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Verfahren : 2006/2248(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A6-0032/2008

Eingereichte Texte :

A6-0032/2008

Aussprachen :

PV 24/04/2008 - 6
CRE 24/04/2008 - 6

Abstimmungen :

PV 24/04/2008 - 7.10
CRE 24/04/2008 - 7.10
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2008)0183

Ausführliche Sitzungsberichte
Donnerstag, 24. April 2008 - Straßburg Ausgabe im ABl.

6. Internationale Rechnungslegungsstandards (IFRS) und Governance des“International Accounting Standards Board“ (IASB) (Aussprache)
Protokoll
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  Die Präsidentin. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Alexander Radwan im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung über die Internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) und die Leitung des International Accounting Standards Board (IASB) (2006/2248(INI)) (A6-0032/2008).

 
  
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  Alexander Radwan, Berichterstatter. − Frau Präsidentin! Wir haben hier einen Bericht zu einem – auf den ersten Blick – sehr technischen Thema. Es geht also um die so genannten Rechnungslegungsstandards in der Europäischen Union, weltweit, insbesondere für den Mittelstand. Es kann also hier genauso ein Thema sein, das wir jetzt im Europäischen Parlament diskutieren und das dann erst in einigen Jahren die Wirtschaft, die Menschen erreicht. Dann wird die Antwort sein: Wo die herkommen und wer dafür zuständig ist, weiß keiner. Warum wir sie anwenden sollen, weiß auch keiner.

Das Ziel ist, weltweite einheitliche Standards insbesondere für Kapitalgesellschaften zu bekommen. Das unterstützen wir. Und wir hören als Argument dafür: Wir brauchen high quality standards! Dieses Gremium nimmt für sich in Anspruch, das einzige zu sein, das high quality standards machen kann. Wenn wir aber dann Finanzmarktturbulenzen haben, ist es erstaunlich, dass ausgerechnet diejenigen, die immer dafür gekämpft haben, heute sagen: Ist fair value der richtige Ansatz? Ist market to market der richtige Ansatz, wenn man keinen Markt mehr hat? Dann sind diejenigen, die die Geister gerufen haben, selber diejenigen, die hinterfragen, ob das der richtige Weg ist.

Verantwortlich dafür ist erst einmal keiner außer denjenigen, die in dieser privaten Organisation in London sitzen und sicherlich Standards unter dem Gesichtspunkt machen, dass sie auch zukünftig weiterhin ihr Geschäft machen. Daher ist mein Bericht, der heute zur Abstimmung steht, nicht nur für den Mittelstand, sondern es geht um eine grundsätzliche Frage: Wer macht welche Regeln für wen, und wer kontrolliert sie?

Wir haben auf der einen Seite die Frage der governance: Wie transparent ist diese Organisation? Das heißt: Wie transparent ist die Finanzierung? Dahinter verbergen sich ja Interessen. Gerade diejenigen aus diesem Ausschuss, die Transparenz einfordern, wollen ja den Markt immer entsprechend transparent präsentieren. Sie sollten den Anforderungen an Transparenz, denen sie Marktteilnehmer aussetzen, zumindest ein Stück weit selbst nachkommen! Bis jetzt habe ich den Eindruck, dass gerade diese Organisation mit allen Mitteln dafür kämpft, jegliche Transparenz zu vermeiden.

Wer bestimmt hier bei der Finanzierung, der Personenauswahl welche Position? Warum wird jemand benannt? Die Ausgewogenheit der Regionen, die Ausgewogenheit der Branchen! Wir machen zurzeit Mittelstands-IFRS, und man fragt sich: Wer repräsentiert den Mittelstand? Wer kennt den Mittelstand? Und das Dritte ist: Warum diskutieren wir eigentlich zurzeit IFRS für den Mittelstand, die Agenda? Wer setzt was auf die Agenda?

Auch Kommissar McCreevy, auch Sir Tweedie wurden vor etlichen Jahren mehrmals gefragt, warum wir das machen. Inzwischen – nach Jahren – wissen wir, warum wir über IFRS für den Mittelstand in Europa diskutieren, nämlich weil Südafrika und Brasilien danach gefragt haben. Das ist eine großartige Antwort, und wir wissen genau, dass Brasilien und Südafrika nicht der Fokus sind, sondern der europäische Markt, an dem man sehr viel verdienen kann, wenn die Mittelständler so etwas einführen müssten. Das ist also die Frage der governance. Hier gibt es entsprechend erste gute Schritte nach vorne.

Aber alle diese Gremien, die sich zukünftig zusammensetzen, werden daran gemessen werden, ob die Personen, die dieser Aufsichtsorganisation angehören werden und politische Antworten geben müssen – wie möglicherweise ein Kommissar –, zukünftig auch gestalten können. Es reicht nicht aus, nur entsprechende Vorschläge zur Kenntnis zu nehmen.

Die Konvergenz ist eines unserer Ziele. Wir müssen aber aufpassen, dass durch die Interpretation der SEC nicht der europäischen Hand die Interpretation entgleitet. Wir haben in Europa zurzeit genügend Erfahrung mit der amerikanischen Börsenaufsicht. Wir sollten hier nicht so blauäugig sein, die Interpretation den Amerikanern zu überlassen. Darum ist unsere Forderung nach wie vor: IFRS wie in Europa angenommen und nicht wie entsprechend von dem Board verabschiedet.

Hiervon ist der Mittelstand betroffen. Ich sage hier klipp und klar: Die Themen, die momentan vorliegen, sind zu komplex und zu schwierig. Ich warne davor, den Weg der Freiwilligkeit zu gehen. In Bayern – ich habe ja heute meine bayerische Tracht an – sagt man dazu: „hinterfotzig“, denn wir wissen genau– für alle diejenigen, die das negieren und akzeptieren –, dass es zukünftig über einige Mitgliedstaaten durch die Hintertür im europäischen Markt IFRS für den Mittelstand gibt. Die gleichen Personen werden dann zukünftig sagen: Wir brauchen einheitliche Standards. Sie werden diese entsprechend in den Markt hineindrücken, Standards, die zu komplex sind, die keiner versteht, die keiner wollte, nur aus purer Marktsicht. Hier will eine Minderheit in der Welt einer Mehrheit ihren Willen aufzwingen. Das ist nicht akzeptabel!

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. (EN) Frau Präsidentin! Ich möchte dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung und insbesondere dem Berichterstatter, Herrn Radwan, für die beträchtliche Arbeit danken, die in diesen umfassenden Bericht eingeflossen ist.

Er wirft wichtige Fragen für die künftige Entwicklung europäischer und auch globaler Kapitalmärkte auf. In diesem kurzen Redebeitrag kann ich nicht auf alle im Bericht angesprochenen Fragen eingehen, daher will ich mich auf drei Punkte konzentrieren: erstens, auf Fragen der Governance, zweitens, auf die Mitwirkung der EU im International Accounting Standards Board, dem IASB, und drittens, auf das Vorhaben der Ausarbeitung eines Rechnungslegungsstandards für kleine und mittlere Unternehmen.

