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Ausführliche Sitzungsberichte
Donnerstag, 23. April 2009 - Straßburg Ausgabe im ABl.

Konsolidierung von Stabilität und Wohlstand in den westlichen Balkanländern - Lage in Bosnien und Herzegowina (Aussprache)
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  Paul-Marie-Coûteaux, im Namen der IND/DEM-Fraktion - (FR) Sehr geehrter Herr Präsident! Es kommt für uns nicht in Frage, solch einen Bericht zu befürworten. Zunächst ist die ständige Bezugnahme auf den Vertrag von Lissabon inakzeptabel, da dieser Vertrag noch nicht ratifiziert worden ist und - zweifelsohne - nie sein wird. Sie müssen sich dem stellen: Das Vorhaben, das darauf abzielte, reine und vollkommene Überstaatlichkeit einzuführen, das vor acht Jahren durch den großartigen Europäischen Konvent von Valéry Giscard d'Estaing ins Leben gerufen wurde, ist ganz und gar abgebrochen worden.

Vor allem können wir den ironischen Ton eines Berichts nicht akzeptieren, dessen Titel „Über die Konsolidierung von Stabilität und Wohlstand in den westlichen Balkanländern“ erstaunlich heuchlerisch ist. Ein in der Tat verblüffender Bericht, der, in der offensichtlichen Absicht, den Beitritt neuer Länder, insbesondere von Bosnien, dem so genannte Mazedonien, Albanien und - warum nicht? - auch dem Kosovo, vorzubereiten, so tut, als wäre die Situation in den Balkan-Ländern stabil. Dabei übergeht er vollkommen das schreckliche Spiel, das zwischen zwei Großmächten, den Vereinigten Staaten und Deutschland, die fleißig an der politischen Auflösung der gesamten Region mitgearbeitet haben, gespielt wird.

Ich möchte ich Sie daran erinnern, dass NATO-Kräfte so weit gegangen sind, Belgrad, die Hauptstadt eines europäischen Staates zu bombardieren, um diese Auflösung zu erreichen. Der bevorstehende zehnte Jahrestag dieses unheimlichen Vorfalls wird natürlich still übergangen, aber ich bin entschlossen, hier daran zu erinnern.

Der Kosovo ist das Symbol dieses Unternehmens der politischen Auflösung. Es ist leicht, den Vorteil zu erkennen, den diese Mächte durch solch einen Raum der Gesetzlosigkeit, erlangen können: Er ist allen Arten von Handel offen und - im Zentrum unseres Kontinents gelegen - natürlich ein sehr geeigneter Platz für die Einrichtung militärischer Stützpunkte.

Jedenfalls zeigt der Kosovo das wahre Gesicht einer Politik, die auf die Balkanisierung von Europa abzielt. Dies ist ein Europa deutscher Art, ein Europa der Regionen oder ethnischen Gruppen, dieses Europa mit hundert Flaggen, das durch die Beseitigung der Staaten nach und nach den Volkswillen beseitigen wird, um die Völker zu entwaffnen und sie den Oligarchien jeder Art auszuliefern.

Der Bericht übergeht all dies mit Schweigen. In Stille wird Europa insgeheim unter dem gewöhnlichen Deckmantel der guten Absichten balkanisiert und so weit neutralisiert, dass es seine historische Bedeutung verliert. Die Geschichte wird jedoch über all dies urteilen. Unterdessen werde ich Sie, meine Damen und Herren, zu Ihren Aufgaben zurückkehren lassen.

 
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