Entschließungsantrag - B8-0399/2015Entschließungsantrag
B8-0399/2015

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage auf den Malediven

27.4.2015 - (2015/2662(RSP))

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
gemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Marie-Christine Vergiat, Patrick Le Hyaric, Kostas Chrysogonos, Younous Omarjee, Malin Björk im Namen der GUE/NGL-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B8-0392/2015

Verfahren : 2015/2662(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B8-0399/2015
Eingereichte Texte :
B8-0399/2015
Aussprachen :
Angenommene Texte :

B8‑0399/2015

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage auf den Malediven

(2015/2662(RSP))

Das Europäische Parlament,

–       unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu den Malediven, insbesondere jene vom 16. September 2004 zur politischen Lage auf den Malediven[1],

–       unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,

–       unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 14. März 2015 zur Verurteilung des ehemaligen Präsidenten der Malediven, Mohamed Nasheed,

–       unter Hinweis auf seine Empfehlung vom 13. Juni 2013 an den Rat zu dem Entwurf von Leitlinien der EU zur Förderung und zum Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit[2],

       unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, insbesondere auf Artikel 18 und das zweite Fakultativprotokoll zur Abschaffung der Todesstrafe,

       unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte,

       unter Hinweis auf den internationalen Vertrag über den Waffenhandel,

       unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe,

       unter Hinweis auf die Resolutionen der Vereinten Nationen zur Todesstrafe, insbesondere die Resolution 69/186 vom 18. Dezember 2014,

–       unter Hinweis auf die Pressemitteilung des Sprechers des EAD vom 14. März 2015 zur Verurteilung des ehemaligen Präsidenten der Malediven, Mohamed Nasheed,

       unter Hinweis auf den Bericht der Wahlbeobachtungsmission der Europäischen Union vom 22. März 2014 über die Parlamentswahl auf den Malediven,

       unter Hinweis auf das gemeinsame Kommuniqué der Union und der Botschafter der Mitgliedstaaten sowie Norwegens und der Schweiz vom September 2014 zu den Bedrohungen für die Zivilgesellschaft und die Menschenrechte auf den Malediven,

       unter Hinweis auf den Bericht von Amnesty International vom 23. April 2015 mit dem Titel „Maledives: Assault on Civil and Political Rights” (Malediven: Angriff auf die zivilen und die bürgerlichen Rechte),

       unter Hinweis auf den Bericht von Amnesty International vom 16. April 2015 mit dem Titel „Suggested recommendations to States considered in the 22nd round of the Universal Periodic Review, 4-15 May 2015” und dessen Kapitel zu den Malediven,

       unter Hinweis auf das Kommuniqué von Amnesty International vom 13. März 2015 mit dem Titel „Maledives: 13 year sentence for former president ‘a travesty of justice’” (Malediven: 13 Jahre Haft für ehemaligen Präsidenten ist Justizfarce),

–       gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.     in der Erwägung, dass der erste demokratisch gewählte Präsident der Republik Malediven, Mohamed Nasheed, dem „Terrorismus“ vorgeworfen wird, am Freitag, den 13. März 2015 zu 13 Jahren Gefängnis verurteilt wurde; ferner in der Erwägung, dass auch der ehemalige Verteidigungsminister und ein Abgeordneter in derselben Angelegenheit verurteilt wurden, die die Verhaftung im Jahr 2012 des obersten Richters (Chief judge) des Strafgerichtshofs während seines Mandats aufgrund des Vorwurfs der Korruption betrifft; in der Erwägung, dass von den drei Richtern dieses Falles zwei während der Untersuchung auch als Zeugen gegen Mohamed Nasheed auftraten;

B.     in der Erwägung, dass die Vereinten Nationen und die Europäische Union angesichts der Meinungen von nichtstaatlichen Organisationen dazu, was ein Versuch einer Machtenthebung des ehemaligen Präsidenten Mohamed Nasheed zu sein scheint, der 2008 gewählt wurde, ernste Zweifel an der Unparteilichkeit der maledivischen Justiz in diesem Fall geäußert haben;

