Index 
 Zurück 
 Vor 
 Vollständiger Text 
Verfahren : 2016/2033(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A8-0307/2016

Eingereichte Texte :

A8-0307/2016

Aussprachen :

PV 23/11/2016 - 16
CRE 23/11/2016 - 16

Abstimmungen :

Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P8_TA(2016)0453

Angenommene Texte
PDF 370kWORD 59k
Donnerstag, 24. November 2016 - Straßburg
Wege zu einem endgültigen Mehrwertsteuersystem und zur Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug
P8_TA(2016)0453A8-0307/2016

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. November 2016 zu dem Thema „Wege zu einem endgültigen Mehrwertsteuersystem und zur Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug“ (2016/2033(INI))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf den am 7. April 2016 von der Kommission vorgelegten Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer (COM(2016)0148),

–   unter Hinweis auf den Sonderbericht Nr. 24/2015 des Europäischen Rechnungshofs vom 3. März 2016 mit dem Titel „Bekämpfung des innergemeinschaftlichen MwSt.-Betrugs: Weitere Maßnahmen sind erforderlich“,

–  unter Hinweis auf die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem,

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Oktober 2011 zu der Zukunft der Mehrwertsteuer(1),

–   unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Europäischen Union gerichtetem Betrug (COM(2012)0363),

–  unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (COM(2013)0534),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. März 2014 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft(2),

–  unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Verordnung betreffend die Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Eurojust) (COM(2013)0535),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 29. April 2015 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft(3),

–  gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Währung sowie die Stellungnahmen des Haushaltskontrollausschusses und des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A8‑0307/2016),

A.  in der Erwägung, dass mit dem am 1. Januar 1993 eingeführten Binnenmarkt die Grenzkontrollen im innergemeinschaftlichen Handel abgeschafft wurden, und in der Erwägung, dass das seit 1993 bestehende Mehrwertsteuersystem der Europäischen Union nach den Artikeln 402 bis 404 der geltenden Mehrwertsteuerrichtlinie eine Übergangsregelung ist und nur vorläufig gilt;

B.  in der Erwägung, dass der Rat gemäß Artikel 113 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) einstimmig geeignete Richtlinien zur Vervollständigung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und insbesondere zur allmählichen Einschränkung bzw. Aufhebung der von diesem System abweichenden Regelungen zu erlassen hat;

C.  in der Erwägung, dass die Kommission verpflichtet ist, dem Europäischen Parlament und dem Rat alle vier Jahre einen Bericht über das Funktionieren des bestehenden Mehrwertsteuersystems und insbesondere das Funktionieren der Übergangsregelung vorzulegen;

D.  in der Erwägung, dass die Mehrwertsteuer mit einem Aufkommen von fast einer Billion EUR im Jahr 2014 eine bedeutende und wachsende Einnahmequelle der Mitgliedstaaten ist und in die Eigenmittel der EU einfließt und dass sich die Gesamteinnahmen in der Kategorie der Mehrwertsteuer-Eigenmittel im Jahr 2014 auf 17,667 Mrd. EUR beliefen und 12,27 % der Gesamteinnahmen der EU ausmachten(4);

E.  in der Erwägung, dass beim jetzigen Mehrwertsteuersystem – insbesondere, wenn es von Großkonzernen auf grenzüberschreitende Transaktionen angewendet wird – die Gefahr besteht, dass betrogen wird, Steuervermeidungsstrategien angewandt werden, die Mehrwertsteuer insolvenzbedingt nicht erhoben wird oder Fehlkalkulationen durchgeführt werden; in der Erwägung, dass die geschätzte „Mehrwertsteuerlücke“ jährlich rund 170 Mrd. EUR beträgt und bessere digitale Technologien verfügbar werden, mit denen sich dieser Fehlbetrag senken lässt;

F.  in der Erwägung, dass laut einer Studie der Kommission(5) allein durch den sogenannten Karussellbetrug (Missing Trader Intra-Community fraud – innergemeinschaftlicher Missing-Trader-Betrug) ein Mehrwertsteuerausfall in Höhe von etwa 45–53 Mrd. EUR jährlich verursacht wird;

G.  in der Erwägung, dass in den Mitgliedstaaten der Erfolg im Kampf gegen Mehrwertsteuerbetrug und ‑vermeidung unterschiedlich groß ist, da die Spanne bei der „Mehrwertsteuerlücke“ Schätzungen zufolge je nach Staat von weniger als 5 % bis zu über 40 % reicht;

H.  in der Erwägung, dass laut Schätzungen von Europol den Mitgliedstaaten durch kriminelle Vereinigungen Mehrwertsteuerausfälle in Höhe von 40 bis 60 Mrd. EUR jährlich entstehen und dass 2 % dieser Vereinigungen in 80 % des Karussellbetrugs involviert sind;

I.  in der Erwägung, dass die Bezifferung der Steuerausfälle infolge grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrugs sehr schwierig ist, da nur zwei Mitgliedstaaten – das Vereinigte Königreich und Belgien – diesbezügliche Daten statistisch erfassen und verbreiten;

J.  in der Erwägung, dass mehrere Mitgliedstaaten unlängst drei von Eurojust und Europol koordinierte erfolgreiche und aufeinanderfolgende Operationen unter dem Namen Vertigo durchgeführt haben, in deren Rahmen ein Karussellbetrugssystem, bei dem der verursachte Schaden auf insgesamt 320 Mio. EUR beziffert wird, aufgedeckt wurde;

K.  in der Erwägung, dass das bestehende Mehrwertsteuersystem insbesondere im grenzüberschreitenden Verkehr hohe Bürokratiekosten verursacht, die speziell für kleine und mittlere Unternehmen unter anderem durch Vereinfachungsmaßnahmen mit digitalen Meldesystemen und gemeinsamen Datenbanken deutlich gesenkt werden könnten;

L.  in der Erwägung, dass es viel Spielraum für Verbesserungen beim Abbau verwaltungstechnischer und steuerlicher Hindernisse gibt, durch die besonders Projekte der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit beeinträchtigt werden;

M.  in der Erwägung, dass die Mehrwertsteuer eine Verbrauchsteuer ist, die auf dem Grundsatz der fraktionierten Zahlung mit möglicher Selbstkontrolle durch die Steuerpflichtigen beruht, aber nur zulasten der Endverbraucher gehen sollte, damit sie für die Unternehmen kostenneutral ist; in der Erwägung, dass es den Mitgliedstaaten obliegt, die Mehrwertsteuer in der Praxis tatsächlich bei den Endverbrauchern zu erheben;

