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Verfahren : 2016/2055(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A8-0004/2017

Eingereichte Texte :

A8-0004/2017

Aussprachen :

PV 13/02/2017 - 18
CRE 13/02/2017 - 18

Abstimmungen :

PV 14/02/2017 - 8.4
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P8_TA(2017)0022

Angenommene Texte
PDF 193kWORD 51k
Dienstag, 14. Februar 2017 - Straßburg
Die Rolle von Informanten beim Schutz der finanziellen Interessen der EU
P8_TA(2017)0022A8-0004/2017

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. Februar 2017 zur Rolle von Informanten beim Schutz der finanziellen Interessen der EU (2016/2055(INI))

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 325,

–  unter Hinweis auf die Artikel 22a, 22b und 22c des Statuts der Beamten der Europäischen Union,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Oktober 2013 zu organisiertem Verbrechen, Korruption und Geldwäsche: Empfohlene Maßnahmen und Initiativen(1),

–  unter Hinweis auf die Entscheidung der Europäischen Bürgerbeauftragten zum Abschluss ihrer Initiativuntersuchung OI/1/2014/PMC über die Meldung von Missständen („Whistleblowing“),

–  unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung(2),

–  unter Hinweis auf Artikel 9 des Zivilrechtsübereinkommens des Europarates über Korruption,

–  unter Hinweis auf Artikel 22a des Strafrechtsübereinkommens des Europarates über Korruption,

–  unter Hinweis auf die Empfehlung CM/Rec(2014)7 des Europarates zum Schutz von Whistleblowern,

–  unter Hinweis auf die Artikel 8, 13 und 33 des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption,

–  unter Hinweis auf den Grundsatz 4 der Empfehlung der OECD zur Verbesserung ethischer Verhaltensregeln im öffentlichen Dienst,

–  unter Hinweis auf die Untersuchung des Büros der Europäischen Bürgerbeauftragten vom 2. März 2015 und dessen Aufforderung an die Organe der EU, die erforderlichen Vorschriften zur Meldung von Missständen (Whistleblowing) zu verabschieden,

–  unter Hinweis auf die Veröffentlichung der OECD mit dem Titel „Committing to Effective Whistleblower Protection“ (Verpflichtung zu einem wirksamen Schutz von Informanten),

–  unter Hinweis auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Rechtssache Guja/Moldau, Beschwerde Nr. 14277/04, vom 12. Februar 2008,

–  unter Hinweis auf Artikel 6 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

–  gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,

–  unter Hinweis auf den Bericht des Haushaltskontrollausschusses sowie die Stellungnahme des Ausschusses für konstitutionelle Fragen (A8-0004/2017),

A.  in der Erwägung, dass das Parlament im Zusammenhang mit dem Entlastungsverfahren möglichst viele Informationen in Bezug auf solche Unregelmäßigkeiten benötigt; in der Erwägung, dass das Parlament bei Unregelmäßigkeiten innerhalb der Organe befugt sein sollte, alle Informationen uneingeschränkt einzusehen, damit es das Entlastungsverfahren in voller Kenntnis der Sachlage durchführen kann;

B.  in der Erwägung, dass der Europäische Rechnungshof dem Parlament eine hervorragende Grundlage für seine Untersuchungen zur Verfügung stellt, allerdings nicht in der Lage ist, alle einzelnen Ausgaben selbst abzudecken;

C.  in der Erwägung, dass die Kommission und die anderen EU-Organe dem Parlament gleichermaßen Informationsberichte über ihre Ausgaben zur Verfügung stellen, sich jedoch auch auf einschlägige Meldemechanismen stützen;

D.  in der Erwägung, dass ein großer Teil der Unionsmittel der geteilten Mittelverwaltung durch die Kommission und die Mitgliedstaaten unterliegt, wodurch der Kommission die Berichterstattung über Unregelmäßigkeiten bei einzelnen Projekten erschwert wird;

