Entschließungsantrag - B8-0584/2018Entschließungsantrag
B8-0584/2018

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu Interessenkonflikten und dem Schutz des Unionshaushalts in der Tschechischen Republik

11.12.2018 - (2018/2975(RSP))

eingereicht im Anschluss an Erklärungen des Europäischen Rates und der Kommission
gemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Dennis de Jong im Namen der GUE/NGL-Fraktion

Verfahren : 2018/2975(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B8-0584/2018
Eingereichte Texte :
B8-0584/2018
Angenommene Texte :

B8-0584/2018

Entschließung des Europäischen Parlaments zu Interessenkonflikten und dem Schutz des Unionshaushalts in der Tschechischen Republik

(2018/2975(RSP))

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 2018/1046[1] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union (nachstehend „Haushaltsordnung“), insbesondere auf Artikel 61,

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006[2] des Rates,

–  unter Hinweis auf die von Transparency International Tschechische Republik im September 2018 eingereichte Beschwerde über einen möglichen Verstoß gegen die neue Haushaltsordnung durch den tschechischen Ministerpräsidenten Andrej Babiš, dem ein Interessenkonflikt vorgeworfen wird,

–  unter Hinweis auf die Stellungnahme des Juristischen Dienstes der Kommission vom 19. November 2018 zum Interessenkonflikt von Andrej Babiš im Zusammenhang mit dem Konzern Agrofert,

–  unter Hinweis auf das tschechische Gesetz Nr. 159/2006 vom 16. März 2006 über Interessenkonflikte, dessen Artikel 4 Buchstabe c im September 2017 in Kraft getreten ist,

–  unter Hinweis auf den Beschluss der Koordinatoren des CONT-Ausschusses, die Frage des möglichen Interessenkonflikts von Andrej Babiš im Rahmen der Entlastung anzusprechen,

–  gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die Haushaltsordnung 2018 und der neue Artikel 61 am 2. August 2018 in Kraft getreten sind;

B.  in der Erwägung, dass Artikel 61 in die Definition des Interessenkonflikts alle anderen Gründe, die auf „direkten oder indirekten persönlichen Interessen“ beruhen, einbezieht und alle Finanzakteure und sonstigen Personen, einschließlich nationaler Behörden auf allen Ebenen, die am Haushaltsvollzug durch direkte, indirekte oder geteilte Mittelverwaltung, umfasst;

C.  in der Erwägung, dass die Kommission die Pflicht hat, die Konformität der nationalen Systeme mit den EU-Anforderungen zu überwachen und geeignete Maßnahmen zum Schutz des Unionshaushalts zu ergreifen, einschließlich einer Aussetzung von Zahlungen, sowie Finanzkorrekturen, wenn Verstöße gegen geltendes Recht festgestellt werden;

D.  in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten nach Artikel 63 der Haushaltsordnung Verwaltungs- und Kontrollsysteme einrichten müssen, mit denen gemäß Artikel 36 Absatz 3 Interessenkonflikte vermieden werden können;

E.  in der Erwägung, dass Andrej Babiš im Jahr 2017 seine Anteile an dem Unternehmen Agrofert und an der Agrofert-Gruppe auf zwei neu gegründete private Treuhandfonds übertragen hat, obwohl er offenbar der alleinige Treugeber und Begünstigte beider Trusts ist;

F.  in der Erwägung, dass die Agrofert-Gruppe an etwa 200 bis 300 anderen Unternehmen beteiligt ist, die im Jahr 2017 bis zu 82 Mio. EUR an Mitteln aus den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) erhalten haben;

G.  in der Erwägung, dass es in erster Linie Aufgabe der nationalen Behörden ist, die erforderlichen Schritte zu unternehmen und sich zu verpflichten, geeignete Maßnahmen zur Bewältigung der Situation zu ergreifen;

H.  in der Erwägung, dass der Juristische Dienst der Kommission die Situation von Andrej Babiš in seiner Stellungnahme als Interessenkonflikt einstuft, da Beamte und Politiker nicht in den Genuss von EU-Mitteln kommen sollten, die sie letztendlich kontrollieren;

I.  in der Erwägung, dass sich die Stellungnahme auf mögliche Verstöße gegen die Haushaltsordnung 2018 in Bezug auf ESI-Fonds im Jahr 2018 konzentriert; in der Erwägung, dass die Möglichkeit offengelassen wird, dass der Interessenkonflikt auf das Jahr 2013 zurückgeht und auch andere EU-Mittel umfasst;

J.  in der Erwägung, dass nach Artikel 4 Buchstabe c des tschechischen Gesetzes Nr. 159/2006 über Interessenkonflikte die Gewährung einer Finanzhilfe an ein Unternehmen, an dem ein Amtsträger oder ein Unternehmen, das dieser kontrolliert, mindestens 25 % der Anteile hält, verboten ist;

K.  in der Erwägung, dass gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c des oben genannten Rechtsakts der Begriff des Amtsträgers auch Regierungsmitglieder umfasst;

1.  fordert die tschechische Regierung auf, die notwendigen Untersuchungen abzuschließen, um die Umsetzung des tschechischen Gesetzes Nr. 159/2006 über Interessenkonflikte in Bezug auf den konkreten Fall des tschechischen Ministerpräsidenten und Agrofert zu bewerten;

2.  fordert die tschechische Regierung auf, nach Abschluss der Untersuchung alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Abhilfe zu schaffen;

3.  fordert die Kommission auf, dem Parlament unverzüglich ihre Antwort auf die Beschwerde von Transparency International vorzulegen[3];

4.  fordert insbesondere, dass die Kommission die Stellungnahme ihres Juristischen Dienstes zu diesem Fall vom 19. November 2018 betreffend die Auswirkungen von Artikel 61 der neuen Haushaltsordnung (Interessenkonflikte) auf Zahlungen aus den ESI-Fonds veröffentlicht;

5.  fordert die Kommission auf, dem Parlament das Schreiben vorzulegen, das, wie Kommissionsmitglied Oettinger am 3. Dezember 2018 in seiner Rede vor dem Haushaltskontrollausschuss des Parlaments mitteilte, an die tschechische Regierung übermittelt wurde;

6.  fordert die Kommission auf, das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) zu ersuchen, diesen Fall zu prüfen und eigene Untersuchungen in dieser Angelegenheit einzuleiten;

7.  fordert die Kommission auf, dem Parlament vor Ende Januar 2019 einen detaillierten Bericht über den Stand der Dinge in dieser Sache vorzulegen;

8.  bedauert erneut, dass der länderbezogene Bericht in den zweiten Bericht der Kommission über die Korruptionsbekämpfung in der EU (ARES (2017)455202) nicht mehr aufgenommen wurde; fordert die Kommission auf, in Zukunft wieder gesondert vom Europäischen Semester über die Lage der Korruption in den Mitgliedstaaten Bericht zu erstatten und dabei auch die Wirksamkeit der von der EU unterstützten Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung zu bewerten; fordert die Kommission erneut auf, Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung nicht nur anhand wirtschaftlicher Einbußen zu bewerten;

9.  fordert die Kommission auf, die in der Tschechischen Republik eingerichteten Kontrollsysteme zu bewerten, um festzustellen, ob sie mit den Artikeln 36 und 63 der Haushaltsordnung übereinstimmen;

10.  erinnert daran, dass dieses Thema weiterverfolgt werden muss, insbesondere in seiner Entschließung zur Entlastung der Kommission;

11.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Rat, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Präsidenten der Tschechischen Republik zu übermitteln.

 

Letzte Aktualisierung: 12. Dezember 2018
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