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Verfahren : 2014/2206(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A8-0161/2015

Eingereichte Texte :

A8-0161/2015

Aussprachen :

PV 08/06/2015 - 14
CRE 08/06/2015 - 14

Abstimmungen :

PV 09/06/2015 - 4.3
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P8_TA(2015)0219

Angenommene Texte
PDF 205kWORD 92k
Dienstag, 9. Juni 2015 - Straßburg
Immaterialgüterrechte in Drittländern
P8_TA(2015)0219A8-0161/2015

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juni 2015 zu einer Strategie zum Schutz und zur Durchsetzung von Immaterialgüterrechten in Drittländern (2014/2206(INI))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss vom 1. Juli 2014 „Handel, Wachstum und geistiges Eigentum – Eine Strategie zum Schutz und zur Durchsetzung von Immaterialgüterrechten in Drittländern“ (COM(2014)0389),

–  unter Hinweis auf die Strategie der Kommission für die Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum in Drittländern(1) und die unabhängige Bewertung dieser Strategie vom November 2010,

–  unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 11 Absatz 1 und Artikel 17 Absatz 2,

–  unter Hinweis auf die Strategie Europa 2020 (COM(2010)2020),

–  unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 21. März 2014,

–  unter Hinweis auf den Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) „The economic impact of counterfeiting and piracy“ (Die wirtschaftlichen Auswirkungen von Nachahmungen und Piraterie) aus dem Jahr 2008 in der aktualisierten Fassung des Jahres 2009,

–  unter Hinweis auf den Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) „Piracy of digital content“ (Piraterie digitaler Inhalte) aus dem Jahr 2009,

–  unter Hinweis auf die gemeinsame Studie des Europäischen Patentamts und des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (EPA/HABM) aus dem Jahr 2013 „Intellectual property rights intensive industries: contribution to economic performance and employment in the European Union“ (Beitrag schutzrechtsintensiver Wirtschaftszweige zur Wirtschaftsleistung und Beschäftigung in der Europäischen Union),

–  unter Hinweis auf das Arbeitspapier der OECD zur Handelspolitik aus dem Jahr 2010 „Policy Complements to the Strengthening of IPRS in Developing Countries“ (Beiträge der Politik zur Stärkung der Rechte des geistigen Eigentums in Entwicklungsländern),

–  unter Hinweis auf die Studie der Welthandelsorganisation, der Weltorganisation für geistiges Eigentum und der Weltgesundheitsorganisation aus dem Jahr 2013 „Promoting Access to Medical Technologies and Innovation“ (Bereitstellung eines Zugangs zu medizinischen Technologien und Innovationen),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 3286/94 des Rates vom 22. Dezember 1994 zur Festlegung der Verfahren der Gemeinschaft im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik zur Ausübung der Rechte der Gemeinschaft nach internationalen Handelsregeln, insbesondere den im Rahmen der Welthandelsorganisation vereinbarten Regeln(2) (Handelshemmnisseverordnung),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums(3),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 816/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Zwangslizenzen für Patente an der Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen für die Ausfuhr in Länder mit Problemen im Bereich der öffentlichen Gesundheit(4),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 953/2003 des Rates vom 26. Mai 2003 zur Vermeidung von Handelsumlenkungen bei bestimmten grundlegenden Arzneimitteln in die Europäische Union(5),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union(6),

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 608/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 zur Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 des Rates(7),

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) und die Erklärung von Doha über das TRIPS-Übereinkommen und die öffentliche Gesundheit, die am 14. November 2001 von der Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation angenommen wurde,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Juli 2007 zum TRIPS-Übereinkommen und dem Zugang zu Arzneimitteln(8),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Dezember 2008 zu den Auswirkungen von Produktfälschung auf den internationalen Handel(9),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 22. September 2010 über die Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums im Binnenmarkt(10),

–  unter Hinweis auf den Bericht der Kommission vom 31. Juli 2014 über die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums durch die Zollbehörden – Ergebnisse an den Außengrenzen der EU 2013(11),

–  unter Hinweis auf die Entschließung des Rates zum EU-Aktionsplan im Zollbereich zur Bekämpfung von Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums für den Zeitraum 2013-2017(12),

–  unter Hinweis auf die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 10. Dezember 2014,

–  gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für internationalen Handel (A8-0161/2015),

