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Verfahren : 2009/0007(CNS)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

A7-0002/2010

Aussprachen :

PV 08/02/2010 - 14
CRE 08/02/2010 - 14

Abstimmungen :

PV 10/02/2010 - 9.4
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P7_TA(2010)0014

Ausführliche Sitzungsberichte
Montag, 8. Februar 2010 - Straßburg Ausgabe im ABl.

14. Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung - Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen - Fakultative und zeitweilige Anwendung des Reverse Charge-Verfahrens auf Lieferungen bestimmter betrugsanfälliger Gegenstände und Dienstleistungen (Änderung der Richtlinie 2006/112/EG) - Förderung des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich (Aussprache)
Video der Beiträge
Protokoll
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  Der Präsident. – Der nächste Punkt ist die gemeinsame Aussprache über die vier Berichte, die das Steuerwesen betreffen.

Diese sind:

– der Bericht von Frau Alvarez über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung (A7-0006/2010),

– der Bericht von Herrn Dumitru Stolojan über die Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen (A7-0002/2010),

– der Bericht von Herrn Casa über die fakultative und zeitweilige Anwendung des Reverse Charge-Verfahrens auf Lieferungen bestimmter betrugsanfälliger Gegenstände und Dienstleistungen (A7-0008/2010),

– der Bericht von Herrn Domenici über die Förderung des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich (A7-0007/2010),

Ich erteile Frau Alvarez als Berichterstatterin vier Minuten lang das Wort.

 
  
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  Magdalena Álvarez, Berichterstatterin.(ES) Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Europäische Union begründet sich auf der Grundlage der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten. Ein gutes Beispiel für diese Solidarität ist die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden bei Steuerangelegenheiten, die eine grundlegende Voraussetzung für die Handlungsfähigkeit der Union darstellt. Es geht hierbei um die Loyalität zwischen den Mitgliedstaaten und ihren Steuerbehörden. Diese Loyalität ist gleichbedeutend mit Vertrauen, denn Partner, die einander vertrauen und sich gegenseitig als Verbündete betrachten, werden Betrügern nicht erlauben, sich in ihr Gebiet zurückzuziehen und dort ihre betrügerischen Handlungen fortzusetzen.

Steuerbetrug schadet der gesamten Wirtschaft und hat ernste Auswirkungen auf die nationalen Haushalte, da er unsere Möglichkeiten einschränkt, Ausgaben zu tätigen und zu investieren. Außerdem verletzt er das Prinzip der Steuergleichheit in Bezug auf die Bürgerinnen und Bürger, die sich an die Regeln halten. Es entstehen ungerechte Wettbewerbsvorteile, die die Funktionsweise des Marktes beeinträchtigen. All diese Konsequenzen sind besonders besorgniserregend, weil sich laut neuerster Schätzungen der Steuerbetrug innerhalb der Europäischen Union auf 200 Mrd. EUR pro Jahr beläuft. Wenn man sich überlegt, dass diese Zahl doppelt so hoch ist, wie die Summe, die für das Konjunkturpaket der Kommission vorgesehen ist, erkennt man das wahre Ausmaß der fehlenden Einnahmen.

Wir stehen also vor einer großen Herausforderung und darauf müssen wir entschlossen reagieren. Die aktuell gültige Richtlinie bedeutet sicherlich einen ersten Schritt in diese Richtung. Leider hat die praktische Umsetzung dieser Richtlinie, trotz aller darin enthaltenen guten Vorsätze, nicht die gewünschten Ergebnisse gebracht.

Die Zeit ist gekommen, einen Schritt weiter zu gehen und uns mit neuen Instrumenten zu rüsten, damit die Themen, die das Steuerwesen betreffen, gemeinsam mit der Marktintegration und Liberalisierung behandelt werden können. Ich begrüße daher den von Kommissar Kovács vorgelegten Vorschlag und möchte ihn zu seiner Arbeit während seines gesamten Mandats beglückwünschen, vor allem aber heute zu seinem Vorschlag für diese neue Richtlinie.

Dieser Vorschlag wird uns mehr und effektivere Mittel zur Verfügung stellen, mit denen wir den Steuerbetrug und die Steuerhinterziehung in Europa bekämpfen können. Die neue Richtlinie bedeutet in dieser Hinsicht einen quantitativen und qualitativen Sprung nach vorne. Es ist ein quantitativer Schritt nach vorne, weil neue Verpflichtungen festgesetzt werden und ein qualitativer Schritt nach vorne, weil die bestehenden Verpflichtungen erweitert und genauer beschrieben werden. Durch die Einführung des automatischen Informationsaustauschs anstelle des Austauschs auf Nachfrage erweitert sich der Anwendungsbereich der Richtlinie.

Das dritte neue Element ist die Aufhebung des Bankgeheimnisses. Meiner Meinung nach ist dies die bemerkenswerteste Maßnahme des Vorschlags, da die Aufrechterhaltung des Bankgeheimnisses die größte Hürde für die Steuerbehörden darstellt. Die OECD fordert schon lange die Aufhebung des Bankgeheimnisses und die G20 haben sich diesem Vorhaben nun angeschlossen. Die Umsetzung dieses Vorhabens wird ein effektives Mittel zur Beendigung der unhaltbaren Existenz von Steueroasen innerhalb der EU sein.

Dieses Ziel ist auch Teil des heute vorliegenden Berichts. In diesem Bericht versuchen wir, die Ergebnisse der Vorschläge der Kommission zu stärken. Die Absicht ist es, die Effizienz der neuen Richtlinie zu verbessern und ihren Anwendungsbereich zu erweitern.

Ich möchte keinen umfassenden Kommentar abgeben und beziehe mich auf die grundsätzlichen Änderungsanträge. Erstens wird der Anwendungsbereich erweitert, die Umsetzung des automatischen Informationsaustausches gefördert und das Bankgeheimnis betreffend wird die Erweiterung des Anwendbarkeitskriteriums vorgeschlagen, um es mit dem Rest der Richtlinie in Einklang zu bringen. Es gibt auch Kompromissänderungsanträge, nämlich die, die sich auf den automatischen Informationsaustausch, den Schutz und die Vertraulichkeit von Daten und den Austausch von Informationen mit Drittländern beziehen.

Schließlich möchte ich meinen Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss für ihre Arbeit und ihre Kooperationsbereitschaft danken. Man muss ihnen zu ihrer Haltung gratulieren. Wir haben einen Konsens auf breiter Ebene gefunden. Das Haus sendet damit eine eindeutige Botschaft aus. Das Parlament hat sich dem Kampf gegen den Steuerbetrug und die Steuerhinterziehung verschrieben und steht fest hinter den Grundsätzen der EU: Loyalität, Transparenz und fairer Wettbewerb.

 
  
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  Theodor Dumitru Stolojan, Berichterstatter.(RO)Die letzte Finanz- und Wirtschaftskrise hat deutlich gezeigt, wie wichtig solide, tragfähige öffentliche Finanzen in allen Mitgliedstaaten sind. Die Mitgliedstaaten, die ihre öffentlichen Finanzen im Griff haben und eine antizyklische Finanzpolitik verfolgen, konnten finanzielle Anreize bieten, um ihren Volkswirtschaften aus der Krise herauszuhelfen.

In diesem Zusammenhang begrüße ich als Berichterstatter die Initiative der Europäischen Kommission und den Richtlinienentwurf des Rates zur Verbesserung der gegenseitigen Unterstützung zwischen den Mitgliedstaaten bei der Beitreibung von Forderungen im Zusammenhang mit Steuern und Zölle. Diese Richtlinie wird nicht nur die Effektivität bei der Beitreibung von Forderungen deutlich steigern, sondern auch die Arbeitsweise des europäischen Binnenmarkts verbessern. Ich möchte für Sie noch einmal bekräftigen, dass dieser Richtlinienentwurf deutliche Verbesserungen enthält, die mehrere wichtige Aspekte der Beitreibung von Forderungen betreffen: der Informationsaustausch zwischen Behörden, Methoden zur Verfolgung von Forderungen und die Erfahrungsberichte, die die Europäische Kommission benötigt, um die stetig wachsende Aktivität zu überwachen, die sich in der Anzahl der Fälle in den Mitgliedstaaten widerspiegelt.

