den sozioökonomischen Gegebenheiten im Zusammenhang stehen;

L.  in der Erwägung, dass sich die politische Entscheidung zur Erhöhung und Umverteilung der Einnahmen in unverhältnismäßiger Weise auf die Einkommen und die wirtschaftliche Sicherheit von Frauen auswirken können und dadurch ihr Zugang zu hochwertigen öffentlichen Dienstleistungen eingeschränkt werden kann, wodurch ihre Fähigkeit zur Ausübung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Rechte und zu Fortschritten im Hinblick auf die Gleichstellung der Geschlechter eingeschränkt wird;

M.  in der Erwägung, dass dadurch, dass die Steuerpolitik auf der Ebene der EU und der Mitgliedstaaten keine geschlechtsspezifische Perspektive umfasst, die bestehende geschlechtsspezifische Diskrepanz (u. a. bei der Beschäftigung, den Einkommen, unbezahlter Arbeit, Renten, Armut oder Vermögen) verstärkt wird, negative Anreize für Frauen im Hinblick auf das Eintreten in den sowie den Verbleib im Arbeitsmarkt geschaffen und klassische Geschlechterrollen und Stereotype reproduziert werden;

N.  in der Erwägung, dass die Konzipierung der Steuerpolitik wesentlicher Bestandteil der Strategie Europa 2020 ist; in der Erwägung, dass die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts weiterhin den wichtigsten Schwerpunkt des Europäischen Semesters darstellt, und in der Erwägung, dass in Prioritäten und Empfehlungen, insbesondere jenen mit Bezug zur Besteuerung, geschlechtsspezifische Aspekte oftmals nicht berücksichtigt werden;

O.  in der Erwägung, dass Veränderungen hin zu degressiven Steuern bei der Besteuerung von Arbeit, der Unternehmen, des Verbrauchs und der Vermögen, die in den vergangenen Jahrzehnten in allen Mitgliedstaaten beobachtet wurden, eine Schwächung der Umverteilungsfunktion der Steuersysteme zur Folge hatten und den Trend der zunehmenden Einkommensungleichheit unterstützt haben; in der Erwägung, dass durch diese strukturelle Veränderung der Besteuerung die Steuerlast hin zu einkommensschwachen Gruppen und daher insbesondere hin zu Frauen verschoben wurde – und zwar aufgrund der ungleichen Einkommensverteilung zwischen Frauen und Männern, des kleinen Anteils von Frauen unter den Spitzenverdienern, des überdurchschnittlich hohen Verbrauchs an grundlegenden Gütern und Dienstleistungen bei den Frauen und des vergleichsweise hohen Anteils der Erwerbseinkommen und des niedrigen Anteils der Kapitalerträge bei den Gesamteinkommen der Frauen[10];

P.  in der Erwägung, dass Frauen insbesondere deshalb unter wirtschaftlichen Ungleichheiten leiden können, weil das Einkommen zwischen Frauen und Männern ungleich verteilt ist, nur ein kleiner Anteil von Frauen zu den Spitzenverdienern zählt und sich das Gesamteinkommen der Frauen zu einem vergleichsweise hohen Anteil aus Erwerbseinkommen und zu einem kleinen Anteil aus Kapitalerträgen zusammensetzt[11];

Q.  in der Erwägung, dass die durchschnittlichen Körperschaftsteuersätze seit den 1980er Jahren drastisch gesunken sind – von über 40 % auf 21,9 % im Jahr 2018 – und im Gegensatz dazu der Verbrauchsteuersatz (bei dem die MwSt einen großen Anteil ausmacht) seit 2009 gestiegen ist und 2016 20,6 % erreicht hat[12];

R.  in der Erwägung, dass es seit 2016 offenbar immer mehr Steuerermäßigungen gibt und einige multinationale Unternehmen dank großzügiger Möglichkeiten, die von einigen Mitgliedstaaten gewährt werden, ihre effektiven Steuersätze bereits auf unter 1 % begrenzen konnten[13];

S.  in der Erwägung, dass der Union durch aggressive Körperschaftssteuerplanung Schätzungen zufolge mindestens 50–70 Mrd. EUR pro Jahr an Steuereinnahmen entgehen[14]; in der Erwägung, dass den Mitgliedstaaten dadurch Einnahmen fehlen, sodass sie ihre Einnahmen entweder durch andere Arten der Besteuerung oder durch Ausgabenkürzungen erhöhen müssen, und sich beide Maßnahmen stärker auf die Frauen auswirken;

T.  in der Erwägung, dass der Bedeutung der unbezahlten Pflege- und Hausarbeit mit der aktuellen makroökonomischen Politik besser Rechnung getragen werden sollte, und in der Erwägung, dass 80 % sämtlicher Pflegearbeiten in der Union nachweislich durch unbezahlte informelle Pflegekräfte erbracht werden, von denen wiederum 75 % Frauen sind; in der Erwägung, dass sich bestimmte steuerpolitische Maßnahmen, unterfinanzierte öffentliche Dienste und der Zugang zu Sozialleistungen in unverhältnismäßiger Weise auf einkommensschwache Gruppen und insbesondere auf Frauen auswirken, zumal sie oftmals und normalerweise ohne Vergütung die bei Betreuung, Erziehung und anderen Arten der Unterstützung der Familie bestehenden Lücken schließen, wodurch sich die unverhältnismäßig hohe Verantwortung der Frauen in Bezug auf die Betreuung weiter verfestigt; in der Erwägung, dass es die ärmsten und schutzbedürftigsten Frauen in den EU-Mitgliedstaaten sind, die sich der doppelten Belastung durch informelle Pflegearbeit und schlecht bezahlte prekäre Beschäftigungsverhältnisse ausgesetzt sehen[15];

U.  in der Erwägung, dass nahezu alle Mitgliedstaaten duale Einkommensteuersysteme eingerichtet haben, in denen auf das Einkommen des Zweitverdienenden ein höherer Grenzsteuersatz angewandt wird und für die meisten Arten von Kapitalerträgen einheitliche Steuersätze eingeführt wurden; in der Erwägung, dass die in den meisten Mitgliedstaaten unverhältnismäßig hohe Steuerlast für Zweitverdienende infolge der direkten progressiven Besteuerung von Erwerbseinkommen neben anderen Vorschriften über die gemeinsame Besteuerung und den gemeinsamen Sozialleistungsbezug, den Kosten für universelle Kinderbetreuungsdienstleistungen sowie dem Mangel an denselben einer der wichtigsten negativen Anreize für Frauen im Hinblick auf die Beteiligung am Arbeitsmarkt ist[16];

