Schiefergas: saubere Energie oder Umweltrisiko?

Schiefergas gilt als saubere Alternative zu Kernenergie und Öl. In den USA ist die Technik bereits weit verbreitet, in der EU wird sie bisher nur getestet. Doch das Interesse wächst. Anwohner und Umweltschützer aber fürchten negative Auswirkungen auf Natur und Menschen. Experten diskutierten dazu nun mit EU-Abgeordneten des Umweltausschusses.

Polen hofft mit Schiefergas unabhängiger von Energieimporten zu werden. Doch die Bohrungen sind umstritten. EU-Abgeordnete diskutierten nun Vor- und Nachteile  ©BELGA/AFP/J.Skarzynski
Polen hofft mit Schiefergas unabhängiger von Energieimporten zu werden. Doch die Bohrungen sind umstritten. EU-Abgeordnete diskutierten nun Vor- und Nachteile ©BELGA/AFP/J.Skarzynski

In den USA spricht man bereits von einer Energierevolution: Schiefergas aus 1-2 Kilometer tiefen Gesteinsschichten hat die Kosten für Erdgas deutlich gesenkt. War das Land bisher von Importen abhängig, um den Gasverbrauch zu decken, wird es in Zukunft Gas exportieren.


Energieunabhängigkeit für Europa?


Auch in Europa gibt es große Schiefergasvorkommen, die aber schwieriger zu nutzen sind als in den USA und bisher kaum abgebaut wurden. Polen möchte das nun ändern. Geologen schätzen, dass das Land die größten Schiefergasressourcen in der EU besitzt. Auch sei genügend Wasser vorhanden.


Wasser ist wichtig, um das Gas aus dem Gestein zu lösen. Unter hohem Druck wird Wasser in tiefe Schieferlagen gepresst. Angereichert mit aggressiven Chemikalien sprengt es das Gestein und das Gas kann abgepumpt werden. Der englische Begriff Fracking bezeichnet dieses Aufspalten des Gesteins.


Gefahren für Umwelt und Gesundheit


Doch die Technik hat Nachteile. Der Wasserverbrauch ist extrem hoch. Auch enthält das Abwasser gesundheitsschädliche Chemikalien und kann Grund- und Trinkwasser verunreinigen. Stürzen die zurückbleibenden Hohlräume ein, kann es sogar zu lokalen Erdbeben kommen. Schließlich werden klimaschädliche Treibhausgase wie Methan und CO2 freigesetzt. Das leicht entflammbare Methan hatte in den USA bereits für Explosionen in Wohnhäusern gesorgt.


In der EU fordert etwa Frankreich ein Verbot des Frackings. In Deutschland fordert etwa die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen einen Bohrstopp. Trotzdem erhofft sich Polen durch Schiefergas mehr Energieunabhängigkeit. Konzessionen für Probebohrungen wurden auch in Deutschland, Österreich, den Niederlanden, Schweden und England vergeben.


Experten-Workshop im EU-Parlament


Die EU-Kommission sah bisher aber keinen Grund für neue EU-weite Regeln. Die EU-Abgeordneten sehen das aber anders. Daher trafen sich die Mitglieder des Umweltausschusses Anfang März zu einem Workshop mit Umweltschützern, Geologen und Produktionsfirmen, um die Vor- und Nachteile von Schiefergas zu diskutieren. Als Berichterstatter leitete der polnische Christdemokrat Boguslaw Sonik die Veranstaltung.


Eines der größten Probleme, erklärte Paulina Jaramillo, Professorin von der US-amerikanischen  Carnagie Mellon University, sei der Umgang mit dem verschmutzten Abwasser.  Nach dem Fracking enthalte das verwendete Wasser sogar mehr Salz als Meerwasser, erklärte Robert B. Jackson von der US-Amerikanischen Duke University. Auch seien die verwendeten Chemikalien schädlich für Pflanzen und Tiere.


Mark Johnston von der Umweltschutzorganisation WWF verwies vor allem auf die Klimaschädlichkeit der Technik und bezeichnete Schiefergasbohrungen als Fehler.  


Der Pole Tomasz Maj, ein Vertreter der Bohr - und Förderfirma Talisman Energy Polska, verteidigte hingegen die Schiefergasförderung. Gasaustritte ins Trinkwasser seien ein Problem, beruhten jedoch auf unverantwortlichen Bohrungen. In Polen ginge man vorsichtiger vor. Radioaktive Marker im Bohrwasser erlaubten es, Bohrungen besser zu kontrollieren. Auch würden in Polen rund 85% der Abwässer recycelt und alle Informationen zu den verwendeten Chemikalien seien offen zugänglich.


Die nächsten Schritte


Das Europäische Parlament muss nun eventuelle Risiken des umstrittenen Verfahrens abwägen. Detaillierte Berichte zum Thema werden derzeit im Industrie- und im Umweltausschuss vorbereitet.