A.  in der Erwägung, dass sich die Wettbewerbsfähigkeit der EU bisher auf Kreativität und Innovation gegründet hat, was in zunehmendem Maße auch für die Zukunft gilt, und in der Erwägung, dass „intelligentes Wachstum“ – die Entwicklung einer auf Wissen und Innovation gestützten Wirtschaft – eine der drei Prioritäten der Strategie Europa 2020 bildet;

B.  in der Erwägung, dass die Immaterialgüterrechte (IPR) zur Entwicklung von Innovation und Kreativität beitragen, dass ihr Schutz von wesentlicher Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit Europas ist und dass die Union daher gegenüber ihren Handelspartnern eine ehrgeizigere Strategie auf dem Gebiet des Schutzes der Immaterialgüterrechte verfolgen muss;

C.  in der Erwägung, dass es von grundlegender Bedeutung ist, die Stärkung der Verknüpfungen zwischen Bildung, Wirtschaft, Forschung und Innovation und geistigem Eigentum zu fördern; in der Erwägung, dass die Verfahren zur Bekämpfung von IPR-Verletzungen kostspielig und zeitaufwendig sind, insbesondere für KMU, einschließlich natürlicher Personen als Rechteinhaber;

D.  in der Erwägung, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten als Mitglieder der Welthandelsorganisation an das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte des geistigen Eigentums (TRIPS) gebunden und damit zum Erlass und zur Durchführung von Mindeststandards wirksamer Maßnahmen zur Bekämpfung sämtlicher Verletzungen der IPR verpflichtet sind;

E.  in der Erwägung, dass die IPR-Debatte auf der Grundlage einer qualifizierten Reflexion der bisherigen Erfahrungen und künftiger Technologietrends geführt werden sollte, wobei gegebenenfalls die Kohärenz zwischen internen und externen Aspekten gewahrt und zwischen physischem und digitalem Umfeld unterschieden werden sollte, die Anliegen aller Akteure einschließlich der KMU und der Verbraucherverbände zu berücksichtigen sind und eine vollständige Transparenz der Interessen und eine ausreichende Legitimität bei den Bemühungen um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen allen Interessen angestrebt werden sollte;

F.  in der Erwägung, dass Nachahmungen nicht mehr nur auf Luxuserzeugnisse beschränkt sind, sondern auch gängige Waren wie Spielzeugartikel, Arzneimittel, Kosmetika und Lebensmittel betreffen, die, wenn sie nachgeahmt werden, zu Verletzungen führen oder schwerwiegende gesundheitliche Risiken für die Verbraucher darstellen können;

G.  in der Erwägung, dass die Zollbehörden in der EU im Jahr 2013 ca. 36 Millionen Artikel beschlagnahmt haben, bei denen der Verdacht auf eine Verletzung der Immaterialgüterrechte bestand, und dass der Wert dieser sichergestellten Waren über 760 Mio. EUR betrug;

H.  in der Erwägung, dass 72 % aller Beschlagnahmen des Jahres 2013 Kleinsendungen betrafen; in der Erwägung, dass die Arzneimittel im vierten Jahr in Folge mit einem Anteil von 19 % an diesen Beschlagnahmen und einem Anteil von 10 % an allen Beschlagnahmen an der Spitze lagen;

I.  in der Erwägung, dass die IPR-Verletzungen bekämpft werden müssen, um das Risiko, das sie für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher und für die Umwelt darstellen können, zu verringern, die Wertschöpfung in der EU und in Drittländern zu schützen, wirtschaftliche und soziale Folgen von den Unternehmen und Produktentwicklern der EU abzuwenden und Risiken für die kulturelle Vielfalt in Europa und in Drittländern abzuwehren; in der Erwägung, dass der Bekämpfung der organisierten Kriminalität, die vom Handel mit nachgeahmten und unerlaubt hergestellten Waren profitiert, besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss;

J.  in der Erwägung, dass ein umfassender Rechtsrahmen für IPR mit einer wirksamen Durchsetzung verbunden werden sollte, gegebenenfalls unter Verweis auf Durchsetzungsmaßnahmen und Sanktionen, wobei dafür zu sorgen ist, dass die Maßnahmen zur Durchsetzung der IPR den rechtmäßigen Handel nicht ungebührlich belasten;

K.  in der Erwägung, dass sich der Schutz des geistigen Eigentums in erster Linie durch eine ordnungsgemäße Anwendung der bestehenden Rechtsvorschriften und Einhaltung der internationalen Verpflichtungen einschließlich der Bestimmungen über Sanktionen auszeichnet;