Änderungsanträge wurden erstellt. Ich möchte allen Kollegen danken, die diese Änderungsanträge eingereicht haben, die die Anwendungsmöglichkeiten der Richtlinie näher erläutern.

 
  
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  David Casa, Berichterstatter.(MT) Ich glaube, dass dieser Bericht deutlich das effiziente Handeln der Europäischen Union durch ihre Institutionen veranschaulicht, wenn sie mit einem Problem konfrontiert wird, das dringender und besonderer Aufmerksamkeit bedarf.

Ich denke, wenn wir vom innergemeinschaftlichen Betrug durch so genannte „verschwundene Händler“ sprechen, müssen wir die zeitlich begrenzten Maßnahmen beachten, die Teil der Förderung werden müssen, die das Ausnutzen der Mehrwertsteuersysteme in Europa beenden soll. Dieser Betrug wird, wie eben erwähnt, als innergemeinschaftlicher Betrug durch verschwundene Händler bezeichnet. In seiner schlimmsten Form ist dieser Betrug als „Karussellbetrug“ bekannt, der als kriminelle Handlung von erfahrenen, professionellen Betrügern durchgeführt wird.

Neue Studien zeigen, dass diese Art des Betrugs 24 % aller Betrugsfälle ausmacht, die die Mehrwertsteuer betreffen. So ein Fall liegt vor, wenn eine Person, die eine Dienstleistung anbietet oder eine Ware verkauft, eine Mehrwertsteuerzahlung eines innergemeinschaftlichen Käufers erhält und diese Zahlung dann buchstäblich verschwindet, ohne dass die Betrüger die erforderliche Zahlung an den Fiskus leisten.

Diese Art des Betrugs wird „Karussell-Betrug“ genannt, weil die Mehrwertsteuer in jedem weiteren Land verschwindet, in dem diese Art des Handels durchgeführt wird. Der Vorschlag der Kommission gibt uns nun die Möglichkeit, dieses Risiko, das beim innergemeinschaftlichen Wirtschaftsverkehr besteht, zu eliminieren. Wir müssen sicherstellen, dass wir keine zusätzlichen bürokratischen Hürden aufbauen und die ehrlichen Unternehmer unter den Folgen leiden lassen. Wir müssen vorsichtig sein, damit diese zeitlich begrenzten Maßnahmen nicht auf viele verschiedene Produkte angewendet werden, sondern nur auf die Produkte, die überwacht und bewertet werden können.

Ich sollte auch das System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten erwähnen, da es im Zuge dieses Vorschlags der Kommission geändert wurde. Wir halten fest, dass aufgrund der Schwachstellen des Systems für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten eine weitere Änderung aufgenommen wurde, nach der ein Mitgliedstaat, der sich zu der Teilnahme an diesem System bereit erklärt, sich für alle Zahlungen für Treibhausgasemissionszertifikate uneingeschränkt dem Reverse Charge-Verfahren anschließen muss, weil Koordination und direktes Handeln der Mitgliedstaaten absolut notwendig sind.

Momentan und bis 2012 werden ca. 90 - 95 % der Gutschriften unter denen aufgeteilt, die die meisten Emissionen verursachen. Sie werden von den nationalen Regierungen vergeben und zwischen 5 und 10 % der Gutschriften werden zur Auktion freigegeben. Ab 2013 wird die Mehrheit der Gutschriften durch Auktionen vergeben und daher müssen wir vor der Umsetzung dieses Systems sicherstellen, dass der Markt vor denen beschützt wird, die das System ausnutzen wollen.

Ich denke, wenn man die Einigung innerhalb des Ausschusses für Wirtschaft und Währung betrachtet, auch unter Berücksichtigung der von mir erreichten Kompromisse mit den Sozialisten, den Liberalen und allen anderen Fraktionen, sollte meiner Meinung nach der Weg für ein zuverlässigeres System geebnet sein. Wenn also mein Bericht angenommen wird, können wir wirksam gegen Betrug vorgehen und damit die Effektivität des Mehrwersteuersystems innerhalb der Europäischen Union verbessern.

 
  
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  Leonardo Domenici, Berichterstatter.(IT)Herr Präsident, meine Damen und Herren, auch wenn das Thema des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich schon immer sehr wichtig war, so hat es seit der großen Finanz- und Wirtschaftskrise vor zwei Jahren noch an Bedeutung gewonnen. Europäische und internationale Gipfel, der G20-Gipfel, haben darüber diskutiert und diskutieren noch heute, vor allem, wenn es um die Bekämpfung der Steuerhinterziehung und Steueroasen geht.

All das ist wichtig. Es ist ein Zeichen von Entschlossenheit und Willenskraft, aber wir dürfen nicht der Annahme verfallen, dass alles mit einer Ankündigung erledigt ist. Wir brauchen eine effektive, langfristige Politik. Viele Probleme müssen noch angegangen werden. Es ist nach wie vor viel zu einfach, eine Tarnfirma einzurichten, um keine Abgaben entrichten zu müssen. Sehen Sie sich einfach im Internet um: Es gibt tausende Websites, die Unternehmen zum Verkauf anbieten, auch in Ländern der Europäischen Union. In vielen Fällen muss man zur Einrichtung eines Unternehmens nur eine E-Mail mit einer Kopie des Passes im Anhang verschicken. Wir müssen der Schaffung von fiktiven juristischen Personen zum Zweck der Steuerhinterziehung ein Ende bereiten.

Der Bericht, den ich vorlege, basiert auf der Mitteilung der Europäischen Kommission vom 28. April 2009 über die Förderung des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich. In diesem Bericht wird die Vorlage konkreter Vorschläge gefordert sowie ein starkes Engagement der Europäischen Kommission und des Rates, damit diese Vorschläge umgesetzt werden können. Die Bekämpfung von Steueroasen, Steuerhinterziehung und illegaler Kapitalflucht muss in der Europäischen Union als Priorität angesehen werden.

Deswegen brauchen wir den Grundsatz des verantwortungsvollen Handelns, der auf Transparenz, Informationsaustausch, grenzübergreifender Zusammenarbeit und fairem Steuerwettbewerb basiert. Der Punkt ist, dass wir innerhalb der Europäischen Union die Zusammenarbeit im Steuerwesen intensivieren müssen.

Das generelle Ziel, das wir uns setzen müssen, ist der automatische Informationsaustausch auf globaler, multilateraler Ebene; doch offensichtlich muss dies innerhalb der Europäischen Union beginnen. Wie Frau Alvarez bereits erwähnte, müssen wir das Bankgeheimnis in den Ländern der Europäischen Union komplett abschaffen und möglichst schnell die anstelle des Informationsaustauschs bestehenden befristeten Ausnahmen abschaffen, die die Anwendung einer Quellensteuer erlauben, die oft hinterzogen oder zu niedrig bewertet wird.

Ich möchte mich nicht mit den einzelnen im Bericht enthaltenen Vorschlägen aufhalten. Ich möchte aber betonen, dass vor allem die folgenden Schritte notwendig sind: Die Erweiterung des Anwendungsbereichs der Zinsbesteuerungsrichtlinie von 2003, um Mehrwertsteuerbetrug zu bekämpfen, die Schaffung eines EU-weiten öffentlichen Registers, in dem die Namen der Personen und Unternehmen verzeichnet sind, die Firmen oder Konten in Steueroasen unterhalten. Außerdem brauchen wir neue Impulse bei der Harmonisierung der Steuern, beginnend mit der einheitlichen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage.

Die Europäische Union muss auf internationaler Ebene einen einheitlichen Standpunkt vertreten und für die Verbesserung der OECD-Standards kämpfen, damit ein automatischer Informationsaustausch anstelle eines Austauschs auf Nachfrage stattfinden kann.

Herr Kovács, nun da wir auch die anderen Berichte gehört haben, brauchen wir ein starkes Engagement der Kommission, und wir müssen jetzt dafür sorgen, dass diese Schwerpunkte zum Zeitpunkt der Übergabe auch der neuen Kommission deutlich gemacht werden. Als Europäisches Parlament haben wir das Recht, vom Rat und der Kommission zu verlangen, dass sie für ihre Arbeit Rechenschaft ablegen.

Ich danke meinen Kollegen und vor allem den Schattenberichterstattern für den Beitrag, den sie zu dieser Arbeit geleistet haben, die hoffentlich vom Parlament übernommen wird.