V.  in der Erwägung, dass die Umverteilungsfunktion der Einkommensbesteuerung durch duale Einkommensteuersysteme nachweislich beeinträchtigt wird; in der Erwägung, dass es mit dualen Einkommensteuersystemen nicht gelungen ist, die ungleiche Verteilung der Kapitalerträge zwischen Frauen und Männern in gemeinsamen Haushalten zu beseitigen, sondern diese noch zugenommen hat;

W.  in der Erwägung, dass das Ausmaß der Nichterwerbstätigkeitsfalle (das derzeit bei 40 % liegt) und der Niedriglohnfalle, die Frauen in unverhältnismäßiger Weise betreffen und sie von einer vollständigen Beteiligung am Arbeitsmarkt abhalten, neben dem Verlust von Sozialleistungen auch entscheidend von den Vorschriften der direkten Besteuerung bestimmt wird;

X.  in der Erwägung, dass bei einer Besteuerung des persönlichen Einkommens tatsächlich das Einkommen der Frauen höher besteuert werden könnte als das der Männer, wenn das Haushaltseinkommen zur Berechnung der Steuerschuld zusammengefasst wird und das Einkommen der Frauen als Ergänzung zu dem des männlichen Haupternährers gesehen wird; in der Erwägung, dass nur Schweden und Finnland über wirklich individualisierte Einkommensteuersysteme verfügen; in der Erwägung, dass sich bei einer gemeinsamen Steuererklärung zwar insgesamt ein Gewinn für den Haushalt ergeben könnte, da das gemeinsame Einkommen in eine niedrigere Steuerstufe fällt, als es bei einzeln abgegebenen Steuererklärungen der Fall wäre, Frauen jedoch nicht notwendigerweise Nutzen aus diesem Gewinn ziehen oder entscheiden können, wie er verwendet wird;

Y.  in der Erwägung, dass in einigen Mitgliedstaaten Familien nach wie vor Steuerermäßigungen bei einem abhängigen Ehepartner, Vergünstigungen für verheiratete Paare bzw. Steuergutschriften für Paare mit Alleinverdienern zugutekommen können, wodurch im Vergleich zu Alleinerziehenden – meistens Frauen – Ungleichgewichte verfestigt werden und die Vielfalt der in der Union bestehenden Familiensituationen nicht anerkannt wird; in der Erwägung, dass solche Steuervorteile in der Regel für verheiratete Frauen einen negativen Anreiz für den Zugang zum Arbeitsmarkt darstellen und so direkt oder indirekt dazu führen, dass Frauen ihre Zeit nicht mit bezahlter, sondern mit unbezahlter Arbeit verbringen;

Z.  in der Erwägung, dass die Auswirkungen der Besteuerung auf die geschlechtsspezifischen Diskrepanzen im Hinblick auf Unternehmensvermögen, Privatvermögen und Grundeigentum einen unterentwickelten Forschungsbereich darstellen und dass dringend dafür gesorgt werden muss, dass auf diesem Gebiet nach Geschlecht aufgeschlüsselte Daten bereitstehen;

1.  fordert die Kommission auf, im Rahmen all ihrer steuerpolitischen Maßnahmen die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern und den Mitgliedstaaten spezifische Leitlinien und Empfehlungen an die Hand zu geben, unter anderem jene, dass steuerpolitische Maßnahmen einer Gleichstellungskontrolle unterzogen werden sollten, damit geschlechtsbezogene Verzerrungseffekte bei den Steuern beseitigt werden, und dass keine neuen Steuern, Vorschriften über Ausgaben, Programme oder Praktiken eingeführt werden sollten, mit denen die geschlechtsspezifischen Diskrepanzen auf dem Markt oder in Bezug auf die Einkommen nach Steuern erhöht werden oder das Modell des männlichen Haupternährers verfestigt wird;

2.  betont, dass die Mitgliedstaaten nach Artikel 5 Absatz 3 EUV in Übereinstimmung mit dem Subsidiaritätsprinzip die Regeln für ihre steuerpolitischen Maßnahmen selbst festlegen können, sofern diese mit den Vorschriften der Union im Einklang stehen; betont zudem, dass Beschlüsse der Union in Steuerangelegenheiten die einstimmige Zustimmung aller Mitgliedstaaten erfordern;

3.  fordert, dass die Kommission (GD TAXUD) ausdrücklich beauftragt wird, mit dem EIGE zusammenzuarbeiten, um die Auswirkungen der Steuerpolitik der einzelnen Mitgliedstaaten auf die Gleichstellung der Geschlechter zu überwachen und regelmäßig darüber Bericht zu erstatten; fordert die Kommission auf, zu diesem Zweck die Mittel für das EIGE aufzustocken;

4.  fordert die Kommission auf, wie schon beim Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und derzeit beim Übereinkommen von Istanbul nun auch darauf hinzuwirken, dass die Union das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau ratifiziert;

5.  legt der Kommission nahe, den Stellenwert ihres strategischen Engagements für die Gleichstellung der Geschlechter aufzuwerten, indem sie eine entsprechende Mitteilung annimmt[17], und klare Ziele und Leitaktionen vorzuschlagen, um im Wege einer Bereichsanalyse aller Unionsmaßnahmen, auch unter Berücksichtigung von Steueraspekten, die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Rechtsvorschriften der Union zur Bekämpfung indirekter und direkter Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ordnungsgemäß umgesetzt werden und die entsprechenden Fortschritte systematisch überwacht werden, damit sichergestellt ist, dass Frauen und Männer gleichberechtigte Akteure sind;

