BERICHT über den Entwurf eines Durchführungsbeschlusses des Rates über die Aufnahme des automatisierten Austauschs daktyloskopischer Daten im Vereinigten Königreich

8.5.2020 - (14247/2019 – C9-0198/2019 – 2019/0819(CNS)) - *

Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres
Berichterstatter: Juan Fernando López Aguilar

Verfahren : 2019/0819(CNS)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A9-0100/2020
Eingereichte Texte :
A9-0100/2020
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Angenommene Texte :

ENTWURF EINER LEGISLATIVEN ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zu dem Entwurf eines Durchführungsbeschlusses des Rates über die Aufnahme des automatisierten Austauschs daktyloskopischer Daten im Vereinigten Königreich

(14247/2019 – C9-0198/2019 – 2019/0819(CNS))

(Anhörung)

Das Europäische Parlament,

 unter Hinweis auf den Entwurf des Rates (14247/2019),

 gestützt auf Artikel 39 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union in der durch den Vertrag von Amsterdam geänderten Fassung und Artikel 9 des Protokolls Nr. 36 über die Übergangsbestimmungen, gemäß denen es vom Rat angehört wurde (C9‑0198/2019),

 unter Hinweis auf den Beschluss 2008/615/JI des Rates vom 23. Juni 2008 zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität[1], insbesondere auf Artikel 33,

 gestützt auf Artikel 82 seiner Geschäftsordnung,

 unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A9-0100/2020),

1. lehnt den Entwurf des Rates ab;

2. beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der Kommission sowie den nationalen Parlamenten zu übermitteln.


 

BEGRÜNDUNG

Mit diesem Entwurf eines Durchführungsbeschlusses des Rates, dem Artikel 33 des Beschlusses 2008/615/JI des Rates (im Folgenden „Prümer Beschluss“)[2] zugrunde liegt, soll der Austausch daktyloskopischer Daten zwischen dem Vereinigten Königreich und jenen Mitgliedstaaten gestattet werden, für die der Prümer Beschluss gilt.

 

1. Hintergrund

 

Der Prümer Beschluss ermöglicht den Informationsaustausch zwischen den für die Verhinderung und Verfolgung von Straftaten zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten. Zu diesem Zweck dürfen die zuständigen Behörden daktyloskopische Daten austauschen, die in ihren nationalen automatisierten daktyloskopischen Identifizierungssystemen – die zur Verhinderung und Verfolgung von Straftaten eingerichtet wurden – verarbeitet wurden. Gemäß Artikel 9 des Prümer Beschlusses ist es einer zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats gestattet, im nationalen System eines anderen Mitgliedstaats daktyloskopische Daten automatisiert abzurufen. Die in jenem Beschluss vorgesehene Übermittlung personenbezogener Daten darf erst beginnen, wenn der Rat festgestellt hat, dass ein Mitgliedstaat, der sich an diesem Austausch beteiligen möchte, die allgemeinen Datenschutzbestimmungen des Prümer Beschlusses (Artikel 25 Absatz 2 und Artikel 33) in sein nationales Recht umgesetzt hat. Im Einklang mit dem Beschluss 2008/616/JI des Rates[3] soll der vorgeschlagene Durchführungsbeschluss im Anschluss an einen Bewertungsbericht über die Umsetzung der allgemeinen Datenschutzbestimmungen des Prümer Beschlusses angenommen werden; diesem Bewertungsbericht liegen ein Fragebogen, ein Testlauf und ein Bewertungsbesuch zugrunde, und die Ergebnisse sind dem Rat vorzulegen.