 
  
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  László Kovács, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident, verehrte Mitglieder, es ist mir eine Freude, heute mit Ihnen über Steuerangelegenheiten zu diskutieren, an diesem letzten Tag meines Mandats als Kommissar für Steuern und Zollunion.

Ich möchte als Erstes dem gesamten Europäischen Parlament meinen Dank aussprechen und vor allem auch dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung für die Unterstützung danken, die ich und die Kommission in den letzten fünf Jahren für die meisten, wenn auch nicht für alle eingereichten Steuervorschläge erhalten haben.

Die steuerpolitischen Themen, die Sie momentan besprechen, haben einen entscheidenden Einfluss auf die Umsetzung des Ziels der Kommission, den Steuerbetrug besser bekämpfen zu können, der der EU jährlich einen finanziellen Schaden von 200 Mrd. EUR bis 250 Mrd. EUR zufügt. Wir wollen ebenfalls die Transparenz und die Zusammenarbeit verbessern.

Ich möchte besonders Herrn Domenici, Frau Alvarez, Herrn Stolojan und Herrn Casa danken, weil sie so konstruktiv mit diesen Steuerinitiativen umgehen. Ich bin hocherfreut, dass die Berichte im Grunde eine Unterstützung der Initiativen der Kommission darstellen. Ich verstehe, dass die Berichte stärkere Anstrengungen fordern: erstens zum Thema verantwortungsvolles Handeln im Steuerwesen in der Europäischen Union und darüber hinaus; zweitens zum Thema behördliche Zusammenarbeit im Steuerwesen; drittens zum Thema gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von steuerlichen Forderungen; und viertens zum Thema Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs, vor allem Karussell-Betrug.

Was das verantwortungsvolle Handeln im Steuerwesen betrifft, sieht die Politik der Kommission vor, dass die Grundsätze der Transparenz, des Informationsaustauschs und des fairen Steuerwettbewerbs auf globaler Ebene verfolgt werden. Die Kommission hat die Mitteilung vom April 2009 angenommen und hat sich diesen Grundsätzen verschrieben, um zur Schaffung gleicher Voraussetzungen den grenzübergreifenden Steuerbetrug und -hinterziehung in und außerhalb der EU zu bekämpfen.

Die Kommission hat mehrere Vorschläge vorgelegt, um verantwortungsvolles Handeln in der EU zu fördern. Die Vorschläge werden nach wie vor erörtert, aber ich hoffe, dass sie bald angenommen werden, um damit unsere Argumente zu bestärken, damit andere Ländern ähnliche Schritte unternehmen.

Die Kommission glaubt fest daran, dass eine Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und ihren Partnerländern immer von den Grundsätzen des verantwortungsvollen Handelns begleitet sein sollte. Auf der Grundlage der Schlussfolgerungen des Rates von 2008 besteht die Absicht, durch die Einführung entsprechender Vereinbarungen mit Drittländern eine Grundlage zu schaffen, die die EU-Partner anerkennen und derzufolge sie sich verpflichten, die Grundsätze des verantwortungsvollen Handelns im Steuerwesen umzusetzen.

Man muss den Entwicklungsländern besondere Aufmerksamkeit schenken. Die Dienststellen der Kommission erstellen momentan eine Mitteilung, die sich mit verantwortungsvollem Handeln im Steuerwesen, insbesondere im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit beschäftigt. Diese Mitteilung wird zeigen, welche Rolle verantwortungsvolles Handeln im Steuerwesen bei der Verbesserung der Mobilisierung von Ressourcen in Entwicklungsländern spielen kann, vor allem durch den Kapazitätenaufbau.

Ich begrüße Ihre Unterstützung für die volle Einbindung der Kommission in die Arbeit der im OECD Global Forum durchgeführten Peer-Review-Verfahren, insbesondere bei der Identifikation kooperationsunwilliger Staaten, der Entwicklung eines Verfahrens zur Erfüllungskontrolle, und der Umsetzung von Maßnahmen zur Förderung der Einhaltung von Normen. Die Europäische Kommission sollte weiterhin eine aktive Rolle übernehmen, damit sichergestellt wird, dass alle Partner sich an ihre Zusagen halten.

In Bezug auf die Anzahl der Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch, genauer gesagt zwölf, die ein Staat unterzeichnen muss, um den Status eines kooperationswilligen Steuergebiets zu erhalten, sollte die Kommission diese Anzahl neu bewerten und dabei qualitative Aspekte einbeziehen; dazu gehört erstens, mit welchen Staaten diese Abkommen geschlossen wurden. Denn ganz offen gesagt würde eine Steueroase, die zwölf Abkommen mit anderen Steueroasen geschlossen hat, die Kriterien sicher nicht erfüllen. Zweitens ist von Bedeutung, ob ein Staat bereit ist, weitere Abkommen zu unterzeichnen, auch wenn die Kriterien erfüllt sind, und drittens die Effektivität der Umsetzung.

Im Hinblick auf Ihre Forderung nach mehr Möglichkeiten für Sanktionen und Anreize, die verantwortungsvolles Handeln im Steuerwesen fördern sollen, prüft die Kommission bereits eine Reihe von Anreizen zur Förderung von verantwortungsvollem Handeln auf EU-Ebene, wie beispielsweise die Anwendung der Entwicklungshilfe, um bestimme Drittländer von der Praxis abzubringen, unfaire Steuerpolitik zu betreiben. Die Arbeit an möglichen Sanktionen ist noch nicht so weit fortgeschritten, und bei jeder Maßnahme der EU muss die Steuerpolitik der einzelnen Mitgliedstaaten berücksichtigt werden.

Es gibt allerdings zwei bestimme Bereiche, bei denen ich Ihnen nicht ganz zustimmen kann. Der eine Bereich betrifft die öffentlichen Register und die Veröffentlichung von Informationen über Investoren in Steueroasen. Ich denke, wir müssen ein Gleichgewicht zwischen Privatsphäre und der Notwendigkeit für die Staaten, ihre Steuergesetze durchzusetzen, schaffen.

Auch wenn es keine Beschränkungen für den Informationsaustausch in Bezug auf das Bankgeheimnis oder Zinsbesteuerungsvorgaben im Inland geben sollte, so müssen doch die Rechte der Steuerzahler geachtet und die strenge Geheimhaltung der ausgetauschten Informationen gewährleistet werden. Diese Grenzen müssen beachtet werden, deshalb glaube ich nicht, dass ein öffentliches Register die beste Lösung darstellt.

Die andere Sorge betrifft die Verrechnungspreise. Sie schlagen vor, zur besseren Erkennung von fehlerhaften Transaktionspreisen und der am häufigsten verwendeten Arten der Steuerhinterziehung die Methoden des Gewinnvergleichs anzuwenden. Ich denke, dass es wohl möglich ist, den Vergleich der Gewinne in einer Branche als Indikator für fehlende Summen zu verwenden, aber dass ein einziger Indikator nicht ausreicht, einen falschen Verrechnungspreis klar zu erkennen; dieser Indikator kann nur Teil einer weitreichenderen Risikobewertung zur Genauigkeit von berechneten Preisen darstellen, die bei Transaktionen zwischen Tochtergesellschaften eines multinationalen Unternehmens gezahlt werden.

Die Methode des Gewinnvergleichs ist nur dann akzeptabel, wenn sie zu denselben Ergebnissen wie die transaktionsbezogenen Methoden führt. Die unmittelbare Anwendung der Methode des Gewinnvergleichs, so wie es im Änderungsantrag offenbar gefordert wird, würde wohl nicht die perfekte Lösung darstellen.

Die vorgeschlagene neue Richtlinie zur Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung zielt darauf ab, die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten und Mechanismen des Informationsaustausches zu verbessern und zu vereinfachen, um Steuerbetrug und Steuerhinterziehung besser zu vermeiden. Genauer gesagt, wird in der Richtlinie vorgeschlagen, das Bankgeheimnis zwischen den Mitgliedstaaten zum Zweck der behördlichen Zusammenarbeit aufzuheben. Ich begrüße die konstruktive Einstellung von Frau Alvarez und ihre Unterstützung für diesen Vorschlag sehr.

