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Ausführliche Sitzungsberichte
Mittwoch, 25. November 2009 - Straßburg Ausgabe im ABl.

Vorbereitung des Europäischen Rates vom 10. und 11. Dezember 2009 (Aussprache)
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  Martin Schulz, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident! Verehrte abwesende Kolleginnen und Kollegen, liebe anwesende Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in den letzten Tagen nach dieser Tagung des Europäischen Rates viel über Personen und über Posten diskutiert. Ich will das heute auch noch einmal an Ihre Adresse richten, Herr Kommissionspräsident. Es ist wichtig, dass man über Personen und Positionen diskutiert. Unsere Fraktion hatte, was die Posten angeht, eine klare Priorität. Wir haben gesagt, wir wollen als zweitstärkste Fraktion in diesem Haus, dass der zweite Posten in der Kommission, das ist der Hohe Beauftragte, oder die Hohe Beauftragte, in der Funktion als Vizepräsidentin der Kommission, von unserer Partei gestellt wird, weil wir der Auffassung sind, dass auch die Kommission – die ja kein Neutrum, sondern ein politisches Organ ist – die realen Verhältnisse in diesem Parlament widerspiegeln sollte. Das ist gelungen, dafür haben wir sehr gekämpft. Ich weiß, dass Sie auch dafür gekämpft haben, dafür möchte ich mich– bei aller Kritik, die ich sonst in diesem Hause an Ihnen übe – ausdrücklich bedanken.

Dies ist ein gutes Signal, weil damit signalisiert wird, dass der Anspruch, den wir als Sozialdemokraten in diesem Haus erheben, von Ihnen ernst genommen wird, denn wir haben ja noch eine Strecke bis zur Endabstimmung über die Kommission zu gehen. Wir erwarten auch, dass die Struktur bei den Portfolios, die Sie für die einzelnen Kommissarinnen und Kommissare gestalten werden, das widerspiegelt, was nach meinem Dafürhalten viel wichtiger ist als die Debatte über Posten und Personen, nämlich die Inhalte, die Herausforderungen, mit denen diese Personen konfrontiert sind.

Na klar sind wir froh, dass Cathy Ashton jetzt die Position der Hohen Beauftragten hat, und über Herrn Van Rompuy ist genug gesagt worden, dem schließe ich mich an. Aber viel wichtiger ist, dass wir die Frage stellen: Welche Aufgaben haben diese Leute eigentlich zu bewältigen? Ich glaube nicht, dass die Bürgerinnen und Bürgern in Europa ein großes Interesse daran haben, in welcher Form jetzt Herr Van Rompuy oder Frau Ashton ausgewählt wurden. Aber die Frage, ob wir die Arbeitslosigkeit bewältigen können, die in Europa ansteigt und nicht etwa sinkt, ist eine wichtige Frage. Die Frage, ob der Klimawandel tatsächlich noch zu beherrschen ist, ob Kopenhagen ein Flop oder ein Erfolg wird, das interessiert die Menschen. Übrigens nicht genug! Meiner Meinung nach wird nicht genug über den Klimawandel diskutiert. Es wird auch nicht genügend darüber diskutiert, dass zum Beispiel in der Bewältigung des Klimawandels, in der Investitionen in eine umweltfreundliche Technologie in der Industrie enorme Arbeitsplatzpotenziale stecken, dass also Green Technology ein Projekt der Zukunft ist, dass Industriepolitik und Umweltschutz sich eben nicht ausschließen müssen, sondern miteinander kombiniert werden.

Sie haben bei den Vorstellungen, die Sie – was die Struktur der Kommission angeht – bisher hier vorgetragen haben, in eine richtige Richtung argumentiert. Das ist eine Aufgabe, die in Kopenhagen zu bewältigen ist, ebenso wie die weltweite Gesundheitspolitik, die Frage, ob Europa solidarisch mit einem sterbenden Kontinent – wie zum Beispiel Afrika ist, die Aids-Bekämpfung, die Frage der Ressourcenerschließung für die Zukunft. Kann die energetische Sicherheitsproblematik Europas friedlich gelöst werden? Oder drohen uns auch an den Grenzen Europas verschärfte Konflikte wegen der Beschaffung von Gas, von Erdöl und anderen Rohstoffen? Das ist eine Aufgabe, die eine Hohe Repräsentantin der Europäischen Union anpacken muss. Die Frage der Beherrschung der Finanzmärkte ist ein vorrangiges Ziel gerade der europäischen Politik, denn der allergrößte Skandal ist, dass mitten in der Phase, in der die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Europa die Folgekosten der Krise weiterhin schultern müssen, das Kasino schon wieder geöffnet ist und die Zocker wieder weltweit unterwegs sind. Das erfordert keine Debatte über die Verteilung von Posten, sondern klare Regeln für die Finanzmärkte in der Europäischen Union. Das ist viel wichtiger!

(Beifall)

Deshalb sage ich: Ja schön, Herman Van Rompuy ist gewählt – an die Arbeit! Cathy Ashton ist gewählt, an die Arbeit! Und die Kommission muss jetzt zusammengestellt werden. Ich wiederhole deshalb abschließend noch einmal an die Adresse von Herrn Barroso: Wir haben als Sozialdemokraten mit Ihnen über unsere Vorstellungen diskutiert. Eine Forderung wurde zu unserer Zufriedenheit erfüllt, nämlich die Position des Hohen Beauftragten. Wir gehen davon aus, dass die ökologische, die soziale, die finanzpolitische Struktur Ihrer Kommission so sein wird, wie wir sie als Sozialdemokraten von Ihnen verlangen, am besten unter der Führung sozialdemokratischer Kommissare, dann kann Ihnen auch nichts passieren.

 
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