N.  in der Erwägung, dass 23 Jahre nach Einführung der Mehrwertsteuerrichtlinie die sogenannten Stillhalte-Ausnahmeregelungen insbesondere im Hinblick auf die heutige digitale Wirtschaft nicht mehr zeitgemäß sind;

O.  in der Erwägung, dass die Kommission in den vergangenen beiden Jahrzehnten mehr als 40 Vertragsverletzungsverfahren gegen mehr als zwei Drittel der Mitgliedstaaten eröffnet hat, weil sie gegen Vorschriften der Richtlinie verstoßen haben;

P.  in der Erwägung, dass für die Forderung nach einem endgültigen Mehrwertsteuersystem nach dem Ursprungslandprinzip keine Mehrheiten zu erreichen sind, da dann eine stärkere Harmonisierung der Steuersätze notwendig wäre, um massive Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern;

Q.  in der Erwägung, dass es sich bei der Bekämpfung von Steuerbetrug um eine der größten steuerpolitischen Herausforderungen handelt, vor denen die Mitgliedstaaten stehen;

R.  in der Erwägung, dass es sich bei Mehrwertsteuerbetrug um eine äußerst schädliche Praxis handelt, durch die die Mitgliedstaaten einen erheblichen Teil ihrer Einnahmen einbüßen und ihre Haushaltskonsolidierungsbemühungen beeinträchtigt werden;

S.  in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten und die Steuerzahler in der EU durch grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug Jahr für Jahr Einnahmeeinbußen in Höhe von fast 50 Mrd. EU erleiden;

T.  in der Erwägung, dass es viele Arten des Mehrwertsteuerbetrugs gibt, die ständig weiterentwickelt werden und viele Wirtschaftsbereiche betreffen, weshalb es einer zügigen Anpassung der einschlägigen Rechtsvorschriften mit dem Ziel bedarf, zu einem dauerhaften und einfachen Mehrwertsteuersystem zu gelangen, mit dem sich Betrug und potenzielle Steuereinnahmeverluste verhindern lassen;

U.  in der Erwägung, dass durch Pilotprojekte zum Reverse-Charge-Verfahren keine Verzögerungen bei der Einführung eines endgültigen Mehrwertsteuersystems, so wie es im Fahrplan zum Aktionsplan der Kommission vorgesehen ist, verursacht oder bewirkt werden dürfen;

V.  in der Erwägung, dass zwecks Mehrwertsteuerbetrug am häufigsten auf sogenannte Karussellgeschäfte zurückgegriffen wird; in der Erwägung, dass diese Art des Betrugs im Handel mit elektronischen Bauteilen, in der Mobilfunkbranche und in der Textilbranche sehr gängig ist und darin besteht, Waren zwischen mehreren Unternehmen, die in unterschiedlichen Mitgliedstaaten ansässig sind, „zirkulieren“ zu lassen und dabei die Tatsache auszunutzen, dass auf innergemeinschaftliche Warenlieferungen keine Steuer erhoben wird;

W.  in der Erwägung, dass es dringend einer verstärkten und dauerhaften Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bedarf, in deren Rahmen umfassende und ganzheitliche Betrugsbekämpfungsstrategien entwickelt werden, vor allem in Anbetracht der derzeitigen Haushaltszwänge in der EU und der Zunahme des elektronischen Handels und des Internethandels, durch die die territoriale Kontrolle über die Mehrwertsteuererhebung schwächer geworden ist;

X.  in der Erwägung, dass der Schutz der finanziellen Interessen der Union und der Mitgliedstaaten ein wichtiger Punkt auf der politischen Agenda der Union ist, mit dem das Vertrauen der Bürger gestärkt und vergrößert sowie dafür Sorge getragen wird, dass deren Geld ordnungsgemäß verwendet wird;

Y.  in der Erwägung, dass Mehrwertsteuerbetrug dazu führt, dass die Mitgliedstaaten und mithin auch die EU Einnahmeverluste erleiden und die steuerlichen Rahmenbedingungen verzerrt werden, was kleinen und mittleren Unternehmen besonderen Schaden bereitet, und dass Mehrwertsteuerbetrug von kriminellen Vereinigungen betrieben wird, indem sie die Gesetzeslücken ausnutzen, die zwischen den Mitgliedstaaten und ihren zuständigen Aufsichtsbehörden bestehen;

Z.  in der Erwägung, dass der Europäische Rechnungshof in seinem Sonderbericht Nr. 24/2015 zu dem Schluss kam, dass Mehrwertsteuerbetrug in erster Linie als kriminelle Praxis eingestuft wird, der ein Ende gesetzt werden muss;

AA.  in der Erwägung, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in der Rechtssache C‑105/14, Taricco und andere, feststellte, dass der Begriff „Betrug“ in Artikel 1 des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften so definiert wird, dass er auch Mehrwertsteuereinnahmen umfasst;

1.  begrüßt die Absicht der Kommission, bis 2017 ein endgültiges Mehrwertsteuersystem vorzuschlagen, das einfach, gerecht, robust, effizient und weniger betrugsanfällig ist;

2.  betont, dass ein einfaches Mehrwertsteuersystem, in dem weniger Ausnahmen erforderlich sind, für das ordnungsgemäße Funktionieren des digitalen Binnenmarkts notwendig ist;

3.  ist der Ansicht, dass das wissenschaftliche Gutachten, das den Vorschlägen der Kommission für das Aktionsprogramm zugrunde liegt, eine Reihe wertvoller Empfehlungen enthält; betont, dass die Liste der Vorschläge der Kommission für ein robustes, einfaches und weniger betrugsanfälliges Mehrwertsteuersystem keine vollständige Liste ist;

4.  begrüßt die aktuelle Mitteilung der Kommission vom 7. April 2016 und die Absicht, weitere Vorkehrungen gegen Betrug zu treffen und die Verbesserung des bestehenden Mehrwertsteuersystems voranzutreiben;

5.  hält es zugleich für wichtig, das bestehende System zu verbessern, und fordert grundlegende Reformen, mit denen die Probleme des bestehenden Systems beseitigt oder zumindest deutlich reduziert werden, insbesondere was das Problem der Mehrwertsteuererhebung in der EU betrifft;

6.  ist der Ansicht, dass die Kommission alle möglichen Optionen gleichermaßen und ergebnisoffen prüfen und in das Legislativverfahren einbringen sollte;

7.  stellt fest, dass es gemeinsamer Anstrengungen der Mitgliedstaaten bedarf, sich auf ein endgültiges Mehrwertsteuersystem zu einigen;

