Bekämpfung des Klimawandels

Bei der Bekämpfung der Treibhausgasemissionen gehört die Europäische Union zu den Vorreitern unter den Volkswirtschaften. Im Jahr 2020 gingen die Treibhausgasemissionen der EU gegenüber dem Stand von 1990 um 31% zurück und erreichten ihren niedrigsten Stand seit 30 Jahren, womit das Ziel der EU im Rahmen des Kyoto-Protokolls, die Emissionen bis 2020 um 20% zu senken, übertroffen wurde. Im Jahr 2019 legte die Kommission den europäischen Grünen Deal vor und hat nun ein Maßnahmenpaket vorgeschlagen, mit dem die Treibhausgasemissionen der EU im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris noch stärker, nämlich um 55% bis 2030, reduziert werden sollen und die Wirtschaft der EU bis 2050 dekarbonisiert werden soll.

Rechtsgrundlage und Ziele

In Artikel 191 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union wird die Bekämpfung des Klimawandels zu einem ausdrücklichen Ziel der Umweltpolitik der EU erklärt.

Hintergrund

Tätigkeiten des Menschen, wie der Einsatz fossiler Brennstoffe, die Rodung von Wäldern und die Landwirtschaft, führen zur Emission von Treibhausgasen, wie Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Distickstoffmonoxid (N2O) und Fluorkohlenwasserstoffen. Diese Treibhausgase absorbieren einen Teil der von der Erdoberfläche abgegebenen Wärme und verhindern, dass sie ins Weltall entweichen kann, was zur Erderwärmung beiträgt. Laut dem im März 2023 veröffentlichten Synthesebericht zum Sechsten Sachstandsbericht des Weltklimarats liegen die bewerteten bestmöglichen Schätzungen der durchschnittlichen Erderwärmung bis Ende des Jahrhunderts bei Werten zwischen 1,4 °C und 4,4 °C.

Die Erderwärmung führte und führt zu mehr extremen Wetterereignissen (etwa zu Überschwemmungen, Dürren, heftigen Regenfällen und Hitzewellen) sowie zu Waldbränden, dem Abschmelzen der Gletscher und dem Anstieg des Meeresspiegels. Aber auch der Verlust an biologischer Vielfalt, Pflanzenkrankheiten und Schädlingsbefall, Mangel an Nahrung und Frischwasser, Wüstenbildung sowie Migrationsbewegungen von Menschen, die vor diesen Gefahren fliehen, gehen damit einher. Wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge nimmt die Gefahr unumkehrbarer Veränderungen von katastrophalem Ausmaß erheblich zu, wenn die Erderwärmung um mehr als 2 °C – oder sogar bereits um 1,5 °C – gegenüber dem Temperaturniveau vor der Industrialisierung ansteigt.

Dem 2006 von der britischen Regierung veröffentlichten Stern-Bericht zufolge belaufen sich die Kosten der Maßnahmen gegen die Erderwärmung auf jährlich 1% des globalen BIP, während die Kosten der Untätigkeit mindestens 5%, im schlimmsten Fall sogar bis zu 20% des globalen BIP betragen könnten. Somit müsste nur ein geringer Prozentsatz des globalen BIP in eine CO2-arme Wirtschaft investiert werden; gleichzeitig würden die Maßnahmen gegen den Klimawandel einen weitaus größeren Nettonutzen mit sich bringen.