E.  in der Erwägung, dass das Parlament regelmäßig von Privatpersonen und nichtstaatlichen Organisationen auf Unregelmäßigkeiten bei einzelnen Projekten, die ganz oder teilweise mit EU‑Mitteln finanziert werden, hingewiesen wird;

F.  in der Erwägung, dass Informanten aus diesem Grund eine zentrale Bedeutung für die Verhinderung, Aufdeckung und Meldung von Unregelmäßigkeiten in Bezug auf mit EU‑Haushaltsmitteln getätigte Ausgaben und für die Ermittlung und Veröffentlichung von Korruptionsfällen zukommt; in der Erwägung, dass im Hinblick auf die Förderung des Gemeinwohls in Europa eine Kultur des Vertrauens geschaffen und unterstützt werden muss, mit der dafür gesorgt wird, dass sich sowohl die Beamten und sonstigen Bediensteten der EU als auch die Bürger generell aufgrund einer verantwortungsvollen Verwaltung geschützt fühlen, und mit der deutlich wird, dass die Organe der EU potenzielle Hinweisgeber unterstützen, in Schutz nehmen und ermutigen;

G.  in der Erwägung, dass hierfür umgehend ein horizontaler Rechtsrahmen mit Rechten und Pflichten geschaffen werden muss, mit dem Hinweisgeber in der gesamten Union und in ihren Organen geschützt werden (Schutz der Anonymität, Bereitstellung juristischer, psychologischer und erforderlichenfalls finanzieller Unterstützung, Zugang zu verschiedenen Informationskanälen, Mechanismen für eine schnelle Reaktion usw.);

H.  in der Erwägung, dass die meisten EU-Mitgliedstaaten das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption ratifiziert haben, dem zufolge Hinweisgebern geeigneter und wirksamer Schutz geboten werden muss;

I.  in der Erwägung, dass Whistleblowing eine wichtige Informationsquelle für den Kampf gegen organisierte Kriminalität und bei der Untersuchung von Vorwürfen der Korruption im öffentlichen Sektor ist;

J.  in der Erwägung, dass Hinweisgebern eine besonders wichtige Rolle bei der Aufdeckung und Meldung von Korruption und Betrug zukommt, da die Akteure, die unmittelbar an den kriminellen Machenschaften beteiligt sind, gezielt Bemühungen unternehmen, damit diese Tätigkeiten nicht von den einschlägigen Meldemechanismen erfasst werden;

K.  in der Erwägung, dass Whistleblowing, das auf den Grundsätzen der Transparenz und Integrität basiert, von grundlegender Bedeutung ist; in der Erwägung, dass der Schutz von Hinweisgebern daher gesetzlich gewährleistet und innerhalb der EU verstärkt werden sollte, allerdings nur dann, wenn der Zweck ihres Handelns der Schutz des öffentlichen Interesses ist, indem sie in gutem Glauben gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte handeln;

L.  in der Erwägung, dass die Behörden die Möglichkeit von Hinweisgebern und Journalisten, illegale, unrechtmäßige oder schädliche Praktiken zu dokumentieren und aufzudecken, nicht beschränken oder schmälern sollten, wenn die Offenlegung dieser Informationen in gutem Glauben erfolgt und das öffentliche Interesse im Vordergrund steht;

M.  in der Erwägung, dass alle EU‑Organe seit dem 1. Januar 2014 gemäß Artikel 22a, 22b und 22c des Statuts der Beamten verpflichtet sind, interne Regeln zum Schutz von Hinweisgebern, die als Beamte für die EU‑Organe tätig sind, einzuführen, und dass die Arbeitsgruppe des für Fragen des Statuts zuständigen interinstitutionellen vorbereitenden Ausschusses, die sich mit dem Schutz von Hinweisgebern befasst, ihre Arbeit noch nicht abgeschlossen hat; in der Erwägung, dass diese Gruppe auch die Bewertung der Lage von Informanten in ihren Zuständigkeitsbereich aufnehmen sollte, die innerhalb der Organe negative Konsequenzen erleiden mussten, damit aus diesen Erfahrungen künftige Vorgehensweisen abgeleitet werden können; in der Erwägung, dass diese internen Regeln der Hierarchie und den besonderen Merkmalen der einzelnen im Statut genannten Kategorien Rechnung tragen müssen;