8.  stellt fest, dass Einstimmigkeit eine Vorbedingung für eine Einigung über ein besser funktionierendes Mehrwertsteuersystem ist, und fordert daher eine klare Strategie für mehr Einfachheit und weniger Ausnahmen im Rahmen eines pragmatischen Ansatzes, bei dem den Interessen der sich schnell entwickelnden digitalen Wirtschaft Rechnung getragen wird;

9.  erachtet es als wesentlich, dass die Mitgliedstaaten eine koordinierte Steuerpolitik betreiben und schneller und häufiger Informationen über den innergemeinschaftlichen Handel austauschen, um Steuerhinterziehung und Steuervermeidung wirkungsvoller zu bekämpfen und die bestehende „Mehrwertsteuerlücke“ endlich zu schließen;

10.  bestärkt die Kommission und die staatlichen Stellen darin, neue Technologien, z. B. die Technologie der dezentralen Transaktionsnetzwerke (Distributed Ledger Technology) und die Echtzeitüberwachung, als Teil einer RegTech-Agenda in Betracht zu ziehen und zu testen, um die derzeit beachtlich große „Mehrwertsteuerlücke“ in der Union erheblich zu verkleinern;

11.  betont, dass die Steuerverwaltungen der einzelnen Mitgliedstaaten sicherstellen müssen, dass die Mehrwertsteuer einfach und KMU-freundlich entrichtet werden kann, was durch eine verstärkte Zusammenarbeit der nationalen Behörden unterstützt werden kann;

12.  ist der Ansicht, dass die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch zwischen den Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten in der Vergangenheit unzureichend waren und auch die Tätigkeiten des Netzes Eurofisc bisher nicht zu zufriedenstellenden Ergebnissen geführt haben; ist der Ansicht, dass der Datenaustausch über Eurofisc stärker auf die Aufdeckung betrügerischer Aktivitäten ausgerichtet werden sollte; begrüßt den anstehenden Vorschlag der Kommission zur Verbesserung der Funktionsweise von Eurofisc;

13.  weist darauf hin, dass sich das Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem (MIAS) als hilfreiches Instrument im Kampf gegen Betrug erwiesen hat, da die Steuerverwaltungen über dieses System händlerbezogene Daten länderübergreifend abstimmen können, jedoch nach wie vor Defizite bei der Anwendung bestehen, insbesondere was die Aktualität der Informationen, die Schnelligkeit bei der Beantwortung von Anfragen und die Reaktionsgeschwindigkeit bei gemeldeten Fehlern anbelangt; empfiehlt daher, dass die Mitgliedstaaten der Behebung dieser Missstände gebührende Aufmerksamkeit widmen;

14.  stellt fest, dass die von den nationalen Behörden an Eurofisc weitergeleiteten Daten nicht so gefiltert werden, dass ausschließlich Verdachtsfälle übermittelt werden, wodurch das optimale Funktionieren des Netzes verhindert wird; befürwortet die Initiative einiger Mitgliedstaaten zur Einrichtung nationaler Risikoanalysewerkzeuge, mit denen Daten gefahrlos so gefiltert werden können, dass in keinem Mitgliedstaat Verdachtsfälle außer Acht gelassen werden, und dank deren Eurofisc zügig auf grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug reagieren kann;

15.  betont, dass die Steuerverwaltungen der einzelnen Mitgliedstaaten sicherstellen müssen, dass die Mehrwertsteuer ordnungsgemäß und unkompliziert entrichtet wird;

16.  weist erneut darauf hin, dass die Mitgliedstaaten – um die Mehrwertsteuer in ihrem Hoheitsgebiet einziehen zu können – in hohem Maße auf die Informationen anderer Mitgliedstaaten über den innergemeinschaftlichen Handel angewiesen sind; fordert, dass die zuständigen Stellen insbesondere die Mehrwertsteuer- und Zolldaten automatisch untereinander austauschen und vergleichen und zuverlässige und benutzerfreundliche Möglichkeiten im Bereich der Informationstechnologie, z. B. einheitliche elektronische Formulare, nutzen, um grenzüberschreitende Lieferungen von Waren und Dienstleistungen an die Endverbraucher zu erfassen; ist der Ansicht, dass die Verwendung von Mehrwertsteuer-Lokationsnummern (VLN) eine sinnvolle Maßnahme sein könnte, bei der Kunden keine Vorsteuer abziehen dürfen, wenn die Mehrwertsteuer auf einer Rechnung ohne gültige VLN ausgewiesen wird;

17.  vertritt die Auffassung, dass der Mangel an vergleichbaren Daten und einschlägigen aussagekräftigen Kennzahlen zur Bewertung der Leistung der Mitgliedstaaten die Wirksamkeit des EU-Systems zur Bekämpfung des innergemeinschaftlichen Mehrwertsteuerbetrugs beeinträchtigt, und fordert daher die Steuerverwaltungen auf, in Abstimmung mit der Kommission ein gemeinsames System einzurichten, mit dem sich das Ausmaß dieses Betrugs abschätzen lässt, und anschließend Ziele für dessen Eindämmung zu setzen, da auf dieser Grundlage der Erfolg der Mitgliedstaaten bei der Bewältigung dieses Problems bewertet werden könnte;

18.  fordert die Mitgliedstaaten auf, den Informationsaustausch mit Justiz- und Rechtsdurchsetzungsbehörden wie Europol und dem OLAF gemäß der Empfehlung des Rechnungshofs zu fördern;

19.  weist darauf hin, dass das Zollverfahren 42, nach dem eine Mehrwertsteuerbefreiung gewährt wird, wenn in einen Mitgliedstaat eingeführte Waren anschließend in einen anderen Mitgliedstaat befördert werden, offensichtlich anfällig für betrügerischen Missbrauch ist; stellt fest, dass wirksame Überkreuzprüfungen der im Besitz der Steuerverwaltungen befindlichen Daten entscheidend dazu beitragen, diese Art des Betrugs aufzudecken und auszumerzen; fordert daher die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, im Einklang mit den Empfehlungen des Rechnungshofs Maßnahmen zu ergreifen, um den Informationsfluss zwischen den Steuerverwaltungen und Zollbehörden hinsichtlich der Einfuhren gemäß Zollverfahren 42 zu fördern;

20.  unterstützt das Ziel des Aktionsplans, einen einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum einzuführen, der eine Stütze für einen vertieften und faireren Binnenmarkt sein und zur Förderung von Steuergerechtigkeit, nachhaltigem Verbrauch, Beschäftigung, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit beitragen soll und mit dem zugleich die Möglichkeiten zum Mehrwertsteuerbetrug eingeschränkt werden sollen;

