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Verfahren : 2004/0818(CNS)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A6-0068/2006

Eingereichte Texte :

A6-0068/2006

Aussprachen :

PV 31/05/2006 - 22
CRE 31/05/2006 - 22

Abstimmungen :

PV 01/06/2006 - 7.8
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2006)0236

Ausführliche Sitzungsberichte
Mittwoch, 31. Mai 2006 - Brüssel Ausgabe im ABl.

22. Berufsverbote aufgrund von Verurteilungen wegen Sexualstraftaten gegen Kinder (Aussprache)
Protokoll
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Bogusław Sonik im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über die Initiative des Königreichs Belgien im Hinblick auf die Annahme eines Rahmenbeschlusses durch den Rat betreffend die Anerkennung und Vollstreckung von Berufsverboten in der Europäischen Union aufgrund von Verurteilungen wegen Sexualstraftaten gegen Kinder (14207/2004 – C6-0244/2004 – 2004/0818(CNS)) (A6-0068/2006).

 
  
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  Bogusław Sonik (PPE-DE), Berichterstatter. – (PL) Herr Präsident! Die Initiative Belgiens aus dem Jahr 2004 ist eine Antwort auf die Serie von Sexualstraftaten, die Michel Fourniret begangen hat. Wie der Fall Fourniret zeigt, kann jemand, der in einem Mitgliedstaat für solche Straftaten verurteilt wurde, anschließend problemlos in einen anderen Mitgliedstaat übersiedeln und dort eine Arbeit finden, bei der er ständig Kontakt mit Kindern hat.

Mit dem vorliegenden Rahmenbeschluss betreffend die Anerkennung und Vollstreckung von Berufsverboten in der Europäischen Union aufgrund von Verurteilungen wegen Sexualstraftaten gegen Kinder, wie sie im Rahmenbeschluss von 2003 bezeichnet sind, soll diese Gesetzeslücke geschlossen werden. Das Ziel des Vorschlags besteht darin sicherzustellen, dass ein im Zusammenhang mit einer Verurteilung wegen Sexualstraftaten oder Kinderpornografie vom Gericht ausgesprochenes Verbot der Arbeit mit Kindern nicht nur in dem Land vollstreckbar ist, in dem das Verbot verhängt wurde, sondern auch in jedem anderen Mitgliedstaat, in den der von dem Verbot Betroffene übersiedelt.

Der vorgeschlagene Rahmenbeschluss beinhaltet folgende Regelungen:

- Der Mitgliedstaat, in dem die verurteilte Person ihren Wohnsitz hat, ist verpflichtet, das in einem anderen Mitgliedstaat verhängte Berufsverbot anzuerkennen und in seinem Hoheitsgebiet zu vollstrecken.

- Es besteht die Pflicht, jedes Verbot, das gegen Personen verhängt wird, die wegen Sexualstraftaten gegen Kinder verurteilt wurden, in das Strafregister des Täters einzutragen, einschließlich der in anderen Mitgliedstaaten ausgesprochenen Berufsverbote.

- Werden entsprechend den internationalen Regeln sowie den EU-Vorschriften für die Rechtshilfe in Strafsachen sonstige Informationen aus dem Strafregister verurteilter Personen an einen anderen Mitgliedstaat übermittelt, so ist dieser über ein bestehendes Berufsverbot zu informieren.

- Ein Mitgliedstaat, der um Informationen aus dem Strafregister verurteilter Personen über Vorstrafen einer bestimmten Person ersucht wird, ist in diesem Fall verpflichtet, ein Ersuchen um Auskunft aus dem Strafregister des Mitgliedstaates zu richten, dessen Staatsangehörigkeit die betreffende Person besitzt.

Durch die Änderungsanträge zum Entwurf des Rahmenbeschlusses wird vor allem der Begriff des Berufsverbots um das Verbot jeglicher Tätigkeit in öffentlichen oder privaten Einrichtungen, die die Beaufsichtigung von Kindern oder die Arbeit mit ihnen einschließt, erweitert. Damit soll gewährleistet werden, dass solche Berufsverbote nicht nur auf Lehrkräfte oder Aufsichtspersonal, die mit Kindern arbeiten, sondern auch auf Hilfskräfte angewendet werden können, die in denselben Einrichtungen beschäftigt sind. Zudem sollen die EU-Bürger besser geschützt werden, indem die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, in Drittstaaten verhängte Berufsverbote in das Strafregister verurteilter Personen einzutragen und dies in Fällen doppelter Staatsbürgerschaft zu regeln.