Ich bin mir darüber im Klaren, dass die stärkste Kontroverse bei der Diskussion innerhalb der Ausschüsse, die den automatischen Informationsaustausch auf freiwilliger Basis vorschlagen, die Änderungsanträge betrifft; die Entscheidung läge hier bei den Mitgliedstaaten.

Lassen Sie mich noch einmal betonen, dass das Ziel dieses Vorschlags eine EU-weite Verbesserung des Informationsaustausches und sonstiger behördlicher Zusammenarbeit ist; vor allem der automatische Informationsaustausch ist eine grundlegende Vorraussetzung, um Steuerbetrug und Steuerhinterziehung zu verhindern.

Die Förderung des Informationsaustausches auf Nachfrage als OECD-Standard ist sicherlich ein annehmbarer Ansatz im Umgang mit Drittländern, aber bei einem integrierten Binnenmarkt wie dem der EU müssen die Mitgliedstaaten ambitionierter sein und einen Schritt weiter gehen. Sie müssen in der Lage sein, ihre effektivsten zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um das politische Ziel der Bekämpfung des Steuerbetrugs und der Steuerhinterziehung zu erreichen.

Mir fällt auf, dass der Berichtentwurf zum verantwortungsvollen Handeln im Steuerwesen die Notwendigkeit des automatischen Informationsaustausches als grundsätzliche Regel unterstreicht, um die Verwendung von künstlich erschaffenen juristischen Personen zum Zweck der Steuerhinterziehung zu unterbinden. Mir fällt auch auf, dass in dem Bericht der Vorschlag für eine neue Richtlinie zur behördlichen Zusammenarbeit begrüßt wird, da auch die Ausweitung der Anwendbarkeit auf alle Steuerarten und die Aufhebung des Bankgeheimnisses genannt werden. Ich bitte Sie daher, nicht für den von der PPE-Fraktion vorgelegten Änderungsantrag zu stimmen, der vorsieht, alle Verweise auf den automatischen Informationsaustausch aus dem Bericht zu entfernen.

Die Änderungsanträge betreffend, die genauere Regelungen für den Schutz personenbezogener Daten vorsehen, möchte ich noch einmal deutlich machen, dass die Mitgliedstaaten in jedem Fall die für diesen Bereich geltenden Rechtsvorschriften der Gemeinschaft einhalten müssen und dass daher diese Regelungen ohne weitere Änderungen des Texts des aktuellen Richtlinienentwurfs einzuhalten sind. Nur um es klarzustellen: Ich könnte mir eine allgemeine Erwägung der bestehenden Regelungen der Gemeinschaft vorstellen.

Was die Änderungsanträge zum Bewertungssystem und zu den Voraussetzungen betrifft, glaube ich, dass die Regelungen, die im Änderungsvorschlag vorgesehen und im Kompromiss des Ratsvorsitzes bekräftigt wurden, einen angemessen Rahmen bieten sollten, der der Grundidee der Änderungsvorschläge entspricht.

Die Kommission kann prinzipiell gewisse Änderungsanträge annehmen, wie den Antrag, der die Möglichkeit der Kommission betrifft, delegierte Rechtsakte in Bezug auf technische Verbesserungen in den Kategorien Einkommen und Kapital, die Teil des automatischen Informationsaustausches sind, zu übernehmen, solange die Kategorien in der Richtlinie selbst und nicht durch die Komitologie festgelegt sind. Dies ist auch im Sinne der aktuellen Debatten innerhalb des Rates.

Die Kommission kann auch prinzipiell die Änderungsanträge zum Thema Bankgeheimnis annehmen, die nicht auf der Unterscheidung der Steuerzahler aufgrund ihres steuerlichen Wohnsitzes basieren. Außerdem nimmt die Kommission prinzipiell die Änderungsanträge zur Anwesenheit und Teilnahme von Beamten bei behördlichen Untersuchungen an.

Die Kommission wird den Sinn dieser Änderungsanträge in den Beratungen des Rates rechtfertigen, ohne ihren Vorschlag formell zu ändern, da diese Bestimmungen offenbar bereits im Text des Kompromisses enthalten sind.

Ich möchte mich nunmehr dem Vorschlag der Kommission zur gegenseitigen Unterstützung bei der Beitreibung von Steuern zuwenden. Die nationalen Maßnahmen zur Beitreibung von Steuern wirken nur innerhalb der Staatsgebiete, und Betrüger nutzen dies aus, um Insolvenzen in den Mitgliedstaaten zu organisieren, in denen sie Schulden haben. Die Mitgliedstaaten bitten daher immer öfter um die Unterstützung anderer Mitgliedstaaten, um die Steuern beizutreiben, aber durch die aktuellen Maßnahmen konnten nur 5 % der Schulden eingetrieben werden.

Der Vorschlag der Kommission sieht die Einrichtung eines verbesserten Systems der gegenseitigen Unterstützung vor, dessen Regeln einfacher anzuwenden sind und das flexiblere Bedingungen für das um Hifle ersuchende Land bereitstellt. Wie sie wissen, hat ECOFIN am 19. Januar 2010 eine Vereinbarung zu einem allgemeinen Konzept bezüglich des Richtlinienvorschlags getroffen. Ich begrüße die konstruktive Haltung zu diesem Vorschlag, die im Bericht von Herrn Stolojan deutlich wurde.

Die Kommission kann prinzipiell den Änderungsantrag annehmen, bei dem die Zuständigkeiten von Beamten des ersuchenden Mitgliedstaates im ersuchten Mitgliedstaat einer Vereinbarung beider Mitgliedstaaten unterliegen. Dies entspricht auch dem Text des Kompromisses im Rat. Allerdings kann die Kommission andere Änderungsanträge nicht annehmen, wie beispielsweise den systematischen und automatischen Informationsaustausch im Bereich der Beitreibung, da dadurch ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand entstehen könnte, da auch unproblematische Beitreibungen davon betroffen wären. Trotzdem wird die Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die Möglichkeiten prüfen, wie die Unterstützung bei der Beitreibung von Steuern erweitert werden kann, und mögliche Probleme ansprechen.

Lassen Sie mich zu guter Letzt einige Worte zum Vorschlag der Kommission zur fakultativen und zeitweiligen Anwendung des Reverse Charge-Verfahrens sagen. Um schnell auf neue beunruhigende Betrugsmethoden zu reagieren, die aus mehreren Mitgliedstaaten gemeldet werden, ist das Ziel dieses Vorschlags, den interessierten Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu geben, im Rahmen einer fakultativen und zeitweiligen Maßnahme das Reverse Charge-Verfahren anzuwenden, wodurch Kunden sich in einigen betrugsanfälligen Branchen für die Mehrwertsteuer verantworten müssen. Im Rahmen des Richtlinienvorschlags könnten die Mitgliedstaaten aus fünf Kategorien höchstens zwei Kategorien besonders betrugsanfälliger Waren, beispielsweise Mobiltelefone sowie eine Kategorie der Dienstleistungen, wie Treibhausgasemissionszertifikate, auswählen, bei denen im letzten Sommer schwere Betrugsfälle in Form von Ringgeschäften aufgedeckt wurden.

Sie müssten die Wirksamkeit dieser Maßnahme beurteilen und den Einfluss auf eine mögliche Verlagerung des Betrugs in andere Mitgliedstaaten beobachten sowie die Verlagerung auf andere Warentypen und neue Betrugsmuster.

Ich war erfreut über die Entscheidung des Rates, den Vorschlag so schnell anzunehmen und sich schon am 2. Dezember beim ECOFIN darauf zu einigen. Natürlich ist es bedauerlich, dass nur eine Einigung für den ersten Teil des Vorschlags, nämlich zum Thema der Treibhausgasemissionszertifikate, erzielt werden konnte, aber ich bin mir darüber im Klaren, dass dieser Teil der dringendsten Handlung bedurfte.

Die Kommission wird weiterhin so konstruktiv wie möglich ihren Beitrag zu den Verhandlungen des Rates im Bezug auf die verbleibenden Teile des Vorschlags leisten.

Letztendlich möchte ich dem Europäischen Parlament noch einmal für seine schnelle Reaktion und seine eindeutige Unterstützung danken. Auch wenn die Kommission momentan nicht in der Lage ist, alle vorgeschlagenen Änderungsanträge formell anzunehmen, so werden sie doch einen nützlichen Beitrag zu den kommenden Aussprachen im Rat leisten. Es geht hier letztendlich um unsere Fähigkeit, schnell auf einen gravierenden Betrugsmechanismus zu reagieren, aber auch um die Glaubwürdigkeit des EU-weiten Handels mit Treibhausgasemissionszertifikaten.

