Entschließungsantrag - B8-0246/2015Entschließungsantrag
B8-0246/2015

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu der Lage in Venezuela

9.3.2015 - (2015/2582(RSP))

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
gemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Francisco Assis, Victor Boștinaru, Carlos Zorrinho, Ramón Jáuregui Atondo, Elena Valenciano, Nicola Caputo, Juan Fernando López Aguilar, José Blanco López, Victor Negrescu, Viorica Dăncilă, Marlene Mizzi, Tanja Fajon, Miltiadis Kyrkos, Alessia Maria Mosca, Goffredo Maria Bettini, Andi Cristea, Tonino Picula, Sorin Moisă, Zigmantas Balčytis im Namen der S&D-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B8-0236/2015

Verfahren : 2015/2582(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B8-0246/2015
Eingereichte Texte :
B8-0246/2015
Aussprachen :
Angenommene Texte :

B8‑0246/2015

Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Lage in Venezuela

(2015/2582(RSP))

Das Europäische Parlament,

–       unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Dezember 2014 zur Verfolgung der demokratischen Opposition in Venezuela[1]

–       unter Hinweis auf seine Entschließung vom 27. Februar 2014 zur Lage in Venezuela[2],

–       unter Hinweis auf die Presseerklärung der Sprecherin der Hohen Vertreterin der EU, Federica Mogherini, vom 24. Februar 2015 zur Festnahme des Bürgermeisters von Caracas, Antonio Ledezma, und zur Lage in Venezuela,

–       unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers des Generalsekretärs der Vereinten Nationen vom 26. Februar 2015 zur Lage in Venezuela,

–       unter Hinweis auf die Pressemitteilung des Generalsekretärs der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) vom 20. Februar 2015 zur Inhaftierung des Bürgermeisters von Caracas,

–       unter Hinweis auf die Stellungnahme des Generalsekretärs der Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR) vom 25. Februar 2015 zur Lage in Venezuela und zum Tod des 14-jährigen Schülers Kluivert Roa,

–       unter Hinweis auf die Presseerklärungen des Sprechers der ehemaligen Hohen Vertreterin der EU, Catherine Ashton, vom 28. März 2014 und 15. April 2014 zur Lage in Venezuela,

–       unter Hinweis auf die Stellungnahme der Arbeitsgruppe des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen zu willkürlichen Inhaftierungen vom 26. August 2014,

–       unter Hinweis auf die Erklärung des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 20. Oktober 2014 zur Festnahme von Demonstranten und Politikern in Venezuela,

–       unter Hinweis auf das 1999 abgeschlossene interregionale Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Mercosur,

–       unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, zu dessen Vertragsparteien Venezuela zählt,

–       unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

–       gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.     in der Erwägung, dass es infolge der Festnahme demokratisch gewählter Politiker, der Aufhebung der rechtlichen Immunität von Mitgliedern der Nationalversammlung und der andauernden Inhaftierung führender Persönlichkeiten der Opposition seit Februar 2014 zu Straßenprotesten in Venezuela gekommen ist;

B.     in der Erwägung, dass seit Februar 2014 mindestens 44 Menschen getötet wurden, darunter ein 14-jähriger Schüler;

C.     in der Erwägung, dass die meisten der nach den Protesten gegen die Regierung im Februar 2014 festgenommenen Demonstranten freigelassen wurden, dass jedoch insgesamt 83 Personen auch im Februar 2015 noch inhaftiert waren und sich derzeit vor Gericht für die mutmaßliche Teilnahme an den Protesten verantworten müssen;

D.     in der Erwägung, dass die Meinungsfreiheit und das Recht, an friedlichen Demonstrationen teilzunehmen, die tragenden Säulen der Demokratie darstellen; in der Erwägung, dass Gleichheit und Gerechtigkeit für alle nicht möglich sind, wenn die Grundfreiheiten und Grundrechte aller Bürger nicht geachtet werden;

E.     in der Erwägung, dass allein die Achtung der Grundrechte und Grundfreiheiten sowie ein in einem Klima der Toleranz geführter konstruktiver und respektvoller Dialog dazu beitragen können, dass das Land diese schwere Krise überwindet und künftige Schwierigkeiten meistert;

F.     in der Erwägung, dass die als „Mesa de Diálogo“ (Tisch des Dialogs) bezeichneten Verhandlungen zwischen der Regierung und der Opposition bedauerlicherweise ohne Ergebnis unterbrochen wurden;

G.     in der Erwägung, dass Venezuela im Oktober 2014 in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gewählt wurde;