N.  in der Erwägung, dass der Schutz von Hinweisgebern auf einzelstaatlicher Ebene weder in allen Mitgliedstaaten umgesetzt noch harmonisiert worden ist, was bedeutet, dass es für die Hinweisgeber – selbst wenn die finanziellen Interessen der Europäischen Union auf dem Spiel stehen – möglicherweise in persönlicher wie auch in beruflicher Hinsicht riskant ist, dem Parlament Missstände zu melden; in der Erwägung, dass Meldungen gerade aufgrund der Angst vor den Folgen, die sich durch den mangelnden Schutz ergeben können, und aufgrund der Überzeugung, dass die Meldung des Missstands ohnehin zu nichts führt, häufig von vornherein unterbleiben, was sich nachteilig auf die finanziellen Interessen der Union auswirkt;

O.  in der Erwägung, dass dafür gesorgt werden muss, dass sämtliche Ausprägungen von Vergeltungsmaßnahmen gegen Hinweisgeber in angemessener Weise sanktioniert werden;

P.  in der Erwägung, dass das Parlament die Kommission in seiner Entschließung vom 23. Oktober 2013 aufforderte, noch im Jahr 2013 einen Legislativvorschlag vorzulegen, der für den privaten und den öffentlichen Sektor ein wirksames und umfassendes europäisches Schutzprogramm für Personen vorsieht, die Missmanagement und Unregelmäßigkeiten aufdecken und Hinweise zu Korruption auf einzelstaatlicher und grenzüberschreitender Ebene im Zusammenhang mit den finanziellen Interessen der EU geben; in der Erwägung, dass das Parlament zudem die Mitgliedstaaten aufforderte, einen geeigneten und wirksamen Schutz für Informanten einzurichten;

Q.  in der Erwägung, dass die Rechtsetzungsinstanzen der EU in sektorspezifischen Instrumenten bereits den Schutz von Hinweisgebern vorgesehen haben, u. a. in der Richtlinie 2013/30/EU über die Sicherheit von Offshore-Erdöl- und -Erdgasaktivitäten, der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 über Marktmissbrauch, der Richtlinie (EU) 2015/849 zu Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung und der Verordnung (EU) Nr. 376/2014 über die Meldung von Ereignissen;

R.  in der Erwägung, dass der Schutz von Hinweisgebern in der Union umso dringlicher ist, als die Richtlinie über Geschäftsgeheimnisse die Rechte von Hinweisgebern einschränkt und die Personen, die Missstände in Bezug auf die Verwendung von EU‑Haushaltsmitteln, von denen einzelne Unternehmen profitiert haben, melden möchten, möglicherweise davon abhält;

S.  in der Erwägung, dass internationale Organisationen wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der Europarat, die Empfehlungen zum Schutz von Hinweisgebern ausgearbeitet haben, bereits einen wichtigen Beitrag geleistet haben;

T.  in der Erwägung, dass der OECD zufolge mehr als ein Drittel der Organisationen mit einem Berichterstattungsmechanismus über keine schriftliche Strategie für den Schutz von Hinweisgebern vor Vergeltungsmaßnahmen verfügen bzw. ihnen eine derartige Strategie in schriftlicher Form nicht bekannt ist;

U.  in der Erwägung, dass nichtstaatliche Organisationen wie Transparency International, Whistleblowing International Network und andere bereits internationale Grundsätze für Whistleblowing‑Rechtsvorschriften entworfen haben, die als Orientierungshilfe für entsprechende EU‑Rechtsvorschriften dienen sollte;