Das System für den Austausch von Informationen zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, das mit dem Prümer Beschluss geschaffen wurde, beruht auf dem Grundsatz des uneingeschränkten gegenseitigen Zugangs und soll die grenzübergreifende Zusammenarbeit intensivieren, indem die Daten ausgetauscht werden, die in den nationalen Systemen zur Verhinderung und Verfolgung von Straftaten verarbeitet wurden (z. B. Daten zu Verurteilten und Verdächtigen). Inzwischen ist jedoch deutlich geworden, dass einige Mitgliedstaaten bei der Umsetzung von Prüm dem Grundsatz der uneingeschränkten Gegenseitigkeit nicht vollständig Rechnung tragen. Außerdem bestehen zwischen den Mitgliedstaaten große Unterschiede bei den Möglichkeiten zum Informationsaustausch, was zu einem unausgewogenen Informationsfluss führt.

 

2019 verabschiedete der Rat einen Beschluss, durch den das Vereinigte Königreich Zugang zu den Mechanismen für den Austausch von Informationen im Zusammenhang mit DNA erhält[4]. Mit Hilfe des vorgeschlagenen Entwurfs des Rates soll das Vereinigte Königreich Zugang zum Austausch daktyloskopischer Daten erhalten. Der Rat hat nicht die Absicht geäußert, ein ähnliches Verfahren auch für Fahrzeugregisterdaten – den erfolgreichsten Teil der Prümer Struktur – einzuleiten.

 

In den Beschlüssen 2008/615/JI und 2008/616/JI des Rates werden die Bestimmungen für den Austausch von Daten zwischen den Mitgliedstaaten festgelegt. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die Kommission im Oktober 2019 beschlossen hat, Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, und dass sie in der Folge Österreich, Bulgarien, Ungarn und Rumänien Aufforderungsschreiben übermittelt hat, weil diese Länder am 13. September 2018 mit fünf Ländern des westlichen Balkans ein Abkommen über den automatisierten Austausch von DNA-Daten, daktyloskopischen Daten und Fahrzeugregisterdaten unterzeichnet haben. Die Kommission ist der Auffassung, dass das Abkommen gegen die ausschließliche Zuständigkeit der EU in diesem Bereich verstößt, vor allem weil der Austausch derartiger Daten zwischen den Mitgliedstaaten durch die Prümer Beschlüsse des Rates (Beschluss 2008/615/JI und Beschluss 2008/616/JI des Rates) abgedeckt ist. Ähnliche Bedenken wurden hinsichtlich der Einrichtung eines Austauschs von DNA- und daktyloskopischen Daten mit anderen Drittländern wie etwa den USA geäußert.

 

2. Ziel und wichtigste Elemente des Entwurfs eines Beschlusses des Rates

 

Mit diesem Entwurf eines Durchführungsbeschlusses beabsichtigt der Rat, es dem Vereinigten Königreich zu gestatten, am automatisierten Abruf daktyloskopischer Daten teilzunehmen und nach dem in Artikel 9 des Prümer Beschlusses festgelegten System daktyloskopische Daten zu übermitteln und zu empfangen.

 

Wie der Rat in seinem Entwurf eines Durchführungsbeschlusses ausführt, hat das Vereinigte Königreich entgegen den Erwartungen des Rates und im Gegensatz zu ähnlichen Beschlüssen, die in Bezug auf andere Mitgliedstaaten angenommen wurden, jedoch nicht die Absicht, daktyloskopische Daten verdächtiger Personen zugänglich zu machen. Auch dies läuft dem Grundsatz der Gegenseitigkeit zuwider, auf dem das Prümer System beruht.

 

