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Ausführliche Sitzungsberichte
Mittwoch, 25. April 2007 - Straßburg Ausgabe im ABl.

16. Ukraine (Aussprache)
PV
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  Der Präsident. Als nächster Punkt der Tagesordnung folgen nun die Erklärungen des Rates und der Kommission zur Ukraine.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Präsident, sehr geehrter Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ihre Entscheidung, die Erörterung der aktuellen Lage in der Ukraine wie auch die Beziehungen der Europäischen Union zur Ukraine auf die Tagesordnung zu setzen, begrüßen wir sehr. Die Bedeutung der Ukraine für die Stabilität in Europa ist nicht zu unterschätzen. Insofern freue ich mich über die Gelegenheit, auch im Namen der Ratspräsidentschaft zur Ukraine Stellung nehmen zu können.

Die orangefarbene Revolution hat die Kraft zivilgesellschaftlicher Bewegungen in Osteuropa eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Die weitgehend freien und fairen demokratischen Parlamentswahlen im März 2006 dienen als Beispiel und Vorbild für andere Staaten in dieser Region.

Aber die Ukraine steht nicht zum ersten Mal in ihrem schwierigen Transitions- und Transformationsprozess an einem sehr schwierigen Punkt: die orangefarbene Revolution, die ja in sich selbst schon die krisenhafte Zuspitzung einer politischen Auseinandersetzung war, dann das monatelange Hin und Her, die Schwierigkeiten der Koalitions- und Regierungsbildung nach den Parlamentswahlen im März 2006 als Auseinandersetzung über die innere und die äußere Orientierung des Landes, und nun der Beschluss von Präsident Juschtschenko vom 2. April 2007, das Parlament aufzulösen, und die Weigerung von Regierung und Parlament, diesem Beschluss Folge zu leisten.

Die Haltung beider Seiten trifft auf erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken in der Ukraine selbst. Das ukrainische Parlament hat ja das Verfassungsgericht angerufen, um über die Verfassungsmäßigkeit des präsidentiellen Auflösungsbeschlusses zu entscheiden.

Der Rat verfolgt die Ereignisse in Kiew mit großer Aufmerksamkeit, natürlich aber auch mit Besorgnis. Seit Ausbruch der Krise gibt es enge Kontakte der Europäischen Union mit beiden Konfliktparteien. Javier Solana hat mehrfach mit den Beteiligten gesprochen und dabei die Haltung der Europäischen Union zum Ausdruck gebracht. Wir haben als Präsidentschaft am Tag nach der Bekanntgabe des Auflösungsbeschlusses zur Mäßigung und zur Dialogbereitschaft auf der Grundlage demokratischer Regeln und auf dem Boden der ukrainischen Verfassung aufgerufen. Darüber hinaus sind wir als Präsidentschaft vor Ort in engem Kontakt mit den an der Krise beteiligten Gruppen und den Protagonisten beider Seiten. Die Europäische Union wird diese Kontakte weiter fortsetzen.

Nur wenn das ukrainische Verfassungsgericht ohne äußeren Druck über die Verfassungsmäßigkeit der Parlamentsauflösung entscheiden kann, kann es seiner schwierigen Aufgabe auch nachkommen. Eine nachhaltige Lösung der politischen Krise erfordert allerdings Kompromisse auf der politischen Ebene. Wir begrüßen daher die unverminderte Gesprächsbereitschaft zwischen Präsident Juschtschenko und Premierminister Janukowitsch. Wir begrüßen nachdrücklich die Versicherungen beider Seiten, dass Gewalt als Mittel zur Beilegung des Konflikts nicht in Frage kommt. Wir erwarten, dass sich beide Seiten an ihre öffentlichen Äußerungen und ihre Zusagen gegenüber der Europäischen Union halten werden, um eine weitere Eskalation der Krise zu vermeiden.

Bei allen Veränderungen der politischen Verhältnisse in Kiew bleiben Demokratie, freie und faire Wahlen, Meinungs- und Pressefreiheit Grundlage des politischen und gesellschaftlichen Lebens. Auch deshalb sind wir zuversichtlich, dass die Ukraine einen Weg aus dieser politischen Krise finden wird, der unseren gemeinsamen Vorstellungen von Demokratie und Rechtsstaat entspricht. Auf diesem Weg kann die Ukraine auch weiterhin auf die Unterstützung der Europäischen Union zählen.

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich danke Ihnen für die Einladung, hier heute zu den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine Stellung zu nehmen. Diese Debatte ist von größter Wichtigkeit und aktueller denn je. Ein Grund ist der Umstand, dass wir am 5. März die Verhandlungen über den Abschluss eines neuen, erweiterten Abkommens aufgenommen haben, mit dem unsere Beziehungen zur Ukraine auf ein neues Fundament gestellt werden.