Direkte Besteuerung

Einkommensteuer

6.  weist darauf hin, dass steuerpolitische Maßnahmen auf unterschiedliche Arten von Haushalten (etwa Doppelverdiener-Haushalte oder Haushalte mit einer Frau oder einem Mann als Alleinverdienerin bzw. Alleinverdiener) unterschiedliche Auswirkungen haben; hebt hervor, dass es negative Folgen hat, wenn keine Anreize für die Beschäftigung von Frauen und deren wirtschaftliche Unabhängigkeit geschaffen werden, und weist auf das geschlechtsspezifische Rentengefälle hin, das durch die gemeinsame Besteuerung entsteht; betont, dass die Steuersysteme nicht länger die Annahme zur Grundlage haben sollten, dass Haushalte ihre Mittel zusammenfassen und zu gleichen Teilen aufteilen, und dass für die Verwirklichung von Steuergerechtigkeit für Frauen die Besteuerung der individuellen Einkommen von entscheidender Bedeutung ist; hält es für unabdingbar, dass zwischen Frauen und Männern Lohngleichheit hergestellt wird und diese ihren Betreuungspflichten zu gleichen Teilen nachkommen; fordert alle Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, schrittweise die Besteuerung der individuellen Einkommen einzuführen und dabei sicherzustellen, dass alle mit der Elternschaft verbundenen finanziellen und sonstigen Leistungen, die in den derzeitigen Systemen der gemeinsamen Besteuerung geboten werden, erhalten bleiben; räumt ein, dass in einigen Mitgliedstaaten der Wandel hin zu einem solchen System der Besteuerung der individuellen Einkommen einen Übergangszeitraum erfordern wird; fordert, dass während dieser Übergangszeiträume sämtliche Steueraufwendungen auf der Grundlage des gemeinsamen Einkommens abgeschafft werden, und weist darauf hin, dass sichergestellt werden muss, dass sämtliche Steuervergünstigungen, Geldleistungen und staatlichen Sachleistungen an Einzelpersonen gehen mit dem Ziel, ihre finanzielle und gesellschaftliche Autonomie sicherzustellen;

7.  nimmt die Mitteilung der Kommission vom 20. November 2017 mit dem Titel „Aktionsplan der EU 2017–2019 zur Bekämpfung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles“ (COM(2017)0678), in dem acht Aktionsbereiche genannt werden, zur Kenntnis und fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen um eine wirksame Bekämpfung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles zu intensivieren, um die wirtschaftliche Lage von Frauen zu verbessern und ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit zu sichern;

8.  weist darauf hin, dass die durchschnittlichen persönlichen Nettosteuersätze für Zweitverdienende mit zwei Kindern im Jahr 2014 in den OECD-Mitgliedstaaten der EU bei durchschnittlich 31 % und in allen OECD-Mitgliedstaaten bei durchschnittlich 28 % lagen; fordert die Kommission auf, die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit in den Mitgliedstaaten kontinuierlich zu überwachen und zu stärken, damit sowohl auf dem Arbeitsmarkt als auch im Steuerbereich Ungleichheiten beseitigt werden; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, gegen die horizontale und vertikale Segregation auf dem Arbeitsmarkt vorzugehen, indem geschlechtsspezifische Ungleichheiten und Diskriminierung in der Arbeitswelt beseitigt werden und indem Mädchen und Frauen – insbesondere im Wege der Bildung und der Bewusstseinsbildung – dazu ermutigt werden, sich für ein Studium, einen Beruf oder eine Laufbahn in innovativen aufstrebenden Wirtschaftszweigen zu entscheiden, darunter im Bereich IKT und in den MINT-Fächern;

9.  fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass es bei steuerlichen Anreizen im Zusammenhang mit Erwerbstätigkeit und selbstständiger Erwerbstätigkeit nicht zu Diskriminierung aufgrund des Geschlechts kommt, und steuerliche Anreize sowie sonstige Steuervergünstigungen oder Dienstleistungen für Zweitverdienende und Alleinerziehende in Betracht zu ziehen; fordert die Mitgliedstaaten zudem auf, nach verschiedenen Möglichkeiten zu suchen, das Problem der Unterrepräsentation von Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu beheben und mögliche negative wirtschaftliche Anreize für Zweitverdienende, die in den Arbeitsmarkt eintreten möchten, zu beseitigen; weist darauf hin, dass es auch bei arbeitsbezogenen Steuervergünstigungen und -befreiungen zu geschlechtsspezifischen Verzerrungseffekten kommen kann, etwa bei einer steuerlich günstigeren Behandlung von Überstunden, die in erster Linie Berufen zugutekommt, die derzeit von Männern ausgeübt werden;

10.  fordert die Mitgliedstaaten auf, den progressiven Charakter ihrer Einkommensteuersysteme nicht abzubauen, etwa indem sie versuchen, die Einkommensteuer zu vereinfachen;

11.  fordert, dass die Einkommensteuer (Aufbau der Steuersätze, Befreiungen, Abzüge, Vergünstigungen, Steuergutschriften usw.) so konzipiert wird, dass damit die gerechte Aufteilung bezahlter und unbezahlter Arbeit sowie die Gleichstellung im Hinblick auf Einkommen und Rentenansprüche zwischen Frauen und Männern aktiv gefördert und Anreize, die auf Ungleichheit basierende Geschlechterrollen verfestigen, beseitigt werden;

12.  weist darauf hin, dass in einigen Mitgliedstaaten die Bestimmung über die private Steuerentlastung auf Renten in unverhältnismäßiger Weise Besserverdienenden und Männern zugutekommt; ist der Ansicht, dass ein universelles Rentensystem, das Frauen gleichberechtigten Zugang zu einer umfassenden Rentengarantie bietet, die beste Möglichkeit darstellt, die Gleichstellung der Geschlechter im Alter zu fördern;

Körperschaftsteuer

13.  bekräftigt die Bedeutung der Körperschaftsteuer als Teil der Gesamteinnahmen, die den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, und als grundlegende Einnahmequelle zur Sicherstellung gut funktionierender Sozialleistungssysteme; äußert Besorgnis angesichts des Rückgangs der gesetzlichen und der effektiven Körperschaftsteuersätze in der EU in den vergangenen 35 Jahren und angesichts des Wettlaufs nach unten zwischen den Mitgliedstaaten, wobei die Körperschaftsteuersätze 2017 in sechs Mitgliedstaaten und seit 2009 in 15 Mitgliedstaaten gesenkt wurden;

14.  weist darauf hin, dass ein gemeinsamer und fairer Mindestkörperschaftsteuersatz die einzige Möglichkeit darstellt, für eine gleiche und gerechte Behandlung der einzelnen Geschäfte treibenden Akteure in der Union und der Steuerpflichtigen generell zu sorgen; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Verhandlungen über die gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) zum Abschluss zu bringen und die GKKB umgehend einzuführen; fordert die Mitgliedstaaten zudem auf, auf Unionsebene einen Mindestkörperschaftsteuersatz einzuführen, um den Wettlauf nach unten zu beenden;