Allgemeine Bemerkungen

1.  begrüßt den von der Kommission verfolgen Ansatz, insbesondere was die Forderung nach einem Ausgleich der divergierenden Interessen betrifft;

2.  ist der Ansicht, dass die Debatte über einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Rechteinhaber und den Interessen der Endnutzer vielschichtig und komplex ist, wobei alle Seiten wirtschaftliche Interessen haben; ist der Ansicht, dass die Kommission prüfen sollte, wie eine sachlich fundierte und transparente öffentliche Debatte über Schutz und Durchsetzung des geistigen Eigentums geführt werden kann und was dies für die Verbraucher bedeutet; ist der Auffassung, dass die Forderung nach einer verstärkten Beteiligung der Interessenträger an der Debatte über die IPR von Maßnahmen zur Gewährleistung von Transparenz und Legitimität für alle Teilnehmer begleitet sein muss; ist der Ansicht, dass es keine Bewertung der Mitteilung gibt, die sowohl die Strategie von 2004 für die Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum in Drittländern als auch die Ablehnung des Übereinkommens zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA) berücksichtigt;

3.  hebt hervor, dass nicht hinreichend klar ist, mit welchen Mitteln und mit welcher Methode die in der Mitteilung aufgeführten Ergebnisse erzielt werden könnten, insbesondere was die Frage betrifft, welche Ressourcen in Anspruch genommen werden und wo man sie hernehmen soll, auch angesichts der begrenzten Mittel, die zur Unterstützung der Rechteinhaber der EU, die in Drittländer exportieren oder sich dort niederlassen, bereitgestellt werden;

4.  ist der Ansicht, dass es keine klaren Angaben dazu gibt, wie die internen und externen Strategien zum Schutz der IPR koordiniert werden sollen, und betont die Bedeutung interner Verbesserungen in dieser Frage; erkennt an, dass die Abstimmung zwischen internen und externen politischen Maßnahmen der Notwendigkeit, eine maßgeschneiderte Vorgehensweise zu verfolgen, die den Fakten und Gegebenheiten des jeweiligen Drittlandsmarkts Rechnung trägt, keinen Abbruch tut;

5.  betont, dass der Schutz der IPR als ein erster – notwendiger, aber nicht ausreichender – Schritt verstanden werden sollte, um Zugang zum Markt eines Drittlands zu erlangen, und dass die Voraussetzung dafür, dass anerkannte IPR wirksam ausgeübt werden können, ein materiell-rechtlicher Schutz einschließlich einer wirksamen Durchsetzung und wirksamer Rechtsbehelfe in dem betreffenden Land ist;

6.  hebt hervor, dass der kommerzielle Charakter vieler IPR-Verletzungen sowie die wachsende Beteiligung der organisierten Kriminalität daran zu einem großen Problem geworden sind; bedauert, dass das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (Palermo-Konvention) noch nicht über ein Protokoll zur Bekämpfung von Nachahmungen verfügt, und fordert die Kommission und die Mitgliedsstaaten auf, ihre dahingehenden Bemühungen erheblich zu steigern;

7.  begrüßt und unterstützt das Ziel einer besseren Abstimmung zwischen Schutz und Durchsetzung der IPR und anderen Strategien sowie zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten bei der Erreichung dieses Ziels; ist der Ansicht, dass der Schutz der IPR und geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung von IPR-Verletzungen einen Beitrag zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität, Geldwäsche und Steuerhinterziehung und zur Entwicklung eines fairen, nachhaltigen, zukunftssicheren und innovationsfreundlichen digitalen Marktes leisten können;

8.  unterstützt die Kommission in ihren Bemühungen, ausgehend von ihren zweijährlichen Berichten über den Schutz und die Durchsetzung von IPR in Drittländern geografische Prioritäten festzulegen;

9.  ist der Ansicht, dass die Strategie dem Unterschied zwischen physischer Nachahmung von Handelsmarken und Patenten einerseits und Urheberrechtsverletzungen, vor allem im digitalen Umfeld, andererseits nicht hinreichend Rechnung trägt; weist darauf hin, dass mit der immer schnelleren Digitalisierung die Frage des Schutzes und der Durchsetzung der IPR weltweit an Bedeutung gewinnen wird;