Der andere Grund ist die Entwicklung der innenpolitischen Lage in der Ukraine. Für die weitere Festigung demokratischer Verhältnisse im Lande und die Kontinuität des Reformprozesses ist es von größter Wichtigkeit, dass für die gegenwärtige Krise eine Lösung gefunden wird. Die Kommission hat die jüngste innenpolitische Entwicklung in der Ukraine aufmerksam beobachtet. Wir verfolgen mit Sorge die nach der von Präsident Juschtschenko verfügten Parlamentsauflösung eingetretene Verhärtung der Fronten zwischen Präsident Juschtschenko und Ministerpräsident Janukowitsch.

Uns ist sehr daran gelegen, dass die Ukraine ihren Reformkurs in Richtung vollkommener Demokratisierung, Stabilität und Wohlstand fortsetzt. Stabilität ist für die Ukraine und ihre Zukunft in Europa von existenzieller Bedeutung, und sie ist auch für die Europäische Union wichtig, da wir in unserer Nachbarschaft Stabilität und Wohlstand brauchen.

Die ukrainische Demokratie macht zurzeit eine Reifeprüfung durch. Präsident Barroso hat anlässlich seiner Begegnung mit Präsident Juschtschenko in der vergangenen Woche darauf hingewiesen, dass es in einer Demokratie kein politisches Problem gibt, für das sich nicht eine mit dem Gesetz im Einklang stehende politische Lösung finden ließe. Die offen geführte politische Debatte und die bislang weitgehend friedlichen Demonstrationen in den Straßen von Kiew haben gezeigt, dass die Menschen in der Ukraine es verstehen, innenpolitischen Streit in verantwortlicher und demokratischer Weise beizulegen.

Es kommt entscheidend darauf an, dass alle relevanten politischen Kräfte konstruktiv zusammenarbeiten und sich aufrichtig um einen politischen Kompromiss bemühen. Dies müsste unter voller Wahrung der Grundsätze von Demokratie und Rechtstaatlichkeit geschehen. Alle politischen Kräfte müssen die demokratischen Spielregeln einhalten, gegen Korruption vorgehen und die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts und seine Urteile respektieren.

In der Ukraine tut zudem ein Prozess not, an dem alle teilhaben und der in eine auf einen politischen Kompromiss neuen Stils gegründete Verfassungsreform führt, die von Bestand ist und durch die das politische System mit klaren Kontroll- und Regulierungsmechanismen ausgestattet wird. Es kann nicht die Rolle der Europäischen Union sein, in diese Krise durch direkte Vermittlung einzugreifen. Dagegen können und sollten wir an das Gefühl der Zurückhaltung und Vernunft aller politisch Aktiven in der Ukraine appellieren und sie dazu aufrufen, miteinander zu einem Kompromiss zu finden.

So sollte unsere Botschaft lauten, im Vertrauen darauf, dass die junge ukrainische Demokratie diesen Test bestehen wird und dass sich die Politiker weiter für das Wohl des ganzen Landes und für die Zukunft der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine einsetzen. Seit der so genannten orangenen Revolution und der Annahme des Aktionsplans EU-Ukraine sind sich die EU und die Ukraine erheblich nähergekommen, und ihre Beziehungen haben sich in positivem Sinne entwickelt.

An der Ukraine zeigt sich exemplarisch der Erfolg der europäischen Nachbarschaftspolitik. Unser Politikdialog hat ein beachtliches Maß an Intensität erreicht, und die Zahl der Sektoren unserer Zusammenarbeit hat sich beständig erhöht. Wir haben beschlossen, unsere jährliche Unterstützung im Rahmen des neuen Instruments des europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsprogramms auf 120 Millionen Euro zu erhöhen. Wir haben die Abkommen über Visaerleichterungen und Rückübernahme paraphiert und bereiten im Handelsbereich weitreichende Schritte vor, die uns im Kontext des neuen erweiterten Abkommens auf den Weg einer Freihandelszone führen.

Soeben haben wir damit begonnen, unsere Beziehungen noch enger zu gestalten. Am 5. März hat die Kommission mit der Ukraine die Verhandlungen über das neue erweiterte Abkommen aufgenommen. Bei diesen Verhandlungen ging es um den Abschluss eines Abkommens, in dem sich die Bedeutung der Beziehungen EU-Ukraine widerspiegelt und das neue Perspektiven eröffnet, wie z. B. die Perspektive einer vertieften Partnerschaft im Energiesektor.

Am 2. und 3. April folgte in Kiew die zweite Verhandlungsrunde. Die Gespräche sind zu unserer vollen Zufriedenheit verlaufen, denn es konnten substanzielle Fortschritte erzielt werden und die Ukraine hat ein starkes Engagement an den Tag gelegt. Die Kommission beabsichtigt, die Verhandlungen über das neue erweiterte Abkommen wie geplant fortzusetzen. Die Ukraine ist ein Schlüsselpartner der Europäischen Union, und wir sind nach wie vor fest entschlossen, unsere Beziehungen zu diesem wichtigen Nachbarland weiterzuentwickeln und zu festigen.

 
  
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  Jacek Saryusz-Wolski, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Kommissar! Die politische Krise in Kiew bereitet all denen Sorge, die die politischen Fortschritte seit der orangenen Revolution begrüßen. Ich möchte den hier Anwesenden die führende, ja Vorreiterrolle des Parlaments im Jahr 2004 ins Gedächtnis zurückrufen.