V.  in der Erwägung, dass das Büro der Europäischen Bürgerbeauftragte in Bezug auf die Untersuchung von Beschwerden von EU-Bürgern über Missstände in der Verwaltungstätigkeit der Organe und Einrichtungen der EU über eine klare Zuständigkeit verfügt, das Büro selbst jedoch beim Schutz von Hinweisgebern in den Mitgliedstaaten keine Rolle spielt;

W.  in der Erwägung, dass mit der jüngsten Fassung des Statuts der Beamten der Europäischen Union und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Union, die seit 1. Januar 2014 in Kraft ist, mehrere Bestimmungen im Zusammenhang mit der Aufdeckung von Missständen eingeführt wurden;

X.  in der Erwägung, dass der Schutz von Hinweisgebern von grundlegender Bedeutung für den Schutz des Gemeinwohls und der finanziellen Interessen der Union sowie für die Förderung einer Kultur der Rechenschaftspflicht der öffentlichen Hand und der Integrität sowohl in öffentlichen als auch in privaten Einrichtungen ist;

Y.  in der Erwägung, dass Arbeitnehmer in vielen Hoheitsgebieten und insbesondere im Privatsektor im Hinblick auf bestimmte Informationen zur Vertraulichkeit verpflichtet sind, was bedeutet, dass Hinweisgeber möglicherweise mit Disziplinarmaßnahmen rechnen müssen, wenn sie Informationen außerhalb ihre Organisation tragen;

1.  bedauert, dass die Kommission es bislang versäumt hat, Legislativvorschläge zur Schaffung eines Mindestschutzes für europäische Hinweisgeber vorzulegen;

2.  fordert die Kommission mit Nachdruck auf, unverzüglich einen Legislativvorschlag vorzulegen, der ein wirksames und umfassendes europäisches Schutzprogramm für Hinweisgeber vorsieht, das auch Mechanismen für Unternehmen, öffentliche Einrichtungen und gemeinnützige Organisationen umfasst; fordert die Kommission insbesondere auf, vor Jahresende einen Legislativvorschlag vorzulegen, mit dem der Schutz von Hinweisgebern im Rahmen der erforderlichen Maßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung von Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union geregelt wird, damit ein effektiver und gleichwertiger Schutz in den Mitgliedstaaten und in sämtlichen Organen, Einrichtungen, Agenturen und sonstigen Stellen der Union gesichert ist;

3.  stellt fest, dass Informanten die Mitgliedstaaten und die Organe und Einrichtungen der EU entscheidend dabei unterstützen, dafür zu sorgen, dass der Grundsatz der Integrität nicht verletzt wird und Befugnisse nicht überschritten werden, bzw. dabei, diese Probleme anzugehen, durch die auf einzelstaatlicher und europäischer Ebene die öffentliche Gesundheit und Sicherheit, die Integrität des Finanzsystems, die Volkswirtschaft, die Menschenrechte, die Umwelt oder die Rechtsstaatlichkeit bedroht oder beeinträchtigt werden, die Arbeitslosigkeit steigt, der lautere Wettbewerb beeinträchtigt bzw. verzerrt wird und das Vertrauen der Bürger in demokratische Einrichtungen und Prozesse untergraben wird; hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass Informanten in hohem Maße dazu beitragen, dass die demokratische Qualität der öffentlichen Institutionen gesteigert wird und das Vertrauen in diese Institutionen zunimmt, und zwar dadurch, dass sie den Bürgern gegenüber direkt rechenschaftspflichtig und transparenter gemacht werden;

4.  stellt fest, dass sowohl die Informanten als auch die betroffene öffentliche Einrichtung bzw. das betroffene Organ den Rechtsschutz der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und des einzelstaatlichen Rechts sicherstellen sollten;

5.  weist erneut darauf hin, dass die EU-Mittel vor allem an die Mitgliedstaaten fließen und diese daher verpflichtet sind, die Rechtmäßigkeit der Ausgaben zu kontrollieren;