C.     in der Erwägung, dass der Menschenrechtsaktivist und Oppositionspolitiker Mohamed Nasheed während des 30-jährigen Regimes von Maumoon Abdul Gayoom mehrere Male inhaftiert wurde; in der Erwägung, dass er vier Jahre nach seinem Amtsantritt vor allem infolge von Meutereien in der Polizei und der Armee gezwungen war, zurückzutreten;

D.     in der Erwägung, dass die Anwälte von Mohamed Nasheed das Urteil als Falschurteil anprangern, mit dem seine politische Karriere zerstört werden soll; in der Erwägung, dass Personen, die gegen diesen Gerichtsentscheid demonstrierten, festgenommen wurden, darunter auch Abgeordnete seiner Partei, der Demokratischen Partei der Malediven (MDP); in der Erwägung, dass die Anwälte seiner Partei mitgeteilt haben, dass sie beim Obersten Gerichtshof Berufung gegen diesen Entscheid einlegen wollen;

E.     in der Erwägung, dass die Regierung von Abdulla Yameen eine Repressionskampagne gegen nichtstaatliche Organisationen, Journalisten und Oppositionspolitiker geführt hat;

F.     in der Erwägung, dass die nächste Präsidentschaftswahl 2018 stattfinden wird;

G.     in der Erwägung, dass die ersten Wahlen unter Beteiligung mehrerer Parteien 2008 und die Verabschiedung einer neuen Verfassung Hoffnung auf eine Demokratisierung aufkommen ließen und darauf, dass das Land einen Schlussstrich unter seine autoritäre Vergangenheit ziehen möge; allerdings in der Erwägung, dass bei der Präsidentschaftswahl 2013 und bei der Parlamentswahl 2014 offenkundig wurde, dass nach wie vor Probleme in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit und die Unabhängigkeit der Justiz bestehen, vor allem was die genaue Abgrenzung der Befugnisse der Wahlkommission betrifft, von der sechs Mitglieder ihres Amtes enthoben und inhaftiert wurden;

H.     in der Erwägung, dass die maledivischen Justizbehörden den Ausschuss für Menschenrechte der Malediven verurteilten, nachdem kurz davor, im September 2014, dessen Bericht an die Vereinten Nationen über die regelmäßige Überprüfung der Malediven für das Jahr 2015 erschienen war; in der Erwägung, dass dessen Mitglieder des Hochverrats angeklagt sind;

I.      in der Erwägung, dass auf den Malediven islamisches Recht herrscht und Steinigungen und Auspeitschungen praktiziert werden, vor allem bei Ehebrecherinnen, Atheisten unterdrückt werden und im weiteren Sinne die Meinungsfreiheit bedroht ist;

J.      in der Erwägung, dass bewaffnete Banden Bürger angreifen, denen zum Teil vorgeworfen wird, sie förderten den Atheismus; in der Erwägung, dass dieses Parlament darauf hinarbeitet, die Grundsätze der Freiheit der Religion oder der Weltanschauung zu fördern und zu schützen, um den Frieden zwischen Gläubigen einerseits und zwischen Nichtgläubigen und Gläubigen andererseits zu gewährleisten; in der Erwägung, dass das Europäische Parlament in seiner Empfehlung vom 13. Juni 2013 an den Rat zu dem Entwurf von Leitlinien der EU zur Förderung und zum Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit die Auffassung vertritt, „dass Säkularismus […] bedeutet, dass jegliche religiöse Einmischung in die Arbeitsweise des Staates und jede öffentliche Einmischung in religiöse Angelegenheiten abzulehnen ist“;

K.     in der Erwägung, dass nach einem Moratorium von 60 Jahren im April 2014 die Todesstrafe wieder eingeführt wurde, auch für Minderjährige und in bestimmten Fällen für Kinder ab 7 Jahren; in der Erwägung, dass die Malediven das Übereinkommen über die Rechte des Kindes unterzeichnet und ratifiziert haben und dass dieses Übereinkommen die Todesstrafe für Personen vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahres ausdrücklich untersagt;