Die heutige Situation muss unbedingt in Übereinstimmung mit der Rechtsstaatlichkeit und den demokratischen Grundsätzen entsprechend den europäischen Werten und vor allem dem demokratisch geäußerten Wunsch der ukrainischen Bevölkerung gelöst werden.

Meiner Ansicht nach hätten wir mehr tun können, um die Entwicklung der Krise zu verhindern, vor allem durch wesentlichere moralische und finanzielle Unterstützung, damit die Ukraine das sehr schwierige politische Vermächtnis ihrer sowjetischen Vergangenheit hinter sich lassen kann.

Wir müssen alles daran setzen, den Zugewinn der Ukraine an Demokratie zu mehren und zu fördern. Es ist an der Zeit, dass Europa engagierteren und konsequenteren Einsatz zeigt. Ein neues, erweitertes Abkommen sollte die Beziehungen zwischen der EU und der Ukraine auf eine neue, stärkere Basis stellen, die den Herausforderungen der Realität gerecht wird.

Die Europäische Union muss den Kontext, in dem es zu dieser Krise kam, verstehen und anerkennen. Es bringt nicht sehr viel, die politische Führung der Ukraine aufzufordern, eine vernünftige interne Lösung herbeizuführen, wenn nicht alle Konfliktparteien bereit sind, die Macht zu teilen, und wenn die normalen Verfassungsmechanismen zerrüttet sind.

Für einige von uns ist die Krise in der Ukraine vielleicht ein Vorwand, gar nichts zu unternehmen und zu behaupten, dass die dortige Lage ein ernsthafteres Engagement unsererseits verhindert. Das ist genau das Gegenteil dessen, was wir tun sollten. Die schwierige interne Lage ist eine Herausforderung für die Union, einen praktischen Weg des Engagements zur Lösung der Krise zu beschreiten, der an sich weiter reichende Folge für Europa haben könnte. Es ist höchste Zeit, mehr für die Ukraine zu tun. Seit der orangenen Revolution sind greifbare Fortschritte erzielt worden, die jedoch möglicherweise umsonst gewesen sind, wenn sie nicht weiterverfolgt werden. Unterstützen wir die Ukraine bei ihrer Entscheidung für Europa!

 
  
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  Jan Marinus Wiersma, im Namen der PSE-Fraktion. (NL) Herr Präsident! Auch wir sind über die anhaltende politische Instabilität in der Ukraine beunruhigt. Die aus einem Konflikt zwischen dem Staatspräsidenten und dem Parlament erwachsene Situation ist dem Land nicht förderlich und wird sich zweifellos auf die Zusammenarbeit zwischen ihm und der Europäischen Union auswirken. Solange sich das Land in einer institutionellen Sackgasse befindet, wird es schwierig sein, weitere Gespräche über eine engere Zusammenarbeit zu führen, geschweige denn, konkrete Fortschritte zu erzielen.

Nach meinem Dafürhalten dürfen wir uns indes nicht zu der Ansicht verleiten lassen, diese Krise könnte die Ergebnisse der einschneidenden Ereignisse des Winters 2005/2006 zunichte machen, als die orangene Revolution zu einer grundsätzlichen Demokratisierung des Landes geführt hat, so dass die Ukraine heutzutage ein wesentlich anderes Land als vor der Revolution ist, und dabei hat die Europäische Union eine wichtige, hilfreiche Rolle gespielt. Gleichzeitig muss jedoch gesagt werden, dass die erheblichen Gegensätze dieses Landes durch die orangene Revolution nicht überbrückt werden konnten, und vorerst besteht noch kein Einvernehmen über den Kurs, den das Land einschlagen sollte. Der aktuelle Konflikt ist Ausdruck seiner internen Uneinigkeit. Ferner zeigt sich daran, dass offensichtlich noch kein Gleichgewicht zwischen der Rolle der diversen politischen Akteure, der Macht der verschiedenen Institutionen und den divergierenden Vorstellungen zur Zukunft des Landes gefunden werden konnte.

Es ist nicht primär unsere Aufgabe, jetzt Partei zu ergreifen. Derzeit ist das Verfassungsgericht in Kiew bereits mit der Angelegenheit befasst, und ich sehe gegenwärtig keinen wirklich triftigen Grund, an seiner Fähigkeit zu einer vernünftigen Entscheidung über die richtige institutionelle Balance zu zweifeln, denn es hat zuvor schon bewiesen, unabhängig handeln zu können. Die Hauptverantwortung liegt allerdings bei den politischen Akteuren und der politischen Klasse.

Ohne einen Kompromiss ihrerseits wird auch eine verfassungsmäßige Lösung nicht funktionieren, so dass sie alles in ihrer Macht Stehende tun müssen, um in einen Kompromiss zu investieren, der die Gruppen nicht weiter auseinander treibt, sondern sie einander näher bringt. Die europäischen Akteure können – und müssen – hier eine Vermittlerrolle übernehmen, und ich begrüße, was Herr Gloser in diesem Zusammenhang gesagt hat.

