An welchen Handelsabkommen arbeitet die EU?

Die EU verhandelt Handelsabkommen mit Ländern aus der ganzen Welt. Die Abkommen können jedoch nur nach Zustimmung des EU-Parlaments in Kraft treten.

Die Bedeutung von Handelsabkommen

Handelsabkommen sind ein zentrales Element der EU-Handelspolitik, da sie ein wesentlicher Motor des Wirtschaftswachstums der Europäischen Union sind. Im Jahr 2022 war die EU der zweitgrößte Warenexporteur der Welt (14 Prozent) nach China (18 Prozent) und vor den USA (zehn Prozent). Sie war 2022 auch der zweitgrößte Importeur (15 Prozent) nach den USA (16 Prozent) und vor China (13 Prozent). Handelsabkommen eröffnen europäischen Firmen neue Geschäftsmöglichkeiten und schaffen mehr Arbeitsplätze. Zudem profitieren die Verbraucher von mehr Auswahlmöglichkeiten und niedrigeren Preisen.

Es gibt Bedenken, dass Handelsabkommen aufgrund des erhöhten Wettbewerbs in einigen Sektoren zu Arbeitsplatzverlusten führen. Handelsabkommen schaffen jedoch in der Regel mehr neue Arbeitsplätze als sie abbauen. Eine weitere Sorge ist, dass hohe Qualitätsstandards, wie sie zum Beispiel für Lebensmittel gelten, verwässert werden könnten. Die EU ist dank der Größe ihres Marktes jedoch in einer guten Position, um ihre eigenen hohen Standards auf ausländische Unternehmen zu übertragen.

Für die Abgeordneten sind Qualitätsstandards immer eine „rote Linie“. Versuche, Standards zu senken, können dazu führen, dass die Abgeordneten das Abkommen ablehnen. Zusätzlich bauen die EU-Verhandlungsführer oft Klauseln zum Schutz von Menschenrechten und Arbeitnehmerrechten in Handelsabkommen ein, um die Lage in Drittstaaten zu verbessern.

Verschiedene Arten von Abkommen

Die EU unterhält unterschiedliche Arten von Handelsabkommen mit Ländern auf der ganzen Welt. Die Abkommen können sich auf den Abbau oder die Beseitigung tarifärer Handelshemmnisse konzentrieren oder sie schaffen eine Zollunion, in der Binnenzölle abgeschafft und ein gemeinsamer Zolltarif für Importe aus Drittstaaten eingeführt werden.

Oftmals geht es aber nicht nur darum, Zölle abzubauen. Handelsabkommen können auch Investitionsregelungen umfassen. Dabei müssen Kernfragen wie die Beilegung von etwaigen Investitionsstreitigkeiten berücksichtigt werden. Eine Investitionsstreitigkeit ergibt sich zum Beispiel dann, wenn ein Unternehmen sich durch eine Entscheidung einer Regierung in ihrer Investitionstätigkeit in dem Land beeinträchtigt fühlt.

Schließlich spielt die Frage nichttarifärer Handelshemmnisse, wie sie über unterschiedliche Normen und Produktstandards wirksam werden, eine sehr wichtige Rolle. Die EU hat zum Beispiel den Einsatz bestimmter Hormone in der Rindermast aufgrund gesundheitlicher Bedenken verboten.

Abkommen über geografische Angaben wiederum schützen europäische regionale Spezialitäten wie Steirisches Kürbiskernöl, Münchener Bier, Polska Wódka oder Feta vor Fälschungen.

Europa

Die EU und das Vereinigte Königreich haben sich auf ein Abkommen über Handel und Zusammenarbeit geeinigt, in dem Handelsbedingungen wie zum Beispiel der Verzicht auf Kontingente und Zölle sowie faire Wettbewerbsregeln festgelegt sind.

Nordamerika

Das Freihandelsabkommen mit Kanada, das sogenannte Umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen (Comprehensive Economic Trade Agreement – CETA), trat am 21. September 2017 vorläufig in Kraft. Es wird vollständig in Kraft treten, sobald es von allen EU-Mitgliedstaaten ratifiziert worden ist.

Am 15. April 2019 genehmigte der Rat die Aufnahme von Verhandlungen mit den USA über ein Abkommen über die Abschaffung von Zöllen auf Industrieerzeugnisse und ein Abkommen über Konformitätsbewertungen. Über weitere Schritte muss noch entschieden werden. Im Juni 2021 gründeten die EU und die USA den EU-US-Handels- und Technologierat. Ziel ist es, in globalen Handels-, Wirtschafts- und Technologiefragen zusammenzuarbeiten und die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zu vertiefen.

Asien

Das Handelsabkommen zwischen der EU und Japan trat am 1. Februar 2019 in Kraft. Ein Abkommen mit Vietnam trat 2020 in Kraft.

Mit China laufen keine Freihandelsverhandlungen. Im September 2020 schlossen die EU und China ein Abkommen zum Schutz der geografischen Angaben von 100 europäischen und 100 chinesischen Produkten auf den Märkten der jeweils anderen Seite. Dieses Abkommen wurde am 11. November 2020 vom Parlament gebilligt. Das Abkommen wird in den nächsten vier Jahren auf weitere 175 europäische und chinesische Produkte ausgeweitet.