Abschließend möchte ich unterstreichen, dass der vorgeschlagene Rahmenbeschluss ein Beispiel für die Umsetzung der Schlussfolgerungen der Tagung des Europäischen Rates von Tampere im Jahr 1999 ist, denen zufolge der Austausch von Informationen über Urteile in Strafsachen zu einem Eckstein der justiziellen Zusammenarbeit innerhalb der Union werden sollte. Wir sollten uns dessen bewusst sein, dass es keine idealen Lösungen gibt, doch wird die wirksame Umsetzung dieses Beschlusses meiner Überzeugung nach die Sicherheit unserer Kinder wesentlich erhöhen.

Allerdings darf dieses Dokument nicht der Schlusspunkt im Kampf gegen Pädophilie sein. Die Mitgliedstaaten müssen bei der Einführung und Umsetzung von Vorschriften zu Berufsverboten noch weiter gehen. Jeder Arbeitgeber muss deshalb die Überprüfung der betreffenden Person auf Sexualstraftaten gegen Kinder zur Pflicht machen.

 
  
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  Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. – (IT) Herr Präsident! Ich danke besonders dem Berichterstatter für seine Arbeit. Ich kann vorausschicken, dass die Kommission generell sämtlichen Initiativen auf europäischer Ebene zur Verstärkung unseres entschlossenen, schonungslosen Kampfes gegen sexuellen Missbrauch von Kindern zustimmt. Das sind abscheuliche Verbrechen, die bedauerlicherweise von Woche zu Woche in Europa zunehmen. Die Mitglieder des Europäischen Parlaments wissen wahrscheinlich, dass Europol jede Woche umfangreiche Ermittlungen durchführt, um im Gebiet der Europäischen Union operierende Kinderschänderringe auszuheben.

Das Internet hat denjenigen, die solche Straftaten an Kindern begehen, hervorragende Dienste erwiesen. Wie Sie vielleicht wissen werden, sind etwa 200 000 – ich wiederhole, 200 000 – Websites pädophilen Inhalts im Internet zugänglich. Das Ausmaß des Problems macht die Verbreitung von Informationen erforderlich.

Wie Ihnen bekannt sein dürfte, hat die Kommission im Dezember letzen Jahres eine allgemeine Initiative zur Förderung des Austauschs von Informationen über strafrechtliche Verurteilungen unterbreitet. Es handelt sich dabei um eine allgemeine Bestimmung, die nicht speziell die Verbotsmaßnahmen gegen diejenigen betrifft, die wegen Sexualstraftaten gegen Kinder verurteilt wurden. Deshalb ist die von Belgien vorgeschlagene Maßnahme, die der Berichterstatter dargelegt hat, eine Ergänzung zu der allgemeinen Maßnahme betreffend die Information über strafrechtliche Verurteilungen; sie ist eine unterstützenswerte Maßnahme, die sich auf einen ganz spezifischen Bereich bezieht.

Ich meine, dass sich die Schlagkraft des Vorgehens der Europäischen Union zur Eindämmung und endgültigen Beseitigung von Sexualstraftaten an Kindern hauptsächlich auf energische Bemühungen um Prävention und praktische Zusammenarbeit stützen muss. Zu wissen, welche Verbotsmaßnahmen sich aus einer strafrechtlichen Verurteilung ergeben, und sie in allen Mitgliedstaaten anwenden zu können, bietet die Gewähr dafür, dass sich Fälle wie z. B. die Fourniret-Affäre nicht wiederholen können. Und es gewährleistet außerdem, dass diejenigen, die immer noch meinen, solche Straftaten begehen zu können, nicht nur strengstens bestraft werden, sondern auch mit einem Reiseverbot belegt und daran gehindert werden, solche Straftaten in einem anderen Staat der Europäischen Union leichter begehen zu können.

Dem Berichterstatter gebühren die Anerkennung und die Unterstützung der Kommission für diese Initiative.