10.  ist der Ansicht, dass die Strategie zwecks Sicherstellung der horizontalen Kohärenz besser an das digitale Umfeld angepasst werden und eine enge Zusammenarbeit mit den Zollbehörden und Marktaufsichtsbehörden vorsehen sollte;

11.  hebt hervor, dass geografische Angaben und ihr Schutz genauso wichtig wie andere Arten geistigen Eigentums sind, da sie die Rückverfolgbarkeit der Konsumgüter sicherstellen und das Know-how der Hersteller schützen;

12.  ist der Ansicht, dass die Kommission bei der Aushandlung von Freihandelsabkommen mit Drittländern und insbesondere bei den Verhandlungen über die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) sicherstellen muss, dass geografische Angaben anerkannt und wirksam geschützt werden;

13.  ist der Auffassung, dass das TRIPS-Übereinkommen gegebenenfalls ausgewogen und effektiv umgesetzt werden sollte und dass überall dort, wo sein Wortlaut Spielräume lässt, der Grundsatz der nichtdiskriminierenden Behandlung für alle Gebiete der Technik gemäß Artikel 27 Absatz 1 des Übereinkommens in vollem Umfang gewahrt werden sollte; ist der Auffassung, dass auch der Erklärung von Doha Rechnung getragen werden sollte, wobei darauf hinzuweisen ist, dass ein verstärkter Schutz und eine verstärkte Durchsetzung des geistigen Eigentums nicht nur den EU-Ländern zugute kommt, sondern auch den Entwicklungsländern hilft, die notwendigen internen Rahmenbedingungen zur Förderung und zum Schutz von Innovation und Forschung zu schaffen und weiterzuentwickeln, ein Aspekt, der im Zuge ihres Aufstiegs in den Wertschöpfungsketten des internationalen Handels zunehmend an Bedeutung gewinnt;

Durchsetzung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit

14.  unterstreicht die Notwendigkeit einer sachlich fundierten, ausgewogenen und transparenteren öffentlichen Debatte über die Durchsetzung unter Einbeziehung aller betroffenen Parteien und unter Ausgleich aller privaten und öffentlichen Interessen;

15.  ist sich bewusst, dass die Verbraucher für den wirtschaftlichen Schaden, die Beeinträchtigung von Innovation und Kreativität und die gelegentliche Gefährdung der Gesundheit und Sicherheit, die durch den Erwerb von Waren, die die IPR verletzen, oder durch den Zugang zu solchen Waren entstehen, sensibilisiert werden müssen; weist darauf hin, dass eine strengere Durchsetzung allein die bestehenden und künftigen Sorgen um Schutz und Durchsetzung des geistigen Eigentums nicht ausräumen wird, sondern eine Ergänzung zu einer verstärkten Sensibilisierung der Verbraucher darstellen sollte; hebt die Rolle der Wirtschaft in diesem Zusammenhang hervor;

16.  ist der Ansicht, dass es außer Frage steht, dass eine öffentliche Unterstützung für die Verteidigung der IPR erreicht werden muss; verweist in diesem Zusammenhang auf die Arbeit des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (HABM), die auch Kampagnen zur Sensibilisierung der Bürger für die Auswirkungen gewerbsmäßiger Schutzrechtsverletzungen umfasst;

Internet und IPR

17.  begrüßt die Vereinbarung, die am 4. Mai 2011 zwischen Rechteinhabern und Internet-Plattformen in dem gemeinsamen Bemühen um eine Verringerung der Verkäufe nachgeahmter Waren über E-Commerce-Plattformen unterzeichnet wurde; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich mit den Online-Plattformen in einem strukturierten Dialog darüber zu verständigen, wie Verkäufe nachgeahmter Waren am besten ermittelt und dagegen vorgegangen werden kann;

18.  stellt fest, dass sich das Problem der IPR-Verletzungen infolge der Digitalisierung und der zunehmenden Zahl digitaler Verkaufsplattformen, über die nachgeahmte Produkte ohne ein wirksames Mittel der Kontrolle weltweit verkauft und verbreitet werden, in den letzten Jahren extrem verschärft hat; fordert in diesem Zusammenhang, dass intensiver über wirksamere Instrumente zur Kontrolle von Online-Verkäufen physischer Produkte nachgedacht wird;