6.  in der Erwägung, dass erst wenige Mitgliedstaaten hinreichend fortgeschrittene Programme für den Schutz von Hinweisgebern eingeführt haben; fordert jene Mitgliedstaaten, die die Grundsätze für den Schutz von Hinweisgebern noch nicht in nationales Recht umgesetzt haben, auf, dies so schnell wie möglich zu tun;

7.  fordert die Mitgliedstaaten auf, wirksame Vorschriften zur Bekämpfung von Korruption durchzusetzen und gleichzeitig europäische und internationale Normen und Leitlinien zum Schutz von Informanten in einzelstaatliches Recht umzusetzen;

8.  bedauert, dass viele Mitgliedstaaten noch keine spezifischen Vorschriften zum Schutz von Informanten erlassen haben, und dies trotz der Bedeutung, die dem Schutz von Informanten bei der Unterbindung und Bekämpfung von Korruption zukommt, und auch trotz der Tatsache, dass der Schutz von Informanten in Artikel 33 des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption empfohlen wird;

9.  betont, dass die Meldung von Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit den finanziellen Interessen der Union in der Aufdeckung und Meldung von Missständen besteht, zu denen unter anderem – jedoch nicht ausschließlich – Korruption, Betrug, Interessenkonflikte, Steuervermeidung und ‑hinterziehung, Geldwäsche, Unterwanderung durch das organisierte Verbrechen sowie Verhaltensweisen, mit denen diese Art von Fehlverhalten vertuscht werden soll, gehören;

10.  hält es für geboten, eine auf ethischen Ansätzen beruhende Kultur zu fördern, mit der dafür gesorgt werden kann, dass die Informanten keine Repressalien erleiden oder internen Konflikten ausgesetzt sind;

11.  weist erneut darauf hin, dass es Aufgabe eines Hinweisgebers ist, Unregelmäßigkeiten zu melden, die die finanziellen Interessen der EU beeinträchtigen, und dass Hinweisgeber stets mit den zuständigen Stellen der EU zusammenarbeiten sollten, indem sie mit ihnen Informationen austauschen;

12.  weist erneut darauf hin, dass Hinweisgeber oft besseren Zugang zu sensiblen Informationen haben als Außenstehende und sie daher eher negativen Konsequenzen im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Laufbahn ausgesetzt sind oder ihre durch Artikel 6 der Charta der Grundrechte der EU geschützte persönliche Sicherheit gefährden;

13.  hebt hervor, dass die Definition der Meldung von Missständen den Schutz von Personen, die Informationen aufdecken, wenn die berechtigte Vermutung besteht, dass diese Informationen zu dem Zeitpunkt, zu dem sie offengelegt werden, wahr sind, sowie von Personen, deren Informationen nicht zutreffen, jedoch in gutem Glauben erteilt wurden, umfasst;

14.  weist auf die wichtige Rolle des investigativen Journalismus hin und fordert die Kommission auf, mit ihrem Vorschlag dafür zu sorgen, dass Investigativjournalisten in den Genuss desselben Schutzniveaus wie Hinweisgeber kommen;

15.  betont, dass auf EU-Ebene eine unabhängige Stelle für Informationsbeschaffung, Beratung und Befassung geschaffen werden muss, die in den Mitgliedstaaten mit Büros vertreten ist, die in der Lage sind, Meldungen von Missständen entgegenzunehmen, und die über ausreichende Haushaltsmittel, angemessene Kompetenzen und entsprechende Fachleute verfügt, um interne und externe Hinweisgeber dabei zu unterstützen, die richtigen Kanäle für die Offenlegung der Informationen über mögliche Missstände im Zusammenhang mit den finanziellen Interessen der Union zu nutzen, wobei die Vertraulichkeit gewahrt bleibt und der erforderliche Schutz und die erforderliche Beratung geboten werden; betont, dass ihre Tätigkeit in der ersten Phase auf der zuverlässigen Überprüfung der erhaltenen Informationen beruhen würde;