Hinsichtlich der Governance des IASB hebt Ihr Bericht zu Recht hervor, dass unser gemeinsames Ziel die Ausarbeitung von weltweiten Rechnungslegungsstandards von hoher Qualität ist. Die Entscheidung der EU, dass börsennotierte Unternehmen die internationalen Rechnungslegungsstandards anzuwenden haben, war ein kühner und visionärer Schritt in Richtung auf dieses Ziel. Ein einziges Paket von weltweit akzeptierten Rechnungslegungsstandards würde unseren Unternehmen, unseren Kapitalmärkten und unserer Wirtschaft erhebliche Vorteile bringen.

Wir müssen ständig bemüht sein zu sichern, dass internationale Rechnungslegungsstandards angesichts sich ändernder Wirtschaftsbedingungen relevant bleiben und dass sie die Interessen aller Marktteilnehmer auf ausgewogene Weise vertreten. Damit diese Bedingungen auch weiterhin erfüllt werden, sollten Fortschritte vorrangig in drei Bereichen erzielt werden.

Erstens muss die Rechenschaftspflicht des International Accounting Standards Committee Foundation (IASCF) verbessert werden, insbesondere gegenüber öffentlichen Behörden. Letztere sollten eine aktive Rolle bei der Auswahl und Ernennung von Treuhändern spielen. In diesem Zusammenhang geht der Vorschlag, den ich gemeinsam mit meinen Partnern in der US-amerikanischen SEC, der japanischen FSA, der International Organisation of Securities Commissions (IOSCO) im November vergangenen Jahres unterbreitet habe, in die von Ihrem Bericht befürworteten Richtung.

Zweitens müssen wir sehen, wie der Prozess der Aufstellung der Arbeitsagenda des IASB verbessert werden kann. Vor allem muss das Verfahren, mit dem Prioritäten gesetzt werden, offener und transparenter gestaltet werden.

Drittens muss das ordnungsgemäße Verfahren des IASB verbessert werden, hauptsächlich indem sichergestellt wird, dass Standards, bevor man sie annimmt, einer umfassenden Folgenabschätzung unterzogen werden.

In Ihrem Bericht werden dazu und zu damit verbundenen Punkten konstruktive Vorschläge unterbreitet. Die bevorstehende Überprüfung der Satzung der IASCF bietet die Gelegenheit zur Durchführung der notwendigen Reformen. Der Ausschuss wird sie in Konsultation mit diesem Hohen Haus, den Mitgliedstaaten und unseren internationalen Partnern umsetzen.

Kommen wir nunmehr zur Mitwirkung der EU im IASB. Ihr Bericht geht davon aus, dass die EU ihre Anstrengungen verstärken müsse, um ihren Auffassungen in Rechnungslegungsfragen auf internationaler Ebene Gehör zu verschaffen. Dem stimme ich zu. Insbesondere sollten wir nach Mitteln suchen, um sicherzustellen, dass die Meinungen europäischer Interessenten, vor allem ihr proaktiver Beitrag zum Prozess der Aufstellung der Arbeitsagenda des IASB, dem IASB rechtzeitiger und zusammenhängender vorgelegt werden kann.

Ich betrachte das eher als einen evolutionären denn als einen revolutionären Prozess. Wir sollten auf die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) aufbauen, und ich bin bereit, diese Angelegenheit vordringlich zu verfolgen, auch die Möglichkeit der Verwendung von Mitteln aus dem Gemeinschaftshaushalt zur Stützung einer solchen Struktur.

Vor einem muss ich jedoch klar und eindeutig warnen. Diese Struktur wird unter keinen Umständen zu einer Keimzelle für das Setzen europäischer Standards werden, und auch die Ausarbeitung europäischer Interpretationen zu internationalen Rechnungslegungsstandards kann da kein Thema sein. Europa muss Teil der Bewegung hin zu einem einheitlichen Paket weltweit akzeptierter Rechnungslegungsstandards sein und bleiben. Alles andere würde der internationalen Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen und unseres Kapitalmarkts schaden.

Wenden wir uns nunmehr dem IASB-Projekt der Ausarbeitung eines Rechnungslegungsstandards für KMU zu. Lassen Sie mich eingangs erklären, dass die Kommission zurzeit keine Rechtsgrundlage zur Einführung dieses Standards besitzt. Darüber hinaus sind wir niemals eine Verpflichtung eingegangen, einen vom IASB ausgearbeiteten Standard zu übernehmen. Das würden wir nur dann tun, wenn wir wirklich überzeugt sind, dass der IASB einen Standard ausarbeitet, der den Interessen europäischer Anwender entspricht.

Der IASB hat sein Projekt noch nicht fertig gestellt. In dieser Phase sind die Auffassungen der Kommission jedoch klar. Der gegenwärtig vom IASB veröffentlichte Exposéentwurf ist noch immer zu komplex für einen zufrieden stellenden Rechnungslegungsrahmen für europäische KMU, insbesondere für kleine Unternehmen. Unser Schwerpunkt bleibt die Vereinfachung des ordnungspolitischen Umfelds für KMU, wozu auch der Bereich Rechnungslegung gehört.

 
  
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  Klaus-Heiner Lehne, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Rechtsausschusses. Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das IAS-System macht Sinn für große, börsennotierte Unternehmen, die weltweit operieren. Das ist auch der Grund, warum das Parlament auf Vorschlag des Rechtsausschusses in der letzten Legislaturperiode die IAS-Verordnung verabschiedet hat.

Es war tatsächlich das Ziel – Kollege Radwan hat es gesagt –, am Ende die Konvergenz – zumindest mit den USA und nach Möglichkeit weltweit – zu erreichen. Es macht keinen Sinn für kleine und mittelständische Unternehmen, diese brauchen die globalen Finanzmärkte, den Zugang zur Wallstreet und anderes im Regelfall nicht. Vor diesem Hintergrund ist es schon mehr als fraglich, warum überhaupt Mittelstands-IFRS entwickelt werden müssen.

Hinzu kommt – und ich denke, Herr Kommissar McCreevy hat das vollkommen zu Recht gesagt –, dass das, was jetzt auf dem Tisch liegt, nichts anderes ist als eine abgespeckte Version der sowieso schon extrem komplizierten internationalen Standards, die vorne und hinten nicht zu den Strukturen mittelständischer Unternehmen in Europa passen. Insbesondere dann nicht, wenn es sich dabei um seit mehreren Generationen durch Eigentümer geführte Familienunternehmen handelt, die schon Grundstücke, die ihnen gehören, abgeschrieben haben, und wo Fair-Value-Bewertungen nur Begehrlichkeiten auslösen und letztendlich die Struktur dieser Unternehmen geeignet ist, ihre Zukunftschancen in Frage zu stellen.