21.  fordert in diesem Zusammenhang, dass Dienstleistungen so bald wie möglich vollständig in das neue System eingegliedert werden, und fordert insbesondere, dass Finanzdienstleistungen der Mehrwertsteuer unterliegen;

22.  teilt die Ansicht der Kommission, dass das endgültige Mehrwertsteuersystem auf dem Prinzip der Besteuerung im Bestimmungsland der Waren und Dienstleistungen beruhen soll, da die Durchsetzung des Ursprungslandprinzips nicht möglich war;

23.  befürwortet die allgemeine Anwendung des Bestimmungslandprinzips bei Fernverkäufen an Privatpersonen und die Einführung harmonisierter Maßnahmen zugunsten von Kleinunternehmen;

24.  fordert, bei der Einführung eines endgültigen Mehrwertsteuersystems den technologischen Fortschritt in der digitalen Welt in die bestehenden Besteuerungsmodelle einzubauen, damit es sich auch für das 21. Jahrhundert eignet;

25.  stellt fest, dass das momentane Nebeneinander vieler unterschiedlicher Mehrwertsteuersätze große Unsicherheiten für Unternehmen, die grenzüberschreitend handeln, mit sich bringt, insbesondere in der Dienstleistungsbranche und für KMU; stellt fest, dass diese Unsicherheiten auch durch die Frage nach der Zuständigkeit für die Mehrwertsteuererhebung, Belege für innergemeinschaftliche Lieferungen, das Risiko, in Karussellbetrug verwickelt zu sein, Liquiditätsprobleme und unterschiedliche Mehrwertsteuersätze für unterschiedliche Produktkategorien innerhalb desselben Landes bedingt sind; fordert die Kommission daher auf, bis Mitte 2017 zu untersuchen, wie sich Karussellbetrug auswirkt; fordert die Mitgliedstaaten auf, sich auf eine stärkere Konvergenz der Mehrwertsteuersätze zu einigen;

26.  fordert die Kommission auf, eine Abschätzung der Folgen einer ausbleibenden Harmonisierung der Steuersätze auf Unionsebene, insbesondere bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten, durchzuführen und Möglichkeiten zur Beseitigung der diesbezüglichen Hindernisse zu prüfen;

27.  unterstützt die von der Kommission vorgeschlagene Option, das vom Rat zu billigende Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen, auf die ermäßigte Steuersätze angewandt werden können, regelmäßig zu überprüfen; fordert, dass im Zusammenhang mit diesem Verzeichnis politischen Prioritäten in Bereichen wie Sozialpolitik, Geschlechtergleichstellung, Gesundheit, Umweltschutz, Ernährung und Kultur Rechnung getragen werden muss;

28.  ist der Ansicht, dass die von der Kommission als Alternative vorgeschlagene völlige Abschaffung der Mindeststeuersätze zu beachtlichen Wettbewerbsverzerrungen und Problemen im Binnenmarkt führen kann; vertritt die Auffassung, dass der notwendigen stärkeren Harmonisierung, die für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich ist, Rechnung getragen werden sollte;

29.  fordert, zu prüfen, ob mit dem Ziel, eine Alternative zu dem bisherigen System ermäßigter Mehrwertsteuersätze zu finden, ein einheitliches EU-Verzeichnis der ermäßigt besteuerten Waren und Dienstleistungen beschlossen werden könnte, wodurch das Mehrwertsteuersystem wesentlich effizienter gestaltet werden könnte und ein besser strukturiertes System als das bisherige entstünde;

30.  erachtet es als wichtig, weniger Ausnahmen zuzulassen, wenn es gilt, den Mehrwertsteuerbetrug zu bekämpfen, und hält ein einfaches Mehrwertsteuersystem mit einem möglichst niedrigen Satz für das beste und wirkungsvollste Instrument zur Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs;

31.  ist der Ansicht, dass das komplizierte bestehende System wesentlich vereinfacht werden könnte, wenn die Zahl der Waren und Dienstleistungen, auf die ermäßigte Steuersätze angewandt werden dürfen, verringert würde und wenn bestimmte Waren und Dienstleistungen, auf die ermäßigte Steuersätze angewandt werden dürfen, von den Mitgliedstaaten gemeinsam auf EU-Ebene festgelegt würden, während die Mitgliedstaaten über die Höhe der Steuersätze entscheiden dürfen, solange sie mit den in der Mehrwertsteuerrichtlinie niedergelegten Mindeststeuersätzen im Einklang stehen und sofern dadurch keine Risiken des unlauteren Wettbewerbs geschaffen werden;

32.  fordert, dass Produkte nach dem Bestimmungslandprinzip der gleichen Besteuerung unterliegen, egal in welcher Form oder auf welcher Plattform sie erworben werden und ob sie digital oder physisch geliefert werden;

33.  stellt fest, dass es für KMU derzeit ein großes Problem ist, dass die Mitgliedstaaten die Begriffe Produkt und Dienstleistung unterschiedlich auslegen; fordert deshalb die Kommission auf, diese Begriffe klarer zu definieren und besser voneinander abzugrenzen;

34.  fordert die Mitgliedstaaten auf, private und öffentliche Unternehmen in Bereichen, in denen sie miteinander konkurrieren, bei der Mehrwertsteuer gleichzustellen;

35.  weist darauf hin, dass das System der fraktionierten Zahlung der Mehrwertsteuer im Rahmen des BEPS-Projekts der OECD (Aktionspunkt 1) als Referenz für indirekte Besteuerung gewählt wurde, weil dabei die Wirksamkeit der Steuererhebung sichergestellt ist und es schon seinem Wesen nach die Selbstkontrolle der Marktteilnehmer ermöglicht;

36.  stellt fest, dass die Artikel 199 und 199a der Mehrwertsteuerrichtlinie die vorübergehende und gezielte Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens auf grenzüberschreitende Transaktionen und bestimmte stark gefährdete inländische Branchen in den Mitgliedstaaten vorsehen;

37.  fordert die Kommission auf, die Folgen des Reverse-Charge-Verfahrens sorgfältig zu analysieren und zu prüfen, ob mit diesem Verfahren Vereinfachungen in Bezug auf die Situation der KMU einhergehen und sich der Mehrwertsteuerbetrug eindämmen lässt;