19.  ist der Ansicht, dass der Wortlaut der Strategie, was die Förderung eines zuverlässigen Schutzes geografischer Angaben im Internet betrifft, spezifischer gefasst werden müsste, um konkrete Ziele zu benennen;

20.  fordert die Kommission auf, mit der Zentralstelle für die Vergabe von Internet-Namen und -Adressen (ICANN) und der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) an der Einführung eines Schutzmechanismus für geografische Angaben im Internet zu arbeiten;

21.  ist der Ansicht, dass die Verantwortlichkeiten der zwischengeschalteten Stellen sorgfältig bewertet werden müssen; hätte in dieser Hinsicht eine ausgeklügeltere Strategie begrüßt, erkennt jedoch an, dass diese Frage ein gesondert zu behandelndes Thema darstellt;

Entwicklung und Schwellenländer

22.  fordert die Kommission auf, zur Schaffung eines Umfelds beizutragen, in dem sich die Interessen von Mitgliedstaaten und Drittländern decken und in dem ein beiderseitiges Interesse besteht, die Rahmenbedingungen für ein hohes Schutzniveau und wirksame Rechtsbehelfe zu schaffen, um die Lücken im IPR-Schutz zu schließen; weist darauf hin, dass sorgfältig zwischen den in den verschiedenen „Entwicklungsländern“ vorliegenden Gegebenheiten und den sich jeweils stellenden Handelsfragen zu differenzieren ist, wobei es die jeweilige spezifische Situation in Entwicklungsländern zu berücksichtigen gilt;

23.  begrüßt die Arbeit, die die Kommission im Zusammenhang mit der einzelfallbezogenen Unterstützung von Entwicklungsländern geleistet hat, die ihre IPR-Systeme verbessern wollen, und fordert die Kommission auf, diese Anstrengungen fortzusetzen und zu verstärken, indem sie je nach Entwicklungsgrad des jeweiligen Landes auch weiterhin eine angemessene technische Hilfe in Form von Sensibilisierungsprogrammen, Unterstützung bei der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften und Schulungen für Beamte anbietet;

Zugang zu Arzneimitteln

24.  schließt sich der Forderung nach einer breit angelegten Reaktion auf das komplexe und vielschichtige Problem des Zusammenhangs zwischen IPR und einem allgemeinen Zugang zu erschwinglichen Arzneimitteln an, und betont dabei die Bedeutung eines patientenorientierten IPR-Ansatzes im Arzneimittelsektor;

25.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, auch weiterhin die Förderung eines konstruktiven Dialogs über den Zugang zu Arzneimitteln unter Einbeziehung aller einschlägigen Akteure sicherzustellen und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie der Zugang zu Arzneimitteln für die Bevölkerungen der ärmsten Länder, die sich die besten derzeit verfügbaren Behandlungen nicht leisten können, verbessert werden kann;

26.  ist der Auffassung, dass die Interessen und die Wettbewerbsfähigkeit der pharmazeutischen Unternehmen der EU zwar geschützt werden müssen, indem ihre Innovationsfähigkeit erhalten wird – wobei zu berücksichtigen ist, dass einige Unternehmen der EU über Hilfsprogramme und gestaffelte Preisnachlässe Zugang zu Arzneimitteln gewähren – , die Arzneimittelpreise aber auch für die Menschen in dem Land, in dem sie verkauft werden, erschwinglich sein müssen, weshalb die Nutzung der im TRIPS-Übereinkommen vorgesehenen und in der Erklärung von Doha anerkannten Spielräume unbedingt unterstützt werden muss, während gleichzeitig den Marktverzerrungen Rechnung zu tragen ist, die durch den Weiterverkauf von Arzneimitteln in Drittländern entstehen; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich weiter darum zu bemühen, dass durch Maßnahmen an den Grenzen, mit denen die Einfuhr gefälschter Arzneimittel gestoppt werden soll, der Transit von Generika nicht beeinträchtigt wird;

27.  betont, dass die Unternehmen ermutigt werden sollten, in ihrem wettbewerbsbestimmten Umfeld besser zu kooperieren und mit den Behörden zusammenzuarbeiten, damit in den Mitgliedstaaten und in Drittländern ein besserer und umfassenderer Zugang zu Arzneimitteln gewährleistet werden kann; fordert die Kommission auf, die Unterstützung von innovativen Mechanismen wie etwa Patentgemeinschaften in Erwägung zu ziehen, um die Forschung zu fördern und gleichzeitig die Herstellung von Generika sicherzustellen;