15.  fordert, dass jene Mitgliedstaaten, die im Rahmen des Europäischen Semesters im Zusammenhang mit ihren aggressiven Steuerplanungsvorschriften genannt wurden, ihre Rechtsvorschriften ändern und diese Vorschriften so zügig wie möglich abschaffen[18]; äußert seine Besorgnis angesichts der Gefahr, dass die Mitgliedstaaten trotz ihrer Bemühungen um die Abstimmung ihrer Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlagen neue Vorschriften einführen könnten, die die aggressive Steuerplanung seitens der Unternehmen erleichtern, und dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, andere Steuerquellen (einschließlich der Verbrauchsteuer) zu finden, die sich in unverhältnismäßiger Weise auf die Frauen auswirken;

16.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die steuerlichen Anreize und Steuervergünstigungen, die sie Unternehmen gewähren, zu rationalisieren, dafür zu sorgen, dass diese Anreize und Vergünstigungen in erster Linie kleinen Unternehmen zugutekommen und wirkliche Innovation begünstigen, und die möglichen Auswirkungen dieser Anreize auf die Gleichstellung der Geschlechter sowohl vorab als auch im Nachhinein zu bewerten;

17.  weist darauf hin, dass sich Körperschaftsteuern aufgrund von Unterschieden bei den Unternehmensvermögen und den Strukturen des Arbeitsmarktes geschlechtsspezifisch unterschiedlich auswirken und dass Frauen Senkungen der Körperschaftsteuer und Steueranreize für Unternehmen in geringerem Maße zugutekommen als Männern, da sie in der Gruppe der Unternehmensinhaber und Anteilseigner von Unternehmen sowie bei Gründungen neuer Unternehmen deutlich unterrepräsentiert sind[19];

Besteuerung von Kapital und Vermögen

18.  weist darauf hin, dass die Körperschaftsteuer und die Vermögensteuer wesentlich zur Verringerung von Ungleichheiten beitragen, da sie eine Umverteilung innerhalb des Steuersystems und die Verfügbarkeit von Einnahmen zur Finanzierung von Sozialleistungen und Sozialtransfers bewirken;

19.  weist darauf hin, dass es nach wie vor in erster Linie für Frauen ein entscheidendes Hindernis für die gleichberechtigte Teilnahme an allen Bereichen der Gesellschaft, einschließlich der Beschäftigung, darstellt, dass hochwertige Kinderbetreuungseinrichtungen nicht verfügbar und unerschwinglich sind und keine ausreichende Infrastruktur dafür vorhanden ist; fordert die Mitgliedstaaten auf, mit verstärkten steuerpolitischen Maßnahmen auf die Verbesserung der Verfügbarkeit und Zugänglichkeit erschwinglicher, hochwertiger Kinderbetreuungseinrichtungen hinzuwirken und mittels steuerlicher Anreize Frauen die Aufnahme einer bezahlten Beschäftigung zu erleichtern und zu einer ausgewogeneren Aufteilung bezahlter und unbezahlter Arbeit innerhalb der Haushalte beizutragen und so das geschlechtsspezifische Lohn- und Rentengefälle abzubauen; betont, dass solche Maßnahmen die Eingliederung von Frauen in den Arbeitsmarkt ermöglichen und insbesondere auf Familien mit niedrigem Einkommen, Alleinerziehende und sonstige benachteiligten Gruppen ausgerichtet sein sollten;

20.  fordert die Mitgliedstaaten auf, die geschlechtsspezifische Diskrepanz im Hinblick auf Vermögenswerte wie Finanzanlagen, Grundeigentum, Betriebskapital, Versicherungsansprüche, Altersvorsorge und Aktienoptionen in der gesamten Union zu beseitigen[20]; weist darauf hin, dass die Reduzierung der Kapitalertragsteuer und der Grundsteuer in erster Linie den Männern zugutekommt, da mehr Männer über solche Ressourcen verfügen[21];

21.  bedauert, dass der Anteil der Vermögensteuer an den Gesamtsteuereinnahmen mit 5,8 % in der EU-15 und 4,3 % in der EU-28 weiterhin sehr gering ist[22];

22.  bedauert, dass der Anteil der Kapitalertragsteuern seit 2002 einen rückläufigen Trend aufweist – unter anderem infolge der allgemeinen Tendenz, dass auf Kapitaleinkünfte nicht mehr der reguläre persönliche Steuersatz, sondern in zahlreichen Mitgliedstaaten nunmehr ein vergleichsweise moderater Pauschalsatz angewandt wird[23];

Indirekte Besteuerung

23.  weist darauf hin, dass sich der Anteil der Verbrauchsteuern in der Union zwischen 2009 und 2016 erhöht hat; stellt fest, dass die MwSt in den Mitgliedstaaten normalerweise zwischen zwei Dritteln und drei Vierteln der Verbrauchsteuern ausmacht und dass die MwSt einen durchschnittlichen Anteil von etwa einem Fünftel der Gesamtsteuereinnahmen in der Union erreicht hat[24];

24.  weist darauf hin, dass es zu einem geschlechtsspezifischen Verzerrungseffekt kommt, wenn die Steuergesetzgebung die Geschlechterverhältnisse, geschlechtsspezifische Normen und das wirtschaftliche Verhalten der Geschlechter berührt; stellt fest, dass die MwSt aufgrund der Verbrauchsgewohnheiten von Frauen, die sich von jenen der Männer unterscheiden, da sie mehr Güter und Dienstleistungen zu gesundheitlichen Zwecken, zu Bildungszwecken und zwecks Verbesserung der Ernährung erwerben, einen geschlechtsspezifischen Verzerrungseffekt aufweist[25]; äußert seine Besorgnis darüber, dass dieser Umstand in Verbindung mit dem niedrigeren Einkommen von Frauen dazu führt, dass Frauen eine größere MwSt-Last zu tragen haben; fordert die Mitgliedstaaten auf, in Übereinstimmung mit der laufenden Überarbeitung der EU-MwSt-Richtlinie Produkte und Dienstleistungen mit positiven sozialen, gesundheitlichen bzw. umweltbezogenen Auswirkungen von der MwSt zu befreien bzw. auf diese Produkte und Dienstleistungen ermäßigte Steuersätze und Nullsätze anzuwenden;