 
  
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  Der Präsident. – Danke, Herr Kommissar Kovács. Wie Sie bereits erwähnten, ist dies Ihr letzter Tag in diesem Haus, darum möchte ich Ihnen für die hervorragende Zusammenarbeit mit Ihnen während Ihrer Amtszeit danken.

 
  
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  Astrid Lulling, im Namen der PPE-Fraktion.(FR)Herr Präsident, in vielen Fällen spielt Glück eine Rolle. In einer Zeit, in der wir über den Schutz der Privatsphäre und den einzelner Personen diskutieren, in der diese Diskussionen Auswirkungen zeigen, haben die Abgeordneten dieses Hauses die einmalige Gelegenheit, einige wichtige Grundsätze zu bekräftigen. Ob es um die Einführung der Ganzkörperscanner an Flughäfen oder das SWIFT-Abkommen mit den Vereinigten Staaten geht; diejenigen, die die Persönlichkeitsrechte energisch verteidigen, werden diese Woche nicht zögern, ihre Stimmen zu erheben, sogar wenn dadurch gewisse diplomatische Spannungen entstehen könnten.

Leider ist ihr Kampf für die Rechte der Bürgerinnen und Bürger wandelbar und unbeständig. Wenn es um den Schutz von Bankdaten und Finanzdaten geht, wird das Gute plötzlich zum Bösen. Etwas, das in anderen Bereichen geschützt werden muss, wird im Namen eines neuen Gebots missachtet: die allgemeine „Zwangskoloskopie“ des Finanzsektors. Automatischer Austausch im Großformat, der die Grundlage der Berichte von Frau Alvarez und Herrn Domenici darstellt, ist der Scanner, der einen pausenlos durchleuchtet; es ist der große Bruder des SWIFT-Abkommens, den man nicht mehr loswird. Dieses Parlament wird sich jedoch nicht von einem Widerspruch stoppen lassen. Es kann sich für den automatischen Austausch aller erdenklichen Datenarten zwischen den Finanzbehörden Europas aussprechen und gleichzeitig aus Gründen des Schutzes von Persönlichkeitsrechten das SWIFT-Abkommen mit den USA ablehnen.

Kann dieses Missverhältnis, dieser Widerspruch aus Gründen der Wirksamkeit verstanden oder manchmal sogar gerechtfertigt werden? Nein. Die goldene Regel, oder auch Ihre goldene Regel des automatischen Austauschs aller Finanz- und Bankdaten aller Ausländer wird unvermeidbar zu einer nicht verwaltbaren Datenflut führen. Der Präzedenzfall der Besteuerung von Kapitalerträgen sollte Ihnen allerdings als Warnung dienen. So ist es aber nicht. Wieder einmal haben Sie sich für den falschen Weg entschieden und Sie propagieren ein System, das nicht funktioniert. Niemand ist so taub wie die, die nicht hören wollen.

Und allen meinen Freunden, die besorgt sind über die bürokratischen Exzesse, die die Einführung dieser Struktur mit sich bringen könnte, sage ich, dass die einzige Lösung die Ablehnung dieser Strukturen ist, denn es bringt nichts, sie erst einzuführen und dann von ihren furchtbaren Folgen überrascht zu sein.

Erlauben Sie mir, Herr Präsident, ein letztes Wort an Kommissar Kovács zu richten, der heute Abend seine letzte Schlacht schlägt. Ich wünsche ihm einen angenehmen Ruhestand. Herr Kommissar, Sie haben in ihrer Karriere oft für die falsche Sache gekämpft, aber als die gute Seele, die ich bin, möchte ich Ihnen das im Nachhinein nicht zu negativ anrechnen. Genießen Sie Ihren Ruhestand, Herr Kommissar.

(Die Rednerin erklärt sich damit einverstanden, auf eine „Blue-Card“-Frage gemäß Artikel 149 Absatz 8 zu antworten)

 
  
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  Miguel Portas (GUE/NGL). (PT)Frau Lulling, ich möchte Ihnen nur eine Frage stellen. Was hat in Ihrer Rede der automatische Informationsaustausch von Steuerdaten mit der Aufhebung der Privatsphäre zu tun, da es sich doch klar um zwei verschiedene Bereiche handelt? In den meisten europäischen Ländern gibt es kein Bankgeheimnis. Es gibt automatische Mechanismen, mit denen Steuerinformationen zwischen den Steuerbehörden ausgetauscht werden, und das Vermögen der einzelnen Behörden wird nicht im Internet veröffentlicht. Gibt es denn keine Möglichkeit, diese beiden Themen zu trennen?

 
  
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  Astrid Lulling, im Namen der PPE-Fraktion.(FR)Herr Präsident, mein Kollege hat leider überhaupt nichts verstanden, aber da meine Redezeit abgelaufen ist, werde ich es ihm unter vier Augen erklären. Ich vertraue darauf, dass er es vor der Abstimmung verstanden haben wird.

 
  
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  Liem Hoang Ngoc, im Namen der S&D-Fraktion.(FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren, in diesen Zeiten der Krise wurde öffentliche Mitteln vielfach verwendet, um erst das Finanzsystem zu retten und dann die sozialen und wirtschaftlichen Konsequenzen abzudämpfen.

In diesem Zusammenhang wird viel über Haushaltsdefizite gesprochen, und die Ausgaben der Mitgliedstaaten werden infrage gestellt, aber der Rückgang der Steuereinnahmen darf in den Hintergrund rücken. Man vergisst, dass der Europäischen Union jedes Jahr 200 Mrd. EUR durch Steuerhinterziehung entgehen und dass diese Ressourcen für wichtige Konjunkturförderprogramme zur Verfügung gestanden hätten; diese Ressourcen würden es uns erlauben, dem Phänomen gelassen entgegenzutreten, das, in Anführungszeichen, von einigen als demografische Zeitbombe bezeichnet wird.

Deshalb sind die Texte, die wir heute diskutieren, so wichtig. Die Einführung gemeinsamer Instrumente und absoluter Transparenz zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Schuldeneintreibung sind notwendige Schritte, damit kein Bürger und kein Unternehmen seiner finanziellen Verantwortung entfliehen kann und damit jeder seinen Beitrag zu den gemeinsamen Anstrengungen leistet.

Wir müssen den Steuerbehörden in jedem Land der EU die Mittel bereitstellen, um seine Aufgaben zu erfüllen. Wir müssen ebenfalls hervorheben, wie wichtig eine gesunde Finanzpolitik wirklich ist.

Jeder macht sich im Moment Sorgen um Griechenland. Wir sehen heute, wie extrem die Auswirkungen einer fehlenden effektiven Steuerbehörde sein können. Es ist nicht nur die Krise, die die Regierung unter Karamanlis in Mitleidenschaft zieht; es ist vor allem der fehlende politische Mut seines Vorgängers, der eine Reform der griechischen Finanzverwaltung verhinderte und damit auch die Schaffung eines effektiven Instruments zur Beitreibung von Steuern.

Wir hoffen, dass die Union in dieser Sache mit all ihren zur Verfügung stehenden Mitteln solidarisch hinter Griechenland stehen wird. Ich hoffe, dass die Abstimmung am Mittwoch die Abstimmung des Ausschusses bestätigt und zu einigen inspirierenden Texten zum Thema Beitreibung von Steuern führt.

 
  
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  Sharon Bowles, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident, ich bin froh, dass wir diese Aussprache über die Berichte noch in der Amtszeit des Kommissars führen, auch wenn es knapp ist. Der Ausschuss hat hart gearbeitet, um dies sicherzustellen. In vielen, vielleicht sogar den meisten Punkten standen wir gemeinsam im konstruktiven Dialog, Herr Kommissar, auch wenn wir uns natürlich nicht immer einig waren. Zum Beispiel haben wir uns auf die Mehrwertsteuer für innergemeinschaftliche Lieferungen geeinigt, aber wir waren bezüglich der gesamtschuldnerischen Haftung im Rahmen grenzüberschreitender Transaktionen unterschiedlicher Meinung; wir beide waren enttäuscht von der Langsamkeit und des fehlenden Rückhalts der Mitgliedstaaten. Ein solcher Fall war der Vorschlag der GKKB.