Das Kyoto-Protokoll war das erste internationale Übereinkommen, in dem rechtsverbindliche Ziele für die Senkung der Treibhausgasemissionen festgelegt wurden. Es wurde am 11. Dezember 1997 verabschiedet und trat 2005 in Kraft. Das Protokoll wurde von 192 Parteien ratifiziert und war ein wegweisendes internationales Übereinkommen zur Bekämpfung des Klimawandels. Es sah die Pflicht für die Industrieländer vor, ihre Treibhausgasemissionen gemäß den vereinbarten individuellen Zielen zu senken. Hierfür galt der Grundsatz der „gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und jeweiligen Fähigkeiten“. Im Dezember 2015 wurde auf der 21. Konferenz der Vertragsparteien (COP21) des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen in Paris das erste universelle Übereinkommen zur Bekämpfung des Klimawandels verabschiedet. Das Ziel des Übereinkommens von Paris besteht darin, den Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur „deutlich unter“ 2 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten. Gleichzeitig wird eine Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 1,5 °C angestrebt. Hierzu sind die Vertragsparteien bemüht, den Scheitelpunkt der weltweiten Treibhausgasemissionen möglichst rasch zu erreichen und in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts Emissionsneutralität zu erreichen. Auch die Finanzströme sollen an diesen Zielen ausgerichtet werden. Erstmalig müssen alle Vertragsstaaten ambitionierte Anstrengungen unternehmen, um ihre Treibhausgasemissionen zu reduzieren, und sich dabei nach dem Grundsatz der „gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und jeweiligen Fähigkeiten“ (also entsprechend ihren jeweiligen Gegebenheiten und Möglichkeiten) richten. Sie müssen ihre Klima-Aktionspläne (ihre „national festgelegten Beiträge“) alle fünf Jahre aktualisieren und sie in transparenter Weise kommunizieren. Die am stärksten gefährdeten und am wenigsten entwickelten Länder und die kleinen Inselstaaten unter den Entwicklungsländern, werden sowohl finanziell als auch durch den Aufbau von Kapazitäten unterstützt. Die Anpassung an den Klimawandel (z. B. Gewässerschutz, Fruchtfolge, staatliche Planung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit, Erhöhung von Deichen, Verlegung von Häfen usw.) und die Eindämmung des Klimawandels (z. B. vermehrte Nutzung erneuerbarer Energien, Förderung von Verhaltensänderungen usw.) werden als weltweite Herausforderungen anerkannt. Das gilt ebenso für die äußerst wichtige Beschäftigung mit den „Verlusten und Schäden“, die sich aufgrund der negativen Auswirkungen des Klimawandels ergeben. Für die Ratifikation musste der Schwellenwert von mindestens 55 Vertragsparteien, die insgesamt mindestens 55% der weltweiten Treibhausgasemissionen verursachen, erreicht werden. Von der EU wurde das Übereinkommen von Paris am 5. Oktober 2016 ratifiziert, sodass es am 4. November 2016 in Kraft treten konnte.

Ziele und Erfolge

A. Anstrengungen der EU zur Eindämmung des Klimawandels

Die EU hat sich in ihrem Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030, der 2014 im Vorfeld des Übereinkommens von Paris vereinbart wurde, dazu verpflichtet, bis 2030 die Treibhausgasemissionen um mindestens 40% gegenüber 1990 zu senken, die Energieeffizienz um 32,5% zu steigern und den Anteil der erneuerbaren Energiequellen am Endenergieverbrauch auf 32% zu erhöhen. Mit diesem Rahmen werden die „20-20-20“-Ziele weiterverfolgt, die 2007 von den Staats- und Regierungschefs der EU für 2020 festgelegt worden waren: eine Senkung der Treibhausgasemissionen um 20%, eine Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch auf 20% und eine Verringerung des Gesamtprimärenergieverbrauchs der EU um 20% (gegenüber dem Stand von 1990). All diese Ziele wurden in verbindliche legislative Maßnahmen umgesetzt, die zudem mit den Zielen der EU im Rahmen des Kyoto-Protokolls verknüpft wurden.