In seinem vorherigen Durchführungsbeschluss 2019/968 vom 6. Juni 2019 über die Aufnahme des automatisierten Austauschs von DNA-Daten im Vereinigten Königreich, der seit dem 7. Juni 2019 in Kraft ist, hat der Rat diese besondere Situation akzeptiert. Angesichts des Verstoßes gegen den Grundsatz der Gegenseitigkeit und nachdem die Kommission aufgrund des Verstoßes gegen den Grundsatz der uneingeschränkten Gegenseitigkeit eine negative Stellungnahme abgegeben hatte, hob der Rat die praktische und operative Bedeutung hervor, die die Einbeziehung der Profile von Verdächtigen in den automatisierten Austausch von DNA-Daten für die öffentliche Sicherheit, insbesondere für die Bekämpfung von Terrorismus und grenzüberschreitender Kriminalität, hat. Der Rat hat daher die Fortsetzung dieses Austauschs ausdrücklich an die Bedingung geknüpft, dass das Vereinigte Königreich seine Praxis des Ausschlusses der Profile von Verdächtigen vom automatisierten Austausch von DNA-Daten bis zum 15. Juni 2020 einer vollständigen Überprüfung unterzieht. Wenn das Vereinigte Königreich bis zu diesem Datum nicht mitteilt, dass es seine Praxis überprüft hat, wird der Rat innerhalb von drei Monaten die Situation mit Blick darauf, ob der Austausch von DNA-Daten mit dem Vereinigten Königreich fortgeführt oder eingestellt wird, neu bewerten.


3. Überprüfungsklausel

 

Ähnlich wie in seinem Durchführungsbeschluss 2019/968 hebt der Rat im Bewusstsein dieser Anomalie auch in dem vorgeschlagenen Entwurf eines Beschlusses die „praktische und operative Bedeutung“ hervor, „die die Einbeziehung der Profile von Verdächtigen in den automatisierten Austausch daktyloskopischer Daten für die öffentliche Sicherheit – insbesondere für die Bekämpfung von Terrorismus und grenzüberschreitender Kriminalität – hat“.

Deshalb sieht der Rat auch eine Überprüfungsklausel für diesen Durchführungsbeschluss vor. Sollte das Vereinigte Königreich bis zum 15. Juni 2020 seine Praxis, Profile von Verdächtigen vom automatisierten Austausch daktyloskopischer Daten auszuschließen, nicht überprüft haben, so kann der Rat den Austausch daktyloskopischer Daten mit dem Vereinigten Königreich einstellen.

 

4. Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU: die Auswirkungen des Übergangszeitraums

 

Im vorliegenden Fall sind die praktischen Auswirkungen der Annahme des Entwurfs eines Durchführungsbeschlusses und des Austauschs daktyloskopischer Daten zwischen den Mitgliedstaaten und dem Vereinigten Königreich auf den Übergangszeitraum beschränkt, der im Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft[5] festgelegt ist. Dieser Übergangszeitraum endet am 31. Dezember 2020; danach wird das Vereinigte Königreich zu einem Drittland. Darüber hinaus gilt die grundlegende Anforderung gemäß Artikel 25 Absatz 2 des Prümer Beschlusses für Mitgliedstaaten, die am Prüm-Rahmen teilnehmen. Sollte dies als wünschenswert erachtet und ein entsprechender Beschluss gefasst werden, so ist für ein Drittland ein anderes Rechtsinstrument erforderlich, damit daktyloskopische Daten oder sonstige im Prümer Beschluss vorgesehene personenbezogene Daten ausgetauscht werden können.

 

5. Die künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich

 

Die künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich werden möglicherweise durch ein neues Partnerschaftsabkommen geregelt werden. Die Verhandlungen über dieses neue Partnerschaftsabkommen haben im März 2020 begonnen und werden auch die Bereiche Strafverfolgung und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen umfassen. Da das Vereinigte Königreich den Status eines Drittlands haben wird und es klarerweise nicht in den Genuss derselben Rechte und Erleichterungen wie ein Mitgliedstaat kommen kann, wird die Fortsetzung des Austauschs daktyloskopischer Daten zwischen den Mitgliedstaaten und dem Vereinigten Königreich als Drittland besonderen Bedingungen und Garantien unterliegen.