Aber angesichts dieser Enttäuschungen haben Sie effektivere, konventionelle Steuerungsmechanismen auf den Weg gebracht, die auf Zusammenarbeit, Informationsaustausch und Datenzugriff basieren. Also möchte ich diese Gelegenheit nutzen, Ihnen persönlich und als Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft und Währung für Ihre Arbeit und Ihren Enthusiasmus während Ihrer Amtszeit zu danken. Wie meine Kolleginnen und Kollegen bereits sagten, in diesen Zeiten der finanziellen Belastung ist es um so wichtiger, den Staaten die Möglichkeit zu geben, die gesamten ihnen zustehenden Steuern auch einzuziehen. Diesen Impuls muss der Rat in Zukunft noch weiter forcieren. Diejenigen, die wissentlich Steuern hinterziehen, schaden der Gesellschaft und sollten keine Nachsicht erwarten, wenn sie erwischt werden, und wir müssen die Mittel zur Verfügung haben, um sie zu erwischen.

Speziell zum Thema der behördlichen Zusammenarbeit denke ich, dass wir vom automatischen Informationsaustausch profitieren können. Er knüpft an die Zinsbesteuerungsrichtlinie an, die hoffentlich bald vom Rat angenommen wird. Aber Ihr Handeln in Bezug auf dieses Thema hat bereits zu positiven Entwicklungen in und außerhalb der EU geführt. Ich stehe auch hinter der Richtlinie für gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen, aber ich halte eine niedrigere Schwelle für die Umsetzung für sinnvoller. Und zu guter Letzt möchte ich mich bei Ihnen und den Kolleginnen und Kollegen dafür entschuldigen, dass ich für den Rest dieser Aussprache nicht anwesend sein kann, aber wie so oft gibt es in diesem Haus Doppelbuchungen.

 
  
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  Philippe Lamberts, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.(FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren, seit einigen Wochen liegt es nun im Trend, sich Sorgen um die Haushaltsdefizite einiger Mitgliedstaaten zu machen. Man kann natürlich einige Beispiele öffentlicher Ausgaben kritisieren und dabei sollten wir uns auch nicht zurückhalten; man kann auch die Milliarden Euro erwähnen, die als Subventionen für fossile Brennstoffe ausgegeben werden, aber lassen Sie uns nicht vergessen, dass die gestiegenen Haushaltsdefizite vor allem eine Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise sind, wie es der Kollege der sozialistischen Fraktion bereits erwähnte.

Ich glaube nicht, dass die Regierungen eine Lektion zum Thema solide Verwaltung von denen erhalten müssen, die durch ihre Vorliebe für riskante Geschäfte, die, ob Sie es glauben oder nicht, durch Schulden finanziert wurden, die Krise erst ausgelöst haben.

Auch wenn dem so ist, sind wir uns einig, dass die Haushaltsdefizite nicht auf ihrem derzeitgen Niveau bleiben können, weil dadurch die Möglichkeit Europas vermindert wird, den dringend benötigten weltweiten „Grünen New Deal“ voranzutreiben. Wir müssen daher dieses Thema nicht nur von der Ausgabenseite her betrachten, sondern auch von der Einnahmenseite und diesen Ansatz sehen wir in den heute vorgelegten Berichten, vor allem in denen von Frau Alvarez und Herrn Domenici.

Die standardmäßige Einrichtung eines automatischen Informationsaustausches zwischen den Steuerbehörden gibt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, ernsthaft gegen Steuerbetrug vorzugehen. Ich möchte Sie daran erinnern, dass sich der Steuerbetrug jährlich schätzungsweise auf 200 bis 250 Mrd. EUR beläuft; das sind zwei Prozent des BIP. Bevor wir über die Neustrukturierung des europäischen Steuerwesens sprechen können, sollten wir erst einmal sicherstellen, dass alle zu zahlenden Steuern auch bezahlt werden.

Außerdem befürwortet dieser Entwurf die Einführung einer einheitlichen Unternehmenssteuer-Bemessungsgrundlage, die sowohl für die Steuerzahler als auch für die Mitgliedstaaten die Sachlage verdeutlichen wird. Dieser Schritt wird ein Schritt nach vorne sein, aber er sollte nicht zu mehr Konkurrenz führen, sondern zu mehr Zusammenarbeit. Die Zeit ist gekommen, um dem Steuerdumping, diesem Weg in den Ruin, der die Steuereinnahmen der Mitgliedstaaten schmälert, ein Ende zu bereiten ; und wer trägt den Schaden davon? Die Steuerzahler und KMU, die nicht die Mittel der großen transnationalen Unternehmen haben, mit denen sie die Mitgliedstaaten gegeneinander ausspielen können.

Die gemeinsame Steuerbemessungsgrundlage ist daher, unserer Meinung nach, in Verbindung mit den Vorhaben bezüglich der Mehrwertsteuer, die Voraussetzung für eine kontinuierliche Harmonisierung der Steuersätze für Unternehmen, die mit der Einführung eines Mindestsatzes beginnt.

Schließlich bedarf die Schaffung einer nachhaltigen Grundlage der Steuersysteme der Mitgliedstaaten tiefgreifenderer Änderungen: die Senkung der Steuerbelastung auf Einkommen und der Ausgleich dieser Senkung durch eine progressive Besteuerung von Energie, genauer gesagt von nicht erneuerbaren Energiequellen, und von Finanztransaktionen und Gewinnen. Dies ist allerdings, wie meine Großmutter zu sagen pflegte, eine andere Geschichte.

Erst einmal möchte die Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz Frau Alvarez und Herrn Domenici zu ihrer hervorragenden Arbeit gratulieren, die nicht nur die früheren Positionen des Europäischen Parlaments wiederholt, sondern diese in einer ambitionierteren und praktikableren Art und Weise dargestellt hat.

Ich möchte zum Abschluss noch ein Wort des Abschieds an Herrn Kovács richten. Ich war nicht hier, als Sie kamen. Meine Kolleginnen und Kollegen haben mir gesagt, dass der Eindruck, den Sie durch Ihre Arbeit bei ihnen hinterlassen haben, viel besser ist als der, den Sie bei ihrer Ernennung gemacht hatten. Sie haben uns daher positiv überrascht. Ich wünsche Ihnen nur das Beste.

 
  
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  Ashley Fox, im Namen der ECR-Fraktion. – Herr Präsident, ich möchte den Berichterstattern und den Schattenberichterstattern für die harte Arbeit danken, die sie in die Erstellung dieser Berichte gesteckt haben.

Das Steuerwesen, vor allem vor dem Hintergrund jeglicher Formen der Harmonisierung, ist immer ein heikles Thema. Wir müssen ein Gleichgewicht zwischen der Notwendigkeit, einen effektiven Binnenmarkt zu betreiben, und dem Schutz der Selbstbestimmung der Mitgliedstaaten im Steuerwesen finden. Ich möchte Herrn Lamberts den Hinweis geben, dass der beste Weg zur Minimierung der Steuerhinterziehung die Einführung einfacherer und niedrigerer Steuern ist. Steuerwettbewerb ist eine wirklich tolle Sache. Er schützt die Steuerzahler vor habgierigen Regierungen.

Mitgliedstaaten müssen nach Belieben bilaterale Abkommen mit Drittstaaten abschließen können. Das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten betreiben regen Informationsaustausch aufgrund ihrer gemeinsamen Erfahrungen bei der Bekämpfung von Terrorismus. Wenn diese Informationen innerhalb der EU weitergegeben würden, würden sich viele Drittstaaten in Zukunft weigern, ähnliche Abkommen zu unterzeichnen. Die Zusammenarbeit würde beendet und die nationale Sicherheit wäre in Gefahr.

Ich bitte meine Kolleginnen und Kollegen inständig, pragmatisch an diese Berichte heranzugehen. Wir müssen sicherstellen, dass wir uns nicht einer unnötigen Harmonisierung hingeben, die die nationale Sicherheit gefährdet.