Auch wir haben ein Interesse daran, denn bei einem Weiterwursteln auf der gegenwärtigen Grundlage wird es nicht nur Verlierer in der Ukraine geben, sondern auch die EU wird zum Verlierer werden, da wir unserer Aufgabe dort nur mit Mühe gerecht werden können. Das Problem besteht jetzt darin, die internen Widersprüche zu überwinden, damit die Reformen fortgeführt werden können, die für die Gestaltung engerer Beziehungen mit der EU sowie zur Erfüllung des von der Ukraine selbst gesetzten Ziels einer EU-Mitgliedschaft erforderlich sind. Dies ist die einzige glaubwürdige Grundlage für die Verwirklichung des von allen politischen Parteien gemeinsam verfolgten ehrgeizigen Ziels.

 
  
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  István Szent-Iványi, im Namen der ALDE-Fraktion. – (HU) Die Ukraine ist ein strategisch wichtiger Partner der Europäischen Union. Wir haben ein grundlegendes Interesse daran, dass die Ukraine ein stabiles und demokratisches Land mit einer funktionierenden Marktwirtschaft ist. Deshalb haben wir die Ereignisse der orangefarbenen Revolution unterstützt und mit großer Hoffnung verfolgt. Leider hat die Zeit seither gezeigt, dass der demokratische, soziale und wirtschaftliche Wandel des Landes viel komplexer und widersprüchlicher verläuft, als wir gehofft hatten. Die derzeitige Krise ist ein weiteres Anzeichen dafür. Die Krise in der Ukraine ist im Wesentlichen innenpolitisch begründet, und darum muss sie in der ukrainischen Innenpolitik, von ukrainischen Politikern, mittels friedlicher Verhandlungen gelöst werden.

Wir können durch unsere aktive Neutralität dazu beitragen. Wir sind neutral gegenüber den an der Debatte Beteiligten, aber nicht in Bezug auf den Ausgang der Debatte. Immerhin liegt es in unserem Interesse, dass die Ukraine letztendlich ein stabiler, demokratischer Staat ist, der rechtsstaatlich regiert wird und enge Beziehungen zu Europa pflegt.

Wenn es um eine Lösung für den Konflikt geht, dürfen wir vom ukrainischen Verfassungsgericht nicht zu viel erwarten, denn es ist ja selbst Teil des Problems. Die größte Verantwortung liegt deshalb bei den innenpolitischen Kräften in der Ukraine und bei den Politikern des Landes. Momentan finden Gespräche zwischen der Europäischen Union und der Ukraine mit dem Ziel einer engeren Zusammenarbeit statt. Diese Gespräche verlaufen reibungslos.

Wir sind daran interessiert, dass diese Gespräche so bald wie möglich von Erfolg gekrönt sind, aber die Entscheidungsträger in der Ukraine müssen begreifen, dass starke Bindungen zwischen ihrem Land und der Europäischen Union nur möglich sein werden, wenn die Ukraine wieder auf den Weg zurückfindet, von dem sie durch die gegenwärtige Krise abgekommen ist. Deshalb betonen wir, dass eine Lösung für die interne Krise so bald wie möglich über friedliche Verhandlungen herbeigeführt werden muss, und dass wir bei der Suche nach einer solchen Lösung sehr gern behilflich sind. Wir werden jeden Prozess unterstützen, der zur Festigung einer demokratischen Ukraine führt.

 
  
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  Guntars Krasts, im Namen der UEN-Fraktion. – (LV) Vielen Dank, Herr Präsident! Die Entwicklung der Ereignisse in der Ukraine ist von besonderem Interesse für das Europäische Parlament, und zwar nicht nur weil sie ein Nachbar Europas ist. Obwohl die Ukraine, zumindest in naher Zukunft, nicht als Beitrittskandidat für die Europäische Union gilt, schließen die erfolgreiche Entwicklung der demokratischen Prozesse und das wachsende Wirtschaftspotenzial des Landes mittelfristig eine solche Möglichkeit nicht aus. Die demokratische Entwicklung der Ukraine, ihre Integration in die Weltwirtschaft und die vielseitige Gestaltung der Beziehungen zur Europäischen Union bilden eine stabile Grundlage für das Finden konstruktiver Lösungen für die inneren politischen Widersprüche und für die Einigung der ukrainischen Gesellschaft. Die gegenwärtige politische Krise ist der Prüfstein für den Grad der Demokratieentwicklung in der Ukraine, und ihre Lösung wird die Richtung der zukünftigen Entwicklung des Landes bestimmen. Die Europäische Union muss die sich bekämpfenden politischen Gruppen in Richtung eines Kompromisses unterstützen. Die politischen Rivalen müssen in der Lage sein, eine Übereinkunft zur Überwindung der Mängel in der Verfassungsreform zu erreichen, damit diese Reformen auf die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts zwischen den Institutionen der nationalen Regierung und der Stabilität des politischen Systems des Staates gerichtet wird. Lösungen für die politische Krise sollten auf demokratischen Methoden basieren, einschließlich vorgezogenen Wahlen, mit denen das ukrainische Volk das letzte Wort hätte. Vielen Dank!