L.     in der Erwägung, dass die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft weiterhin nicht ausreichen, um der Herausforderung in Form des Klimawandels zu begegnen, der die etwa 1200 Inseln der Malediven bedroht, deren durchschnittliche Erhebung zwei Meter über Meeresniveau beträgt; in der Erwägung, dass der verheerende Tsunami 2004 eine der größten Naturkatastrophen der jüngeren Geschichte war;

1.      erinnert die Republik Malediven an ihre internationalen Verpflichtungen in Bezug auf die Unabhängigkeit der Justiz und die Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten, insbesondere um unter allen Umständen die freie Meinungsäußerung und das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren zu gewährleisten; erachtet die Förderung dieser Elemente als für den Demokratisierungsprozess des Landes grundlegend;

2.      fordert ein faires, transparentes Gerichtsverfahren nach internationalen Standards, falls gegen den Beschluss, Mohamed Nasheed zu inhaftieren, Berufung eingelegt wird;

3.      verurteilt die Schikanierung und die Einschüchterung von und die Gewalt gegen Menschenrechtsaktivisten, Journalisten und politisch Andersdenkende, die ihre Meinung friedlich kundtun; fordert die Staatsorgane auf, Personen, die aus politischen Gründen in Haft sind, unverzüglich aus dem Gefängnis oder der Untersuchungshaft freizulassen;

4.      betont, dass die maledivischen Staatsorgane die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit gewährleisten und alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen müssen, um es Menschenrechtsaktivisten zu ermöglichen, frei und unabhängig zu agieren, und dass sie auch unvoreingenommene Untersuchungen sämtlicher mutmaßlicher Angriffe durchführen müssen;

5.      fordert die maledivische Regierung auf, in aller Dringlichkeit die Todesstrafe abzuschaffen oder zumindest das Moratorium für die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste Bestrafung, die es gibt, unabhängig davon, für welche Straftaten sie verhängt wird, wieder einzusetzen; ersucht die Malediven in diesem Zusammenhang, vorbehaltlos das zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zu ratifizieren; fordert die Staatsorgane außerdem nachdrücklich auf, unverzüglich ein Moratorium für körperliche Strafen zu erlassen mit dem Ziel, diese Strafen schließlich abzuschaffen;

6.      bekräftigt die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, welche das Recht umfasst, zu glauben oder nicht zu glauben, eine frei gewählte Religion auszuüben und die Religion zu wechseln; verurteilt jede Form von Diskriminierung und Intoleranz; fordert diesbezüglich die maledivischen Staatsorgane auf, Artikel 18 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte anzuwenden und jene Artikel des maledivischen Rechts, die diese Rechte beschränken, zu überarbeiten;

7.      fordert die Republik Malediven auf, dem Vertrag über den Waffenhandel beizutreten und ihn unverzüglich anzuwenden; weist die maledivischen Staatsorgane darauf hin, dass bei Gesetzen zum Kampf gegen Terrorismus in keiner Weise die Achtung der Menschenrechte und des Völkerrechts unberücksichtigt bleiben darf; weist in umfassenderem Sinne darauf hin, dass auf der ganzen Welt Muslime sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinn die ersten Opfer sind, wenn Terroristen Gewalttaten begehen und religiöser Fundamentalismus entsteht;

8.      ist besorgt über das Klima der Angst und der politischen Spannungen, das auf den Malediven im Entstehen begriffen ist; fordert die maledivischen Staatsorgane im Hinblick auf die Wahl im Jahr 2018 auf, den Empfehlungen im Bericht der Wahlbeobachtungsmission der Europäischen Union Rechnung zu tragen, vor allem in Bezug auf die Klärung der Befugnisse des Wahlausschusses, die Achtung des Wahlgeheimnisses, das Vorgehen gegen Günstlingswirtschaft und transparente Finanzierungen, um eine Auseinandersetzung zu gewährleisten, die so fair wie möglich ist;

9.      beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie der Regierung und dem Parlament der Republik Malediven zu übermitteln.