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Europawahlen 1999 Meilensteine 1994 - 1999 |
Klonen von Menschen nicht patentierbar
Die Beine eines Fußballstürmers oder der Mund eines
Fotomodells werden auch in Zukunft nicht patentiert werden können. Dagegen sind
biotechnologische Erfindungen nunmehr patentierbar. Ein Beispiel: Wenn ein Forscher
herausfindet, daß mit Hilfe einer bestimmten Erbinformation (Gen-Se quenz) ein neues
Medikament hergestellt werden kann oder daß durch das Einfügen einer anderen Gen-Sequenz
Nutzpflanzen widerstandsfähiger gegen Wasserknappheit werden und man sie deshalb in sehr
trockenen Gegenden anbauen kann, dann ist dies in Zukunft in der EU patentierfähig. Die lange Arbeit hat sich gelohnt: Es ist dem EP nach zähem
Ringen und in vereinter Anstrengung mit Kommission und Rat gelungen, den rechtsfreien Raum
auf dem Gebiet der biotechnologischen Patente zu schließen. Das bedeutet zugleich: Der
Informationsstand der Öffentlichkeit und der an diesem Thema besonders interessierten
gesellschaftlichen Gruppen wird qualitativ verbessert, denn Patente werden
veröffentlicht. Kräftemessen Kaum ein Thema war in dieser Legislaturperiode so umstritten
wie die Richtlinie zur Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen. Mit dem ersten
Kommissionsvorschlag und dem nach langwierigen Verhandlungen im Vermittlungsausschuß
zwischen Parlament und Rat ausgehandelten Kompromiß war die Mehrheit der Abgeordneten
sehr unzufrieden; sie lehnte ihn am 1. März 1995 ab. Damit setzte sich das Plenum zum
ersten Mal über einen im Vermittlungsausschuß ausgehandelten Gesetzestext hinweg. Heftig umstritten war vor allem die Keimbahntherapie, bei der
das Erbgut in den Fortpflanzungszellen verändert wird, so daß alle nachfolgenden
Generationen dieses veränderte Erbgut in sich tragen. Andere Problempunkte waren die
genaue begriffliche Abgrenzung zwischen "Entdeckung" und "Erfindung"
und die Patentierbarkeit von Pflanzen und Tieren. Während die Ablehnung des Gesetzestextes von
Umweltverbänden begrüßt wurde, wurde sie von Industrie und Forschern stark kritisiert.
Die Kommission sah sich daher gezwungen, einen zweiten Vorschlag vorzulegen. Dies geschah
im Januar 1997. Nach Ansicht des Parlaments war jedoch auch dieser Vorschlag
verbesserungsbedürftig. Im Juli 1997 verabschiedete es in seiner ersten Lesung im Rahmen
des Mitentscheidungsverfahrens eine große Anzahl von Änderungen. Diese lieferten nicht
nur Regelungen für die umstrittenen Punkte, sondern machten den Text zugleich logischer
und merzten Zweideutigkeiten aus. Hierbei trug das EP nicht nur den Bedenken von
Umweltverbänden, Kirchen und einzelnen Bürgern Rechnung, die sich an die Abgeordneten
gewandt hatten, sondern auch den Bedürfnissen von Wirtschaft und Forschung. Grenzen der Patentierbarkeit Da sich der Rat viele Änderungen des EP Wort für Wort zu
eigen machte, konnte auf ein Vermittlungsverfahren verzichtet und die Richtlinie im Mai
1998 verabschiedet werden. Durchgesetzt hat das EP eindeutige Formulierungen, die das
Kernstück der Regelung betreffen: Es können nur Erfindungen patentiert werden, aber
keine Entdeckungen. Es kann also nicht einfach das gesamte Erbgut eines Lebewesens
patentiert werden, sondern nur ein isolierter Bestandteil wie beispielsweise ein
bestimmter Abschnitt eines Gens, für den zudem eine gewerbliche Nutzung vorliegen muß.
Daß der menschliche Körper als Ganzes nicht patentiert werden kann, auch nicht in seinen
frühen Entwicklungsstadien, als Embryo beispielsweise, ist auf das EP zurückzuführen.
Pflanzensorten und Tierrassen sind ebenfalls von einer Patentierung ausgeschlossen. Ethikfragen Das EP hat durchgesetzt, daß keine Erfindung patentiert
werden darf, die gegen die guten Sitten verstößt. Dazu zählen das Klonen von Menschen
und die Keimbahntherapie. Um die ethischen Fragen klären zu können, die bei der Nutzung
biotechnologischer Patente auftreten, wurde auf Initiative des Parlaments ein
Ethikausschuß eingesetzt. Das EP bestand darauf, daß die Gene eines Menschen nicht
ohne sein Wissen und ohne seine Zustimmung patentiert werden können: Falls eine Erfindung
Gen-Sequenzen eines bestimmten Menschen verwendet, muß sein Name im Patentantrag genannt
werden und der Betroffene muß damit einverstanden sein. Zum Schutz seiner Privatsphäre
wird sein Name jedoch nicht veröffentlicht. Auch die Landwirte können aufatmen: Sie dürfen genetisch
verändertes Saatgut selbst für die Aussaat im nächsten Jahr vermehren, und sie dürfen
es sogar für die landwirtschaftliche Nutzung weiterverkaufen, allerdings nicht für die
Zucht. Gleiches gilt für die Viehwirtschaft. Ab dem Jahr 2000, wenn die Richtlinie in den Mitgliedstaaten
umgesetzt ist, werden in der EU biotechnologische Erfindungen patentiert werden können.
Damit ist nicht nur ein großer Schritt zur Rechtssicherheit für Forscher und Industrie
vollzogen, sondern auch das Recht der Öffentlichkeit auf Information verankert. Weitere Auskünfte: Judith ECKER (Tel. 0032-2-284 2629
oder E-mail jecker@europarl.eu.int)
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