16.  fordert die Organe der EU auf, in Zusammenarbeit mit allen einschlägigen nationalen Behörden sämtliche Maßnahmen zu erlassen und zu ergreifen, die erforderlich sind, um die Vertraulichkeit der Informationsquellen zu schützen und somit jeglichem diskriminierenden Vorgehen oder Drohungen vorzubeugen;

17.  begrüßt den Beschluss der Europäischen Bürgerbeauftragten von 2014, aus eigener Initiative eine Untersuchung über den Schutz von Whistleblowern in den Organen der Union zu eröffnen, und die erfreulichen Auswirkungen dieser Untersuchung; fordert die Organe und die anderen Einrichtungen der EU, die die beim Abschluss dieser Untersuchung empfohlenen Leitlinien noch nicht umgesetzt haben, auf, dies unverzüglich nachzuholen;

18.  fordert die Organe der EU auf, auf die besorgniserregende Situation von Hinweisgebern aufmerksam zu machen, denen keine Mittel zur Verfügung stehen, um sich zu schützen; fordert die Kommission daher mit Nachdruck auf, in diesem Zusammenhang einen umfassenden Aktionsplan vorzulegen;

19.  fordert die Einrichtung einer Sonderstelle mit einer Berichtslinie sowie spezialisierten Strukturen (z. B. Hotlines, Websites, Anlaufstellen) innerhalb des Parlaments, an die die Hinweisgeber ihre Meldungen im Zusammenhang mit den finanziellen Interessen der Union richten können und die diesen außerdem beratend zur Seite steht und sie vor eventuellen Vergeltungsmaßnahmen schützt, bis eine unabhängige europäische Einrichtung im Sinne von Ziffer 4 geschaffen wurde;

20.  fordert die Einrichtung einer Website zur Einreichung von Beschwerden; betont, dass diese Website für die Öffentlichkeit zugänglich sein und die Anonymität ihrer Daten schützen sollte;

21.  fordert die Kommission auf, einen klaren Rechtsrahmen vorzulegen, durch den gewährleistet wird, dass Personen, die illegale oder ethisch fragwürdige Tätigkeiten aufdecken, vor Vergeltung oder Verfolgung geschützt sind;

22.  fordert die Kommission auf, konkrete Vorschläge für den uneingeschränkten Schutz von Personen vorzulegen, die illegale Tätigkeiten und Unregelmäßigkeiten aufdecken, und einen umfassenden Plan zu erarbeiten, um den Transfer von Vermögenswerten in Drittländer zu verhindern, die die Anonymität korrupter Personen schützen;

23.  betont, dass gewährleistet werden muss, dass Berichterstattungsmechanismen zugänglich und sicher sind und die Behauptungen von Hinweisgebern professionell untersucht werden;

24.  fordert die Kommission und die Europäische Staatsanwaltschaft – insofern als sie im Zuge ihrer Einrichtung damit beauftragt wird – auf, gut funktionierende Kommunikationskanäle zwischen den betroffenen Parteien zu schaffen, gleichermaßen Verfahren für die Entgegennahme der Meldungen von Missständen im Zusammenhang mit den finanziellen Interessen der Union und den Schutz von Personen, die diese Missstände melden, einzuführen und einheitliche Arbeitsanweisungen für den Schutz von Hinweisgebern vorzusehen;

25.  fordert alle Organe und Einrichtungen der Union auf, die Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, damit Hinweisgeber von diesen Organen und Einrichtungen in allen Fällen, die diese betreffen oder betroffen haben und die vom Gerichtshof der Europäischen Union als solche anerkannt wurden, auch rückwirkend als Informanten anerkannt, geachtet und behandelt werden; fordert die Organe und Einrichtungen der Union außerdem auf, das gesamte Organ bzw. die gesamte Einrichtung öffentlich und glaubwürdig von den entsprechenden Gerichtsurteilen in Kenntnis zu setzen;