 
  
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  Aloyzas Sakalas (PSE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Rechtsausschusses. (LT) Zunächst möchte ich Herrn Sonik für seinen gut vorbereiteten Bericht danken. Der Rechtsausschuss analysierte die juristische Seite dieses Berichts und genehmigte ihn nach Unterbreitung einiger Änderungsanträge. Es war wirklich nicht normal, dass ein Bürger, der in einem EU-Staat wegen Missbrauchs, einschließlich sexuellen Missbrauchs von Kindern, verurteilt worden war, in einem anderen EU-Staat erneut eine Tätigkeit in einer Kindereinrichtung aufnehmen konnte, obwohl das Gericht in seinem Urteil ein entsprechendes Berufsverbot gegen diesen Bürger ausgesprochen hatte. Der Bericht sieht vor, dass Informationen zu solchen Personen über entsprechende verpflichtende Verfahren an alle EU-Staaten übermittelt werden, die sie in die jeweiligen Register eintragen. Ein Kinderschänder wird daher nicht länger in der Lage sein, in Bereichen, die den Umgang mit Kindern einschließen, zu arbeiten und erneut Kindern Gewalt anzutun. Ich fordere meine Kolleginnen und Kollegen eindringlich auf, den Bericht anzunehmen, und vertraue darauf, dass alle EU-Staaten sicherstellen werden, dass diese neue Vorschrift mit oberster Priorität eingeführt wird. Das Wohlergehen der Kinder ist schließlich das Allerwichtigste.

 
  
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  Johannes Blokland, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Guten Morgen an alle, die hier so lange durchgehalten haben. Selbstredend gehe ich mit sämtlichen Vorrednern darin konform, dass ein Verbot zur Ausübung bestimmter Tätigkeiten für diejenigen, die wegen sittlicher Vergehen verurteilt worden sind, leider dringend notwendig ist. Daher ist es anerkennenswert, dass Belgien die vorliegende Initiative für einen Rahmenbeschluss ergriffen hat, wenngleich die Umstände, die den Anlass dazu gaben, traurig sind. Da in Belgien einschlägig Verurteilte wieder einer bezahlten Beschäftigung nachgehen konnten und diese Möglichkeit von ihnen ausgenutzt wurde, müssen wir alles in unserer Macht Stehende tun, damit dies nie wieder vorkommt.

Die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Berufsverbots sind jedoch sehr unterschiedlich und können strafrechtlicher, zivilrechtlicher oder administrativer Art sein. Der Vorschlag sieht keine neuen Mittel für den Informationsaustausch vor. Reichen die vorhandenen Instrumente für den Austausch von Auskünften aus dem Strafregister aus, um die Meldung von Berufsverboten zu ermöglichen, die mittels einer anderen Rechtsform zustande gekommenen sind?

Die gegenseitige Übermittlung von Berufsverboten bedeutet überdies, dass die Mitgliedstaaten ein in einem anderen Mitgliedstaat erlassenes Verbot vollstrecken werden. Stellt dies einen ersten Schritt zur gegenseitigen Anerkennung von Berufsverboten dar? Ich möchte gerne wissen, ob dieser Vorschlag ohne die Notwendigkeit zusätzlicher Mittel durchführbar ist.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI). – Herr Präsident, Herr Kommissar! Aufgrund der fortgeschrittenen Tageszeit nur noch einige kurze Anmerkungen zum Thema. Sexualstraftäter mit einschlägigen europaweiten Berufsverboten zu belegen, um sie präventiv zu hindern, etwa in der Kinder- und Jugendbetreuung erneut straffällig zu werden, ist zweifellos wichtig. Bis dato hat man aber vielleicht therapeutische Maßnahmen nahezu ausschließlich auf verurteilte Sexualstraftäter ausgerichtet und dabei vorbeugende Therapiemöglichkeiten vernachlässigt.

Verbesserungswürdig sind sicherlich auch polizeiliche Präventivmethoden gegenüber einschlägig bekannten Sexualstraftätern und eine restriktivere Handhabung vorzeitiger Haftentlassung. Die polizeiliche Zusammenarbeit und der Datenaustausch in diesem Bereich müssten meines Erachtens auch verbessert werden, und eventuell wäre sogar die allgemeine Abrufbarkeit der Daten über diese Straftäter nach amerikanischem Vorbild zu überlegen.

 
  
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  Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Donnerstag um 11.00 Uhr statt.

 
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