38.  fordert die Kommission auf, die Auswirkungen des Reverse-Charge-Verfahrens nicht nur für einzelne, besonders betrugsanfällige Branchen, sondern generell hinsichtlich Nutzen, Befolgungskosten, Betrug, Wirksamkeit, Umstellungsproblemen und dauerhafter Vor- und Nachteile im Rahmen von Pilotprojekten zu prüfen, so wie es einige Mitgliedstaaten gefordert haben und von der Kommission in der Zwischenzeit ausdrücklich bestätigt worden ist, auch wenn es bislang nicht in ihrem Aktionsplan enthalten war; betont, dass durch diese Pilotprojekte jedoch auf keinen Fall Verzögerungen bei der Gestaltung und Umsetzung einer dauerhaften Mehrwertsteuerregelung, so wie sie im Fahrplan zum Aktionsplan der Kommission vorgesehen ist, verursacht oder bewirkt werden dürfen;

39.  ist der Ansicht, dass bei der generellen Durchsetzung des Bestimmungslandprinzips die nationalen Steuerverwaltungen mehr Verantwortung für die Einhaltung der Steuerpflicht und die Reduzierung der Umgehungsmöglichkeiten übernehmen müssen; stimmt der Auffassung der Kommission zu, dass konventionelle Verwaltungsmaßnahmen sowie die Aufstockung des Personals und der Ausbau seiner Kompetenzen bezüglich Steuererhebung und Steuerprüfung in den Mitgliedstaaten noch reichlich Spielraum für Verbesserungen bei der Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs bieten; hält es für dringend geboten, die Steuerprüfung zu intensivieren und die Sanktionen gegen die größten Steuerhinterzieher zu verschärfen; fordert die Kommission auf, in diesem Zusammenhang angemessene finanzielle und fachliche Unterstützung bereitzustellen;

40.  ist der Ansicht, dass die Kommission die Leistung der nationalen Steuerverwaltungen genau überwachen und deren Zusammenarbeit verbessern sollte;

41.  begrüßt die Ankündigung der Kommission, die Regelung mit einer einzigen Mini-Anlaufstelle auszuweiten und zu einer Regelung mit einer einzigen Anlaufstelle umzugestalten; stellt fest, dass es von überragender Bedeutung ist, die Regelung mit einer einzigen Anlaufstelle in allen 28 Mitgliedstaaten benutzerfreundlich und gleichermaßen effizient zu gestalten; stellt fest, dass Bürokratiekosten, durch die Unternehmen an einer grenzüberschreitenden Tätigkeit gehindert werden, abgebaut würden und KMU weniger Kosten entstünden, wenn die Regelung mit einer einzigen Anlaufstelle eingeführt würde (COM(2016)0148);

42.  stellt fest, dass eine einzige Anlaufstelle unentbehrlich ist, wenn es gilt, das Bestimmungslandprinzip durchzusetzen und weniger betrugsanfällig zu machen; fordert, die Regelung mit einer einzigen Anlaufstelle nach Maßgabe der aktuellen Erfahrungen mit der Regelung mit einer einzigen Mini-Anlaufstelle für digitale Produkte zu verbessern; weist darauf hin, dass nach dem neuen Bestimmungslandprinzip kleine Unternehmen und Kleinstunternehmen mit erheblichen Bürokratiekosten konfrontiert sein können, selbst wenn die Regelung mit einer einzigen Mini-Anlaufstelle eingeführt wird; begrüßt daher den im Aktionsplan der Kommission enthaltenen Vorschlag, eine EU-weit einheitliche Vereinfachung (Mehrwertsteuerschwelle) einzuführen; fordert, klar zu definieren, welcher Mitgliedstaat bei grenzüberschreitenden Transaktionen für die Steuerprüfung zuständig ist; begrüßt das Vorhaben der Kommission, im Rahmen ihres Aktionsplans im Bereich der Mehrwertsteuer die Mehrwertsteuerbefreiung bei der Einfuhr von Sendungen mit geringem Wert aus Drittländern aufzuheben;

43.  stellt fest, dass unterschiedliche Mehrwertsteuervorschriften in der EU auch als nichttarifäres Handelshemmnis im Binnenmarkt aufgefasst werden könnten; betont, dass die Regelung mit einer einzigen Mini-Anlaufstelle im Bereich der Mehrwertsteuer eine gute Möglichkeit bietet, bei der Beseitigung dieses Hemmnisses voranzukommen und insbesondere KMU bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten zu unterstützen; räumt ein, dass es bei der genannten Regelung immer noch einige kleinere Probleme gibt; fordert die Kommission auf, die Zahlung der Mehrwertsteuerverbindlichkeiten für Unternehmen in der gesamten Union weiter zu vereinfachen;

44.  verweist auf das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C‑97/09 (Ingrid Schmelz gegen Finanzamt Waldviertel); stellt fest, dass es 28 unterschiedliche Schwellenwerte für die Mehrwertsteuerbefreiung gibt; stellt fest, dass KMU und Kleinstunternehmen, die gemäß den jeweiligen nationalen Vorschriften von der Mehrwertsteuer befreit wären, mit finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert sind, die infolge der unterschiedlichen Regelungen entstehen; fordert die Kommission auf, weitere Studien über die Einführung eines Schwellenwerts für die Mehrwertsteuerbefreiung von Kleinstunternehmen durchzuführen;

45.  fordert, alle Vorschläge zu prüfen, um den Bürokratieaufwand im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer für Kleinstunternehmen und KMU zu minimieren; legt der Kommission in diesem Zusammenhang nahe, auch international bewährte Verfahren zu prüfen, beispielsweise die Gold-Card-Regelungen in Singapur und Australien, wobei festzustellen ist, dass das Betrugsrisiko seitens einiger Anbieter sehr gering ist;

46.  begrüßt die Ankündigung der Kommission, 2017 ein KMU-Paket im Bereich der Mehrwertsteuer vorzulegen; empfiehlt jedoch, die neue Rahmenregelung schrittweise einzuführen, da infolge dieser Regelung zusätzliche Verwaltungskosten (z. B. für IT‑Infrastruktur oder Mehrwertsteuerverfahren) entstehen;

47.  stellt fest, dass KMU durch das komplexe Einreichungssystem ein hoher Bürokratieaufwand entsteht, der eine abschreckende Wirkung auf den grenzüberschreitenden Handel entfaltet; fordert die Kommission auf, in ihr KMU-Paket auch einen Vorschlag aufzunehmen, die Einreichung von Mehrwertsteuererklärungen sowie die Meldepflichten und ‑fristen zu vereinheitlichen;

48.  betont, dass es ein harmonisiertes Mehrwertsteuerumfeld für den B2B‑ und den B2C‑Fernabsatz zu schaffen gilt; stellt fest, dass der Schwellenwert im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuer in den einzelnen Mitgliedstaaten infolge mangelnder Koordinierung nicht mit dem gleichen Erfolg eingeführt wurde;