In der Empfehlung der Kommission vom 3. Februar 2020 für einen Beschluss des Rates über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen über eine neue Partnerschaft mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland[6] heißt es, die künftige Partnerschaft im Bereich der Strafverfolgung solle durch Verpflichtungen zur Achtung der Grundrechte, einschließlich eines angemessenen Schutzes personenbezogener Daten, untermauert werden; dies sei Voraussetzung für eine Zusammenarbeit. Wie ambitioniert die Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung sowie die justizielle Zusammenarbeit ausfällt, werde davon abhängen, welches Maß an Schutz personenbezogener Daten im Vereinigten Königreich gewährleistet ist. Um eine solche Zusammenarbeit zu erleichtern, werde die Kommission auf einen Angemessenheitsbeschluss hinarbeiten, der erlassen wird, falls die geltenden Voraussetzungen erfüllt sind (Ziffer 112).

In einer schriftlichen Erklärung des britischen Premierministers vom 3. Februar 2020 zu den Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU[7] erklärte der britische Premierminister, dass das Vereinigte Königreich in Zukunft eigene, unabhängige Strategien in Bereichen wie dem Datenschutz erarbeiten werde. Während der ersten Verhandlungsrunde (2. bis 5. März 2020) über das künftige Partnerschaftsabkommen hat das Vereinigte Königreich darüber hinaus mitgeteilt, dass es sich im Hinblick auf die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen nicht dazu verpflichten wird, die Europäische Menschenrechtskonvention durchzusetzen, und dass es auch die Zuständigkeit des Gerichtshofs der EU nicht akzeptieren wird. Als Reaktion darauf hat der Verhandlungsführer der EU, Michel Barnier, klargemacht, dass, sollte das Vereinigte Königreich diese Position beibehalten, dies sofortige und praktische Konsequenzen für die Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich haben wird; diese Zusammenarbeit werde auf der Grundlage internationaler Abkommen weiterhin möglich, aber nicht sehr ehrgeizig sein[8].

In seiner Entschließung vom 12. Februar 2020[9] betonte das Europäische Parlament, „dass das Vereinigte Königreich keinen direkten Zugang zu den Daten der EU-Informationssysteme haben und sich nicht an den Verwaltungsstrukturen der EU-Agenturen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts beteiligen kann und dass gleichzeitig der Austausch von Informationen wie personenbezogenen Daten mit dem Vereinigten Königreich strengen Schutzmaßnahmen, Prüf- und Überwachungsbedingungen unterliegen sollte, was auch den gleichwertigen Schutz personenbezogener Daten wie im Unionsrecht einschließt“.

Das Parlament wies darauf hin, dass die Kommission in der Auslegung des Unionsrechts durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs[10] den Rahmen des Vereinigten Königreichs für den Datenschutz nur für angemessen erklären kann, wenn sie nachweist, dass das Vereinigte Königreich ein Schutzniveau vorsieht, das gegenüber dem Rechtsrahmen der EU „im Wesentlichen gleichwertig“ ist, auch im Zusammenhang mit der Weitergabe von Daten an Drittländer. Das Parlament hält es diesbezüglich für notwendig, dass dem Rechtsrahmen im Vereinigten Königreich in den Bereichen nationale Sicherheit oder Verarbeitung personenbezogener Daten durch Strafverfolgungsorgane besondere Aufmerksamkeit eingeräumt wird.

Das Parlament hob ferner hervor, dass alle gegenseitigen Vereinbarungen für den rechtzeitigen, wirksamen und effizienten Austausch von Fluggastdatensätzen (PNR) und für die Verarbeitung von DNA-, Fingerabdruck- und Fahrzeugregisterdaten (Prüm) sowie die operative Zusammenarbeit über Europol und Eurojust auf strengen Sicherheitsvorkehrungen und Bedingungen beruhen und voll und ganz mit dem EuGH-Gutachten 1/15[11] im Einklang stehen müssen.

Das Parlament forderte das Vereinigte Königreich außerdem auf, die im Hinblick auf seine Nutzung des SIS festgestellten schwerwiegenden Mängel umgehend zu beheben, und es forderte den Rat und die Kommission auf, den Prozess sehr genau zu überwachen, damit alle Mängel ordnungsgemäß und unverzüglich behoben werden. Das Parlament ist darüber hinaus der Ansicht, dass die Modalitäten der künftigen Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich im Bereich der Strafverfolgung erst erörtert werden sollten, nachdem die Mängel behoben sind.

