CETA: Interview mit Artis Pabriks

Das EU-Parlament hat am vergangenen Mittwoch (15.2.) dem Freihandelsabkommen CETA mit Kanada zugestimmt. Damit kann das "umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada" bereits ab April 2017 teilweise "vorläufig angewandt" werden. Nach der Abstimmung im Plenum haben wir mit dem Berichterstatter des Parlaments, dem lettischen EU-Abgeordneten Artis Pabriks (EVP), gesprochen. Er bezeichnet CETA als "Goldstandard" für künftige moderne Freihandelsabkommen.

Interview with Artis Pabriks, rapporteur on CETA
Artis Pabriks (EVP, LV)

Das EU-Parlament hat CETA gebilligt. Nach Jahren der Arbeit: Welche Bedeutung hat dies für Sie ganz persönlich?

Es bedeutet sehr viel. Ich habe immer an die europäische Idee geglaubt und ich bin wirklich davon überzeugt, dass dieser Kontinent nur florieren kann, wenn wir zusammenarbeiten. CETA zu billigen bedeutet, dass wir gemeinsam unserem gesunden Menschenverstand treu bleiben, anstatt dem Populismus nachzugeben. CETA gibt mir Hoffnung, dass die Europäische Union, die Bürger und Nationen von Europa, diese schwierigen Zeiten bewältigen können. Wir dürfen uns keine Illusionen machen: Wir stehen negativen Entwicklungen gegenüber. Wir sollten uns deshalb nicht weiter hineinmanövrieren, sondern überlegen, wie wir da gemeinsam wieder herauskommen.


Viele Europäer haben Bedenken bezüglich CETA. Wie antworten Sie darauf?

Zuallererst sollten die Europäer die harten Fakten berücksichtigen und nicht alternative Fakten. Es gibt Widerstand und wachsenden Populismus; doch dieses Handelsabkommen ist für Europa geopolitisch und wirtschaftlich wichtig. Die Welt wird immer protektionistischer. Es gibt Versuche, sich abzuschotten und Mauern zu errichten. Doch Europa kann ohne den freien und fairen Handel und eine hochqualitative Zusammenarbeit mit anderen "Global Playern" nicht überleben. CETA schafft genau dies und ist meiner Ansicht nach das Vorbild, der "Goldstandard", für künftige Handelsabkommen.


Es wurde über die Vorteile für Industrie und Unternehmen berichtet. Wie kann ein durchschnittlicher Arbeitnehmer von CETA profitieren?

Alles, was sich positiv auf die Gesellschaft im Ganzen auswirkt, hat auch positive Auswirkungen auf den einzelnen Bürger. Großkonzerne sind nicht auf Abkommen wie CETA angewiesen, denn sie können mit Hilfe ihres Geldes und cleverer Anwälte in Märkte einsteigen. Kleinere Unternehmer können dies nicht. Durch CETA können sie ihre Produkte auf dem kanadischen Markt anbieten.


Ein Handelsabkommen wie CETA wird unseren Wohlstand fördern. Und dies wird es den nationalen Regierungen erlauben, Bürger, die Hilfe benötigen, besser zu unterstützen. Wir dürfen nicht vergessen, dass 14 Prozent der Arbeitsplätze in der EU vom internationalen Handel abhängig sind. Wollen wir nun Mauern errichten, protektionistisch sein und Handelsabkommen platzen lassen, dann hat dies negative Konsequenzen für unsere Arbeitsplätze.


Beginnt nun eine Ära, in der internationale Handelsabkommen in Ungnade fallen?

 

Handelsabkommen sind zum Sündenbock geworden. Die Menschen wollen sich ihre Meinung nicht mehr auf Grundlage der Fakten bilden. Stattdessen haben sie die Möglichkeit, in den sozialen Netzwerken ihre persönliche Wahrheit auszuwählen. Es wird schwieriger, mit realen Fakten zu argumentieren.


Ich würde sagen, das Handelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) liegt auf Eis, denn wir wissen noch nicht, wie die Haltung von Präsident Trump aussehen wird. Jedoch hat er sich bis jetzt noch nicht negativ dazu geäußert.


Der Ratifizierungsprozess ist durch die Abstimmung im Parlament noch nicht abgeschlossen. Welche Schritte folgen nun?

Nach der Zustimmung des Parlaments kann CETA vorläufig angewandt werden. Es muss aber noch von den nationalen Parlamenten gebilligt werden. Nachdem die EU-Abgeordneten nun für CETA gestimmt haben, werden die Europäer die Vorteile sehen und die nationalen Parlamente können mit den Bürgern über das Abkommen debattieren und erklären, was CETA wirklich bedeutet. Ich glaube, dass die nationalen Parlamente sich dann bei der Abstimmung von den harten, realen Fakten leiten lassen werden und nicht von fürchterlichen Hypothesen, dass die Welt aufgrund des internationalen Handels zusammenbrechen werde.

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