Das System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten (EHS) ist der erste und immer noch größte internationale CO2-Markt und ein wichtiges politisches Instrument der EU zur Bekämpfung des Klimawandels. Das 2005 eingerichtete EHS beruht auf dem „Cap-and-Trade“-Prinzip, d. h. einem Handelssystem mit festen Emissionsobergrenzen. Dabei wird ein Grenzwert („Cap“) für die gesamten Treibhausgasemissionen festgelegt, die von den über 11 000 Anlagen (Fabriken, Kraftwerken usw.) ausgestoßen werden dürfen, die Teil des Systems sind. Jeder Anlagenbetreiber erwirbt oder erhält „Emissionszertifikate“, die von den Mitgliedstaaten ausgegeben werden. Diese Zertifikate entsprechen jeweils einer Tonne CO2 und können – sofern sie nicht verwendet werden – zwischen den Anlagenbetreibern gehandelt werden. Im Laufe der Zeit wird die Anzahl der Zertifikate schrittweise reduziert. Zwei neue Fonds – ein Modernisierungs- und ein Innovationsfonds – tragen dazu bei, die Energiesysteme in den einkommensschwächeren Mitgliedstaaten der EU zu modernisieren und Innovationen voranzutreiben, indem Vorhaben in den Bereichen erneuerbare Energieträger, CO2-Abscheidung und -Speicherung und CO2-arme Vorhaben finanziell unterstützt werden. Die Emissionen des Luftverkehrs fallen ebenfalls unter das EHS. Die Ausnahmeregelung für Interkontinentalflüge wurde jedoch bis Ende 2023 verlängert, dem geplanten Beginn der ersten Phase des Systems zur Verrechnung und Reduzierung von Kohlenstoffdioxid für die internationale Luftfahrt der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO). Die Schweiz und die EU haben vereinbart, ihre Systeme für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten miteinander zu verknüpfen.

Emissionen aus Wirtschaftszweigen, die nicht unter das EHS fallen, etwa Straßenverkehr, Abfall, Landwirtschaft und Gebäude, sind Gegenstand der bindenden jährlichen Ziele der einzelnen Mitgliedstaaten zur Senkung der Treibhausgasemissionen. Diese Ziele werden in der Lastenteilungsverordnung festgelegt. Das Parlament und der Rat haben sich auf Mindestziele für den Zeitraum 2021-2030 geeinigt. Damit soll das Ziel der EU unterstützt werden, die Treibhausgasemissionen dieser Wirtschaftszweige im Vergleich zu 2005 um 30% zu senken, und zur Verwirklichung der Ziele des Übereinkommens von Paris beigetragen werden. Außerdem muss erstmalig jeder Mitgliedstaat dafür sorgen, dass die Emissionen aus Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft den Abbau nicht übersteigen. Anders gesagt, Wälder, Anbauflächen und Grünland müssen nachhaltig bewirtschaftet werden, damit möglichst viele Treibhausgasemissionen aus der Atmosphäre absorbiert werden, und zwar mindestens so viele, wie in diesem Wirtschaftszweig verursacht werden (Verbot der Minusbilanz). Damit wird ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz geleistet.

Mit der Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen soll bis 2030 sichergestellt werden, dass erneuerbare Energieträger wie Solarenergie, Wind, Wasserkraft und Biomasse als anfängliches Ziel mindestens 32% des Gesamtenergieverbrauchs der EU für Stromerzeugung, Verkehr, Heizung und Kühlung decken. Jeder Mitgliedstaat muss dabei seinen eigenen nationalen Aktionsplan für Energie aus erneuerbaren Quellen beschließen und auch Zielvorgaben für die einzelnen Wirtschaftszweige festlegen. Damit in der Verkehrsbranche verstärkt Energie aus erneuerbaren Quellen verwendet wird, müssen die Mitgliedstaaten die Kraftstoffanbieter verpflichten, bis 2030 dafür zu sorgen, dass der Anteil erneuerbarer Energiequellen am Endenergieverbrauch des Verkehrssektors mindestens 14% beträgt.

In der Neufassung der Richtlinie zur Energieeffizienz aus dem Jahr 2018 wird festgelegt, dass die EU bis 2030 (berechnet auf der Grundlage des Referenzszenarios 2007) eine Energieeffizienz von 32,5% erreichen soll, wobei bis 2023 eine Korrektur dieses Ziels nach oben vorgesehen ist. Zudem wurde im Mai 2018 die überarbeitete Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden angenommen. Sie umfasst Maßnahmen, mit denen die Gebäuderenovierung und der Übergang zu energieeffizienteren Systemen und intelligenten Energiemanagementsystemen beschleunigt werden sollen.