6. Fazit

Daktyloskopische Daten sind eine besonders sensible Kategorie personenbezogener Daten, die spezifischen Schutz erfordern, weil im Zuge ihrer Verarbeitung beträchtliche Gefahren für die Grundrechte und -freiheiten entstehen könnten. Im Unionsrecht ist vorgeschrieben, dass bei der Vornahme einer derartigen Verarbeitung geeignete Garantien für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Person gewährleistet sein müssen.

In Anbetracht des aktuellen Stands der Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU ist noch nicht klar, ob das Vereinigte Königreich nach dem 31. Dezember 2020 die nach dem Unionsrecht erforderlichen Bedingungen erfüllt und somit davon ausgegangen werden kann, dass das Land ein Schutzniveau gewährleistet, das dem des Unionsrechts im Wesentlichen gleichwertig ist. Ohne ein im Wesentlichen gleichwertiges Schutzniveau in Bezug auf personenbezogene Daten und ohne strenge und strikte Auflagen und Garantien für die Verarbeitung daktyloskopischer Daten würden bei der Verarbeitung im Zuge des automatisierten Vergleichs von Fingerabdrücken und des Austauschs personenbezogener Daten gemäß Artikel 9 des Prümer Beschlusses schwerwiegende Risiken für den Schutz der Grundrechte und -freiheiten des Einzelnen entstehen.

Der Berichterstatter vertritt darüber hinaus die Auffassung, dass die Frage der Einbeziehung von Daten Verdächtiger gelöst werden sollte, ehe der Austausch von Daten mit dem Vereinigten Königreich ermöglicht wird, damit sichergestellt ist, dass bei einem Austausch automatisierter Daten der Grundsatz der Gegenseitigkeit des Prümer Systems, der von den anderen an diesem System teilnehmenden Mitgliedstaaten angewandt wird, uneingeschränkt geachtet wird.

Der vorgeschlagene Entwurf eines Durchführungsbeschlusses könnte erst wenige Wochen vor dem 15. Juni 2020 angenommen werden und in Kraft treten – dem Datum also, zu dem das Vereinigte Königreich den Rat von seiner Absicht in Kenntnis setzen soll, die Profile von Verdächtigen zugänglich zu machen, und der Rat die Fortsetzung des Datenaustauschs erneut prüft.

Obwohl die Mitglieder des LIBE-Ausschusses den Ratsvorsitz in der Sitzung des LIBE-Ausschusses vom 18. Februar 2020 um zusätzliche Informationen ersucht haben und trotz der Schreiben des Vorsitzenden des LIBE-Ausschusses vom 20. Februar 2020 und 5. März an den Ratsvorsitz und die Kommission, in denen der Vorsitzende um Antworten auf konkrete schriftliche Fragen und um alle Dokumente ersuchte, die mit dem vorliegenden Entwurf eines Durchführungsbeschlusses und der Umsetzung von Prüm in Zusammenhang stehen, wurde dem Parlament überdies nicht der Bewertungsbericht vorgelegt, in dem die Ergebnisse des Fragebogens, des Bewertungsbesuchs und des Testlaufs zum Austausch daktyloskopischer Daten zusammengefasst werden und der beim Rat eingegangen ist. In seinem Schreiben vom 20. März 2020 hat sich der Ratsvorsitz ohne klare Begründung geweigert, die geforderten Dokumente bereitzustellen. Die Vorlage dieses Berichts ist eine Bedingung für die Billigung des Durchführungsbeschlusses. Nach Auffassung des Berichterstatters hätte dieser Bewertungsbericht dem Parlament vorgelegt werden müssen, damit das Parlament in der Lage ist, seine Gesetzgebungs- und Kontrollaufgaben im Rahmen des laufenden rechtlichen Verfahrens entsprechend auszuüben. Der Berichterstatter vertritt außerdem die Auffassung, dass der Rat den Durchführungsrechtsakt annehmen sollte, nachdem das Vereinigte Königreich mitgeteilt hat, dass es beabsichtigt, in Bezug auf den Austausch sowohl von DNA-Daten als auch von daktyloskopischen Daten die Daten von Verdächtigen einzubeziehen, und somit seine Absicht bekräftigt hat, auch bei den künftigen Beziehungen mit der Union im Sicherheitsbereich nach dem Grundsatz der uneingeschränkten Gegenseitigkeit vorzugehen.