 
  
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  Rebecca Harms, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Wenn man sich ein Urteil über den Weg der Ukraine in die Demokratie bilden will, sollte man den Blick in diesen Tagen einmal gleichzeitig nach Moskau und nach Kiew richten. Dieser Vergleich zeigt, dass Lichtjahre zwischen Moskau und Kiew liegen, was die Achtung der Demokratie betrifft, und dass die demokratischen Verhältnisse in Kiew trotz des Durcheinanders und der Wirren viel stabiler sind, als man das vor drei oder vier Jahren hätte hoffen können.

Weil Europa, wie alle Kollegen gesagt haben, ein so großes Interesse an einer stabilen demokratischen Entwicklung in der Ukraine haben muss, möchte ich an dieser Stelle nicht neutral auf das blicken, was Präsident Juschtschenko entschieden hat. Ich halte seine politische Begründung für Neuwahlen für richtig. Wenn eine politische Kraft wie die Partei der Regionen sagt, sie möchte 300 Stimmen im ukrainischen Parlament in ihrem Lager versammeln, dann kann der Präsident mit Fug und Recht erklären: Wer das will, der soll diese Mehrheitsverhältnisse in Wahlen anstreben.

Ich glaube, dass diese Wahlen notwendig sind, dass Juschtschenko mit der politischen Zuspitzung Recht hatte und dass das auch im Interesse Europas ist. Wenn es zu diesen Neuwahlen kommt, müssen allerdings alle Parteien das Ergebnis der Wahlen respektieren und viel mehr dafür tun, dass die Verfassungsreformen endlich stattfinden, die so lange angekündigt waren und die auf die lange Bank geschoben worden sind.

Noch einen Satz zu den Kollegen aus Polen, weil Warschau der wichtigste Anwalt der Ukraine in der EU ist. Warschau ist in der Auseinandersetzung mit der Ukraine tatsächlich sehr kontinental orientiert, sehr europäisch. Ich würde mir von den polnischen Kollegen — mit denen ich viele Auffassungen teile — wünschen, dass sie diese europäischen Ansätze, dieses kontinentale Denken, diese europäische Orientierung auch in anderen Auseinandersetzungen vertreten, damit wir gemeinsam wieder eine gute Ostpolitik, in der Ukraine, aber auch in anderen Ländern des Ostens machen können.

 
  
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  Helmuth Markov, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Kommissar! Wenn ein Staatspräsident ein Parlament auflöst, dann muss er das selbstverständlich im Einklang mit den Regeln der Verfassung des jeweiligen Staates tun. So, wie Präsident Juschtschenko das nach Artikel 90 der ukrainischen Verfassung gemacht hat, der klar und deutlich festlegt, unter welchen Bedingungen ein Parlament aufgelöst werden kann – und das ist sein gutes Recht –, hat auch das Parlament das Recht, den Verfassungsgerichtshof anzurufen und zu sagen: „Wir sind anderer Auffassung. Dieser Artikel wird nicht entsprechend dem Verfassungstext angewandt.“ Dafür gibt es in einem demokratischen Gemeinwesen eine Gewaltenteilung, die gewährleistet, dass schlussendlich die Judikative entscheidet, wie der Text auszulegen ist. Das ist zunächst einmal keine politische Auslegung, sondern eine rechtliche.

Es ist auch das gute Recht eines jeden Abgeordneten, moralisch zu bewerten, ob es gut ist oder nicht, wenn Abgeordnete die Seiten wechseln. Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass sich auch hier im Europäischen Parlament Fraktionen neu gebildet haben, Abgeordnete eine Fraktion verlassen haben und in eine andere eingetreten sind. Das ist in vielen Ländern der Europäischen Union ein ganz normaler Vorgang.

Es gibt in der Ukraine kein imperatives Mandat! Und solange es kein imperatives Mandat gibt, kann man die Abgeordneten zwar moralisch zur Verantwortung ziehen, aber nicht auf der rechtlichen Ebene.

Frau Harms, Sie haben Recht, es gibt einen sehr großen Unterschied zwischen Moskau und Kiew. Bitte erinnern Sie sich daran: Der nun verstorbene Boris Jelzin hat als russischer Präsident das Parlament zusammenschießen lassen, weil es seinen Wünschen nicht nachgekommen ist! So etwas passiert in der Ukraine nicht! In der Ukraine gibt es die demokratischen Kräfte, die das verhindern werden. Das ist auch gut so!

An dieser Debatte stört mich manchmal, dass man die rivalisierenden Parteien voreilig in Schubladen steckt – das tun auch wir manchmal –, nach dem Motto: Präsident Juschtschenko ist der Partner für die Europäische Union, Ministerpräsident Janukowitsch ist der Interessensvertreter und Protégé Russlands. Natürlich sind beide unterschiedlicher Nationalität. Der eine ist Ukrainer, der andere ist Russe. Sie sind aber beide Staatsbürger der Ukraine und sie vertreten beide die Interessen dieses Landes. Dass sich die Vorstellungen, wie sie diese umsetzen wollen, unterscheiden, ist vollkommen normal. Das ist in jedem der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ganz genau so.