Auf der anderen Seite müssen wir realistisch sein. Es wird auch in der Frage der Standards bei den mittelständischen Unternehmen in Europa auf Dauer so etwas wie Harmonisierungsdruck geben. Wir verlangen nach Vergleichbarkeit, zumindest im europäischen Binnenmarkt. Von daher glaube ich, ist es wichtig, dass wir uns ernsthaft Gedanken darüber machen, wie wir auch europäische Alternativen zu den Vorschlägen aus London entwickeln, mit dem Ziel, auch hier eine stärkere Standardisierung zu erreichen, aber sachgerecht und dem Mittelstand entsprechend, langfristig und nicht an kurzfristiger Bewertung orientiert.

Ich möchte eine weitere Anmerkung zu den IAS-Gremien machen. Hier besteht in der Tat ein echtes Problem, Kollege Radwan hat es angesprochen. Wir haben vielleicht eine gewisse geographische Ausgewogenheit, aber wir haben keine Ausgewogenheit im Hinblick auf die Wirtschaftskraft. Europa ist der mit Abstand größte Block, der größte Bereich im Bereich der Gültigkeit der IAS-Regeln. Darum brauchen wir ein angemessenes Mitspracherecht, und wir sind nun einmal nicht mit Australien zu vergleichen. Australien ist so groß wie ein mittelgroßer Staat in der Europäischen Union oder wie eine große Region, wie z. B. Nordrheinwestfalen. Hier muss eine bessere Ausgewogenheit geschaffen werden.

 
  
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  Cornelis Visser, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (NL) Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich Herrn Radwan zum Abschluss dieses gründlichen Berichts beglückwünschen. Bis zum letzten Moment wurde darüber verhandelt. Es ist ein deutlicher, aber bisweilen auch kritischer Bericht geworden. Der Berichterstatter ist davon überzeugt, dass die demokratische Kontrolle des IASB verbessert werden muss, und ich bin erfreut, dass der IASB dieser Kritik Aufmerksamkeit schenkt.

Der Vorsitzende der Treuhänder, Herr Gerrit Zalm, hat vor kurzem im Europäischen Parlament angegeben, für Anregungen offen zu sein und bereit zu sein, Vorschläge für Strukturanpassungen vorzulegen. Der IASB arbeitet an IFRS-Standards für kleine und mittelständische Unternehmen. Ich stimme dem Berichterstatter zu, dass die Rechnungslegungsstandards gemäß IFRS zu kompliziert und zu kostspielig für kleine und mittelständische Unternehmen sind. Auch die Förderung der freiwilligen Verwendung von IFRS durch den Mittelstand würde meines Erachtens das Risiko einer Einführung in Europa durch die Hintertür mit sich bringen. Meiner Meinung nach muss nach Unternehmensgröße differenziert werden. Für große multinationale Unternehmen und Banken sowie Versicherungsgesellschaften, die weltweit operieren, ist es gut, ihre Jahresberichte gemäß einem einheitlichen Rechnungslegungsstandard zu erstellen. Kleine und mittelständische Unternehmen in Europa sollten jedoch ihren eigenen Standard haben.

Der IASB hat viel erreicht, was internationale börsennotierte Unternehmen und den Rechnungslegungsstandard für diese Unternehmen betrifft. Wenn kleine und mittlere Unternehmen nun angeben, dass Kosten und Aufwand ebenso gut mit mehreren Standards realisiert werden können, darf ihnen nicht von oben herab ein einziger Standard auferlegt werden. Das Interesse der Anleger und das Interesse der Transparenz müssen unbedingt mit berücksichtigt werden. Die Politik ist dazu da um zu vereinfachen, so dass gute, transparente und kosteneffiziente Informationen über die Ergebnisse der Wirtschaft vorliegen. Ich denke, dass die erwiesenen Vorteile von IFRS auch dem europäischen Aktienmarkt zugute kommen können, vor allem, wenn die USA ihr System der US-GAAP gegen IFRS eintauschen. Der weltweite Investor und Aktionär hat ein großes Interesse daran, wenn es um die Vergleichbarkeit geht. Der Gedanke hinter den IFRS verdient daher die Unterstützung des Europäischen Parlaments.

 
  
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  Pervenche Berès, im Namen der Fraktion PSE. – (FR) Danke, Herr Kommissar, dass Sie die Möglichkeit gefunden haben, nach Straßburg zu kommen. Danke auch dem Berichterstatter in seiner bayerischen Tracht. Ich denke, dass unsere Zusammenarbeit sehr gut war, und die Art und Weise, in der es gelungen ist, Änderungsanträge der verschiedensten Kollegen in Ihren Bericht einzuarbeiten, ist der Beweis dafür.

Zunächst möchte ich drei Punkte in Bezug auf Rechnungslegungsstandards ansprechen. Es scheint mir zunächst, dass wir uns bezüglich der Governance und der Funktion des Organs, das mit der Erarbeitung dieser Rechnungslegungsstandards betraut ist, in einer ungewöhnlichen Lage befinden. Es gibt viele Formen der Standardisierung. Nicht alle wirken sich so stark auf die Finanzstabilität oder andere Fragen in Bezug auf Macht und Governance aus wie die Rechnungslegungsstandards. Wir erleben heute in gewisser Weise ein wichtiges Ereignis, einen Übergang in das Erwachsenenalter.

Als diese Rechnungslegungsstandards erarbeitet worden sind, möglicherweise durch Verfasser, die unter sich gearbeitet haben, haben sie das Terrain im Grunde sehr gut vorbereitet. Heute sind diese Rechnungslegungsstandards international. Sie werden von allen genutzt und angewendet, somit ist die Frage der Governance von großer Bedeutung.

Wie ordnet sich das mit der Erarbeitung dieser Rechnungslegungsstandards betraute Organ in die internationale Governance ein im Hinblick auf demokratische Organe, im Hinblick auf Organe, die legitim die Staatsmacht und vor allem die Europäische Union repräsentieren?

Der zweite Punkt, den wir in Bezug auf die Governance betrachten müssen, ist natürlich das Gleichgewicht dieser Organe. Wie ist das geografische Gleichgewicht, wie ist das Gleichgewicht der Vertretung nicht nur jener, die die Standards verfassen, sondern auch derer, die sie anwenden sollen?

Die dritte Frage ist die Finanzierung. Wie sollen diese Organe finanziert werden? Ist die Idee der Erhebung einer Abgabe von Unternehmen, die von Regulierungsorganen zu koordinieren wäre, von Nutzen? Kann eine Finanzierung durch die öffentliche Hand, durch die Europäische Gemeinschaft, vorgesehen werden? Wir hoffen, dass der Kommissar dazu einige überzeugende Vorschläge unterbreitet.

Die vierte Frage in Bezug auf diese Organe ist das Programm. Ist es normal, dass diese Organe den Begriff fair value oder beizulegender Zeitwert, entwickeln, wenn wir die Auswirkungen kennen, die dies auf die Finanzstabilität haben kann? Ist es richtig, dass dieses Organ ein KMU-Programm entwickelt, das Europa nicht braucht? Ist es richtig, dass Sie, Herr Kommissar, zu diesem Punkt der Standards für KMU – einfach weil, wie unser Berichterstatter gesagt hat, Südafrika oder Australien sie vielleicht brauchen könnten –, nicht dafür gesorgt haben, dass Europa in diesen Organen ein Mitsprachrecht hat. Als ein erster Schritt ist es unbedingt erforderlich, dass Europa dafür sorgt, dass es dort präsent ist, um die Kraft aller Mitgliedstaaten und die Stimme der Europäer im IASB, in der IASCF und im IFRIC zu vertreten; dafür sind Sie verantwortlich, Herr Kommissar. Zu diesem Punkt erwarten wir von Ihnen überzeugende Vorschläge.

 
  
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  Sharon Bowles, im Namen der ALDE-Fraktion. (EN) Frau Präsidentin! IFRS werden von immer mehr Ländern übernommen, ihr Wert und ihre Bedeutung nehmen also zu. Das macht es notwendig, die Rechenschaftspflicht und die Transparenz des IASB, was anfänglich nicht so deutlich zu Tage trat, zu stärken. Ich begrüße Schritte in dieser Richtung, bedaure jedoch, dass in einigen Teilen dieses Berichts Kritiken negativ vorgetragen werden, anstatt anzuerkennen, dass zurzeit Veränderungen vor sich gehen, und den Weg nach vorn zu weisen. Mehrere meiner Änderungsanträge zielen daher darauf ab, eher nach vorn zu schauen, die Vorzüge und den Nutzen herauszustellen, wobei natürlich weitere Anpassungen vorzunehmen sind, sowohl was die eigentlichen Standards angeht als auch was den IASB betrifft, der sie überwacht. Man muss allerdings eine unnötige Politisierung technischer Probleme vermeiden. IFRS sind ein wichtiges Instrument zur besseren grenzüberschreitenden Vergleichbarkeit und zur Verringerung der die Unternehmen belastenden Anforderungen, für ihrer Berichterstattung unterschiedliche Systeme zu verwenden, doch es wäre sinnvoll, wenn sich Jahresabschlüsse leichter für andere Vergleichszwecke eigneten. Es kann jedoch durchaus sein, dass Instrumente wie das XBRL-Tagging so etwas entwickeln könnten. Ich muss Frau van den Burg für die Organisation einer interessanten Präsentation zu diesem Thema in der vergangenen Woche danken.

Die KMU-Vorschläge geben in verschiedenen Bereichen Anlass zur Besorgnis. Mir sehen sie eher wie ein Instrument für mittlere Unternehmen aus, die vielleicht auf dem Weg zu einer vollständigen öffentlichen Finanzberichterstattung sind; sie verdienen also in diesem Licht oder auf freiwilliger Basis eine gesonderte Betrachtung. Doch wie Sie sagten, Herr Kommissar, bislang sind sie für die meisten normalen KMU viel zu komplex.

 
  
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  Gay Mitchell (PPE-DE). – (EN) Frau Präsidentin! Ich spende meinem Kollegen Radwan Lob für einen sehr gut ausgearbeiteten Bericht. Ich hoffe, die bayerische Nationaltracht, die er hier heute Vormittag trägt, deutet nicht auf einen Wechsel der politischen Richtung hin.

Die Annahme der IFRS im Januar 2005 hat der Europäischen Union großen Nutzen gebracht, indem die Anforderungen an die Rechnungslegung im grenzüberschreitenden Verkehr einfacher und die Jahresabschlüsse zwischen Ländern, Wettbewerbern und Industriezweigen leichter vergleichbar wurden; sie sind der Arbeit der Aufsichtsbehörden, Banken und Kapitalmärkte förderlich. Internationale Rechnungslegungsstandards werden inzwischen in über einhundert Ländern verwendet oder übernommen, darunter in Australien, Südafrika und anderen Ländern.

Ich unterstütze die Forderungen nach größerer Transparenz, höherer Effektivität und besserer Rechenschaftspflicht des IASB. Der Bericht verweist auf die Tatsache, dass siebzehn Monate verstrichen waren, ehe das IASB einen neuen Vorsitzenden benannte. Das ist unannehmbar. Das IASB ist eine private Selbstregulierungsbehörde, die in den Rang eines Rechtssetzungsorgans erhoben wurde, und es ist nur folgerichtig, dass wir deswegen eine bessere Rechenschaftspflicht und einen besseren Überblick fordern. Wir sollten auch vorsichtig mit der Forderung nach dem Aufbau zusätzlicher EU-Strukturen zur Auslegung und Anwendung der Rechnungslegungsnormen sein. Warum brauchen wir sie? Was sollen sie tun?

In der Frage der Konvergenz zwischen der EU und den USA hat es in diesem Bereich und in der Rechnungslegungs-Roadmap EU-USA große Fortschritte gegeben. Im vergangenen Jahr unterzeichneten der US-Präsident, der Präsident des Europäischen Rates und der Präsident der Europäischen Kommission eine gemeinsame Erklärung der EU und der USA, in der sich die Unterzeichner verpflichteten, Bedingungen zu fördern und zu schaffen, damit die in den USA allgemein akzeptierten Rechnungslegungsgrundsätze und die IFRS von beiden Rechtsinstanzen anerkannt werden. Das ist sehr zu begrüßen.

Was die Anwendung der IFRS auf die KMU angeht, sei gesagt, dass die KMU klein und kleiner sind. Ich hielte es für besser, es optional zu handhaben, um die Flexibilität zu gewährleisten, anstatt ihre Anwendung von vornherein auszuschließen.

 
  
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  Ieke van den Burg (PSE). – (NL) Frau Präsidentin! Ich möchte mich den Glückwünschen an Herrn Radwan anschließen, nicht zuletzt, weil wir durch seinen Bericht eine sehr interessante Diskussion über das Spannungsfeld zwischen Gesetzgebung und Selbstregulierung, vor allem auf weltweiter Ebene, führen konnten.

Ich bin mir bewusst, dass unsere Wünsche uns in eine Zwickmühle bringen. Einerseits hätten wir gerne diese internationalen, weltweit anwendbaren Standards, aber andererseits bestehen wir auf unserer Verantwortung als Mitgesetzgeber, diese Standards auch inhaltlich beurteilen zu können und unsere Rolle als Mitgesetzgeber ernsthaft zu erfüllen. Ich denke, das Europäische Parlament hat in der letzten Zeit gezeigt, dass es dies tut.

Der Schlüssel liegt meines Erachtens in rechtzeitiger Konsultation, in einer ausgewogenen Abwägung der Interessen aller Aktionäre, auch der Fremdinteressen von Arbeitnehmern, lokalen Behörden, Zulieferern und so weiter (denn eine adäquate Rechnungslegung ist nicht nur für Kapitalbeschaffer von Vorteil), und einer gründlichen Folgenabschätzung. Hier trägt die Kommission eine große Verantwortung. Und in der nächsten Zeit müssen diese Dinge zugunsten der kleinen und mittleren Unternehmen erfolgen. Wir können daraus ein wirklich lohnenswertes Projekt für die EU machen.

Abschließend möchte ich zwei Bemerkungen anbringen, die auch mit einem anderen Bericht zu tun haben, über den in der folgenden Sitzung abgestimmt wird, und zwar dem Bericht von Herrn Lehne über die Vereinfachung der Regeln für Unternehmen. Auch hier habe ich die Linie verfolgt, dass die Regeln nicht nur eine Sache für die Unternehmen und die Kapitalbeschaffer und die Rechnungsprüfer, die ihr Geld damit verdienen, sind, sondern ebenso für Arbeitnehmer und andere Gruppen. Daher dürfen wir nicht an der Qualität dieser Regeln rühren. Ich habe dafür plädiert, die Regeln auf jeden Fall auf Unternehmen, die von der Börse genommen werden, und off balance-Aktivitäten anzuwenden. Ich hoffe, Sie stimmen zu, dass der IASB jetzt auch auf diesem Gebiet Arbeit hat.

Ich möchte damit abschließen, mein eindringliches Plädoyer für den XBRL-Standard zu wiederholen. Sie wissen, dass der SEC in den Vereinigten Staaten in diesen Tagen einen Beschluss fassen wird, um diesen Standard gesetzlich vorzuschreiben. Ich fordere Sie auf, darüber nachzudenken, wie Europa darauf reagieren sollte, und ermutige Sie, für Europa dementsprechend eine Roadmap in diesem Bereich zu erstellen.

 
  
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  John Purvis (PPE-DE). – (EN) Frau Präsidentin! Es gibt Probleme mit der Transparenz und der Governance des International Accounting Standards Board (IASB), doch es hat diese Kritik akzeptiert und die Notwendigkeit, das zu ändern, eingestanden. Es wurden Schritte eingeleitet, und weitere Schritte sind geplant: Veröffentlichung von Feedback-Statements, Erläuterung der Gründe für seine Entscheidungen, Vorantreiben von Kosten-Nutzen-Analysen sowie Erweiterung und aktivere Einbeziehung des Treuhändergremiums. Es wurde alles versucht, mit dem Parlament ins Gespräch zu kommen.

Herr Radwans Bericht hat sich gegenüber früheren Fassungen stark verbessert, und ich bin davon überzeugt, dass die positiven Änderungsanträge der PPE-DE-Fraktion und der ALDE-Fraktion den Text heute noch weiter verbessern werden.

Ich möchte dem Berichterstatter danken, denn obwohl wir unsere Differenzen hatten, zeigte er sich in bestimmten Bereichen im Zusammenhang mit diesem Governance-Aspekt kompromissbereit. Leider kann ich ihm in der Frage der Internationalen Rechnungslegungsstandards für KMU nicht zustimmen. Das IASB war gebeten worden, eine vereinfachte Fassung für KMU auszuarbeiten. Herr Radwan räumt in seinem Bericht nicht ein, dass das auch für die Europäische Union sinnvoll sein könnte. Während sich der Vorschlag noch in der Entwurfsphase befindet, wird im Bericht verkündet, dass eine solche Fassung für EU-Unternehmen definitiv nicht von Nutzen sein wird.

Dennoch wurde uns wiederholt gesagt, das sei optional und für solche wachsenden KMU vorgesehen, die sich zu börsennotierten Unternehmen entwickeln wollen. Kleine Unternehmen, die keine Ambitionen haben, über ihre lokalen Märkte hinauszugehen, bräuchten das nicht zu übernehmen. Eine Meinungsumfrage vergangenen September ergab, dass eine klare Mehrheit europäischer KMU, auch deutscher KMU, der Ansicht war, der Nutzen wäre größer als die Nachteile, und die Finanzberichterstattung würde sich verbessern.

Die Bemühungen des IASB um die Ausarbeitung weltweiter Rechnungslegungsstandards von hoher Qualität sind ein großer und willkommener Beitrag zur europäischen und internationalen Wirtschaft, und, offen gestanden, ich denke, wir sollten ihnen Beifall spenden.

 
  
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  Antolín Sánchez Presedo (PSE).(ES) Frau Präsidentin! Die seit 2005 bestehende Forderung an die kapitalmarktorientierten Unternehmen zur Anwendung der Internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) für ihre konsolidierten Abschlüsse ist eine politische Initiative von großer Tragweite und erheblichem Einfluss.

Etwa 100 Länder verwenden die Standards, und ihre Globalisierung hat zur Möglichkeit des Vergleichs und zu Transparenz geführt, wobei das Vertrauen der Akteure gewachsen ist, ein Spielfeld auf höherer Ebene geschaffen und die Marktdisziplin gestärkt wurde.

Der Vorschlag enthält zwei wichtige Aufgaben in Bezug auf die Governance. Zum einen befindet sich die private Organisation, die seit 1973 weltweite freiwillige Standards auf einer unternehmerischen und gewerbsmäßigen Grundlage aufstellt, jetzt selbst in einer Position von gewaltiger Verantwortung, die einen Wandel in ihrem Charakter, ihren Verfahren und ihrer Zusammensetzung mit sich bringt, um zu einer transparenten, kontrollierbaren Institution mit einer ihrer neuen Rolle entsprechenden Legitimität zu werden.

Es ist notwendig, die Aktivitäten aller betroffenen öffentlichen und privaten Interessen zur Kenntnis zu nehmen und zu koordinieren und gleichzeitig die Finanzierung und Unabhängigkeit der Organisation bei der Aufstellung von Standards zu sichern. Weiterhin muss die Organisation in die internationale Governance integriert werden.

Darüber hinaus ist es erforderlich, die europäische Governance der Rechnungslegung durch einen proaktiveren und integrierten Ansatz zur Vorbereitung, Annahme, Durchführung und Bewertung der Standards zu stärken. Es kommt darauf an, den konzeptuellen Rahmen der Standards zu verbessern und zu berücksichtigen, dass sie weder neutraler noch akademischer Natur sind und Gewinner und Verlierer hervorbringen können. Ebenso wichtig ist es, ihre Auswirkungen zu bewerten und ihre Kompatibilität mit der europäischen Strategie zu gewährleisten, aus den Finanzumbrüchen zu lernen und die Rechnungslegungsstandards der Verwaltungskonzessionen in ausgewogener Form zu regeln.

Die Rechnungslegung der KMU muss vereinfacht und mit ihrer Nutzung des Binnen- und des Weltmarkts verknüpft werden. Diese Fragen werden im Bericht von Herrn Radwan behandelt. Er hat einen breiten Konsens erreicht, und der Bericht kommt genau zum rechten Zeitpunkt mit Blick auf die bevorstehende Revision Ende 2009, die die Schaffung eines Kontrollgremiums und die Veränderung der Zusammensetzung des Standards Advisory Council bis zum kommenden Jahr vorsieht.

 
  
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  Othmar Karas (PPE-DE). – Frau Präsidentin, Herr Kommissar, Herr Berichterstatter, meine Damen und Herren! Ich begrüße den Bericht von Alexander Radwan und diese Debatte sehr, weil ich den Eindruck habe, dass wir den Finger wirklich in die Wunden legen, und zwar gemeinsam, unabhängig von den Fraktionszugehörigkeiten.

Diese Debatte stellt unmissverständlich klar, dass wir erstens weltweit einheitliche Standards für Kapitalgesellschaften benötigen, aber dagegen sind, dass alle Betriebe über einen Kamm geschoren werden; dass wir zweitens sachgerechte, spezifische KMU-Regelungen nicht ablehnen, der Regelrahmen aber von uns – der Europäischen Union – bestimmt werden muss; dass drittens die derzeit vorgeschlagenen Maßnahmen zu kompliziert, zu teuer, für die KMU unbrauchbar und daher von uns abzulehnen sind; viertens dass die Fragen „wer macht welche Regeln für wen?“ und „wer kontrolliert sie?“ bis zur Stunde unbefriedigend beantwortet werden. Es mangelt an der demokratischen Legitimität, an differenzierter Vorgangsweise, an Rücksichtnahme auf berechtigte KMU-Wünsche und an ausreichenden demokratischen Kontrollmechanismen.

Fünftens: Manche vergessen, wenn sie zu diesem Thema Stellung nehmen oder diese Fragen beantworten wollen, dass zwei Drittel der Arbeitnehmer als Privatangestellte in Privatunternehmen – in Familienunternehmen – tätig sind und dass der Großteil dieser Familienunternehmen KMU sind, die nicht ihr Geld am Kapitalmarkt holen. Auch das sollten wir nicht vergessen, wenn Vorschläge gemacht werden, die alle über einen Kamm scheren.

Danke für diese seriöse Debatte!

 
  
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  Richard Howitt (PSE). – (EN) Frau Präsidentin! In Ziffer 30 unseres Entschließungsentwurfs heißt es, Abschlüsse würden nicht nur den Bedürfnissen von Investoren, sondern auch denen anderer Beteiligter dienen.

Da wir in Ziffer 41 auch auf die Notwendigkeit von Änderungen im EU-Recht aufmerksam machen, möchte ich den Herrn Kommissar daran erinnern, dass sich dieses Parlament dafür ausgesprochen hat, dass jegliche Änderung an der Vierten und Siebten Richtlinie zum Gesellschaftsrecht das Erfordernis einer sozialen und ökologischen Berichterstattung durch die Unternehmen beinhalten sollte.

Ich lenke seine Aufmerksamkeit auch auf die Existenz solcher Anforderungen in Südafrika, im französischen Gesetz über neue Wirtschaftsverordnungen sowie auf die Empfehlungen im Projekt des Prince of Wales ‚Accounting for Sustainability‘ aus meinem eigenen Land, dem Vereinigten Königreich.

Insofern möchte ich darüber hinaus und in Anlehnung an die Empfehlung der Kommission aus dem Jahr 2001 zu Umweltfragen in unseren neuen Rechnungslegungen den Herrn Kommissar fragen, ob die Kommission eine ähnliche Empfehlung zu sozialen Fragen bei der Rechnungslegung geben könnte. Ebenso möchte ich den Herrn Kommissar ersuchen, das International Accounting Standards Board zu drängen, in ihre geplante Veröffentlichung eines Management-Kommentars soziale und ökologische Aspekte einzubeziehen. Mag die Kommission das nun soziale Verantwortung der Unternehmen nennen oder nicht, aber vielleicht können wir uns heute alle darauf einigen, es als Rechnungslegung für verantwortungsbewusste Unternehmen zu bezeichnen.

 
  
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  José Manuel García-Margallo y Marfil (PPE-DE).(ES) Frau Präsidentin! Die jüngsten Finanzkrisen haben die Bedeutung von Rechnungslegungsstandards mit hoher Qualität für die ordnungsgemäße Funktion der Märkte deutlich gemacht.

Da dies so ist, besteht meiner Ansicht nach eine weitere Lehre der Krise darin, dass eine gewisse Asymmetrie zwischen der dargelegten Bedeutung der Rechnungslegungsstandards und dem Charakter und der Tätigkeit der privaten Organe besteht, die für die Aufstellung, Erarbeitung und Auslegung dieser Standards verantwortlich sind.

Der Bericht von Herrn Radwan zeigt daher richtig auf, dass die erste Frage, um die es gehen muss, die der Governance ist. Meiner Ansicht nach hat er intelligente und realistische Vorschläge eingebracht und aufgezeigt, dass sich die Institutionen, die die Union repräsentieren, aktiver an dieser Festlegung der in die Rechtsordnung der Gemeinschaft aufzunehmenden Standards beteiligen müssen, und er hat Vorschläge zur Regelung der internen Funktion dieser privaten Gremien unterbreitet. Eine größere Transparenz, Vorkehrungen zur Verhütung von Interessenkonflikten und eine breitere geografische Repräsentation sind einige der Anregungen von Herrn Radwan.

Der zweite Aspekt im Bericht behandelt das Problem der kleinen und mittleren Unternehmen. Wir haben hier im Haus Wert darauf gelegt, dass zwei Ziele in Einklang gebracht werden: Vereinfachung und Kostenreduzierung der Rechnungslegungsverfahren für die KMU und Bereitstellung entsprechender Informationen für die Marktakteure.

Der letzte Punkt, den Herr Radwan anspricht – und mit dem ich übereinstimme –, ist die Notwendigkeit von globalen Rechnungslegungsstandards in einem globalen Umfeld. Deshalb ist es äußerst wichtig, mit den anderen großen Finanzmärkten der Welt, namentlich der Vereinigten Staaten, zu Vereinbarungen zu kommen.

Dies verlangt eine größeren Dynamik und eine bedeutsamere Rolle der europäischen Institutionen, einschließlich dieses Parlaments und aller, die uns heute zuhören.

 
  
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  Reinhard Rack (PPE-DE). – Frau Präsidentin! Ich kann nahtlos an das anknüpfen, was unser Kollege gerade gesagt hat. Wir gehen davon aus – und das weist auch der Bericht von Kollege Radwan aus –, dass hier ein solches Institut ohne politischen Auftrag tätig wird, dass es aber dann doch in relativ hohem Maße für die Wirtschaft relevante, ja zum Teil verbindliche Maßnahmen setzt. Hier geht es nicht nur um die Verbesserung der good governance, der Rahmenbedingungen, hier geht es auch darum, dass sich politische Instanzen für dieses Thema stärker einbringen, als das bisher der Fall war. Was wir hier im Europäischen Parlament tun, ist ein guter Schritt, aber dem müssen weitere folgen.

Ein zweiter Aspekt: Das, was hier auf der Ebene einer regionalen Organisation– nämlich der Europäischen Union – getan wird, sollte sich dann auch im globalen Kontext widerspiegeln. Hier geht es ja nicht nur darum, dass wir diese Regeln nur für unsere Region gelten lassen wollen.

 
  
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  Margarita Starkevičiūtė (ALDE).(LT) Frau Präsidentin! Wie mein Kollege bereits sagte, geht es in dem Bericht darum, wer im Rechnungslegungsprozess wofür verantwortlich ist. Die Rolle des Parlaments ist dabei recht groß, und ich glaube, dass wir diese Rolle auch wahrnehmen sollten. Dennoch bezweifle ich, dass wirklich jedes technische Detail berücksichtigt und verbindliche Maßstäbe gesetzt wurden. Die Beschreibung der Methode zur Ausweisung und Darstellung aller verwertbaren und nicht verwertbaren Vermögensgegenstände ist für mich so nicht ganz hinnehmbar. Deshalb glaube ich auch nicht, dass wir uns in die Entscheidung einmischen sollten, ob die gewählte Methode gut oder schlecht ist. Wir sollten die Bewertung durch Sachverständige abwarten. Die Überarbeitung des Standards der nicht verwertbaren Vermögensgegenstände und Konsultationen zu diesem Thema sind bereits im Gange. Wir sollten mit unserer Entscheidung das Ergebnis abwarten. Ich schlage daher vor, dass wir die Vorschläge in Ziffer 30 Buchstabe e und in Ziffer 42 der Entschließung nicht befürworten sollten.

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE). – (EN) Frau Präsidentin! Könnte ich von Kommissar McCreevy die Zusicherung erhalten, dass das einheitliche Paket weltweiter Rechnungslegungslegungsstandards – mit dem damit verbundenen Bestreben nach verstärkter Standardisierung von Verfahren – keinesfalls die Berechtigung oder gar das Erfordernis einer gemeinschaftlichen konsolidierten Unternehmenssteuerbasis in der EU erhöht?

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. (EN) Frau Präsidentin! Ich möchte den Mitgliedern für ihre Bemerkungen danken. Es war wirklich eine sehr weit reichende Aussprache mit einer Vielfalt von Auffassungen zu vielen der Probleme, und wir haben sie zur Kenntnis genommen.

Ich möchte noch einmal betonen, dass internationale Rechnungslegungsstandards in hoher Qualität von entscheidender Bedeutung für das wirksame Funktionieren sowohl des europäischen als auch des globalen Kapitalmarkts sind. Der Prozess, in dem diese Standards ausgearbeitet werden, sollte daher im Rahmen einer starken Governance stattfinden. Charakterisiert sein sollte er durch ein hohes Maß an Transparenz, und er sollte eine ausgewogene Berücksichtigung der Interessen der Marktteilnehmer gewährleisten.

Die IASCF und das IASB haben in den letzten Jahren wichtige Reformen an ihren internen Verfahren verwirklicht, aber ich kann nicht leugnen, dass weitere Verbesserungen nötig sind. Darüber hinaus muss ich eingestehen, dass wir uns in Europa besser organisieren müssen, um den Normsetzungsprozess des IASB zu leiten und ihn zu bereichern. Kurz, selbst wenn die Governance des IASB und das allgemeine Verfahren perfekt wären, würden die internationalen Rechnungslegungsstandards nur dann den Anforderungen europäischer Marktteilnehmer genügen, wenn deren Meinung auf kohärente und überzeugende Weise und dazu rechtzeitig vorgetragen wird.

Fast alle Redner gingen auf die Frage der IFRS für KMU ein, und ich wiederhole, dass es gegenwärtig in Europa keine Rechtsgrundlage für deren Durchsetzung gibt. Würden wir das tun, bedürfte es der Mitentscheidung des Europäischen Parlaments. Ich darf kurz wiederholen, was ich viele Male über IFRS für KMU gesagt habe: Als das IASB diese konkrete Arbeit in Angriff nahm, habe ich in zahlreichen Reden klargestellt, dass es nicht davon ausgehen sollte, die EU würde dieses spezielle Projekt automatisch umsetzen. Wir würden es nur dann empfehlen, wenn es einfach und effektiv ist und den Bedürfnissen der KMU entspricht.

Das wurde dem IASB im Laufe seiner Arbeit erklärt. Sein erster Exposéentwurf wurde vorgelegt. Ich nahm dann Gelegenheit, ihm zu sagen, dass er diese Kriterien nicht erfüllte, und beim gegenwärtigen Stand der Dinge kann ich unmöglich in Erwägung ziehen, ihn für KMU zu empfehlen, denn er war weder einfach noch effektiv. Das ist nach wie vor meine Position, doch nach dem, was andere Redner und insbesondere Herr Purvis sagten, wäre es wahrscheinlich gut, wenn es einen einfachen und effektiven IFRS für KMU gäbe – aber nur auf dieser speziellen Grundlage.

Die Idee ist gut. Ich möchte sie nicht abtun, aber ich werde jetzt und in der Zukunft nichts für die KMU einführen, das nur komplexer ist und das niemand versteht. Es wird nicht gebraucht. Ich wiederhole bei dieser Gelegenheit hier im Parlament, was ich darüber bei vielen Anlässen gesagt habe.

Frau van den Burg erwähnte die Frage der XBRL. Wir arbeiten zurzeit mit der Finanzdienstleistungsaufsicht zusammen, um einen Konsens über technische Standards für Geschäftsdaten zu erreichen, und im Ergebnis dieses Dialogs ergreift die Kommission gegebenenfalls weitere Maßnahmen zur Interoperabilität von ordnungspolitischen Informationssystemen. XBRL könnte es Investoren ermöglichen, umfassenden Nutzen aus den IFRS zu ziehen. Jedem Schritt auf dem Weg zu einer notwendigen Nutzung von XBRL in der Europäischen Union sollte eine gründliche Folgenabschätzung vorausgehen, einschließlich einer wirtschaftlichen Bewertung von Kosten und Nutzen.

Ich habe die Angelegenheit auch mit dem Vorsitzenden der SEC; Herrn Chris Cox, während meines jüngsten Besuchs in den Vereinigten Staaten erörtert, und ich bin dafür, diesen Punkt für die Zukunft auf der Agenda unseres ordnungspolitischen Dialogs mit den US-Behörden zu behalten. Diese Standards müssen international akzeptiert werden, technologisch unabhängig und interoperabel sein.

Es ist eine sehr spannende Entwicklung, und ich weiß, dass Frau van den Burg kürzlich Einblick in all das hatte. Auch ich nahm vor einigen Monaten die gleiche Gelegenheit wahr und ließ mir von Experten zeigen, wie das praktisch funktioniert. Ich halte das für etwas ziemlich Revolutionäres und Begrüßenswertes, doch werden wir in dieser Richtung nichts unternehmen, ehe die andere Arbeit getan ist.

Herr Mitchell hat eine interessante Frage aufgeworfen. Ich denke, die Bedeutung dessen, was er sagte, ging dahin, dass wir nicht wollen, dass der IASB daherkommt und sagt ‚ein EU-Gremium oder irgendein anderes Gremium‘. Wir wollen ein international akzeptiertes Gremium sein – denn dieses Ziel ist es wert, weiter verfolgt zu werden –, und es muss ein unabhängiges Gremium sein. Ich denke, das ist wörtlich zu nehmen, aber unter dem ordnungsgemäßen Mitwirken der verschiedenen Marktteilnehmer.

Ich darf jeden in der Europäischen Union daran erinnern, dass es die EU war, die dem IASB eine solche Bedeutung verliehen hat. Wir waren der größte Zuständigkeitsbereich, der seit 2005 die Auffassung vertrat, die IFRS würden für börsennotierte Unternehmen die Regel werden. Diese Entscheidung wurde vor mehreren Jahren gemeinsam mit dem Europäischen Parlament getroffen, und allein das verlieh dem IASB und dem Prozess eine größere Tragweite.

Ich würde sagen – und ich habe das auch dem IASB wiederholt gesagt –, dass ein Road-Testing – nennen Sie es Folgenabschätzung – vorgenommen werden sollte, ehe Standards angenommen werden, vor allem durch den IASB, und das unter Mitwirkung der EU und auch anderer Gremien. Wir sollten nicht warten, bis die Standards vom IASB eingeführt werden. Wir standen hier vor der Aufgabe, ihnen entweder zuzustimmen oder sie abzulehnen. Uns obliegt es nicht, sie zu ändern. Ich denke, sie sollten zuvor ein gründliches Road-Testing durchlaufen, um zu sehen, ob es Probleme geben würde, und um nicht feststellen zu müssen, dass gravierende Probleme auftreten, nachdem der ganze IASB-Prozess abgeschlossen ist. Wir haben das dem IASB wiederholt klar gemacht. Ich denke, die neuen Governance-Strukturen werden von den meisten von uns hoffentlich begrüßt.

Ich gebe zu, dass auf diesem speziellen Gebiet noch mehr zu tun ist, aber das wird dazu führen, dass es in der Zukunft weniger Probleme gibt. Ich hoffe, wir werden eines Tages eine Situation haben, in der die Dinge mehr oder weniger automatisch ablaufen und niemandem größere Kopfschmerzen verursachen, denn die ganze Arbeit wird vorher getan worden sein. Wir werden dann keine Schwierigkeiten mehr haben.

 
  
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  Alexander Radwan, Berichterstatter. − Frau Präsidentin, Herr Kommissar, Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Dank für diese Debatte, die ja die Hauptstoßrichtung dieses Berichts unterstützt und verschiedene Variationen dargelegt hat.

Ich möchte noch zwei Punkte aufgreifen. In einem Punkt sind wir uns sicherlich einig – er wurde ja heute oft zitiert von denjenigen, die diese ganze Entwicklung sehr unterstützen: Der Grund dafür, dass sich diese IFRS-Organisation inzwischen zum Beispiel bei Governance-Fragen bewegt, liegt darin, dass dieses Haus, das Europäische Parlament, und die Europäische Union einen entsprechenden Druck machen. Hin und wieder braucht man auch – an die Kolleginnen, die das bei mir kritisieren – einen rüden Ton, da die Personen, die hier in den letzten Jahren aufgetreten sind, zuweilen sehr deutlich zum Ausdruck gebracht haben, wie wenig sie das Europäische Parlament interessiert. Wie wenig Weiterentwicklungen es hier inzwischen gibt, sehen wir ja bei dem Vorschlag zur Governance, wo die zukünftigen Aufsichtsgremien ja nur zur Kenntnis nehmen dürfen, wen sie benennen dürfen. Ich kann nur raten, dass all diejenigen, die zukünftig in Parlamenten berichten müssen, warum sie einem Punkt zugestimmt haben oder nicht, auch dafür sorgen, dass sie Verantwortung übernehmen und gestalten können. Das ist der erste Punkt.

Wie wenig sie es mit entsprechenden Impact Assessments ernst meinen, merken wir an aktuellen Diskussionen, wo die IFRS-Organisation es nach wie vor ablehnt, diese zu machen.

Aber jetzt zu den KMU-Standards: Ich richte mich an alle diejenigen, die der Meinung sind, wir sollten es freiwillig machen. Ich zitiere hier John Purvis – John, that’s for you! Ich zitiere hier jemanden, der unabhängig ist. Es ist Peter Holgate in der Financial Times Deutschland, Partner von PriceWaterhouseCoopers. Er sagte:

Berichterstatter. (EN) ,Ich nehme die europäische Position nicht allzu ernst. Selbst wenn sie sie am Ende nicht einführen, könnten verschiedene Länder sie in ihre national allgemein akzeptierten Rechnungslegungsgrundsätze übernehmen. Wenn einige wenige große Akteure das tun, bringt man sie durch die Hintertür herein, selbst wenn die Europäische Kommission nicht mitspielen will.’

Berichterstatter. − Letztendlich heißt das, dass sie damit rechnen, dass sie es – wenn einige Staaten es entsprechend annehmen –, durch die Hintertür verpflichtend in der gesamten Europäischen Union haben werden. Das ist die Strategie dieser Organisation. PriceWaterhouseCoopers hat bereits verkündet, dass sie dies als Geschäftsmodell sehen. Darum brauchen wir einen eigenen europäischen Standard für den Mittelstand, der auf IFRS aufbauen kann, wenn er gut ist. Und wenn er schlecht ist, machen wir unseren eigenen Standard. Es ist die Verantwortung der Kommission, darauf zu achten, dass nicht durch die Hintertür Standards reinkommen, die keiner wollte und die dann für alle verpflichtend wären.

 
  
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  Die Präsidentin. − Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet heute um 12.00 Uhr statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
  

VORSITZ: DIANA WALLIS
Vizepräsidentin

 
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