H.     in der Erwägung, dass Venezuela im Januar 2012 dem regionalen Zusammenschluss Mercosur beitrat;

I.      in der Erwägung, dass Venezuela das Zusatzprotokoll des Vertrages zur Gründung von UNASUR über die Verpflichtung zur Demokratie unterzeichnete und überdies die Protokoll über die Verpflichtung zur Demokratie und das Protokoll über die Förderung und den Schutz der Menschenrechte billigte, als es Mercosur-Vollmitglied wurde;

J.      in der Erwägung, dass die EU derzeit mit Mercosur Verhandlungen über ein regionales Assoziierungsabkommen führt, das die drei Säulen Politik, Handel und Zusammenarbeit umfasst;

K.     in der Erwägung, dass die Europäische Union im Juni 2014 einen jährlichen Austausch zwischen der EU und venezolanischen Menschenrechtsverfechtern in Caracas abhielt;

L.     in der Erwägung, dass die EU insbesondere im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte ein breites Spektrum von Projekten mit dem Staat Venezuela und nichtstaatlichen Organisationen finanziert, deren Ziel die Stärkung der Menschenrechte und der Demokratie ist;

M.    spricht den Angehörigen der ums Leben gekommenen Demonstranten sein Beileid aus und wüscht den zahlreichen Verletzten baldige Genesung;

1.      fordert die venezolanischen Staatsorgane auf, den demokratisch gewählten und derzeit in einem Militärgefängnis inhaftierten Bürgermeister von Caracas, Antonio Ledezma, unverzüglich freizulassen;

2.      fordert die Regierung von Venezuela auf, alle übrigen Teilnehmer an politischen Demonstrationen und Oppositionsführer freizulassen, die derzeit in Militärgefängnissen in Isolationshaft festgehalten werden; fordert die venezolanischen Staatsorgane auf, die politisch motivierten Anschuldigungen und Haftbefehle gegen Oppositionsführer zurückzunehmen;

3.      fordert ein Ende der Gewalt, die eine Spirale der Polarisierung nach sich zieht, und einen das gesamte politische Spektrum umfassenden Dialog, damit öffentliche Sicherheit und öffentlicher Schutz sowie die Rückkehr zu Ruhe und Normalität gewährleistet werden kann;

4.      fordert die Regierung von Venezuela auf, dafür zu sorgen, dass niemand dafür bestraft wird, dass er das Recht, sich friedlich zu versammeln, und das Recht auf Meinungsfreiheit wahrnimmt; fordert die Regierung auf, die unlängst veröffentlichte Resolution 008610 zu widerrufen, durch die Sicherheitskräfte die Befugnis erhalten, potenziell todbringende Gewalt unter Einsatz von Schusswaffen oder sonstigen potenziell todbringenden Waffen anzuwenden, um Proteste der Zivilbevölkerung zu ersticken, wobei Artikel 68 der venezolanischen Verfassung außer Kraft gesetzt wird;

5.      bringt seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass es im Falle neuerlicher Proteste zu weiteren Gewalttaten kommen könnte, durch die die Kluft zwischen Regierung und Opposition nur noch vertieft würde und es angesichts der sensiblen politischen Entwicklung in Venezuela zu einer noch größeren Polarisierung kommen könnte; fordert die Vertreter aller Parteien und Gesellschaftsgruppen Venezuelas auf, in Wort und Tat die Ruhe zu bewahren;

6.      fordert die Regierung von Venezuela auf, die Bedingungen dafür aufrechtzuerhalten, dass die Parlamentswahl in Venezuela wie geplant 2015 stattfinden kann; fordert die Oppositionsparteien auf, dass sie beim politischen Kampf die Grenzen der verfassungsmäßigen Ordnung nicht überschreiten und sich jeglichem Druck, zu radikaleren Mitteln zu greifen, widersetzen;

7.      fordert die Regierung von Venezuela auf, ihre eigene Verfassung und die internationalen Verpflichtungen hinsichtlich der Achtung der Unabhängigkeit der Justiz, des Rechts auf freie Meinungsäußerung, der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit und der politischen Vielfalt einzuhalten, die die tragenden Säulen der Demokratie sind;

8.      fordert die Regierung von Venezuela auf, die Übereinkommen und Protokolle über die Menschenrechte zu wahren, die es als UNASUR- und Mercosur-Vollmitglied ratifiziert oder gebilligt hat;