49.  betont, dass eine neue vereinfachte Mehrwertsteuerregelung so gestaltet sein muss, dass KMU die Vorschriften über den grenzüberschreitenden Handel problemlos einhalten und in jedem Mitgliedstaat Unterstützung erhalten können, und zwar nicht nur bezüglich der Anpassung an die Vorschriften, sondern auch des Umgangs mit den Mehrwertsteuerverfahren;

50.  fordert, in allernächster Zeit ein umfassendes und öffentlich zugängliches Internetportal einzurichten, auf dem sich Unternehmen und Endverbraucher in allen Einzelheiten unkompliziert und übersichtlich über die Mehrwertsteuersätze informieren können, die in den Mitgliedstaaten für einzelne Produkte und Dienstleistungen gelten; hebt hervor, dass Sprache und Design dieses Portals leicht verständlich und benutzerfreundlich sein sollten; bekräftigt seine Überzeugung, dass Maßnahmen gegen den Mehrwertsteuerbetrug noch besser greifen würden, wenn Unternehmen dabei unterstützt würden, die in den Mitgliedstaaten geltenden Mehrwertsteuervorschriften zweifelsfrei zu verstehen; stellt außerdem fest, dass zertifizierte Steuersoftware dazu beitragen könnte, das Risiko bestimmter Arten von Betrug und anderer Unregelmäßigkeiten zu begrenzen, und ehrlichen Unternehmen, die im Inland und grenzüberschreitend tätig sind, Sicherheit geben kann; fordert die Kommission überdies auf, den nationalen Steuerverwaltungen Leitlinien zur Einstufung von Transaktionen hinsichtlich des angewandten Mehrwertsteuersatzes bereitzustellen, um die Befolgungskosten und die Anzahl der Rechtsstreitigkeiten zu senken; fordert die Mitgliedstaaten auf, Systeme zur Information der Öffentlichkeit, beispielsweise ein Internetportal zur Mehrwertsteuer, einzurichten und dort verlässliche Informationen zu veröffentlichen;

51.  fordert die Kommission auf, eine Liste mit aktualisierten Informationen über die Mehrwertsteuervorschriften in jedem einzelnen Mitgliedstaat zu erstellen; hebt gleichzeitig hervor, dass es Aufgabe der Mitgliedstaaten ist, die Kommission von ihren Vorschriften und Steuersätzen in Kenntnis zu setzen;

52.  stellt fest, dass bei Verkäufen im elektronischen Handel durch die fehlende Einheitlichkeit bei den Schwellenwerten für die Mehrwertsteuerbefreiung den KMU, die im elektronischen Handel tätig sind, hohe Transaktionskosten entstehen, wenn sie unbeabsichtigt oder versehentlich den Schwellenwert überschreiten;

53.  fordert die Mitgliedstaaten auf, der Kommission rasch Informationen über die in dem jeweiligen Land geltenden Mehrwertsteuersätze, besonderen Anforderungen und Befreiungen zu übermitteln; fordert die Kommission auf, diese Informationen zu sammeln und Unternehmen und Verbrauchern zur Verfügung zu stellen;

54.  ist der Ansicht, dass für die von der Kommission im Aktionsprogramm angekündigten Reformpläne zur Mehrwertsteuer eine umfassende, qualitativ zuverlässige Folgenabschätzung unter Beteiligung der Wissenschaft, der Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten, der KMU und der Unternehmen in der EU notwendig ist;

55.  betont, dass das Steuerrecht in die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt; hebt hervor, dass gemäß Artikel 329 Absatz 1 AEUV eine Gruppe von mindestens neun Mitgliedstaaten untereinander eine verstärkte Zusammenarbeit begründen können; fordert die Kommission auf, Vorschläge in Bezug auf eine verstärkte Zusammenarbeit zu unterstützen, mit denen darauf abgezielt wird, im Bereich der Mehrwertsteuer Betrug zu bekämpfen und Bürokratiekosten zu senken;

56.  ist der Ansicht, dass eine Lösung im Rahmen der OECD gegenüber für sich allein stehenden Maßnahmen zu bevorzugen ist, die ohnehin mit den OECD-Empfehlungen und dem Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS-Aktionsplan) im Einklang stehen müssten;

57.  begrüßt die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „EU-eGovernment-Aktionsplan 2016–2020: Beschleunigung der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung“ (COM(2016)0179);

58.  stellt fest, dass der neue Aktionsplan weitere Schritte in Richtung einer endgültigen Regelung enthält, die effizienter und betrugssicher und im Zeitalter der digitalen Wirtschaft und des elektronischen Handels unternehmensfreundlicher ist;

59.  unterstützt den Vorschlag der Kommission, der vorsieht, dass die Mehrwertsteuer auf grenzüberschreitende Verkäufe (von Waren und Dienstleistungen) von der Steuerverwaltung des Ursprungslandes in Höhe des im Verbrauchsland geltenden Mehrwertsteuersatzes erhoben und an das Land überwiesen wird, in dem die Waren oder Dienstleistungen tatsächlich verbraucht bzw. in Anspruch genommen werden;

60.  erachtet es als sehr wichtig, einen Legislativvorschlag zur Ausweitung des einheitlichen elektronischen Verfahrens für die Meldung und Entrichtung der Mehrwertsteuer auf den grenzüberschreitenden Online-Handel mit physischen Gütern zwischen Unternehmen und Verbrauchern vorzulegen, um den Verwaltungsaufwand – eines der größten Hindernisse für grenzüberschreitend tätige Unternehmen – zu verringern;

61.  fordert die Kommission auf, dem Verwaltungsaufwand für Unternehmen, der sich aus der fragmentierten Mehrwertsteuerregelung ergibt, entgegenzuwirken, indem sie Legislativvorschläge zur Ausweitung der derzeitigen Regelung mit einer einzigen Mini-Anlaufstelle auf im Internet vertriebene materielle Güter vorlegt, wodurch Unternehmen in der Lage wären, eine einzige Steuererklärung abzugeben und die Mehrwertsteuer nur einmal in ihrem Sitzmitgliedstaat zu entrichten;

62.  fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre nationalen Steuersysteme zu vereinfachen, zu vereinheitlichen und stabiler zu machen, um die Einhaltung der Vorschriften zu erleichtern, Steuerbetrug und Steuerhinterziehung zu verhindern, zu bestrafen und davon abzuschrecken und die Wirksamkeit der Mehrwertsteuererhebung zu erhöhen;