Im Dezember 2020 schlossen die EU und China die Verhandlungen über ein umfassendes Investitionsabkommen im Grundsatz ab. Das Abkommen gewährt EU-Investoren einen verbesserten Zugang zum chinesischen Markt.

Ozeanien

Im Juni 2022 haben die EU und Neuseeland ein Freihandelsabkommen geschlossen. Das Parlament stimmte dem Abkommen mit Neuseeland am 22. November zu. Es muss auch vom Rat gebilligt werden, bevor es in Kraft treten kann.

Die Verhandlungen über ein umfassendes Handelsabkommen mit Australien wurden am 18. Juni 2018 aufgenommen.

Lateinamerika

Am 29. Februar 2024 nahm das Parlament ein Handelsabkommen mit Chile an, mit dem ein bestehendes Abkommen aktualisiert wurde. Die Aktualisierung wird den zollfreien Zugang für etwa 99,9 Prozent der EU-Exporte ermöglichen, wodurch die EU-Exporte voraussichtlich um bis zu 4,5 Milliarden Euro steigen werden. Gleichzeitig erhält die EU einen leichteren Zugang zu wichtigen Rohstoffen wie Lithium und Kupfer. Einige sensible Agrargüter (Fleisch, bestimmte Obst- und Gemüsesorten sowie Olivenöl) werden nicht liberalisiert.

Im Juni 2019 wurde eine Einigung über ein Abkommen mit dem lateinamerikanischen Handelsblock Mercosur erzielt. Parlament und Rat müssen dem Abkommen noch zustimmen.

Die Verhandlungen mit Mexiko über die Modernisierung des Globalen Abkommens zwischen der EU und Mexiko begannen im Juni 2016. Am 21. April 2018 wurde eine politische Einigung erzielt. Die Zustimmung von Parlament und Rat steht noch aus.

Südliche Mittelmeerländer und Naher Osten

Die EU unterhält verschiedene Abkommen mit Ländern dieser Regionen. Es bestehen Assoziierungsabkommen, um vor allem den Handel mit Waren zu fördern. Gleichzeitig laufen Gespräche, die Abkommen mit einzelnen Ländern in Bereichen wie der Landwirtschaft und bei industriellen Standards auszuweiten.

Die Rolle des EU-Parlaments

Seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon (2009) ist die Zustimmung des EU-Parlaments erforderlich, damit ein Handelsabkommen in Kraft treten kann. Zudem müssen die EU-Abgeordneten regelmäßig über den Stand der Verhandlungen informiert werden.

Das Parlament zeigte in der Vergangenheit bereits, dass es im Falle ernster Bedenken nicht zögert, sein Veto einzulegen. So lehnten die EU-Abgeordneten im Jahr 2012 ein Übereinkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA) ab.

Bestehende, zur Unterzeichnung oder Ratifizierung anstehende oder in Verhandlung befindliche Abkommen

EU-Handelsabkommen

Ägypten

Honduras

Nordmazedonien

Albanien

Irak

Norwegen

Algerien

Island

Palästinensische Gebiete

Andorra

Israel

Papua-Neuguinea

Antigua und Barbuda

Jamaika

Peru

Armenien

Japan

Salomonen

Aserbaidschan

Jordanien

Samoa

Bahamas

Kamerun

San Marino

Barbados

Kanada

Schweiz

Belize

Kasachstan

Serbien

Bosnien und Herzegowina

Kolumbien

Seychellen

Botsuana

Komoren

Simbabwe

Chile

Korea, Republik

Singapur

Costa Rica

Kosovo

St. Kitts und Nevis

Côte d’Ivoire

Lesotho

St. Lucia

Dominica

Libanon

St. Vincent und die Grenadinen

Dominikanische Republik

Liechtenstein

Südafrika

Ecuador

Madagaskar

Suriname

El Salvador

Marokko

Swasiland

Färöer

Mauritius

Trinidad und Tobago

Fidschi

Mexiko

Tunesien

Georgien

Moldau

Türkei

Ghana

Montenegro

Ukraine

Grenada

Mosambik

Vereinigtes Königreich

Guatemala

Namibia

Vietnam

Guyana

Nicaragua

In Erwartung der Unterzeichnung oder Ratifizierung

Argentinien

Haiti

Paraguay

Benin

Kap Verde

Ruanda

Brasilien

Kenia

Senegal

Burkina Faso

Liberia

Sierra Leone

Burundi

Mali

Tansania

China (Investitionsabkommen)

Mauretanien

Togo

Gambia

Neuseeland

Uganda

Guinea

Niger

Uruguay

Guinea-Bissau

Nigeria

In Verhandlung

Australien

Indonesien

Singapur (Digitalisierungsabkommen)

Indien

Philippinen

Thailand


Quelle: Europäische Kommission (November 2023)

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Dieser Artikel wurde zum ersten Mal am 19. Oktober 2016 veröffentlicht und im November 2023 aktualisiert.