Darüber hinaus wird mit der Verordnung über das Governance-System erstmals ein transparentes Governance-Verfahren eingeführt, das dazu dient, die Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele der Energieunion und des Klimaschutzes der EU zu verfolgen. Die Verordnung umfasst auch Vorschriften zur Überwachung und Berichterstattung in diesem Bereich. Die Mitgliedstaaten werden zudem verpflichtet, integrierte nationale Energie- und Klimapläne für den Zeitraum 2021-2030 zu verabschieden. Im September 2020 nahm die Kommission eine Bestandsaufnahme der abschließenden Pläne vor und bestätigte, dass diese insgesamt mit den Zielen der Union für 2030 vereinbar sind, allerdings nicht im Bereich Energieeffizienz, wo die Ambitionen bis 2030 noch nicht ausreichend sind. Im Rahmen des Governance-Verfahrens ist auch die Möglichkeit vorgesehen, die Pläne alle zwei Jahre zu aktualisieren, damit den Erfahrungen Rechnung getragen wird und in den verbleibenden Jahren des Jahrzehnts neue Möglichkeiten genutzt werden können.

Mithilfe der Technologie zur Abscheidung und Lagerung von Kohlendioxid wird CO2 aus atmosphärischen Emissionen (aus Industrieprozessen) abgeschieden, komprimiert und zu einem Standort verbracht, der zur Lagerung geeignet ist. Dem Weltklimarat zufolge können mit dieser Technologie 80 bis 90% der CO2-Emissionen aus mit fossilen Brennstoffen betriebenen Kraftwerken abgeschieden werden. Die Umsetzung der vorgesehenen Demonstrationsvorhaben in der EU hat sich allerdings insbesondere wegen der hohen Kosten als schwieriger als zunächst erwartet erwiesen.

Neue Personenkraftwagen, die in der EU zugelassen werden, müssen bestimmte CO erfüllen. Diese sehen ab 2021 einen für die gesamte EU-Flotte geltenden Zielwert von 95 g/km für Pkw vor. Um für die Wirtschaft Anreize für Investitionen in neue Technologien zu schaffen, können Begünstigungen („Super-Credits“) eingesetzt werden. Dabei können bei der Berechnung der durchschnittlichen CO2-Emissionen die umweltfreundlichsten Fahrzeuge jedes Herstellers als mehr als ein Fahrzeug gewichtet werden.

Darüber hinaus ist die Kraftstoffqualität ein wichtiger Faktor bei der Verringerung der Treibhausgasemissionen. Mittels Unionsrechtsvorschriften sollte die Treibhausgasintensität von Kraftstoffen bis 2020 um 6% reduziert werden. Dies sollte unter anderem durch die Verwendung von Biokraftstoffen erreicht werden, die ebenfalls bestimmten Nachhaltigkeitskriterien genügen mussten.

Der internationale Seeverkehr verursacht erhebliche CO2-Emissionen, und es wird erwartet, dass diese in Zukunft noch beträchtlich ansteigen. Die EU fordert daher eine globale Herangehensweise. Zur Senkung der entsprechenden Emissionen hat sie derweil als ersten Schritt ein EU-weites System für die Überwachung, Berichterstattung und Prüfung mit Blick auf die CO eingeführt. Alle großen Schiffe müssen ihre geprüften CO2-Emissionen, die sie auf dem Weg zu und von Häfen in der EU, sowie innerhalb dieser Häfen ausstoßen, und weitere einschlägige Daten messen und jährlich melden.

Nach dem Verbot von Fluorchlorkohlenwasserstoffen in den 1980er-Jahren zum Schutz der Ozonschicht werden heute in einer Reihe industrieller Anwendungen wie Klima- und Kühlanlagen fluorierte Gase (F-Gase) verwendet, die die Ozonschicht nicht schädigen. Dennoch können diese ein Treibhauspotential aufweisen, das bis zu 25 000 Mal höher liegt als das von CO2. Außerdem soll die Verwendung dieser F-Gase in neuen Klima- und Kühlanlagen im Zeitraum 2022-2025 auslaufen. Die EU gibt somit das Tempo für den weltweiten Ausstieg vor.