Deswegen müssen wir meiner Meinung nach vier Dinge tun: Erstens müssen wir darum ersuchen, dass die Entscheidung des Verfassungsgerichts in einem absehbaren Zeitraum zustande kommt. Zweitens sollten wir darüber nachdenken und darüber sprechen, ob wir nicht eine Abordnung in die Ukraine schicken sollten. Drittens wäre es auch möglich, alle Fraktionen der Werchowna Rada hierher einzuladen, um mit ihnen eine Debatte zu führen. Viertens könnte man auch die widerstreitenden Protagonisten einladen, am gleichen Tag hierher zu kommen, und dann eine gemeinsame Debatte führen. Wir wollen nicht, dass an einem Tag Herr Janukowitsch kommt, am nächsten Frau Tymoschenko, und am dritten Herr Juschtschenko, sondern es soll eine gemeinsame Debatte sein.

(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)

 
  
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  Bastiaan Belder, im Namen der IND/DEM-Fraktion. (NL) Herr Präsident! Die Zukunft der Europäischen Union und die der Ukraine sind meines Erachtens politisch miteinander verflochten. Die EU der 27 muss in der Verfassung Farbe bekennen, was ihre geografische Reichweite und ihre Außengrenzen anbelangt, die grundsätzlich ein europäisches Land wie die Ukraine mit einschließen sollten.

Eine solche Klarheit würde zugleich der Ukraine europäische Zukunftsperspektiven eröffnen, was für die ukrainischen Reformkräfte zweifellos einen mächtigen Anreiz bedeutet und im Übrigen eine aufrichtige Wahlentscheidung für alle ukrainischen Bürger.

Angesichts der allgemeinen politischen Krisensituation, in der sich die Ukraine gegenwärtig befindet, klingt all dies noch nach ferner Zukunftsmusik. Die Dissonanzen in Kiew verlangen jedoch, dass Brüssel im Rahmen der europäischen Nachbarschaftspolitik im jetzigen Stadium einen substanziellen und kreativen Beitrag leistet. Um der dauerhaften Stabilität an unserer Ostgrenze willen können es sich der Rat und die Kommission nicht leisten, mit der ukrainischen Krise nichts zu tun haben zu wollen. Wie bringen Sie diese strategischen Interessen der Union mit einer der Ukraine in Aussicht gestellten Perspektive in Einklang?

 
  
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  Charles Tannock (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Mir wurde das Privileg zuteil, die beispielhaft durchgeführten ukrainischen Parlamentswahlen im Jahr 2006 beobachten zu dürfen. Bedauerlicherweise haben sie weder zu einer stabilen Regierung geführt noch bei vielen Werchowna Rada-Abgeordneten, die sich wenig für Politik interessierten und wirklich nur ein großes Interesse daran hatten, ihre Geschäftsinteressen zu schützen oder sich durch den Erwerb der parlamentarischen Immunität der gerichtlichen Verfolgung zu entziehen, ein finanziell rechtschaffenes Umfeld geschaffen. Daher haben mich die Behauptungen nicht überrascht, dass Abgeordnete mit enormen Geldsummen bestochen wurden, um zur anderen Seite überzulaufen, und zwar in einem Versuch der Regierungskoalition, die magischen 300 Sitze oder die verfassungsmäßige Mehrheit zu erreichen, die notwendig ist, um Präsident Juschtschenko endgültig seiner noch verbliebenen Befugnisse zu berauben.

Ich persönlich habe mich immer für das Recht der Ukraine gemäß Artikel 49 des Vertrags auf Bewerbung um EU-Mitgliedschaft eingesetzt. Diese liegt in Anbetracht der Erweiterungsmüdigkeit und der Angst einiger Mitgliedstaaten vor einer Beleidigung Russlands in noch ganz schön weiter Ferne. Dennoch hat der Rat sich meines Erachtens eine Gelegenheit entgehen lassen, als er der Ukraine in den aufregenden Zeiten der orangenen Revolution nicht denselben Status zuerkannte wie den westlichen Balkanstaaten, beispielsweise Albanien, und sie nicht zu einem potenziellen Kandidaten für einen künftigen EU-Beitritt ernannte. Das wäre für die Westen-freundlichen demokratischen Reformkräfte ein riesiger Köder gewesen. Bedauerlicherweise ist dies nicht geschehen.

Meines Erachtens wird die Ukraine die jüngste Regierungskrise ohne Gewalt und unter uneingeschränkter Achtung der Europäischen Normen Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit überstehen. Die angeblichen Versuche, die Richter des Verfassungsgerichts in ihren Überlegungen in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Auflösung der Werchowna Rada durch Präsident Juschtschenko einzuschüchtern, verurteile ich aufs Schärfste. Ich begrüße jedoch die Pläne der EU für eine Freihandelszone und eine Reisezone mit Visaerleichterungen im Anschluss an den ukrainischen WTO-Beitritt. Es wäre hervorragend, wenn das auslaufende PKA im Jahr 2008 durch ein Assoziierungsabkommen ersetzt würde. Auf jeden Fall müssen die Ukrainer näher an die Europäische Union herangeführt werden, zu der sie rechtmäßig gehören. Für mich ist klar, dass das bleibende Vermächtnis der orangenen Revolution, nämlich eine freie Presse und demokratische Wahlen, bestehen bleibt.