28.  ist der Ansicht, dass sich die Union an der umfassenderen Debatte über eine weltweite Verbesserung der Gesundheitsfürsorge unter Einbeziehung von Strategien zur Stärkung der Gesundheitssysteme beteiligen sollte;

29.  fordert die Kommission auf, die frühzeitige Ausfuhr von in der EU hergestellten Generika und Biosimilars zu fördern, sobald sie in Drittländern nicht mehr patentgeschützt sind;

Verbesserung der Datenlage

30.  ist der Ansicht, dass einige der in der Mitteilung angeführten statistischen Daten mit Hilfe einer umstrittenen und bereits kritisierten Methode gewonnen wurden und dass die statistischen Daten verbessert werden müssen, um die derzeitige Situation, was die zentrale Rolle der IPR sowie ihres Schutzes und ihrer Durchsetzung für die Wirtschaft der EU betrifft, besser widerzuspiegeln, nicht nur um zu informieren und die aktuelle Politik zu verbessern, sondern um den Grundsatz der faktengestützten Politikgestaltung weiter zu unterstützen;

31.  teilt die Begründung der Kommission für die Errichtung der Europäischen Beobachtungsstelle für Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums, und fordert, dass ihr eigene Mittel zugewiesen werden;

32.  weist darauf hin, dass die Beobachtungsstelle von ihrer Zusammensetzung her breit ausgerichtet sein sollte und bereits bestehende Einrichtungen nicht duplizieren sollte;

33.  fordert die Kommission auf, darauf hinzuwirken, dass die Beobachtungsstelle ihre Unabhängigkeit behält, damit ihre Arbeit nicht durch reale oder empfundene Voreingenommenheiten untergraben wird;

EU-Gesetzgebung und Zusammenarbeit innerhalb der EU

34.  erkennt an, dass bessere, angemessen harmonisierte interne IPR-bezogene Strategien bei dem Bemühen um eine weltweite Verbesserung des Standards für den Schutz und die Durchsetzung der IPR hilfreich sein könnten;

35.  fordert die Kommission auf, mit den Mitgliedstaaten auf die Ratifizierung des WIPO-Markenrechtsvertrags, der Genfer Akte des Haager Abkommens und des Lissabonner Abkommens über den Schutz der Ursprungsbezeichnungen und ihre internationale Registrierung sowie anderer IPR-bezogener internationaler Abkommen hinzuwirken;

36.  fordert die Kommission auf, entsprechend dem Ergebnis der öffentlichen Konsultation zu ihrem Grünbuch „Bestmögliche Nutzung des traditionellen Wissens Europas“ (COM(2014)0469) weitere Maßnahmen im Hinblick auf eine mögliche Ausdehnung des Schutzes der geografischen Angaben der Union auf nichtlandwirtschaftliche Erzeugnisse zu ergreifen;

Schutz und Durchsetzung von IPR in Drittländern

37.  unterstützt die Verpflichtung der Kommission, der Förderung eines besseren IPR-Schutzes und dessen Durchsetzung in der WTO und anderen internationalen Foren Priorität einzuräumen und so neue Märkte für die europäische Exportwirtschaft zu erschließen bzw. bestehenden Marktzugang zu verbessern;

38.  nimmt zur Kenntnis, dass die Verleihung des Marktwirtschaftsstatus, was die handelspolitischen Schutzinstrumente betrifft, neben anderen Kriterien vom Schutz des geistigen Eigentums in dem betreffenden Land abhängig ist;

39.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die IPR in allen einschlägigen multilateralen Organisationen (WTO, Weltgesundheitsorganisation und Weltorganisation für geistiges Eigentum) besser zu verteidigen und darauf hinzuwirken, dass IPR-bezogene internationale Abkommen, die noch nicht Teil des WTO-Systems sind, wie z. B. der WIPO-Markenrechtsvertrag, der WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger, der WIPO-Urheberrechtsvertrag, die Genfer Akte des Haager Abkommens und das Lissabonner Abkommen über den Schutz der Ursprungsbezeichnungen und ihre internationale Registrierung, in das WTO-System aufgenommen werden;