B. Der europäische Grüne Deal

Am 11. Dezember 2019 legte die Kommission mit dem europäischen Grünen Deal ein ambitioniertes Maßnahmenpaket vor, das die EU in die Lage versetzen soll, bis 2050 CO2-neutral zu werden. Die Maßnahmen gehen mit einem Fahrplan für die wichtigsten Strategien einher und reichen von umfassenden Emissionssenkungen bis hin zu Investitionen in Spitzenforschung und Innovation und zur Erhaltung der natürlichen Umwelt in Europa. Unterstützt durch Investitionen in umweltfreundliche Technologien, nachhaltige Lösungen und neue Unternehmen soll der Grüne Deal auch als neue Wachstumsstrategie für die EU wirken, damit sich die EU in eine nachhaltige und wettbewerbsgeprägte Wirtschaft verwandelt. Die Einbeziehung und das Engagement der Öffentlichkeit und aller Interessenträger sind für den Erfolg des Grünen Deals von entscheidender Bedeutung. Zu den wichtigsten Maßnahmen, die im Rahmen des europäischen Grünen Deals vorgeschlagen wurden, gehört das europäische Klimagesetz, mit dem für eine klimaneutrale EU bis 2050 gesorgt werden soll. Insbesondere ist vorgesehen, das Ziel für 2030 zu erhöhen und die Treibhausgasemissionen auf mindestens 55% gegenüber dem Stand von 1990 zu senken. Weitere Vorschläge der Kommission umfassen zudem die Mitteilungen zum Investitionsplan für ein zukunftsfähiges Europa und zum europäischen Klimapakt, die Vorschläge für eine Verordnung zur Einrichtung des Fonds für einen gerechten Übergang und zur Überarbeitung der Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur, die EU-Strategien zur Integration des Energiesystems und zu Wasserstoff sowie eine neue EU-Strategie für die Anpassung an den Klimawandel.

Am 14. Juli 2021 hat die Kommission ein Paket von Gesetzgebungsvorschlägen mit dem Ziel vorgelegt, die EU „fit für 55“ zu machen und den Wandel herbeizuführen, der in Wirtschaft, Gesellschaft und Industrie auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2050 erforderlich ist. Diese Vorschläge umfassen die Ausweitung des EHS auf den Seeverkehr, den Straßenverkehr und Gebäude sowie sauberere Kraftstoffe für den Luft- und Seeverkehr, einschließlich einer neuen Infrastruktur für alternative Kraftstoffe. Am 17. Dezember 2022 einigten sich das Parlament und der Rat auf ehrgeizigere Maßnahmen zur Reform des EHS: Es wird eine Senkung der Emissionen bis 2030 um 62% gegenüber dem Stand von 2005 angestrebt. Um die Mitgliedstaaten bei ihren Bemühungen um eine Verringerung der Emissionen aus Gebäuden, dem Straßenverkehr und bestimmten Industriesektoren zu unterstützen, wird 2027 ein neues, separates Emissionshandelssystem (EHS II) eingeführt. Das Gesetzgebungspaket umfasst zudem das neue CO, mit dem der Verlagerung von CO2-Emissionen entgegengewirkt werden soll, den neuen Klima-Sozialfonds sowie verbesserte Modernisierungs- und Innovationsfonds.

Mit der (im März 2023 als Teil des „Fit für 55“-Pakets gebilligten) Lastenteilungsverordnung hat sich die EU noch ehrgeizigere Klimaziele gesteckt. Insbesondere müssen alle unter die Verordnung fallenden Sektoren ihre Emissionen bis 2030 gemeinsam um 40% gegenüber dem Stand von 2005 senken. In der Neufassung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie wird vorgeschlagen, die verbindliche Zielvorgabe für den Anteil erneuerbarer Energiequellen am Energiemix der EU auf 42,5% anzuheben.

Die Überarbeitung der Energieeffizienz-Richtlinie, die nach den interinstitutionellen Verhandlungen im März 2023 beschlossen wurde, führte zur Festlegung eines ehrgeizigen rechtsverbindlichen EU-Energieeffizienzziels im Sinne einer Verringerung des Endenergieverbrauchs von 11,7% bis 2030 gegenüber 2020.

Darüber hinaus legte die Kommission am 5. April 2022 einen verstärkten Vorschlag für F-Gase vor, in dem darauf abgezielt wird, bis 2030 40 Mio. Tonnen CO2-Emissionen einzusparen. Am 14. Oktober 2020 legte die Kommission auch eine EU-Strategie zur Verringerung der Methanemissionen vor. Methan ist nach CO2 der zweitgrößte Verursacher des Klimawandels. Die Verringerung der Methanemissionen ist daher von entscheidender Bedeutung, um die Klimaziele für 2030 und das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Die Kommission hat am 15. Dezember 2021 einen weiteren Vorschlag zur Verringerung der Methanemissionen im Energiebereich in Europa und in der globalen Lieferkette vorgelegt.