25.  hält die sogenannte Period Poverty (Periodenarmut) für ein anhaltendes Problem in der Union, denn Schätzungen von Plan International UK besagen, dass sich eines von zehn Mädchen keine Hygieneartikel leisten kann; bedauert, dass Damenhygieneartikel sowie Pflegeprodukte und Dienstleistungen für Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen nach wie vor nicht in allen Mitgliedstaaten als grundlegende Güter gelten; fordert alle Mitgliedstaaten auf, die sogenannte Pflege- und Tamponsteuer abzuschaffen, indem sie von der in der Mwst-Richtlinie vorgesehenen Flexibilität Gebrauch machen und diese grundlegenden Güter von der Mwst befreien bzw. Nullsätze darauf anwenden; stellt fest, dass der Nutzen, den junge Frauen aus einer Preisreduzierung infolge einer MwSt-Befreiung dieser Produkte ziehen würden, enorm wäre; unterstützt die Bemühungen, die zur Förderung einer umfassenden Verfügbarkeit von Hygieneartikeln unternommen werden, und legt den Mitgliedstaaten nahe, an bestimmten (öffentlichen) Orten, z. B. in Schulen, Universitäten und Obdachlosenunterkünften, sowie für Frauen, die aus einem einkommensschwachen Umfeld stammen, zusätzliche Damenhygieneartikel bereitzustellen, um die Period Poverty aus allen öffentlichen Toiletten in der Union vollständig zu verbannen;

Auswirkungen von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung auf die Gleichstellung der Geschlechter

26.  stellt fest, dass Steuerhinterziehung und Steuervermeidung erheblich zur Ungleichheit der Geschlechter in der Union und weltweit beitragen, da dadurch den Regierungen weniger Ressourcen zur Verfügung stehen, die sie zur Förderung der Gleichstellung auf nationaler und internationaler Ebene aufwenden könnten[26];

27.  erinnert an seine Empfehlungen vom 13. Dezember 2017 im Anschluss an die Untersuchung von Geldwäsche, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung[27] sowie die Empfehlungen früherer Sonderausschüsse (TAX und TAX2), die mit dem Ziel der Bekämpfung der Steuerhinterziehung und -vermeidung in der EU ausgearbeitet wurden; fordert die Mitgliedstaaten auf, schnellstmöglich eine öffentliche länderspezifische Berichterstattung und eine EU-weite gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) einzuführen sowie eine Neufassung der Richtlinie über Zinsen und Lizenzgebühren anzunehmen;

28.  weist erneut auf den Standpunkt[28] der Ausschüsse PANA, TAX und TAX2 des Europäischen Parlaments zur Einrichtung eines globalen Gremiums im Rahmen der Vereinten Nationen hin, das gut ausgestattet sein und mit genügend zusätzlichen Ressourcen ausgestattet werden sollte, damit sich alle Länder gleichberechtigt an der Ausgestaltung und Reform der weltweiten Steuerpolitik beteiligen können; fordert, dass diesem Gremium Fachwissen in geschlechtsspezifischen Fragen bereitgestellt und es damit beauftragt wird, die Steuerpolitik auf nationaler, regionaler und globaler Ebene im Hinblick auf die Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Gleichstellung der Geschlechter und die Menschenrechtsverpflichtungen zu überprüfen;

29.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in allen internationalen Foren, einschließlich der OECD und der Vereinten Nationen, gleichstellungsorientierte Steuerreformen zu unterstützen und sich für die Schaffung eines zwischenstaatlichen Gremiums der Vereinten Nationen für Steuerfragen mit universeller Mitgliedschaft, gleichen Stimmrechten und gleichberechtigter Beteiligung von Frauen und Männern einzusetzen; betont, dass diese Stelle für die Entwicklung von spezifischem Fachwissen im Bereich der gleichstellungsorientierten Besteuerung ausreichend ausgestattet sein sollte;

30.  weist darauf hin, dass im Rahmen von Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten und Entwicklungsländern normalerweise keine Quellenbesteuerung gefördert wird, woraus multinationale Unternehmen zulasten der Mobilisierung heimischer Ressourcen durch die Entwicklungsländer Nutzen ziehen; weist darauf hin, dass durch die mangelnde Mobilisierung heimischer Ressourcen in diesen Ländern keine umfassend finanzierten öffentlichen Dienste wie Gesundheitsversorgung oder Bildungseinrichtungen zur Verfügung stehen, was sich in unverhältnismäßiger Weise auf Frauen und Mädchen auswirkt; fordert die Mitgliedstaaten mit Nachdruck auf, die Kommission zu beauftragen, bestehende Doppelbesteuerungsabkommen zu überprüfen und diese Probleme zu analysieren und anzugehen und sicherzustellen, dass künftige Doppelbesteuerungsabkommen neben allgemeinen Vorschriften zur Verhinderung von Missbrauch auch Vorschriften mit Blick auf die Gleichstellung der Geschlechter umfassen;

31.  fordert den TAX3-Sonderausschuss auf, bei der Formulierung seiner Empfehlungen auch die geschlechtsspezifische Perspektive zu berücksichtigen;

32.  bedauert, dass Maßnahmen auf dem Gebiet der Steuerpolitik auf Ratsebene oft von einzelnen Mitgliedstaaten blockiert werden, um Steueroasen zu schützen; fordert daher, dass bei den Abstimmungen der Mitgliedstaaten in Steuerfragen der Grundsatz der Einstimmigkeit abgeschafft wird, damit beim Kampf für Steuergerechtigkeit Fortschritte erzielt und die Belastung der EU-Bürger verringert werden kann;

Gender Mainstreaming in der Steuerpolitik

33.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, geschlechterdifferenzierte Abschätzungen der Folgen steuerpolitischer Maßnahmen mit Blick auf die Gleichstellung der Geschlechter und mit Schwerpunkt auf der Multiplikatorwirkung und dem impliziten Verzerrungseffekt durchzuführen, um sicherzustellen, dass durch steuerpolitische Maßnahmen in der EU weder direkte noch indirekte Diskriminierung bewirkt wird;

34.  fordert die Mitgliedstaaten auf, bewährte Verfahren für die Gestaltung ihrer Arbeitsmärkte und Steuersysteme auszutauschen, um die geschlechtsspezifischen Lohn- und Rentengefälle zu bekämpfen und so bei der steuerlichen Behandlung mehr Gerechtigkeit und Gleichheit von Frauen und Männern zu fördern;

35.  erinnert die Kommission daran, dass sie, seitdem die Charta der Grundrechte mit dem Vertrag von Lissabon in das Primärrecht aufgenommen wurde, rechtlich dazu verpflichtet ist, die Gleichstellung der Geschlechter in ihren politischen Maßnahmen und Tätigkeiten zu fördern;