9.      fordert die Regierung von Venezuela auf, dass sie den 2013 gefassten Beschluss, die Amerikanische Menschenrechtskonvention zu kündigen, überdenkt und die für den Wiederbeitritt erforderlichen Schritte einleitet;

10.    fordert alle Beteiligten auf, einen friedlichen Dialog zu führen und alle Gesellschaftsgruppen Venezuelas einzubeziehen, um Punkte zu ermitteln, bei denen eine Annäherung möglich ist, und es allen politischen Akteuren zu ermöglichen, die drängendsten Probleme des Landes zu erörtern;

11.    weist darauf hin, dass die Beachtung des Grundsatzes der Gewaltenteilung von grundlegender Bedeutung in einer Demokratie ist und dass die Justiz nicht als politische Waffe eingesetzt werden darf; fordert die venezolanischen Staatsorgane auf, für die Sicherheit aller Bürger des Landes unabhängig von ihren politischen Ansichten und ihrer politischen Zugehörigkeit zu sorgen;

12.    fordert die venezolanischen Staatsorgane auf, dafür zu sorgen, dass bei den Ermittlungen wegen des Vorwurfs eines geplanten Putschs gegen die Regierung die Grundsätze der Unschuldsvermutung und der Unparteilichkeit gebührend beachtet werden;

13.    fordert die Regierung Venezuelas auf, die Menschenrechte zu achten, mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen wirksam zu untersuchen und ein Umfeld zu schaffen, in dem Menschenrechtsverfechter und unabhängige, nichtstaatliche Organisationen ihrer rechtmäßigen Arbeit nachgehen können, nämlich die Menschenrechte und die Demokratie zu fördern;

14.    fordert Anstrengungen auf regionaler Ebene, um insbesondere mit Unterstützung der Organisation Amerikanischer Staaten und durch einen Beitrag der übrigen Mercosur-Mitgliedstaaten einen Dialog zwischen allen Parteien zu ermöglichen;

15.    bedauert, dass unlängst die Bemühungen des Generalsekretärs der UNASUR scheiterten, den Dialog zwischen der Regierung und Mitgliedern der Opposition wieder in Gang zu bringen, der im April 2014 eingeleitet worden war, um dem Land bei der Bewältigung der derzeitigen Probleme zu helfen und die Achtung der Menschenrechte aller Venezolaner sicherzustellen;

16.    ist besorgt darüber, dass die Opposition in einem Wahljahr Opfer willkürlicher Inhaftierungen und Übergriffe geworden ist, wodurch sowohl die Rechtmäßigkeit als auch das Ergebnis der Wahl infrage gestellt werden könnte;

17.    fordert die Regierung von Venezuela auf, unter allen Umständen zu gewährleisten, dass der demokratische Prozess so neutral und transparent wie möglich geregelt wird, damit die Parteien und alle Bewerber teilhaben und ihren Wahlkampf unter gleichen Bedingungen führen können;

18.    fordert die einflussreicheren Nachbarländer auf, den Dialog zwischen Opposition und Regierung zu ermöglichen, anhängige Menschenrechtsverfahren abzuschließen und die uneingeschränkte Achtung der demokratischen Regeln bei der bevorstehenden Wahl zu gewährleisten;

19.    bedauert, dass es keinen formalen bilateralen Dialog zwischen der EU und der Regierung von Venezuela gibt; regt weitere punktuelle Debatten über die Menschenrechte bei Treffen der EU-Delegation, der Botschafter der Mitgliedstaaten und der venezolanischen Staatsorgane an;

20.    bedauert die kaum vorhandenen Fortschritte bei den Verhandlungen über das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und dem Mercosur; fordert beide Seiten auf, eine neue Verhandlungsrunde einzuleiten und die Klauseln zum politischen Dialog und zum Menschenrechtsdialog zu stärken;

21.    ersucht den EAD, die EU-Delegation und die Delegationen der Mitgliedstaaten, die Ermittlungen und die Gerichtsverhandlungen von Oppositionsführern weiterhin zu beobachten;

22.    fordert die EU auf, insbesondere im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) weiterhin Projekte zu finanzieren, deren Ziel die Stärkung der Menschenrechte und der Demokratie ist;

23.    betont, dass das Parlament eine Delegation in die Region entsenden sollte, um aktuelle Informationen über die Lage vor Ort zu erhalten; zeigt sich zuversichtlich, dass die Delegation ihren Auftrag ungehindert und plangemäß ausführen kann;

24.    beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, der Regierung und der Nationalversammlung der Republik Venezuela, der Parlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika und dem Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten zu übermitteln.