Mit der Neufassung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, die am 15. Dezember 2021 angenommen wurde, wird der bestehende Rechtsrahmen verbessert und gleichzeitig den Mitgliedstaaten die nötige Flexibilität eingeräumt, um den Unterschieden im Gebäudebestand in Europa Rechnung zu tragen. Die Richtlinie wird derzeit überarbeitet. Am 14. März 2023 billigte das Parlament bei seiner Plenartagung seinen Standpunkt zu der Richtlinie und nahm vor den Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten eine noch ehrgeizigere Position ein. In der überarbeiteten Richtlinie wird dargelegt, wie Europa bis 2050 einen emissionsfreien und vollständig dekarbonisierten Gebäudebestand erreichen kann. Im Februar 2023 einigten sich das Parlament und der Rat auf ein weiteres, für die gesamte EU-Flotte geltendes Ziel bis 2030: 55% für neue Pkw und 50% für neue leichte Nutzfahrzeuge. Ferner legten sie für neue Lkw ein Reduktionsziel der CO2­Emissionen um 30% fest. Als Zwischenziel bis 2025 wurden 15% vereinbart. Die Überarbeitung der Verordnung über Landnutzung, Forstwirtschaft und Landwirtschaft wurde am 14. März 2023 vom Parlament angenommen. Dabei wurde ein neues Ziel für die Erhöhung der Kohlenstoffsenken der EU bis 2030 um 15% festgelegt.

Am 23. März 2023 erzielten das Parlament und der Rat eine informelle Einigung über das Gesetz über nachhaltige Schiffskraftstoffe, mit dem die Schiffsemissionen bis 2025 um 2% und bis 2050 um 80% gesenkt werden sollen. Darüber hinaus müssen mit Ökostrom hergestellte E-Fuels bis 2034 mindestens 2% der Schiffskraftstoffe in der EU ausmachen. Der nächste Schritt im Gesetzgebungsverfahren wird eine formelle Einigung über das Dossier sein, das Teil des „Fit für 55“-Pakets ist.

Rolle des Europäischen Parlaments

Bei den interinstitutionellen Verhandlungen mit dem Europäischen Rat vertritt das Parlament mit Blick auf den Klimawandel in der Regel einen Standpunkt, der auf ambitionierte Maßnahmen der EU ausgerichtet ist.

Vor der COP 21 im Jahr 2015 bekräftigte das Parlament, dass „die Emissionen des internationalen Luft- und Seeverkehrs mit der gebotenen Strenge und Dringlichkeit wirksam geregelt und begrenzt werden“ müssen. Es brachte seine Enttäuschung darüber zum Ausdruck, dass die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) keine Einigung über Emissionssenkungen erzielt hatte. Stattdessen wurde das System zur Verrechnung und Reduzierung von Kohlenstoffdioxid für die internationale Luftfahrt eingeführt, dessen Schwerpunkt hauptsächlich auf Kompensationen liegt, wobei keine Qualitätsgarantien bestehen. Das System wird zudem erst ab 2027 rechtlich bindend. Ferner haben wichtige ICAO-Mitglieder bislang noch nicht ihre Teilnahme an der freiwilligen Phase zugesagt.

Das Parlament setzt sich für ein breit angelegtes Preissystem für CO2-Emissionen und für die Zuteilung von Einnahmen aus dem Handel mit Emissionsberechtigungen für klimaschutzrelevante Investitionen ein. Es forderte konkrete Schritte, wozu auch ein Zeitplan für die allmähliche Abschaffung sämtlicher Subventionen für fossile Energieträger gehörte.

Zuvor hatte das Parlament mit Blick auf eine Aktualisierung zu den CO2-Emissionen von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen nachdrücklich die schnellstmögliche Einführung des von den Vereinten Nationen festgelegten globalen Testzyklus gefordert, um bei der Messung der CO2-Emissionen dem realen Fahrbetrieb Rechnung zu tragen.