26.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dem Parlament sämtliche Informationen zu übermitteln, die ihnen im Zusammenhang mit den finanziellen Interessen der Union von Hinweisgebern vorgelegt wurden, und in ihre jährlichen Tätigkeitsberichte ein Kapitel über die Hinweise und die jeweiligen Folgemaßnahmen aufzunehmen; regt an, dass das Parlament die Richtigkeit der Informationen überprüft, um entsprechende Maßnahmen zu ergreifen;

27.  fordert die Kommission auf, eine öffentliche Konsultation durchzuführen, um festzustellen, wie die Akteure die Berichterstattungsmechanismen und die möglichen Mängel der Verfahren auf einzelstaatlicher Ebene beurteilen; ist der Auffassung, dass die Ergebnisse der öffentlichen Konsultation der Kommission wichtige Einblicke für die Ausarbeitung ihres künftigen Vorschlags zur Meldung von Missständen geben werden;

28.  ersucht die unabhängige Stelle der EU und, solange diese noch nicht besteht, das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF), einen jährlichen Bericht über die Bewertung des Schutzes von Hinweisgebern in der Europäischen Union zu verfassen und zu veröffentlichen;

29.  fordert ferner den Rechnungshof auf, einen gesonderten Abschnitt, der sich mit der Rolle der Hinweisgeber beim Schutz der finanziellen Interessen der Union befasst, in seine Jahresberichte aufzunehmen;

30.  ersucht die Agenturen der EU, eine schriftliche Strategie für den Schutz von Personen, die Missstände melden, vor Vergeltungsmaßnahmen vorzulegen;

31.  begrüßt, dass das Parlament, die Kommission, der Rat der Europäischen Union, der Gerichtshof der Europäischen Union, der Europäische Rechnungshof, der Europäische Auswärtige Dienst, der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss, der Ausschuss der Regionen, die Europäische Bürgerbeauftragte und der Europäische Datenschutzbeauftragte interne Bestimmungen für den Schutz von Hinweisgebern gemäß den Artikeln 22a, 22b und 22c des Statuts der Beamten umgesetzt haben; fordert alle Organe nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass ihre internen Bestimmungen für den Schutz von Personen, die Missstände melden, solide und umfassend sind;

32.  regt an, dass in den Mitgliedstaaten Daten, Referenzwerte und Indikatoren zu den Strategien für die Meldung von Missständen sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor entwickelt werden;

33.  weist erneut darauf hin, dass in der Durchführungsrichtlinie (EU) 2015/2392 der Kommission Meldeverfahren, Dokumentationsanforderungen und Maßnahmen zum Schutz von Informanten festgelegt sind; hält es für außerordentlich wichtig, zu garantieren, dass Informanten vertraulich Meldung über Verstöße machen können und ihre Anonymität – auch in einem digitalen Umfeld – ordnungsgemäß und vollständig gewahrt ist; bedauert hingegen, dass es sich dabei um einen der wenigen sektorspezifischen Rechtstexte handelt, die Bestimmungen zu Informanten enthalten;

34.  fordert die Kommission auf, bewährte Verfahren aus bestehenden Whistleblowing-Programmen zu untersuchen, die bereits in anderen Ländern der Welt umgesetzt wurden; weist darauf hin, dass in einigen bestehenden Programmen eine finanzielle Belohnung der Informanten vorgesehen ist (etwa ein prozentualer Anteil an den verhängten Strafgeldern); ist der Ansicht, dass mit solchen Anreizen zwar sorgfältig umzugehen ist, um einen möglichen Missbrauch zu verhindern, sie den Personen, die ihre Beschäftigung aufgrund der Meldung von Unregelmäßigkeiten verloren haben, aber auch ein großes Einkommen verschaffen könnten;

35.  fordert die Mitgliedstaaten auf, das Verhalten von Informanten nicht unter Strafe zu stellen, wenn sie illegale Tätigkeiten oder Unregelmäßigkeiten melden, die den finanziellen Interessen der Union zuwiderlaufen;

36.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1) ABl. C 208 vom 10.6.2016, S. 89.
(2) ABl. L 157 vom 15.6.2016, S. 1.

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