 
  
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  Adrian Severin (PSE).(EN) Herr Präsident! Der wichtigste Aspekt der Krise in der Ukraine besteht in den unterschiedlichen Auffassungen der politischen Akteure in Bezug auf die gegenseitigen Kontrollmechanismen und die Gewaltenteilung. Noch verschlimmert wird die Krise durch Schwächen im interinstitutionellen Gleichgewicht und bei der Funktionsweise der staatlichen Einrichtungen.

Die Europäische Union sollte ihre Rolle spielen und Verantwortung übernehmen, da sie nicht viel dazu beigetragen hat, das Demokratiedefizit bzw. die Anfälligkeit der Demokratie zu verhindern, die zu dieser Krise geführt hat.

Die guten Nachrichten bestehen darin, dass die Parteien nun offenbar verhandeln und es Aussichten auf einen Kompromiss gibt. Wir sollten nicht Partei ergreifen. Es ist falsch, die Menschen in der Ukraine als pro-westlich oder als etwas anderes einzustufen. Meiner Meinung nach sollten wir sie nicht anhand ihrer Worte, sondern anhand ihrer Taten, in Übereinstimmung mit unseren Werten beurteilen.

Zugleich sollten wir um jeden Preis persönliche Initiativen vermeiden, die irreführen bzw. missbraucht werden könnten. Ebenso müssen wir es vermeiden, uns der Lage in der Ukraine mit nationalen Plänen im Hinterkopf zu nähern, und einen Konkurrenzkampf innerhalb der Europäischen Union oder des Parlaments verhindern, der kontraproduktiv wäre.

Andererseits sollten wir gewissen Werten gegenüber nicht gleichgültig sein. Wie ich bereits sagte, gelten bei uns bestimmte Werte, die wir bei der Bewältigung dieser Krise vorbringen dürfen.

Wir müssen alle Beteiligten darin bestärken, Kompromissbereitschaft zu zeigen und die Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu achten. Wir sollten sie darüber hinaus dazu auffordern, die Entscheidungen des Verfassungsgerichts zu akzeptieren, auch wenn es noch nicht uneingeschränkt funktionsfähig ist.

Wir müssen sie ermutigen, ein Paket verfassungstechnischer Änderungen und Verbesserungen auszuhandeln, das vorzugsweise vor der Veröffentlichung des Urteils des Verfassungsgerichts vereinbart werden sollte.

Die Delegation des Parlaments für die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine steht in ständigem Kontakt zu den Betroffenen und ist bereit, ihnen zu helfen. Wir haben unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass das Ergebnis ein Test sein wird, ob die Ukraine mit der Europäischen Union zusammenarbeiten und sich in unsere Strukturen integrieren kann.

Wir haben auch gesagt, dass die Rechtsstaatlichkeit nicht für ein besseres institutionelles Gleichgewicht geopfert werden sollte – und dass auch nicht das Gegenteil der Fall sein sollte. Andererseits sollten wir uns selbst anschauen. Haben wir eine klare Vorstellung vom künftigen Status der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine? Wissen wir wirklich, was für ein Staat die Ukraine sein sollte? Haben wir unsere Erwartungen deutlich genug zum Ausdruck gebracht? Haben wir eine Strategie, wie wir die Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und der Europäischen Union unterstützen sollten? Haben wir einen Plan, wie wir die Ukraine und ihre Euroskeptiker für uns einnehmen können? Handeln wir interaktiv und nicht nur reaktiv? Ich fürchte, die Antwort auf viele dieser Fragen würde „Nein“ lauten.

Wenn wir unseren Ansatz nicht ändern, fürchte ich, dass die Aussichten, gelinde gesagt, ungewiss sind.

 
  
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  Grażyna Staniszewska (ALDE). – (PL) Herr Präsident! Das Europäische Parlament hat sich während der orangenen Revolution sehr für die Belange der Ukraine eingesetzt. Die vom Platz der Unabhängigkeit in Kiew ausgehende Forderung nach Achtung der Menschenwürde, nach einem demokratischen Rechtsstaat, einem Land, das frei ist von finanzieller und politischer Korruption, hat uns sehr bewegt. Auf eine solche Ukraine haben wir die ganze Zeit gewartet.

Von dieser Stelle, von diesem Hohen Haus aus appelliere ich nun an beide Konfliktparteien in der Ukraine – an Präsident Juschtschenko und Julia Tymoschenko als die Symbolgestalten der orangenen Revolution sowie an Ministerpräsident Janukowitsch als Vertreter der Regierungskoalition –, die Krise im Wege der Verhandlung beizulegen.