40.  ist der Ansicht, dass bei Verhandlungen über bilaterale Freihandelsabkommen den Kapiteln über geistiges Eigentum gebührende Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte und dass die Verhandlungspartner anerkennen sollten, dass bei der unternehmerischen Freiheit die Achtung der IPR und die Einhaltung bestehender Rechtsrahmen mit zu berücksichtigen sind; begrüßt die Arbeit, die die Kommission bisher geleistet hat, um in bilaterale Freihandelsabkommen erfolgreich Kapitel über den Schutz und die Durchsetzung des geistigen Eigentums einzubeziehen;

41.  ist der Ansicht, dass die Ratifizierung der oben aufgeführten WIPO-Verträge, die in das WTO-System einzubeziehen sind, in die bilateralen Freihandelsabkommen aufgenommen werden sollte, die von der Union abgeschlossen werden;

42.  unterstützt den Ansatz der Kommission, Dialoge über geistiges Eigentum mit vorrangigen Ländern, mit denen es keine umfassenden Verhandlungen gibt, aufzunehmen und entsprechende Arbeitsgruppen einzusetzen, um konkrete Verpflichtungen in Bezug auf den Schutz und die Durchsetzung des geistigen Eigentums zu erreichen und auszubauen; betont, dass die IPR auf die Tagesordnung politischer Treffen auf höherer Ebene gesetzt werden müssen, wenn auf der Ebene der Dialoge über geistiges Eigentum und der agenturenübergreifenden Sitzungen keine Fortschritte erzielt werden;

43.  betont, dass die Zusammenarbeit zwischen der Union und anderen regionalen Blöcken auf dem Gebiet der IPR wann immer möglich verstärkt werden sollte;

44.  fordert die Kommission auf, bei einer Verletzung der Rechte der Wirtschaftsbeteiligten der Union, unter anderem aller IPR-Inhaber, regelmäßiger auf Streitbeilegungsmechanismen einschließlich des WTO-Streitbeilegungsgremiums zurückzugreifen;

45.  fordert die Kommission auf, Drittländer zur gegenseitigen Anerkennung des Rechts von Rechtssachverständigen für geistiges Eigentums auf Ausübung ihrer Tätigkeit zu bewegen;

46.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens innerhalb der Union und mit Drittländern im Hinblick auf die Beschlagnahme nachgeahmter Waren zu verstärken und die Zollverfahren zu vereinfachen;

47.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, auf dem Gebiet des Urheberrechts und der Lizenzvergabe enger mit Drittländern zusammenzuarbeiten;

48.  ist überzeugt, dass ein besserer Schutz der Immaterialgüterrechte und eine wirksame Anwendung der diesbezüglichen Rechtsvorschriften in Drittländern für Investoren aus der EU und anderen Regionen ein starker Anreiz wären, zu investieren, neue technologische Fähigkeiten gemeinsam zu nutzen und bestehende Technologien zu modernisieren;

Hilfe in Drittländern und geografischer Schwerpunkt

49.  stellt fest, dass einige Mitgliedstaaten innerhalb ihrer Delegationen in bestimmten wichtigen Ländern über „Attachés für geistiges Eigentum“ verfügen; ist der Auffassung, dass durch eine bessere Koordinierung und einen besseren Informationsaustausch der Mitgliedstaaten untereinander neue Möglichkeiten geschaffen werden könnten, um die gemeinsamen Ziele des Schutzes des geistigen Eigentums in Drittländern zu erreichen;

50.  ist der Ansicht, dass EU-Wirtschaftsbeteiligte und Verbraucher in Drittländern, in denen IPR-Verletzungen häufiger vorkommen, durch eine Ausweitung des IPR-Helpdesks besonders geschützt werden sollten;

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o   o

51.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. C 129 vom 26.5.2005, S. 3.
(2) ABl. L 349 vom 31.12.1994, S. 71.
(3) ABl. L 157 vom 30.4.2004, S. 45.
(4) ABl. L 157 vom 9.6.2006, S. 1.
(5) ABl. L 135 vom 3.6.2003, S. 5
(6) ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1.
(7) ABl. L 181 vom 29.6.2013, S. 15.
(8) ABl. C 175E vom 10.7.2008, S. 591.
(9) ABl. C 45 E vom 23.2.2010, S. 47.
(10) ABl. C 50E vom 21.2.2012, S. 48.
(11) http://ec.europa.eu/taxation_customs/resources/documents/customs/customs_controls/counterfeit_piracy/statistics/2014_ipr_statistics_en.pdf.
(12) ABl. C 80 vom 19.3.2013, S. 1.

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