63.  ist besorgt darüber, dass mit dem System der Rechnungslegungspflicht für die Mehrwertsteuer als Eigenmittel die angestrebte Vereinfachung nicht in vollem Umfang erreicht worden ist; weist darauf hin, dass das System für die Verwaltung von Eigenmitteln weiter vereinfacht werden muss, um Fehlerquellen und Betrugsmöglichkeiten zu reduzieren; bedauert, dass im neuen Aktionsplan nicht auf die Auswirkungen auf die Mehrwertsteuer-Eigenmittel eingegangen wird;

64.  weist darauf hin, dass die Mehrwertsteuerlücken der Mitgliedstaaten und die Verluste bei der Mehrwertsteuererhebung in der EU im Jahr 2015 schätzungsweise 170 Mrd. EUR ausmachten; betont, dass in 13 der 26 im Jahr 2014 untersuchten Mitgliedstaaten der geschätzte durchschnittliche Mehrwertsteuerausfall über 15,2 % betrug; fordert die Kommission auf, ihre Durchführungsbefugnisse in vollem Umfang auszuschöpfen, um die Mitgliedstaaten sowohl zu kontrollieren als auch zu unterstützen; weist darauf hin, dass wirksame Maßnahmen zur Verringerung der Mehrwertsteuerlücke nur mit einem gemeinsamen und multidisziplinären Ansatz getroffen werden können, da diese Lücke nicht nur auf Betrug, sondern auf ein Zusammenspiel von Faktoren zurückzuführen ist, darunter Konkurse und Insolvenzen, statistische Fehler, Zahlungsverzug sowie Steuerhinterziehung und Steuervermeidung; fordert die Kommission erneut auf, zur Erleichterung der Ermittlungen in Betrugsfällen und als Abschreckungsmaßnahme rasch Vorschriften über das Mindestmaß an Informantenschutz in der EU auf den Weg zu bringen und finanzielle Unterstützung für grenzüberschreitenden aufklärerischen Journalismus einzuführen, der seine Wirkmächtigkeit im Zuge von Skandalen wie LuxLeaks, dem Abgasskandal und den Panama-Papieren eindeutig unter Beweis gestellt hat;

65.  bedauert, dass durch Mehrwertsteuerbetrug, insbesondere den sogenannten Karussell- oder Missing-Trader-Betrug, der Wettbewerb verzerrt wird, den Staatshaushalten beträchtliche Mittel entzogen werden und dem Haushalt der Union Schaden zugefügt wird; ist darüber besorgt, dass der Kommission keine verlässlichen Daten über Karussellbetrug im Bereich der Mehrwertsteuer vorliegen; fordert die Kommission daher auf, koordinierte Anstrengungen seitens der Mitgliedstaaten anzustoßen, die darauf abzielen, ein gemeinsames System zur Erhebung von Statistiken zu Karussellbetrug im Bereich der Mehrwertsteuer einzurichten; weist darauf hin, dass ein solches System auf Verfahren aufbauen könnte, die in einigen Mitgliedstaaten bereits angewandt werden;

66.  fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Einführung eines gemeinsamen Systems, mit dem sich der Umfang des innergemeinschaftlichen Mehrwertsteuerbetrugs im Wege der Erhebung einschlägiger statistischer Daten besser schätzen ließe, in die Wege zu leiten, sodass die Mitgliedstaaten ihre diesbezüglichen Leistungen bewerten könnten, und zwar auf der Grundlage präziser und zuverlässiger Indikatoren im Zusammenhang mit der Senkung der Mehrwertsteuersätze in der EU und mit dem Anstieg der Zahl aufgedeckter Betrugsfälle und der damit einhergehenden Steuerbeitreibung; vertritt die Auffassung, dass neue Prüfkonzepte wie die Modelle der einzigen Prüfung und der gemeinsamen Prüfung auf grenzüberschreitende Tätigkeiten ausgeweitet werden sollten;

67.  weist darauf hin, dass neue Strategien umgesetzt und die bestehenden Unionsstrukturen effizienter genutzt werden müssen, um verstärkt gegen Mehrwertsteuerbetrug vorzugehen; hebt hervor, dass sowohl mehr Transparenz im Interesse einer wirksamen Kontrolle als auch ein besser strukturierter und „risikobasierter“ Ansatz unbedingt notwendig sind, wenn es gilt, Betrugsmechanismen und Korruption zu erkennen und zu unterbinden;

68.  bedauert, dass die Verwaltungszusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs immer noch nicht so gestaltet ist, dass wirksam gegen die Hinterziehung der Mehrwertsteuer und die Betrugsmechanismen in der EU vorgegangen werden könnte und grenzüberschreitende Transaktionen und der grenzüberschreitende Handel effizient geregelt wären; betont, dass es eines vereinfachten, wirksamen und verständlichen Mehrwertsteuersystems bedarf, das alle Mitgliedstaaten in die Lage versetzt, ihre Mehrwertsteuerbelastung zu verringern und Mehrwertsteuerbetrug zu bekämpfen; fordert die Kommission daher auf, im Rahmen der Auswertung von Vereinbarungen über die Verwaltungszusammenarbeit Mitgliedstaaten, die im Wege einer Risikoanalyse ausgewählt wurden, verstärkt Kontrollbesuche abzustatten; ersucht die Kommission, im Rahmen der Prüfung der Verwaltungsvereinbarungen den Schwerpunkt auf die Beseitigung rechtlicher Hindernisse zu legen, durch die der Austausch von Informationen zwischen Verwaltungs-, Justiz- und Rechtsdurchsetzungsbehörden auf nationaler und auf EU-Ebene verhindert wird; fordert die Kommission darüber hinaus auf, zu empfehlen, dass die Mitgliedstaaten eine gemeinsame Risikoanalyse – auch unter Rückgriff auf Analysen der sozialen Netzwerke – einführen, damit die über Eurofisc ausgetauschten Informationen gezielt für die Betrugsbekämpfung genutzt werden können; fordert die Mitgliedstaaten auf, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen vorzusehen und das derzeit eingesetzte System des Informationsaustauschs zu verbessern;

69.  hebt hervor, dass Eurofisc gestärkt werden muss, um den Austausch von Informationen zu beschleunigen; stellt fest, dass nach wie vor Probleme in Bezug auf die Genauigkeit, Vollständigkeit und rechtzeitige Übermittlung der Informationen bestehen; hält es für notwendig, die Maßnahmen der Steuerverwaltungen und der Justiz- und Polizeibehörden der Mitgliedstaaten und europäischer Einrichtungen wie Europol, Eurojust und OLAF, die mit der Bekämpfung von Betrug, organisierter Kriminalität und Geldwäsche betraut sind, zu bündeln und ihre Strategien zu koordinieren; fordert alle Akteure auf, einfache und verständliche Modelle für den Austausch von Echtzeit-Informationen weiter zu prüfen, damit im Rahmen der Bekämpfung bestehender oder neu entstehender Betrugsmechanismen sofort reagiert werden kann oder Maßnahmen zu deren Eindämmung getroffen werden können;