36.  weist darauf hin, wie wichtig es ist, dass Frauenrechtsorganisationen und der gemeinnützige Sektor eine führende Rolle bei der Entwicklung der Politik einnehmen, auch im Hinblick auf die Auswirkungen der Steuerpolitik auf die Gleichstellung der Geschlechter; weist auf die finanziellen Herausforderungen hin, denen sich Frauen- und gemeinnützige Organisationen in zahlreichen Mitgliedstaaten nach einem Jahrzehnt der Sparpolitik gegenübersehen; fordert die Mitgliedstaaten, die im letzten Jahrzehnt die Ausgaben gekürzt haben, auf, den im Frauenrechtsbereich tätigen gemeinnützigen Sektor wieder in demselben Umfang wie vor 2008 zu finanzieren;

37.  stellt fest, dass sich viele Interessengruppen und Organisationen der Zivilgesellschaft aufgrund mangelnder Fachkenntnisse aus Debatten über die Steuerpolitik ausgegrenzt fühlen und daher in zahlreichen Mitgliedstaaten Industrie- und Finanzgruppen bei Anhörungsverfahren zum Thema Haushaltspolitik überrepräsentiert sind; fordert die Mitgliedstaaten auf, dieses Problem zu beheben, indem sie Fortbildungen zum Thema Haushaltsverfahren sowie Möglichkeiten für eine wirkliche Konsultation mit der Zivilgesellschaft anbieten;

38.  fordert die Kommission auf, ihre rechtliche Verpflichtung zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter zu erfüllen, indem sie bei den im Rahmen des Europäischen Semesters vorgenommenen Bewertungen der grundlegenden Konzipierung der Steuerpolitik Gleichstellungsaspekte durchgängig berücksichtigt; betont, dass die Überprüfungen der Steuersysteme der Mitgliedstaaten im Rahmen des Europäischen Semesters sowie die länderspezifischen Empfehlungen eingehende Analysen in Bezug auf die Auswirkungen auf geschlechtsspezifische Diskrepanzen im sozioökonomischen Bereich, das Verbot der Diskriminierung und die Förderung einer nennenswerten Gleichstellung der Geschlechter erfordern und auch der Notwendigkeit geeigneter institutioneller Maßnahmen auf der Ebene der Mitgliedstaaten Rechnung tragen sollten;

39.  fordert die Kommission auf, die Prioritäten der Strategie Europa 2020 zu nutzen, um strukturelle Schwächen der europäischen Wirtschaft zu beseitigen, das geschlechtsspezifische Lohn- und Rentengefälle zu bekämpfen, die Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität der EU zu verbessern sowie eine nachhaltige soziale Marktwirtschaft zu unterstützen, die allen Frauen und Männern zugutekommt;

40.  verweist auf seinen Standpunkt zu dem Vorschlag für eine Richtlinie über die öffentliche länderspezifische Berichterstattung[29], in dem ehrgeizige Maßnahmen zur Erhöhung der steuerlichen Transparenz und der öffentlichen Kontrolle multinationaler Unternehmen vorgeschlagen werden, da dadurch Informationen über erzielte Gewinne, erhaltene Beihilfen und die Zahlung von Steuern in den Ländern bzw. Gebieten, in denen sie tätig sind, für die Öffentlichkeit zugänglich würden; empfiehlt, dass bei allen bestehenden und künftigen Forschungsprojekten und politischen Maßnahmen zur Steuergerechtigkeit eine umfassende geschlechtsspezifische Analyse in den Mittelpunkt gestellt wird, damit die Transparenz im Steuerbereich und die entsprechende Rechenschaftspflicht erhöht werden; fordert den Rat nachdrücklich auf, sich auf einen Vorschlag zu einigen und Verhandlungen mit den übrigen Organen aufzunehmen, um die Anforderung einer öffentlichen länderspezifischen Berichterstattung einzuführen, da diese zu den wichtigsten Maßnahmen zählt, um im Zusammenhang mit Steuerinformationen über Unternehmen allen Bürgern mehr Transparenz zu bieten; verweist darauf, dass die Mitgliedstaaten regelmäßig Analysen der Nebeneffekte der wesentlichen Auswirkungen dieser Maßnahmen auf andere Mitgliedstaaten und Entwicklungsländer durchführen sollten, einschließlich Analysen der geschlechtsspezifischen Verzerrungseffekte der steuerpolitischen Maßnahmen und deren Fähigkeit zur Erhöhung der inländischen Einnahmen, um diese für die Finanzierung im Bereich der Frauenrechte zu nutzen, und stellt fest, dass diesbezüglich im Rahmen der Plattform für verantwortungsvolles Handeln im Steuerwesen Schritte unternommen wurden;

41.  weist darauf hin, dass die Gleichstellung der Geschlechter nicht nur ein grundlegendes Menschenrecht ist, sondern dass ihre Verwirklichung auch zu einem integrativeren und nachhaltigeren Wachstum beitragen würde; hebt hervor, dass eine geschlechtsspezifische Haushaltsanalyse genauere Informationen über die Verteilungswirkung öffentlicher Investitionen im Hinblick auf Frauen und Männer erbringen könnte; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, den Gleichstellungsaspekt bei der Haushaltsplanung dahingehend zu berücksichtigen, dass explizit nachverfolgt wird, welcher Anteil öffentlicher Mittel Frauen zugutekommt, und sichergestellt wird, dass mit allen Maßnahmen zur Mobilisierung von Ressourcen sowie mit der Zweckwidmung von Ausgaben die Gleichstellung der Geschlechter gefördert wird;

42.  fordert die Kommission auf, bewährte Verfahren im Bereich der Steuerpolitik zu fördern, bei denen geschlechterdifferenzierten Auswirkungen Rechnung getragen und die Gleichstellung der Geschlechter gefördert wird, insbesondere im Hinblick auf die Besteuerung von Haushaltseinkommen und die MwSt; fordert die Kommission auf, in ihren jährlichen Bericht über die Steuerentwicklungen in der Europäischen Union eine geschlechtsspezifische Analyse aufzunehmen;

43.  bedauert, dass die Gleichstellung der Geschlechter im Rahmen des mehrjährigen Finanzrahmens für den Zeitraum 2021–2027 nicht als horizontale Priorität anerkannt wurde, und vertritt die Auffassung, dass dies gegen den Grundsatz des Gender Mainstreamings gemäß Artikel 8 AEUV verstößt; fordert die Organe der EU mit Nachdruck auf, den Gleichstellungsaspekt bei der Haushaltsplanung in Bezug auf Einnahmen und Ausgaben im Einklang mit der Verpflichtung der EU zum Gender Mainstreaming zu berücksichtigen;

44.  fordert die Mitgliedstaaten auf, ihrer rechtlichen Verpflichtung gemäß der Charta der Grundrechte nachzukommen und bei der Umsetzung von Unionsrecht und von nationalen politischen Maßnahmen, die dem Unionsrecht unterliegen, die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern;

45.  betont, dass in Bezug auf die Auswirkungen des Steuersystems auf die geschlechterdifferenzierte Aufteilung und Zuteilung weitere Forschungsarbeiten und eine verbesserte Erhebung von nach Geschlecht aufgeschlüsselten Daten erforderlich sind; fordert die Mitgliedstaaten insbesondere auf, Steuerdaten auch individuell und nicht nur auf der Ebene der Haushalte zu erfassen und die geschlechtsspezifischen Datenlücken in den Bereichen Verbrauchsmuster und Anwendung von ermäßigten Steuersätzen, Verteilung von Unternehmereinkommen und damit verbundene Steuerzahlungen sowie Verteilung von Nettovermögen und Kapitalerträgen und damit verbundene Steuerzahlungen zu schließen;

46.  bedauert, dass die Mehrheit der Mitgliedstaaten keine Daten über die individualisierte Einkommensteuer erfasst oder evaluiert und dass zahlreiche Mitgliedstaaten die Daten auf der Ebene der Haushalte nach wie vor ausschließlich auf der Grundlage von Vorschriften über die gemeinsame Besteuerung erfassen;

47.  legt den Mitgliedstaaten nahe, ein geeignetes Steueranreizsystem zu entwickeln, das sich auf alle politischen Maßnahmen erstreckt und Migrantinnen motiviert, (wieder) eine Ausbildung oder Beschäftigung aufzunehmen;

48.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

  • [1]  CEDAW/C/CHE/CO/4-5, Absätze 40–43 (Schweiz 2016); CEDAW/C/LUX/CO/6-7, Absätze 10, 15, 16 (Luxemburg 2018).
  • [2]  ABl. C 353E vom 3.12.2013, S. 38.
  • [3]  ABl. C 407 vom 4.11.2016, S. 2.
  • [4]  ABl. C 66 vom 21.2.2018, S. 30.
  • [5]  ABl. C 76 vom 28.2.2018, S. 93.
  • [6]  ABl. C 263 vom 25.7.2018, S. 49.
  • [7]  ABl. C 369 vom 11.10.2018, S. 132.
  • [8]  ABl. L 204 vom 26.7.2006, S. 23.
  • [9]  Fachabteilung C des Europäischen Parlaments: Gender equality and taxation in the European Union (Gleichstellung der Geschlechter und Besteuerung in der Europäischen Union), 2017.
  • [10]  Fachabteilung C des Europäischen Parlaments: Gender equality and taxation in the European Union (Gleichstellung der Geschlechter und Besteuerung in der Europäischen Union), 2017.
  • [11]  Fachabteilung C des Europäischen Parlaments: Gender equality and taxation in the European Union (Gleichstellung der Geschlechter und Besteuerung in der Europäischen Union), 2017.
  • [12]  Europäische Kommission, GD Steuern und Zollunion: Taxation Trends in the European Union – Data for the EU Member States, Iceland and Norway – 2018 Edition (Steuerentwicklungen in der Europäischen Union – Daten für die EU-Mitgliedstaaten sowie Island und Norwegen, Ausgabe 2018).
  • [13]  Eurodad: Tax Games – the Race to the Bottom: Europe‘s role in supporting an unjust global tax system (Das Spiel mit den Steuern – Wettlauf nach unten: Wie Europa ein ungerechtes globales Steuersystem unterstützt), 2017, und die Länderberichte der Kommission im Rahmen des Europäischen Semesters 2018, 7. März 2018.
  • [14]  Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments: Bringing transparency, coordination and convergence to corporate tax policies in the European Union – 1 – Assessment of the magnitude of aggressive corporate tax planning, (Transparentere Gestaltung, Koordinierung und Annäherung der Politik im Bereich der Körperschaftssteuer in der Europäischen Union – 1 – Bewertung des Ausmaßes aggressiver Körperschaftssteuerplanung), 2015.
  • [15]  Institut für Entwicklungsstudien: Redistributing Unpaid Care Work – Why Tax Matters for Women’s Rights (Umverteilung unbezahlter Pflegearbeit – Warum Steuern für die Frauenrechte eine Rolle spielen), Themenpapier, Ausgabe 109, Januar 2016.
  • [16]  Fachabteilung C des Europäischen Parlaments: Gender equality and taxation in the European Union (Gleichstellung der Geschlechter und Besteuerung in der Europäischen Union), 2017.
  • [17]  Wie vom Rat in seinen Schlussfolgerungen vom 16. Juni 2016 zur Gleichstellung der Geschlechter gefordert.
  • [18]  Länderberichte der Kommission im Rahmen des Europäischen Semesters, 7. März 2018.
  • [19]  Fachabteilung C des Europäischen Parlaments: Gender equality and taxation in the European Union (Gleichstellung der Geschlechter und Besteuerung in der Europäischen Union), 2017.
  • [20]  Action Aid: Making tax work for women’s rights (Wie Steuern zu den Frauenrechten beitragen können).
  • [21]  Institut für Entwicklungsstudien (2016): Redistributing Unpaid Care Work – Why Tax Matters for Women’s Rights (Umverteilung unbezahlter Pflegearbeit – Warum Steuern für die Frauenrechte eine Rolle spielen), Themenpapier, Ausgabe 109.
  • [22]  Fachabteilung C des Europäischen Parlaments: Gender equality and taxation in the European Union (Gleichstellung der Geschlechter und Besteuerung in der Europäischen Union), 2017.
  • [23]  Fachabteilung C des Europäischen Parlaments: Gender equality and taxation in the European Union (Gleichstellung der Geschlechter und Besteuerung in der Europäischen Union), 2017.
  • [24]  Fachabteilung C des Europäischen Parlaments: Gender equality and taxation in the European Union (Gleichstellung der Geschlechter und Besteuerung in der Europäischen Union), 2017.
  • [25]  Institut per a l’Estudi i la Transformació de la Vida Quotidiana / Ekona Consultoría (2016): La Fiscalidad en España desde una Perspectiva de Género (Das spanische Steuerwesen aus einer geschlechtsspezifischen Sicht).
  • [26]  Bericht des Unabhängigen Experten der VN für die Auswirkungen der Auslandsverschuldung und damit zusammenhängender internationaler finanzieller Verpflichtungen von Staaten auf den vollen Genuss aller Menschenrechte, insbesondere der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte, vom 15. Januar 2016 über illegale Finanzströme, Menschenrechte und die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung („Final study on illicit financial flows, human rights and the 2030 Agenda for Sustainable Development“), 2016.
  • [27]  ABl. C 369 vom 11.10.2018, S. 132.
  • [28]  ABl. C 369 vom 11.10.2018, S. 132; ABl. C 101 vom 16.3.2018, S. 79.
  • [29]  Angenommene Texte, P8_TA(2017)0284.