 
  
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  Nikolaos Chountis, im Namen der GUE/NGL-Fraktion.(EL) Herr Präsident, zweifellos sind die betreffenden Berichte ein positiver Schritt in Richtung eines Rechtsrahmens für die behördliche Zusammenarbeit auf Ebene der Europäischen Union für die Bereiche der direkten und indirekten Besteuerung, abgesehen von der Mehrwertsteuer und den Verbrauchsteuern.

Ich muss allerdings sagen, dass diese Berichte, diese Richtlinienvorschläge und so weiter, die Probleme der Steuerhinterziehung und des Steuerbetrugs nur tangieren.

Es gibt nämlich zwei Aspekte der Steuerhinterziehung, die während der Krise besonders auffielen. Der erste betrifft den Steuerwettbewerb in Europa; dieser Wettbewerb steht nun wirklich nicht für Solidarität und wirtschaftliche und soziale Kohäsion innerhalb der Mitgliedstaaten. Wir müssen uns mit diesem Problem auseinandersetzen und es lösen.

Der zweite Aspekt betrifft Offshore-Unternehmen. Wir alle wissen, dass diese Unternehmen der Steuerhinterziehung und der Geldwäsche dienen. Die Absicht der griechischen Regierung zum Beispiel, einfach eine 10%ige Steuer auf derartige Transaktionen zu erheben, ist skandalös.

In diesem Fall, wie es viele Mitglieder betont haben, brauchen wir in dieser Zeit der Wirtschaftskrise, in der alle Mitgliedstaaten mit finanziellen Problemen konfrontiert sind, gemeinsame Lösungen für gemeinsame Probleme wie Steuerhinterziehung, ganz zu schweigen von der unangemessenen Arbeitsweise der Europäische Zentralbank und des Stabilitätspakts, die das Problem eher verschlimmern, als es zu lösen.

Wir müssen gegen Steuerhinterziehung und -betrug vorgehen, damit den Regierungen in einer Zeit, in der dringender Bedarf für eine Politik der Umverteilung und des Aufbaus besteht, Einnahmen zur Verfügung stehen.

 
  
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  Godfrey Bloom, im Namen der EFD-Fraktion. – Herr Präsident, das Konzept des Steuerwesens hat sich in den vergangenen 3 000 Jahren wohl kaum verändert, richtig? Die Reichen und Mächtigen stehlen das Geld des gewöhnlichen Volkes, um ihr eigenes Leben komfortabler zu gestalten.

Der Unterschied in der modernen Zeit liegt darin, dass nun eine Besteuerung „zugunsten der Besteuerten“ stattfindet: so werden wir irgendwie „pro bono“ besteuert.

Um diesen Mythos aufrechtzuerhalten, erfinden wir in regelmäßigen Abständen neue Schreckgespenster, um das Volk gefügig zu machen. Das neueste Schreckgespenst besagt natürlich, dass wir, wenn wir nicht ausreichend Öko-Steuern bezahlen, alle umkommen werden; das erinnert an die Religionen im Mittelalter, die dasselbe Spiel gespielt haben: bezahle oder schmor in der Hölle.

Steuerharmonisierung ist ein Konzept, dass von der modernen politischen Klasse erdacht wurde, um sicherzustellen, dass keine Regierung zu wenig von ihrem Volk stiehlt: wenn man so will, ist es ein Diebeskartell.

Mein Vorschlag ist folgender: Wenn Sie wirklich eine Steuerharmonisierung wollen, dann sollte die Kommission und ihre Beamten dieselben Steuern wie die Wählerschaft zahlen, damit sie dieselbe Steuerbelastung tragen wie wir alle, bevor die Wählerschaft das Gebäude stürmt und uns an den Dachsparren aufhängt, was ihr gutes Recht wäre.

 
  
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  Hans-Peter Martin (NI). - Herr Präsident! Wir brauchen eine Revolution der Demokratie. Als junger Buchautor und Journalist habe ich aus Überzeugung 62 % Steuern bezahlt, weil ich damals der Überzeugung war und den Eindruck hatte, dass wir gut verwaltet werden. Seitdem ich Mitglied des Europäischen Parlaments bin, sehe ich, was mit diesen – damals waren es Millionen Schillinge jedes Jahr – tatsächlich passiert. Es stört mich an dieser Debatte um die Förderung des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich, dass wir nicht auf die Ausgabenseite schauen, dass man immer nur vom bösen Steuerbetrüger spricht!

Damals, als der Steuersatz 62 % betrug, hieß mein Steuerberater Christoph Matznetter, der spätere Finanzstaatssekretär Österreichs. Dieser hat gesagt: Du kommst doch aus Vorarlberg, geh nach Liechtenstein, geh in die Schweiz! Ich habe es nicht getan, viele andere aber schon. Aber wenn man gerade angesichts der konkreten Erfahrungen, die man hier macht, mit dem nüchternen, vernünftigen Blick eines Menschen, der nicht Beamter war, der nicht irgendwelchen Sozialsystemen zur Last gelegen ist, der nicht in irgendwelchen öffentlichen Bereichen tätig war – wie die Mehrheit der Abgeordneten hier –, an die Sache herangeht, dann sagt man: Um Gottes Willen, wie kann ich mein oft sehr redlich erworbenes Geld vor dieser Verschwendung retten?

Darum mein Vorschlag: Setzen wir doch dort an, wo wir beweisen können, dass vernünftige Verwaltung entsprechende Gelder braucht, nämlich bei uns selbst. Wozu jetzt wieder 200 neue Dienststellen? Wozu in dieser Woche die geförderten Schulskikurse? Wozu das alles? Wenn Sie wirklich die Bekämpfung von Steueroasen und das Eintreiben von Steuerschulden und das Heranführen von Bürgern an die Europäische Union ernst nehmen wollen, dann müssen wir bei uns selbst beginnen und zeigen, dass gerade die Einrichtungen, für die wir stehen, verantwortungsvoll mit Steuergeldern umgehen. Sonst wird es bei diesen Steuerausfällen bleiben, und man kann den Leuten nicht einmal wirklich Böses nachsagen.

 
  
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  Enikõ Gyõri (PPE).(HU) Meine Damen und Herren, ein Rückgang des BIP von 4 %, 21 Millionen arbeitslose Bürgerinnen und Bürger in der EU, Defizitverfahren gegen 20 Mitgliedstaaten, eine 80%ige Staatsverschuldung. Da die Europäische Union in einem solchen Zustand ist, stelle ich die Frage: Können wir uns den Luxus erlauben, Steuergelder in Milliardenhöhe einfach entrinnen zu lassen? Es ist unvertretbar, dass wir Unsummen für wirtschaftliche Anreize opfern, um Arbeitsplätze zu erhalten und es dabei keinen Fortschritt auf EU-Ebene gibt, Wege zu finden, um beispielsweise die Beitreibung von grenzüberschreitenden Steuerschulden über die beschämende 5 %-Grenze zu bringen. Vielleicht sollten wir lieber den automatischen Informationsaustausch allgemein auf alle Einkommen ausdehnen, wodurch Regierungen Informationen über das angelegte unversteuerte Einkommen ihrer Bürgerinnen und Bürger nicht mehr mittels gestohlener Speichermedien erhalten müssen.

Momentan hat der Steuerbetrug in der EU ein Volumen, dass dem zweieinhalbfachen Haushalt der EU entspricht. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Steuerbehörden der Mitgliedstaaten zusammenarbeiten müssen, um dem Steuerbetrug ein Ende zu bereiten. Niemand sollte sich hinter dem Bankgeheimnis verstecken können, und wir müssen Quasi-Steueroasen innerhalb der Europäischen Union abschaffen, selbst wenn dadurch den betroffenen Mitgliedstaaten geschadet wird, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen. Die Interessen Europas müssen Vorrang vor den Ansichten Einzelner haben. Die ehrlichen Steuerzahler der EU erwarten von uns mindestens Regeln, die für alle verbindlich sind und keine Hintertüren bieten.