Da diese wesentliche Information nicht vorliegt und in Anbetracht dessen, dass der vorliegende Entwurf eines Durchführungsbeschlusses des Rates notwendigerweise zeitlich bis 31. Dezember 2020 beschränkt wäre und sogar schon nach dem 15. Juni 2020 auslaufen könnte, ist der Berichterstatter der Ansicht, dass der Durchführungsbeschluss, der es dem Vereinigten Königreich ermöglicht, gemäß Artikel 9 des Beschlusses 2008/615/JI daktyloskopische Daten automatisiert abzurufen und personenbezogene Daten zu empfangen und zu übermitteln, unter den derzeitigen Umständen nicht angenommen werden sollte.

Der Entwurf eines Durchführungsbeschlusses des Rates stützt sich auf einen Rechtsakt, der im Rahmen der früheren dritten Säule des ehemaligen Vertrags über die Europäische Union angenommen wurde. Gemäß Artikel 39 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union, der nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs im Einklang mit Artikel 9 des Protokolls Nr. 36 nach wie vor anwendbar ist, muss das Parlament konsultiert werden, wenn der Rat auf der Grundlage des Besitzstands der ehemaligen dritten Säule Durchführungsmaßnahmen erlässt, der Rat kann jedoch eine Frist vorgeben, bis zu der das Parlament seine Stellungnahme abgeben muss. Bei früheren, ähnlich gelagerten Dossiers haben die jeweiligen Berichterstatter dem Parlament vorgeschlagen, dem Durchführungsrechtsakt zuzustimmen, und somit erschien eine Billigung ohne Änderung angebracht (vereinfachtes Verfahren gemäß Artikel 52 der Geschäftsordnung). Dieses Verfahren wurde als angemessen erachtet, auch um die vom Rat gesetzte Frist einzuhalten. Da der Berichterstatter der Ansicht ist, dass das Parlament dem vorgeschlagenen Entwurf eines Durchführungsbeschlusses nicht zustimmen sollte, wird nach dem Verfahren zur Abfassung von Berichten gemäß Artikel 59 der Geschäftsordnung vorgegangen, weil es passender ist.


7. Empfehlung des Berichterstatters

Der Berichterstatter rät dem Parlament daher, den Entwurf eines Durchführungsbeschlusses des Rates abzulehnen und den Rat aufzufordern, seinen Entwurf eines Durchführungsbeschlusses nicht zu verabschieden und diesbezüglich keine Entscheidung zu treffen, solange das Vereinigte Königreich keine Garantien für eine uneingeschränkte Gegenseitigkeit und zum Datenschutz zugesichert hat und der neue Rechtsrahmen für das neue Partnerschaftsabkommen mit dem Vereinigten Königreich nicht ausgehandelt und abgeschlossen ist.