Im Hinblick auf die 24. Konferenz der Vertragsparteien in Kattowitz forderte das Parlament in seiner Entschließung vom 25. Oktober 2018 erstmals eine Anhebung des EU-Ziels mit Blick auf die Verringerung der Treibhausgasemissionen auf 55% bis 2030. Das Parlament war zudem der Ansicht, dass die tief greifenden und höchstwahrscheinlich unumkehrbaren Auswirkungen eines Anstiegs der globalen Temperaturen um 2 °C vermieden werden könnten, wenn das ehrgeizigere Ziel von 1,5 °C aus dem Übereinkommen von Paris erreicht würde, wofür allerdings die steigenden globalen Treibhausgasemissionen bis spätestens 2050 auf netto null sinken müssten. Aus diesem Grund forderte es die Kommission auch auf, eine langfristige Strategie der EU zur Treibhausgasneutralität bis Mitte des Jahrhunderts vorzuschlagen.

Im Juli 2018 nahm das Parlament eine Entschließung zur Klimadiplomatie der EU an und betonte darin, dass die EU die Verantwortung habe, bei den weltweiten Klimaschutzmaßnahmen und auch bei der Konfliktprävention eine Vorreiterrolle einzunehmen. Es betonte, die diplomatischen Kapazitäten der EU sollten mit dem Ziel gestärkt werden, weltweit Klimaschutzmaßnahmen zu fördern, die Umsetzung des Übereinkommens von Paris zu unterstützen und Konflikte im Zusammenhang mit dem Klimawandel zu verhindern.

Am 28. November 2019 rief das Parlament den Klimanotstand in Europa aus und forderte alle Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, sich zur Verwirklichung der Treibhausgasneutralität bis 2050 zu verpflichten. Das Parlament forderte die Kommission außerdem auf, dafür zu sorgen, dass alle einschlägigen Gesetzgebungs- und Haushaltsvorschläge umfassend auf das Ziel abgestimmt sind, die globalen Erwärmung auf unter 1,5° C zu begrenzen.

Am 8. Oktober 2020 nahm das Parlament sein Verhandlungsmandat für das europäische Klimagesetz an und forderte, das Emissionsreduktionsziel für 2030 auf 60% anzuheben. Zwar wurde in der interinstitutionellen Vereinbarung, die am 21. April 2021 zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat erzielt wurde, das von der Kommission vorgeschlagene Ziel von 55% bestätigt, aber dem Parlament gelang es, den Stellenwert und den Beitrag der Entnahme von Kohlendioxid zu steigern, wodurch dieses Ziel auf 57% erhöht werden kann. Darüber hinaus soll die Kommission im Einklang mit dem Mandat des Parlaments spätestens sechs Monate nach der ersten weltweiten Bestandsaufnahme mit Blick auf das Übereinkommen von Paris unter Berücksichtigung des voraussichtlichen Treibhausgasbudgets der EU einen Vorschlag für ein Ziel für 2040 vorlegen. Angesichts der Bedeutung unabhängiger wissenschaftlicher Beratung wurde zudem gemäß dem Vorschlag des Parlaments der Europäische Wissenschaftliche Beirat für Klimawandel eingerichtet, der die Kohärenz der Politik bewerten und die Fortschritte überwachen soll.

In einem im Januar 2023 veröffentlichten Bericht mit dem Titel „Scientific advice for the determination of an EU-wide 2040 climate target and a greenhouse gas budget for 2030-2050“ bietet der Europäische Wissenschaftliche Beirat für Klimawandel den EU-Organen eine wissenschaftlich fundierte Schätzung eines Klimaziels für 2040 und ein Treibhausgas-Emissionsbudget für den Zeitraum 2030-2050. Laut diesem Bericht muss die EU bis 2040 eine Senkung der Nettoemissionen von 90 bis 95% gegenüber dem Stand von 1990 anstreben.

Am 15. September 2022 nahm das Parlament eine Entschließung zu den Auswirkungen von Dürre, Bränden und anderen extremen Wetterereignissen an, mit der die Bemühungen der EU zur Bekämpfung des Klimawandels weiter verstärkt werden sollten.

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auf der Website des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit.

 

Georgios Amanatidis