Der Kompromiss besitzt in der Europäischen Union einen hohen Stellenwert und hat sich als Instrument zur Vermeidung von Konflikten wiederholt bewährt. Es ist positiv, dass beide Seiten sich heute an den Verhandlungstisch gesetzt haben. Wir hoffen, dass die Verhandlungen bald erfolgreich abgeschlossen sein werden. Wir hier im Europäischen Parlament wollen weiterhin aus gutem Grund und mit fester Überzeugung erklären können, dass wir für die europäischen Bestrebungen der Ukrainer offen sind.

 
  
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  Jerzy Buzek (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Vor drei Jahren haben wir recht daran getan, den demokratischen Wandel in der Ukraine zu unterstützen. Heute gibt es dort Pressefreiheit und leistungsfähigere demokratische Institutionen. Die Ukrainer müssen nun selbst entscheiden, welchen Weg ihr Land künftig einschlagen wird und wie demokratische Spannungen und Krisen zu bewältigen sind. Das heißt aber nicht, dass wir untätig danebenstehen sollten. Mit der Unterstützung des Wandels in der Ukraine haben wir gewisse moralische Verpflichtungen übernommen, und es ist unsere Aufgabe, gute Beziehungen zu diesem Land zu unterhalten.

Wir müssen erstens mit der Ukraine ernsthafte Verhandlungen über eine engere Zusammenarbeit im Energiebereich aufnehmen. Damit kann die EU ihre Versorgung mit Erdöl und Erdgas über die Ukraine und unabhängig von Russland sicherstellen.

Zweitens muss aktiv in der Ukraine investiert werden, und zwar vor allem in Erdöl- und Erdgasleitungen, für die nicht genügend Mittel zur Verfügung stehen oder die noch nicht fertiggestellt sind.

Die EU muss drittens eine diplomatische Offensive unter den kaspischen Staaten starten, die uns künftig über die Ukraine mit Erdöl und Erdgas versorgen könnten.

Wir müssen viertens – und das ist am wichtigsten – gegenüber der Ukraine eine Politik der offenen Tür verfolgen und dieses Land als unseren engsten strategischen Partner und künftiges EU-Mitglied betrachten. Auf diese Weise werden wir der Ukraine wirklich helfen, ein unabhängiges, stabiles und demokratisches Land mit einem freien Markt zu werden. Es liegt bei uns, und es ist unsere Pflicht, das auch umzusetzen.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns in vielen Punkten einig, was die Einschätzung der Situation in der Ukraine betrifft, und ich nehme das auf, was viele von Ihnen in der Debatte gesagt haben, nämlich dass die politisch Verantwortlichen jetzt das Sagen haben, dass sie entscheiden müssen, auch mit Respekt vor den mittlerweile in der Ukraine geschaffenen Institutionen, beispielsweise dem Verfassungsgericht. Man muss ohne Druck darüber entscheiden können.

Es ist momentan auch nicht angezeigt, dass die Europäische Union in irgendeiner Art eine Vermittlerrolle spielt, sondern es ist erst einmal eine interne Frage, bei der die Verantwortlichen – Staatspräsident und Premierminister – sozusagen aufeinander zugehen und eine Lösung aus dieser Krise finden müssen. Andererseits – das hat Kommissar Špidla sehr deutlich gemacht – hat die Europäische Union auch einen Weg der engeren Kooperation aufgezeigt, dass nämlich die Verhandlungen aufgenommen worden sind und dass viele Schritte zur ökonomischen und politischen Entwicklung für die Ukraine möglich sind. Das sollte auch unser Weg in den nächsten Wochen sein.

Ich habe erwähnt, dass Javier Solana in engem Kontakt zu beiden Gruppen steht. Es ist wichtig, dass wir uns nicht fernhalten, dass wir uns aber sozusagen neutral dazu verhalten, was andere in der Ukraine zu leisten haben.

Ich hoffe aber, dass diese Perspektive, die die Europäische Union der ukrainischen Bevölkerung gegeben hat, von den Bürgerinnen und Bürgern akzeptiert wird. Hoffnungsfroh stimmt mich, dass beide politische Lager die Richtung Europa nicht aus den Augen verloren haben und darüber Einigkeit herrscht.

 
  
  

VORSITZ: MECHTILD ROTHE
Vizepräsidentin

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Kommission stimmt mit der vom Europäischen Parlament zum Ausdruck gebrachten Bewertung der gegenwärtigen politischen Krise im Wesentlichen überein und begrüßt die Umsicht, die das Europäische Parlament bislang angesichts der aktuellen Lage hat walten lassen. Wir werden unsererseits den weiteren Verlauf der Krise aktiv begleiten und unseren Beitrag leisten, indem wir die Verantwortlichen in der Ukraine dazu ermutigen, zum Wohle ihres Landes nach einem politischen Kompromiss von Bestand zu suchen.

Wie bereits betont wurde, steht die Kommission nach wie vor fest hinter den Verhandlungen über das neue erweiterte Abkommen und bekennt sich voll und ganz zur Ukraine als einem unserer Schlüsselpartner. Wir werden die weitere Debatte des Europäischen Parlaments über die Ukraine mit Interesse verfolgen und sehen nun der endgültigen Fassung des Berichts Kamiński entgegen.

 
  
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  Die Präsidentin. Die Aussprache ist geschlossen.

 
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