70.  hält es für unbedingt notwendig, dass alle Mitgliedstaaten an sämtlichen Tätigkeitsbereichen von Eurofisc mitwirken, damit Mehrwertsteuerbetrug wirksam bekämpft werden kann;

71.  fordert die Kommission auf, Vorschläge vorzulegen, auf deren Grundlage wirksame Überkreuzprüfungen zwischen Zoll- und Steuerdaten durchgeführt werden können, und bei ihrer Aufsicht über die Mitgliedstaaten den Schwerpunkt auf Maßnahmen zu legen, die dazu geeignet sind, dass Antworten der Mitgliedstaaten auf Informationsersuchen rascher erteilt werden und das Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem (MIAS) verlässlicher wird;

72.  ersucht die Kommission, denjenigen Mitgliedstaaten, die noch keine zweifachen Umsatzsteuer-Identifikationsnummern (die Identifikationsnummer für Wirtschaftsbeteiligte, die sich am innergemeinschaftlichen Handel beteiligen möchten, unterscheidet sich von der inländischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer) eingeführt haben, nahezulegen, diesen Schritt nachzuholen und die in Artikel 22 der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 vorgesehenen Überprüfungen durchzuführen und gleichzeitig Wirtschaftsbeteiligten kostenfreie Beratung anzubieten;

73.  fordert die Kommission auf, sicherzustellen, dass die elektronischen Zollabfertigungssysteme der Mitgliedstaaten die automatische Überprüfung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern ermöglichen und auch durchführen;

74.  fordert die Kommission nachdrücklich auf, eine Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie mit dem Ziel vorzuschlagen, eine weitere Harmonisierung der von den Mitgliedstaaten zu erfüllenden Meldepflicht bezüglich der Mehrwertsteuer auf innergemeinschaftliche Lieferungen von Waren und Dienstleistungen herbeizuführen;

75.  bedauert, dass der Rat den Vorschlag der Kommission über die gesamtschuldnerische Haftung in Fällen von grenzüberschreitendem Handel nicht angenommen hat; stellt fest, dass dadurch die Abschreckungswirkung in Bezug auf Geschäfte mit betrügerischen Wirtschaftsbeteiligten beeinträchtigt wird; ist der Ansicht, dass die Mehrwertsteuerrichtlinie im Hinblick auf die Frist für die Abgabe der zusammenfassenden Meldungen in den Mitgliedstaaten nicht einheitlich umgesetzt wird und dass sich dadurch der Verwaltungsaufwand für Wirtschaftsbeteiligte, die in mehr als einem Mitgliedstaat tätig sind, erhöht; fordert den Rat daher eindringlich auf, den Vorschlag der Kommission über die gesamtschuldnerische Haftung anzunehmen;

76.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich auf internationaler Ebene stärker einzubringen, die Zusammenarbeit mit Drittstaaten zu verstärken und eine effiziente Mehrwertsteuererhebung durchzusetzen, um so Normen und Strategien für die Zusammenarbeit zu entwickeln, die vor allem auf den Grundsätzen der Transparenz, des verantwortungsvollen staatlichen Handelns und des Austauschs von Informationen aufgebaut sind; fordert die Mitgliedstaaten auf, Informationen von Drittstaaten untereinander auszutauschen, um die Durchsetzung der Mehrwertsteuererhebung – insbesondere in Bezug auf den elektronischen Geschäftsverkehr – zu erleichtern;

77.  fordert den Rat mit Nachdruck auf, die Mehrwertsteuer in den Anwendungsbereich der Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Europäischen Union gerichtetem Betrug („PIF-Richtlinie“) aufzunehmen, um schnellstmöglich eine Einigung in dieser Angelegenheit zu erzielen;

78.  fordert die Kommission auf, auch künftig eine Schätzung der durch Mehrwertsteuerbetrug erzielten Einnahmen krimineller Vereinigungen vorzunehmen und eine umfassende, gemeinsame und multidisziplinäre Strategie vorzulegen, in deren Rahmen gegen die auf Mehrwertsteuerbetrug gestützten Geschäftsmodelle krimineller Vereinigungen vorgegangen wird – falls notwendig, auch mit gemeinsamen Ermittlungsteams;

79.  hält es für sehr wichtig, eine einzige, leistungsstarke und unabhängige Europäische Staatsanwaltschaft zu errichten, die tatsächlich in der Lage ist, gegen die Personen, denen gegen die finanziellen Interessen der Union gerichteter Betrug, einschließlich Mehrwertsteuerbetrug, vorgeworfen wird, nach Maßgabe der PIF‑Richtlinie zu ermitteln, sie strafrechtlich zu verfolgen und vor Gericht zu bringen, und vertritt die Auffassung, dass jede schwächere Lösung zulasten des Haushalts der Union gehen würde; hebt überdies hervor, dass bei der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Europäischen Staatsanwaltschaft und den Ermittlungsbehörden der Mitgliedstaaten dafür Sorge getragen werden muss, dass Straftaten mit wesentlichen Auswirkungen auf den Unionshaushalt nicht aus dem Zuständigkeitsbereich der Europäischen Staatsanwalt ausgeschlossen werden;

80.  fordert alle Mitgliedstaaten auf, Schätzungen zu den durch innergemeinschaftlichen Mehrwertsteuerbetrug entstandenen Einnahmeverlusten zu veröffentlichen, die Schwachstellen von Eurofisc in Angriff zu nehmen und ihre politischen Strategien zur Umkehrung der Mehrwertsteuerschuldnerschaft im Zusammenhang mit Waren und Dienstleistungen besser zu koordinieren;

81.  hält es im Hinblick auf die wirksame Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug für entscheidend, dass die Mitgliedstaaten auf multilaterale Prüfungen zurückgreifen und in diesem Rahmen mindestens zwei Mitgliedstaaten auf koordinierte Weise die Steuerschuld eines oder mehrerer betroffener Steuerpflichtiger prüfen;

82.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. C 94 E vom 3.4.2013, S. 5.
(2) Angenommene Texte, P7_TA(2014)0234.
(3) ABl. C 346 vom 21.9.2016, S. 27.
(4) Kommission, Finanzbericht 2014.
(5) http://ec.europa.eu/taxation_customs/sites/taxation/files/resources/documents/common/publications/studies/ey_study_destination_principle.pdf

Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen