Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache über sechs Änderungsanträge zu Iran(1).
Mikel Irujo Amezaga, Verfasser. − (ES) Herr Präsident! Die Menschenrechtslage im Iran hat sich seit 2005 dramatisch verschlechtert.
Die iranische Justiz hält den traurigen Rekord, die zweitgrößte Zahl von Hinrichtungen pro Einwohner in der Welt anzuordnen. Nur China führt mehr Exekutionen durch als der Iran.
Wie in der Entschließung dargelegt wird, verbieten zwei wichtige Abkommen, die Konvention über die Rechte des Kindes und der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte, die Todesstrafe für begangene Verbrechen, wenn der Täter jünger als 18 Jahre ist. Der gravierendste Aspekt ist, dass Teheran beide Abkommen ratifiziert hat. Wenngleich die Ratifizierung an sich positiv zu bewerten ist, missachtet das Land beide Abkommen
Bei Mord, Vergewaltigung, bewaffnetem Raub, Entführung und Drogenhandel kann im Iran die Todesstrafe verhängt werden. Die meisten Kinder wurden wegen Mordes verurteilt, aber viele Urteile dürften auf unzuverlässigen Aussagen im Ergebnis von Folter und Befragungen beruht haben, bei denen den Festgenommenen das Recht auf anwaltliche Vertretung verweigert wurde.
Die Gerichte lehnen routinemäßig die von den Verteidigern vorgelegten Beweise ab, denen zufolge die Angeklagten in Notwehr handelten.
Die Hinrichtung von Kindern im Iran wird eines der Themen im Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, Ban Ki-moon, vor der Generalversammlung im September sein.
Wir fordern deshalb den Iran auf, ein für alle Mal diese Hinrichtungen zu stoppen, ebenso wie die von mindestens 85 Personen, die wegen Verbrechen zum Tode verurteilt wurden, die sie im Kindesalter begangen hatten.
Ich möchte nicht schließen, ohne zu sagen, dass wir meines Erachtens als Parlament und als Europäische Union in dieser Woche ein gewisse moralische Glaubwürdigkeit im Hinblick auf die Verteidigung der Rechte von Minderjährigen verloren haben, da dieses Haus gestern eine beschämende Richtlinie angenommen hat, die die Inhaftnahme von Kindern ermöglicht, die das Verbrechen begangen haben, ohne Papiere nach Europa gekommen zu sein.
Marios Matsakis, Verfasser. − (EN) Herr Präsident! Die gegen seine eigene Bevölkerung gerichteten brutalen Aktivitäten des theokratischen iranischen Regimes sind wohlbekannt und waren Gegenstand vorangegangener Entschließungen dieses Parlaments.
Bekanntlich verübt dieses Regime – im Namen Gottes, wie es behauptet – systematische und abscheuliche Verbrechen gegen unschuldige Zivilisten. Widerstand zu leisten, ist im Iran äußerst schwierig und mit Todesgefahr verbunden. Außerhalb des Landes kämpfen iranische Zivilisten für einen demokratischen Wandel in ihrem Land.
Zu diesen Menschen gehören Mitglieder der völlig gewaltfreien PMOI. Doch die Kommission hat diese Organisation auf die Terroristenliste gesetzt und weigerte sich bis vor kurzem, diesen Fehler zu korrigieren, selbst nach einschlägigen Entscheidungen des EU-Gerichtshofs. Ich frage den Kommissar: Warum wurde diese iranische Widerstandsorganisation überhaupt auf die Terroristenliste gesetzt? Vielleicht deshalb, weil einige EU-Mitgliedstaaten oder andere Staaten, die lukrative Handelskontakte mit dem Iran unterhalten, das Regime in Teheran zufrieden stellen wollten?
Marcin Libicki, Verfasser. − (PL) Herr Präsident! Bei unseren Aussprachen über Menschenrechtsverletzungen in der Welt müssen wir gewisse Unterscheidungen treffen, insbesondere zwischen Situationen, wo wir instabile Regimes, Bürgerkriege und in Zuständen des absoluten Chaos begangene Verbrechen prüfen, und Situationen wie der im Iran, wo der Staat relativ stabil ist, kein Bürgerkrieg herrscht, es ab und zu Wahlen gibt, wo aber der Staat kriminelle Methoden wie die Hinrichtung von Kindern anwendet. Dies ist eine völlig andere Situation als es bei den Fragen der Fall ist, die wir diskutiert haben, beispielsweise heute in Bezug auf Somalia oder Birma. In diesen Situationen geht es nicht um ein innerstaatliches Chaos, sondern um das Problem einer andersartigen Kultur. Es erinnert uns an Huntingtons Buch „Kampf der Kulturen“ oder an die Bücher des großen Historikers und Philosophen Feliks Koneczny, der von grundlegenden Unterschieden zwischen den Kulturen sprach. Wenn wir diese Probleme lösen wollen, müssen wir darüber nachdenken, wie wir diese Regimes beeinflussen können, ihre Mentalität zu ändern.
Laima Liucija Andrikienė, Verfasserin. – (LT) Hört auf, Kinder zu töten! Das ist das wichtigste Anliegen, das das Europäische Parlament in seiner Entschließung herausstellt. Das ist unsere Botschaft an die neue Majlis, das Parlament des Iran, das es als seinen Auftrag begreifen sollte, das iranische Strafgesetzbuch unverzüglich zu überarbeiten, um es mit den vom Iran übernommenen internationalen Verpflichtungen und dem internationalen Prinzip der Rechtsstaatlichkeit in Einklang zu bringen.
Meiner Ansicht nach sind Hinrichtungen minderjähriger Kinder bzw. minderjähriger Straftäter völlig unannehmbar. Die Tatsache, dass die von der iranischen Regierung betriebene Politik im Widerspruch zum internationalen Recht steht, wurde kürzlich vom Hohen Kommissar der Vereinten Nationen hervorgehoben.
Das Europäische Parlament hat mehr als einmal seine feste Überzeugung und seinen Standpunkt geäußert: Es spricht sich gegen die Todesstrafe und für ein weltweites Moratorium für die Todesstrafe aus. Hierbei geht es um Männer, Frauen, Kinder, Jugendliche und Minderheiten. Deshalb möchte ich abschließend die iranische Regierung auffordern, die Hinrichtung der Jugendlichen, die bereits zum Tode verurteilt worden sind, zu verhindern, weil dies ein unmenschliches Vorgehen ist.
Věra Flasarová, Verfasserin. − (CS) Meine Damen und Herren! Ich teile nicht die Ansicht der Bush-Administration, dass der Iran eine Gefahr für die Weltsicherheit darstellt und dass daher aufgerüstet werden müsse. Ich bin auch dagegen, anderen Kulturen unsere Werte und unseren Lebensstil aufzuzwingen, nur um dem supranationalen Kapital das Tor zu den Rohstoffquellen des Planeten und zu einem neuzeitlichen Kolonialismus zu öffnen. Ich bin allerdings gegen die andauernde Barbarei, obwohl es dafür schon lange keinen Grund mehr gibt. Diese Barbarei, die das iranische Regime von Mahmud Ahmadinedschad begeht, indem es jugendliche Straftäter und sogar politische Gegner hinrichtet, hat auch in der Kultur des Iran keine Daseinsberechtigung. Dieses Land hat die Todesstrafe in der Vergangenheit nur in Ausnahmefällen angewendet, und öffentliche Hinrichtungen fanden nur als Strafe für Massenmörder oder Kindermörder statt. Unter der derzeitigen iranischen Regierung kommt es jedoch jährlich zu Hunderten von Exekutionen, von denen viele an Jugendlichen vollstreckt werden. So war es auch im Fall des 17-jährigen Mohammad Hassanzadeh, der am 10. Juni hingerichtet wurde. Ich habe unlängst Fotografien von öffentlichen Hinrichtungen im Iran gesehen. Glauben Sie mir, das gehört zum Entsetzlichsten, was ich in meinem Leben gesehen habe.
Meine Fraktion, die GUE/NGL, fordert über das Europäische Parlament die Islamische Republik Iran auf, die Vollstreckung der Hinrichtungen, insbesondere an Personen, die zum Zeitpunkt der Tat minderjährig waren, unverzüglich einzustellen. Schon seit langem schickt der Iran unter Ahmadinedschad nicht mehr nur Massenmörder an den Galgen, sondern auch Menschen, deren Vergehen in entwickelten Ländern sehr viel milder bestraft oder überhaupt nicht als gesetzwidriges Handeln angesehen würden. Das Land muss sein Rechtsverständnis neubewerten und dafür sorgen, dass das Leben des Menschen geachtet wird. Andernfalls bleibt der Iran am Rande der zivilisierten Welt.
Paulo Casaca, Verfasser. – (PT) Herr Präsident! Die systematische Verletzung der Menschenrechte im Iran führt uns hier erneut zusammen. Das zentrale Thema ist die Hinrichtung Jugendlicher wegen angeblicher Straftaten.
Gestatten Sie mir den Hinweis, dass es sich häufig um Fälle von Beziehungen zwischen Jugendlichen des gleichen Geschlechts handelt, die ja nicht einmal einen Straftatbestand darstellen, die aber Todesstrafen und öffentliche Hinrichtungen zur Folge haben, wie wir es bereits in Filmen gesehen haben, die die Grausamkeit des Regimes festhalten.
Diese Grausamkeit beschränkt sich in den Hinrichtungsakten jedoch nicht allein auf Jugendliche, und auch nicht auf Steinigungen. Sie umfasst auch die externe Dimension des Terrorismus.
Wir müssen die Gemeinschaftsorgane daher abermals fragen, warum sie das terroristische Regime in Teheran unverändert ermutigen, die oppositionelle Bewegung „Volksmudschaheddin des Iran“ als Terroristen einzustufen, wie durch unseren Kollegen Herrn Matsakis hervorgehoben wurde.
Wie kann es sein, dass sie, anstatt Terrorismus und Menschenrechtsverstöße zu verurteilen, Wirtschafts- und Handelspakete einsetzen, um Teheran zu ermutigen, die Opfer des Terrorismus zu verurteilen? Das ist zutiefst unmoralisch und nicht zu vertreten. Diese Politik wird uns unweigerlich in eine Konfrontation, einen Krieg, führen, wenn wir sie nicht umgehend in Frage stellen.
Aus diesen Gründen möchte ich die Kommission und den Rat auffordern, ihre Politik zu ändern und sich an die Gerichte zu halten und nicht den Terrorismus auf diese Weise zu belohnen.
Tadeusz Zwiefka, im Namen der PPE-DE. – (PL) Herr Präsident! Ich kann verstehen, auch wenn ich es absolut nicht akzeptiere, dass es Rechtssysteme in der Welt gibt, die die Todesstrafe einsetzen. Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, wie sogar die Befürworter der Todesstrafe, insbesondere in unserem Kulturkreis, die Möglichkeit erwägen, diese Strafe gegen Kinder und Jugendliche zu verhängen und zu vollstrecken. Aber genau dies ist die Situation im Iran. Den jüngsten Berichten von Amnesty International zufolge warten mehr als hundert Jugendliche derzeit auf ihre Hinrichtung, und diese Zahl schließt nicht alle ein, da einige dieser Todesurteile nicht erfasst werden.
Es ist richtig, dass wir die Regierung und die Justiz in Iran auffordern sollten, die Vollstreckung der Todesstrafe auszusetzen. Wir müssen uns jedoch auch fragen, wie die internationale Gemeinschaft beurteilt werden sollte, wie wir selbst beurteilt werden sollten, da wir nicht in der Lage sind zu gewährleisten, dass die Unterzeichner internationaler Übereinkommen die Klauseln in diesen Übereinkommen erfüllen, auf Kosten von Jugendlichen, die zum Tode verurteilt sind. Es gibt hier nur einen Unterton, nämlichen den wirtschaftlichen Unterton, und dieser wiegt leider schwerer als humanitäre Überlegungen.
Marianne Mikko, im Namen der PSE-Fraktion. – (ET) Verehrte Damen und Herren! Die Welt nimmt die Todesstrafe nicht hin, der Iran jedoch geht seinen eigenen Weg. Die Lage im Land ist trostlos. Die iranischen Behörden sind nicht wählerisch bei der Hinrichtung von Menschen. Selbst junge Menschen werden zum Tode verurteilt.
Als ein Land, das die Kinderrechtskonvention ratifiziert hat, steuert der Iran in eine klare Auseinandersetzung mit der Welt. Die Anwendung der Todesstrafe steht in krassem Widerspruch zu den Menschenrechten. Eine solche Form der Strafe ist unmenschlich. Die Hinrichtung von bislang mindestens dreißig Minderjährigen im Iran ist absolut unziemlich.
Ich hoffe, die 85 Minderjährigen, die zurzeit auf die Vollstreckung der Todesstrafe warten, werden vom Ausland – einschließlich uns – vor ihrem grausamen Schicksal gerettet.
Hoffentlich läutet das neu gewählte Parlament eine Ära der Menschlichkeit ein. Mittelalterliche Hinrichtungsmethoden sollten der Vergangenheit angehören. Im Iran müssen Gesetze eingeführt werden, die dem Völkerrecht entsprechen. Es ist höchste Zeit, dass der Iran den Schritt ins 21. Jahrhundert vollzieht. Ich unterstütze die Entschließung in jeder Hinsicht.
Janusz Onyszkiewicz, im Namen der ALDE-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Wir erörtern diese Angelegenheit heute, weil wir dazu durch den drohenden Vollzug der Todesstrafe an vier Jugendlichen unter 18 Jahren bewogen wurden. Dies ist nicht die erste Entscheidung dieser Art des iranischen Justizsystems. Glücklicherweise ist Iran eines von nur ganz wenigen Ländern, die Jugendliche zum Tode verurteilen und, was schlimmer ist, diese Strafen auch tatsächlich vollziehen. Darüber hinaus machten die iranischen Urteile in den letzten drei Jahren mehr als zwei Drittel aller Urteile dieser Art weltweit aus.
Es ist empörend, dass Iran auf solch eklatante Weise gegen internationale Übereinkommen verstößt, die es unterzeichnet hat und die derartige Maßnahmen kategorisch untersagen. Dies wirft eine Frage allgemeinerer Natur auf: Verfügt die internationale Gemeinschaft über irgendwelche Mechanismen und Instrumente, um mit solchen Ländern umzugehen? Mit anderen Worten, ist es möglich, dass von einem Land vorsätzlich begangene Verstöße gegen unterzeichnete Übereinkommen zu spürbaren und sinnvollen Sanktionen führen?
Dies bringt mich auf zwei Dinge. Erstens die Notwendigkeit, das viel verwendete Konzept der Rechtsstaatlichkeit zu überdenken. Verurteilungen von Jugendlichen für homosexuelles Verhalten mögen mit dem geltenden Recht im Iran vereinbar sein, aber wir können natürlich einer auf diese Weise verstandenen Rechtsstaatlichkeit nicht zustimmen.
Der zweite Punkt ist, dass wir, wenn wir fordern, dass andere ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkommen und vernünftige Rechtsvorschriften einhalten, die den Grundfreiheiten genügen, diese Vorschriften auch selbst beachten sollten. In diesem Zusammenhang können wir uns nur an unsere eigenen Versäumnisse – um es nicht noch deutlicher auszudrücken – erinnern, wenn es darum geht, das rechtskräftige Urteil des Gerichtshofs zu erfüllen und die iranischen Mudschaheddin von der Liste terroristischer Organisationen zu streichen.
Zdzisław Zbigniew Podkański, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Der wertvollste Besitz eines jeden Menschen ist sein Leben. Daher sollte niemand einen Menschen dieses Besitzes aus welchem Grund auch immer berauben. Besonders empörend sind Schläge und Folter gegen Jugendliche, um sie zu Geständnissen zu zwingen, die zur Rechtfertigung der Todesstrafe erforderlich sind. Iran gehört definitiv zu den Ländern, in denen viele Todesurteile vollstreckt werden, auch an Jugendlichen. Laut jüngsten Informationen warten in diesem Land mindestens 85 minderjährige Straftäter auf ihre Hinrichtung.
Es wird daher höchste Zeit, dass der Iran diese Hinrichtungen stoppt und die Rechtsstandards annimmt, die von anderen Ländern akzeptiert werden. Junge Menschen sollten erzogen und nicht getötet werden.
Tunne Kelam (PPE-DE). - (EN) Herr Präsident! Erst vor neun Tagen wurde ein iranischer Jugendlicher, Mohammed Hassanzadeh, noch nicht achtzehn Jahre alt, hingerichtet. Auch andere, die wegen angeblicher Verbrechen verurteilt wurden, die sie als Minderjährige begangen hatten, erwartet der Tod.
Dies ist meiner Meinung nach eine Gelegenheit, die Öffentlichkeit daran zu erinnern, dass Teheran weltweit führend ist in der Zahl der Hinrichtungen von jugendlichen Straftätern. Wir fordern daher das iranische Regime mit allem Nachdruck auf, diese Hinrichtungen einzustellen.
Allerdings – und hier wende ich mich an den Herrn Kommissar – gibt es praktischere Dinge, die wir tun können. Wir können letztendlich der iranischen demokratischen Opposition, dem Nationalen Widerstandsrat, freie Hand geben, damit diese unmenschliche Diktatur ein für allemal abgeschafft wird.
Philip Bushill-Matthews (PPE-DE). - (EN) Herr Präsident! Herr Matsakis hat die Aussprache mit der Frage eröffnet, ob es ein Land gebe, das verantwortlich dafür war, die gesamte EU zum Verbot der PMOI zu veranlassen. Ich kann diese Frage beantworten: Es war das Vereinigte Königreich. Der Grund dafür, weshalb die britische Regierung das tat, ist: Die Regierung des Iran hat sie darum ersucht.
Ich muss leider sagen, dass wir in meinem Heimatland eine Regierung haben, die ihrem eigenen Volk kein Referendum zum Vertrag von Lissabon erlaubt und auch darauf bestehen wird, dass die Stimme des Volkes des Iran nirgends in Europa Gehör findet.
Ich fordere die Regierung des Vereinigten Königreichs auf, bei ihrer Abstimmung in Westminster in der nächsten Woche das Verbot im Einklang mit der Entscheidung des EU-Gerichtshofs aufzuheben. Zu lange schon ist die Regierung des Vereinigten Königreichs Teil des Problems. Sie muss zu einem Teil der Lösung werden.
Peter Skinner (PSE). - (EN) Herr Präsident! Dies ist ein sehr ernstes Problem. Der Iran richtet junge Männer und Frauen als Mittel der gesellschaftlichen Kontrolle hin. In einem Zeitalter moderner Zivilisation ist es unglaublich, dass Mädchen und Jungen hingerichtet, zu Tode gesteinigt oder an Industriekränen aufgehängt werden.
Wir ersuchen die internationale Gemeinschaft, ja wir fordern sie auf, mehr zu tun, aber anstatt tatsächlich an der Seite der internationalen Gemeinschaft zu stehen, vernehmen wir Rufe gegen Teile der internationalen Gemeinschaft. Wir hören beispielsweise, dass die USA verurteilt werden; es gibt in diesem Haus Meinungsverschiedenheiten über unsere Vorgehensweise. Wir werden diese Krise nie lösen, solange wir uns nicht wie ein Mann dieser mittelalterlichen Krise, wie sie in diesem Land besteht, entgegenstellen. Es ist etwas, das wir selbst tun müssen.
Marios Matsakis (ALDE). - (EN) Herr Präsident! Ich wollte das Wort zum zweiten Mal ergreifen, nur um meine Kolleginnen und Kollegen auf ein Buch hinzuweisen, in dem Menschenrechtsverletzungen im Iran im Jahr 2007 erörtert werden. Ich wurde erst vor Kurzem darauf aufmerksam gemacht, und es enthält viele schockierende Fälle, darunter den eines Mädchens namens Ameneh Salam aus einem Dorf in Naqadeh, das auf seinen Tod durch Erhängen wartet und dessen Verbrechen darin besteht, schwanger geworden zu sein, ohne dass es verheiratet ist. Übrigens wurde der Mann, der das Mädchen schwängerte, zu 99 Hieben verurteilt.
Ewa Tomaszewska (UEN). – (PL) Herr Präsident! Im Iran wurden seit 1990 mindestens 430 Todesurteile an Jugendlichen vollstreckt. Die Todesstrafe für Kinder ist eine Schande für Erwachsene. Jedes von einem Jugendlichen begangene Verbrechen ist das Ergebnis einer gescheiterten Erziehung durch Erwachsene. Die Verantwortung für das eigene Versagen oder die eigene Unfähigkeit auf einen Jugendlichen zu übertragen, unmenschliche Strafen, einschließlich der Todesstrafe, an Kindern zu vollstrecken, das ist wirklich ein Verbrechen. Im Iran wird die Todesstrafe sogar an Zehnjährigen vollstreckt. Todesstrafen für Jugendliche stehen im Widerspruch zu den internationalen Verpflichtungen der Islamischen Republik Iran. Die iranische Regierung muss sofort aufhören, junge Menschen im Namen eines unmenschlichen Rechts zu ermorden.
Zbigniew Zaleski (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Man hätte meinen können, dass nach der Veröffentlichung von Robert Hughes’ „Fatal Shore“, eines Buches, in dem er den Transport kleiner Kinder zusammen mit ihren Eltern nach Australien durch die britische Krone, also die Justiz, beschreibt, dies niemals wieder geschehen würde. Inzwischen ist ein Jahrhundert, vielleicht sind es ja auch anderthalb Jahrhunderte, vergangen, und nun geschieht dasselbe im Iran, einem islamischen Land – einem Land, in dem zwar zu spüren ist, dass der Familie Bedeutung beigemessen wird, doch was hier wirklich geschieht, ist eine Barbarei, die die schlimmsten Vorstellungen übersteigt.
Wenn wir nicht handeln, um diese Kinder zu schützen, wenn wir nicht dieses Regime boykottieren, wenn wir es nicht weltweit so stark wie möglich verurteilen, wird über uns geurteilt werden, dass wir Komplizen waren, dass wir stillgehalten haben und nicht versucht haben, das Leben von Menschen zu verteidigen.
Michael Cashman (PSE). - (EN) Herr Präsident! Ich verurteile die täglichen Menschenrechtsverletzungen im Iran. Ich meine auch, wir sollten das Verbot der Volksmudschaheddin aufheben, und zwar möglichst bald.
Ich möchte mich gegen den Vollzug der Todesstrafe an Jugendlichen aussprechen. Niemals werde ich das Bild zweier Jungen vergessen, die öffentlich aufgehängt wurden, bis sie tot waren. Ihr Verbrechen bestand darin, dass sie junge Homosexuelle waren, die einander zu lieben wagten. Solche Unmenschlichkeit sollte weltweit verurteilt werden. Deshalb, Herr Kommissar, brauchen wir einen radikalen Wandel in unserer Politik gegenüber dem Iran. Wir können uns nicht zurücklehnen und abwarten: Uns bleibt keine Zeit mehr!
Avril Doyle (PPE-DE). - (EN) Herr Präsident! Auch ich möchte die fortgesetzten Menschenrechtsverletzungen im heutigen Iran verurteilen, und ich möchte auch, sobald die Briten nächste Woche abstimmen, dass der Rat – ich denke, er wird unter französischem Vorsitz stehen – die PMOI ein für allemal von der Terroristenliste streicht.
Dazu kann ich nur sagen – selbst wenn das Vereinigte Königreich dafür verantwortlich ist, dass die PMOI überhaupt auf der Liste steht –: Gott sei Dank, dass wir das Common Law und das britische Gerichtssystem haben, denn so sind zumindest die Bedingungen für eine unabhängige, freie und objektive Justiz und damit für die Aussage gegeben, dass der PMOI durch die Aufnahme in die Terroristenliste Unrecht geschehen ist, verbunden mit der Empfehlung, sie nunmehr von der Liste zu streichen.
Ich fordere die französische Ratspräsidentschaft auf – ich gehe davon aus, dass sie es zu entscheiden haben wird –, das weiterzuverfolgen und die PMOI unverzüglich aus der Liste zu streichen. Wir dürfen der anhaltenden Verletzung von Menschenrechten und der Anwendung der Todesstrafe einfach nicht tatenlos zusehen, vor allem nicht, wenn es um junge Männer und junge Frauen und um Jugendliche geht.
Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Meine Kollegin Benita Ferrero-Waldner ist leider heute nicht anwesend, so dass ich Ihnen in ihrem Namen für die Möglichkeit danke, auf die Frage der Hinrichtung von Jugendlichen im Iran eingehen zu dürfen.
Die Kommission teilt Ihre tiefe Besorgnis über dieses entsetzliche Problem. Obwohl die Kommission bekanntlich keine Vertretung in Teheran hat, verfolgt sie die Menschenrechtslage sehr aufmerksam und handelt in enger Abstimmung mit den dort ansässigen Botschaften der EU-Mitgliedstaaten. Es sei unbedingt angemerkt, dass das Europäische Parlament, der Rat der Europäischen Union und die Kommission eine kohärente und konsequente Linie verfolgen. Dass wir ernsthaft besorgt sind, kommt deutlich in den drei vom EU-Ratsvorsitz veröffentlichten Erklärungen zum Ausdruck; sie stammen vom 4. und 10. Juni, wo es um die Fälle von Herrn Fadaei, Herrn Shojaee und Herrn Jazee ging, die alle die bevorstehende Hinrichtung aufgrund von Verbrechen erwartet, die sie als Minderjährige begangen hatten, sowie vom 13. Juni zur Hinrichtung von Mohammed Hassanzadeh.
Die Kommission unterstützt voll und ganz das Prinzip und den Inhalt dieser Erklärungen: Es darf keine Rechtfertigung der Anwendung der Todesstrafe durch die iranischen Behörden im Fall jugendlicher Straftäter geben. Dies widerspricht explizit den rechtsverbindlichen Bestimmungen des internationalen Rechts, die der Iran ratifiziert hat, namentlich dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie der Konvention über die Rechte des Kindes.
Die Tatsache, dass wir so viele Erklärungen in rascher Folge herausgeben mussten, ist ein Hinweis auf die zunehmende Zahl von Hinrichtungen im Iran, darunter von Minderjährigen. Gegen das vom iranischen Justizvorsitzenden, Ajatollah Shahroudi verfügte Moratorium zur Hinrichtung von Jugendlichen wird von seinen eigenen Richtern in eklatanter Weise verstoßen.
Aber leider widerspiegeln der Ton und die Häufigkeit unserer Erklärungen zum Iran auch die Tatsache, dass unser Dialog und die Démarchen zu Menschenrechten im Allgemeinen sowie zur Frage der Hinrichtung Jugendlicher im Besonderen keine Wirkung gezeigt haben. Die iranischen Behörden verschließen immer häufiger ihre Ohren vor unseren Forderungen nach Einhaltung des internationalen Rechts auf dem Gebiet der Menschenrechte, und wir haben daher keine andere Wahl, als zum Mittel der so genannten Megafon-Diplomatie über öffentliche Erklärungen zu greifen, die Teheran zu verabscheuen vorgibt und zurückweist.
Der Iran muss zu seiner eigenen Verantwortung stehen. Nach der Hinrichtung von Herrn Hassanzadeh hat die Kommission ihrerseits den iranischen Behörden explizit klar gemacht, dass ein solcher Akt dem internationalen Ansehen des Iran und unseren Beziehungen nur Schaden zufügen kann. Ohne eine konkrete Verbesserung der Menschenrechtslage wird unser gemeinsames Ziel, die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Islamischen Republik Iran substanziell weiterzuentwickeln, behindert.
Ich vertraue darauf, dass das Europäische Parlament und alle EU-Partner dieser Linie zustimmen und entsprechend handeln. Daher bekräftige ich feierlich unsere Forderung an die Behörden der Islamische Republik Iran, die internationalen Abkommen, die sie unterzeichnet hat, einzuhalten und das Leben aller Minderjähriger, die der Tod erwartet, zu schonen.
Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet im Anschluss an die Aussprache statt.