MINDERHEITENANSICHT

Anna Záborská und Brian Hayes im Namen der EVP-Fraktion

Die Europäische Volkspartei setzt sich für die europäischen Familien und deren Recht ein, entsprechend ihren jeweiligen Umständen das für sie geeignete Steuersystem zu wählen. Die Fraktion kann nicht für einen Bericht stimmen, der ihnen dieses Recht verwehrt.

In dem Bericht wird nicht die Ursache von Ungleichheiten angegangen; vielmehr werden steuerpolitische Maßnahmen fälschlicherweise als diskriminierend dargestellt, und es wird gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoßen. Die Fraktion lehnt diesen Ansatz ab und fordert eine verantwortungsvolle Politik, mit der die Instrumente, die der Chancengleichheit für alle Frauen auf dem Arbeitsmarkt dienen, verbessert werden.

Die EVP-Fraktion verfolgt in Bezug auf die Frauenrechte eine ehrgeizige Agenda. Sie setzt sich entschieden für die Gleichstellung von Frauen und Männern ein, drängt auf die Umsetzung der bestehenden Rechtsvorschriften, mit denen Verzerrungen auf dem Arbeitsmarkt entgegengewirkt wird, und geht gegen alle Formen der Diskriminierung der Frau am Arbeitsplatz, im Bildungsbereich und im öffentlichen Leben vor. Die Fraktion ist überzeugt von einer Politikgestaltung, die sich auf Erfahrungen stützt, und setzt sich für eine systematische Erhebung von Daten ein. Zudem nimmt die EVP-Fraktion seit jeher eine führende Rolle im Kampf gegen die Armut ein, indem sie systematische, gezielte und wirksame Lösungen vorschlägt und dabei die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität der EU achtet.

ANGABEN ZUR ANNAHME IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS

Datum der Annahme

21.11.2018

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

41

10

15

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Daniela Aiuto, Hugues Bayet, Pervenche Berès, Malin Björk, Vilija Blinkevičiūtė, Anna Maria Corazza Bildt, Thierry Cornillet, Markus Ferber, Giuseppe Ferrandino, Iratxe García Pérez, Stefan Gehrold, Sven Giegold, Roberto Gualtieri, Brian Hayes, Anna Hedh, Gunnar Hökmark, Mary Honeyball, Teresa Jiménez-Becerril Barrio, Wolf Klinz, Agnieszka Kozłowska-Rajewicz, Georgios Kyrtsos, Werner Langen, Olle Ludvigsson, Florent Marcellesi, Barbara Matera, Marisa Matias, Costas Mavrides, Alex Mayer, Angelika Mlinar, Luděk Niedermayer, Maria Noichl, Stanisław Ożóg, Dimitrios Papadimoulis, Pina Picierno, João Pimenta Lopes, Terry Reintke, Dariusz Rosati, Anne Sander, Molly Scott Cato, Pedro Silva Pereira, Peter Simon, Michaela Šojdrová, Paul Tang, Ramon Tremosa i Balcells, Ernest Urtasun, Marco Valli, Tom Vandenkendelaere, Miguel Viegas, Jakob von Weizsäcker, Elissavet Vozemberg-Vrionidi, Jadwiga Wiśniewska, Anna Záborská

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter

Biljana Borzan, Matt Carthy, Mady Delvaux, Lívia Járóka, Urszula Krupa, Paloma López Bermejo, Clare Moody, Mylène Troszczynski, Monika Vana, Julie Ward, Lieve Wierinck

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellv. (Art. 200 Abs. 2)

Marco Affronte, Birgit Collin-Langen, Ádám Kósa

NAMENTLICHE SCHLUSSABSTIMMUNG IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS

41

+

ALDE

Wolf Klinz, Angelika Mlinar, Ramon Tremosa i Balcells, Lieve Wierinck

EFDD

Daniela Aiuto, Marco Valli

GUE/NGL

Malin Björk, Matt Carthy, Paloma López Bermejo, Marisa Matias, Dimitrios Papadimoulis, João Pimenta Lopes, Miguel Viegas

S&D

Hugues Bayet, Pervenche Berès, Vilija Blinkevičiūtė, Biljana Borzan, Mady Delvaux, Giuseppe Ferrandino, Iratxe García Pérez, Roberto Gualtieri, Anna Hedh, Mary Honeyball, Olle Ludvigsson, Costas Mavrides, Alex Mayer, Clare Moody, Maria Noichl, Pina Picierno, Pedro Silva Pereira, Peter Simon, Paul Tang, Julie Ward, Jakob von Weizsäcker

Verts/ALE

Marco Affronte, Sven Giegold, Florent Marcellesi, Terry Reintke, Molly Scott Cato, Ernest Urtasun, Monika Vana

10

-

ECR

Urszula Krupa, Stanisław Ożóg, Jadwiga Wiśniewska

ENF

Mylène Troszczynski

PPE

Anna Maria Corazza Bildt, Stefan Gehrold, Gunnar Hökmark, Werner Langen, Anna Záborská, Michaela Šojdrová

15

0

ALDE

Thierry Cornillet

PPE

Birgit Collin-Langen, Markus Ferber, Brian Hayes, Teresa Jiménez-Becerril Barrio, Lívia Járóka, Agnieszka Kozłowska-Rajewicz, Georgios Kyrtsos, Ádám Kósa, Barbara Matera, Luděk Niedermayer, Dariusz Rosati, Anne Sander, Tom Vandenkendelaere, Elissavet Vozemberg-Vrionidi

Erklärung der benutzten Zeichen:

+  :  dafür

-  :  dagegen

0  :  Enthaltung

Letzte Aktualisierung: 8. Januar 2019
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