VERFAHREN DES FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSSES

Titel

Durchführungsbeschluss über die Aufnahme des automatisierten Austauschs daktyloskopischer Daten im Vereinigten Königreich

Bezugsdokumente – Verfahrensnummer

14247/2019 – C9-0198/2019 – 2019/0819(CNS)

Datum der Anhörung des EP

12.12.2019

 

 

 

Federführender Ausschuss

Datum der Bekanntgabe im Plenum

LIBE

19.12.2019

 

 

 

Berichterstatter

Datum der Benennung

Juan Fernando López Aguilar

6.2.2020

 

 

 

Prüfung im Ausschuss

19.2.2020

 

 

 

Datum der Annahme

7.5.2020

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

35

30

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Magdalena Adamowicz, Katarina Barley, Pernando Barrena Arza, Pietro Bartolo, Nicolas Bay, Vladimír Bilčík, Ioan-Rareş Bogdan, Patrick Breyer, Saskia Bricmont, Damien Carême, Caterina Chinnici, Clare Daly, Lena Düpont, Laura Ferrara, Nicolaus Fest, Jean-Paul Garraud, Sylvie Guillaume, Andrzej Halicki, Balázs Hidvéghi, Evin Incir, Sophia in ‘t Veld, Patryk Jaki, Lívia Járóka, Marina Kaljurand, Assita Kanko, Fabienne Keller, Peter Kofod, Moritz Körner, Alice Kuhnke, Jeroen Lenaers, Juan Fernando López Aguilar, Lukas Mandl, Nuno Melo, Roberta Metsola, Nadine Morano, Javier Moreno Sánchez, Maite Pagazaurtundúa, Nicola Procaccini, Emil Radev, Paulo Rangel, Terry Reintke, Diana Riba i Giner, Ralf Seekatz, Birgit Sippel, Sylwia Spurek, Tineke Strik, Ramona Strugariu, Annalisa Tardino, Cristian Terheş, Tomas Tobé, Dragoş Tudorache, Milan Uhrík, Tom Vandendriessche, Bettina Vollath, Jadwiga Wiśniewska, Javier Zarzalejos

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter

Abir Al-Sahlani, Malin Björk, Beata Kempa, Ondřej Kovařík, Nathalie Loiseau, Kostas Papadakis, Domènec Ruiz Devesa, Miguel Urbán Crespo, Isabel Wiseler-Lima

Datum der Einreichung

8.5.2020

 


NAMENTLICHE SCHLUSSABSTIMMUNG IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS

35

+

S&D

Katarina Barley, Pietro Bartolo, Caterina Chinnici, Sylvie Guillaume, Evin Incir, Marina Kaljurand, Juan Fernando López Aguilar, Javier Moreno Sánchez, Domènec Ruiz Devesa, Brigit Sippel, Sylwia Spurek, Cristian Terheş, Bettina Vollath

RENEW

Abir Al-Sahlani, Sophia in 't Veld, Fabienne Keller, Moritz Körner, Ondřej Kovařík, Nathalie Loiseau, Maite Pagazaurtundúa, Ramona Strugariu, Dragoş Tudorache

VERTS/ALE

Patrick Breyer, Saskia Bricmont, Damien Carême, Alice Kuhnke, Terry Reintke, Diana Riba I Giner, Tineke Strik

GUE/NGL

Pernando Barrena Arza, Malin Björk, Clare Daly, Miguel Urbán Crespo

NI

Laura Ferrara, Kostas Papadakis

 

30

-

PPE

Magdalena Adamowicz, Vladimír Bilčík, Ioan-Rareş Bogdan, Lena Düpont, Andrzej Halicki, Balázs Hidvéghi, Lívia Járóka, Jeroen Lenaers, Lukas Mandl, Nuno Melo, Roberta Metsola, Nadine Morano, Emil Radev, Paulo Rangel, Ralf Seekatz, Tomas Tobé, Isabel Wiseler-Lima, Javier Zarzalejos

ID

Nicolas Bay, Nicolaus Fest, Jean-Paul Garraud, Peter Kofod, Annalisa Tardino, Tom Vandendriessche

ECR

Patryk Jaki, Assita Kanko, Beata Kempa, Nicola Procaccini, Jadwiga Wiśniewska

NI

Milan Uhrík

 

0

0

 

 

 

Erklärung der benutzten Zeichen:

+ : dafür

- : dagegen

0 : Enthaltung

Letzte Aktualisierung: 11. Mai 2020
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