Der Domenici-Bericht zeigt Wege auf, wie diese Hintertüren geschlossen werden können. Unser aktuelles Thema ist nicht die Harmonisierung, sondern wie man erhobene Steuern gemäß dem Regelwerk der einzelnen Mitgliedstaaten beitreiben kann, und das bei Bedarf auch mithilfe anderer. Alle weiteren Elemente des vorliegenden Steuerpakets dienen diesem einen Zweck. Im Namen der Europäischen Volkspartei habe ich einige Vorschläge dem Domenici-Bericht hinzugefügt, die auch von den anderen Fraktionen unterstützt werden. Als erstes habe ich die Einrichtung eines Systems von Anreizen vorgeschlagen, das garantieren würde, dass der Mitgliedstaat, der einem anderen bei der Beitreibung von grenzüberschreitenden Steuerschulden hilft, einen Teil der sichergestellten Summe erhält. So könnten wir der stagnierenden Zusammenarbeit der Steuerbehörden Auftrieb geben. Zweitens könnten wir mithilfe eines Systems des Gewinnvergleichs vor allem effektiv gegen multinationale Unternehmen vorgehen, die durch die Manipulation von Transferpreisen versuchen, Steuern zu hinterziehen. Ich kenne Kommissar Kovács Bedenken zu diesem Thema, aber ich denke, dass wir diese Thematik zunächst angehen könnten.

Zu guter Letzt bin ich zufrieden darüber, dass die Kommission hinter der Notwendigkeit strikterer Vorgaben für den Austausch von steuerlichen Informationen steht, wie es im für zwölf Staaten geltenden OECD-Modell vorgeschrieben wird. Ich denke, dass wir eine ehrlichere Steuerpolitik erreichen können, wenn wir diesen Weg weiterverfolgen.

 
  
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  Olle Ludvigsson (S&D).(SV) Herr Präsident, am heutigen Abend erörtern wir eine Vielzahl von Maßnahmen, die den Steuerbetrug und viele Arten der Steuerumgehung bekämpfen sollen. Diese Themen sind sehr wichtig. Es wäre begrüßenswert, wenn wir in der EU in der Lage wären, unsere Instrumente und unsere Zusammenarbeit zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung entsprechend der vorgeschlagenen Vorgehensweise effizienter einzusetzen.

Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat schnelles Handeln erforderlich gemacht, um unsere Steuersysteme so effektiv, zuverlässig und gerecht wie möglich zu gestalten. Ich stehe dem Vorschlag der erweiterten Anwendung der Steuerschuldumkehr positiv gegenüber. Unter anderem ist dies ein wichtiger Schritt bei der Weiterführung unser Arbeit bezüglich des Klimawandels. Wenn 2013 die Versteigerung der Treibhausgasemissionszertifikate beginnt, müssen wir ein glaubwürdiges Handelssystem eingerichtet haben, dass nicht von Mehrwertsteuerbetrug oder ähnlichen Problemen betroffen ist. Das Reverse Charge-Verfahren ist wohl ein hervorragender Weg, um derartigen Mehrwersteuerbetrug zu verhindern. Es bekräftigt die Glaubwürdigkeit und Effektivität des Systems.

Die Arbeit zu dem Bericht über das Thema der Steuerschuldumkehr erwies sich als sehr konstruktiv. Ich bin erfreut darüber, dass die Kommission, der Rat und meine mit dem Thema befassten Kolleginnen und Kollegen entschlossen waren, schnell eine gute Lösung zu finden. Ein zentrales Element des Berichts ist die Schaffung eines umfassenden Bewertungssystems, das auf einheitlichen Kriterien basiert. Es ist sehr wichtig, dass wir genau überwachen, wie gut das Reverse Charge-Verfahren in den betroffenen Bereichen praktisch funktioniert. Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung, die jetzt vorgeschlagen wurden, sind ein wichtiger Schritt, aber sie sollten als Teil eines umfassenden Langzeitprozesses angesehen werden.

Es gibt in diesem Fall noch viel zu tun. Die Zusammenarbeit innerhalb der EU sollte verbessert werden, und die EU sollte eine Vorreiterrolle bei internationalen Abkommen, die der Bekämpfung der Steuerhinterziehung dienen, übernehmen.

 
  
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  Sylvie Goulard (ALDE).(FR) Herr Präsident, dieses scheinbar technische Paket hat in Wirklichkeit Auswirkungen auf einige hochpolitische Themen. Erstens ist die behördliche Zusammenarbeit bei Finanzangelegenheiten zwischen den Staaten eine Kernfrage des Binnenmarkts. Ich denke, das muss hervorgehoben werden, weil die Freizügigkeit und der freie Kapitalverkehr Bestandteile des wertvollen Besitzstands der Europäischen Union darstellen, den wir so sehr schätzen. Dies darf allerdings nicht zu einer ungerechten steuerlichen Situation führen, in der einige gut beratene und mobile Bürgerinnen und Bürger ihren finanziellen Verpflichtungen entgehen können, während die sesshaften Bürgerinnen und Bürger dieser Pflicht weiterhin unterliegen.

Es sollte auch nicht als Anreiz zum Wettbewerb zwischen den Staaten dienen; ich meine damit einen Anreiz zum Steuerbetrug oder zur Steuerhinterziehung. Dies erklärt auch unsere Unterstützung für eine gemeinsame Unternehmenssteuer-Bemessungsgrundlage und den automatischen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten, die beide bereits erörtert wurden.

Wenn Frau Lulling uns jetzt noch mit ihrer Anwesenheit beehren würde, könnte ich ihr sagen, dass sich die Frage der bürgerlichen Freiheiten in Bezug auf den Austausch sensibler Daten tatsächlich gar nicht stellt, weil es, meiner Meinung nach, einen großen Unterschied zwischen den Daten gibt, die wir zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union austauschen - mit anderen Worten, im Rahmen und Dienste des Binnenmarkts - und den Daten, die wir mit anderen, auch befreundeten Staaten wie den Vereingten Staaten austauschen.

Das zweite hochpolitische Thema ist, vor allem jetzt nach der Krise, die Bekämpfung der Steueroasen, aber auch der Grauzonen oder geduldeten Praktiken, die leider immer noch innerhalb der Europäischen Union und den assoziierten Gebieten existieren. Nach den Erklärungen der G20 erwarten die Bürgerinnen und Bürger Ergebnisse und eine glaubwürdige Union. Das war der Antrieb hinter vielen Änderungsanträgen, und ich denke, dass das Parlament sich erneut der Bedeutung dieses Themas bewusst werden muss.

Schließlich möchte ich zum Abschluss ein Wort an Herrn Kovács richten: Es ist eher selten der Fall, dass man jemanden an dem Abend verabschieden kann, an dem sein Mandat endet und vor allem einen Ratschlag an den designierten Kommissar, Herrn Šemeta, richten kann, dessen erste Schritte in diesem Bereich wir begrüßt haben, genau so wie wir die ersten Schritte der Kommission Barroso II begrüßt haben, die das Thema ernsthaft anzugehen scheint, was sich vor allem dadurch zeigt, dass Herr Monti mit der Aufgabe beauftragt wurde, einen Bericht über den Binnenmarkt anzufertigen, der all diese Aspekte abdeckt.

Ich denke, dass egal wie unnachgiebig und unwillig die Mitgliedstaaten auch sein mögen, es die Aufgabe der Kommission ist, wie Sie, Herr Kovács es auch gemacht haben, die Kraft der Initiative zu nutzen, wenn auch vielleicht noch weitreichender. Die Staatskassen der Mitgliedstaaten sind leer. Das Steuerwesen ist ein weiterer Weg, sie zu füllen, und solange wir es intelligent angehen, sind wir im Vorteil.

 
  
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  Eva Joly (Verts/ALE).(FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, dank der Anstrengungen von Herrn Domenici ist der Bericht, über den wir diese Woche abstimmen müssen, ein wertvolles Dokument. Ich hoffe inständig, dass es am Mittwoch bei unserer Plenarsitzung angenommen wird. Der Bericht enthält viele bis heute einzigartigen Vorstöße zu den Themen Transparenz des Finanzwesens, Finanzpolitik und Bekämpfung von Steueroasen, deren weitreichende Folgen hier ausgiebig dargestellt wurden.

Erst einmal sollten wir die Tatsache begrüßen, dass der Text die beträchtlichen Grenzen aufzeigt, die bisher bei der Bekämpfung der Steueroasen bestanden. Steuerabkommen und die OECD-Liste der kooperationsunwilligen Staaten, um die offiziellen Bezeichnungen noch einmal zu nennen, sind unzureichende Mittel und sind sogar Teil des Problems, das sie lösen sollen.

Deswegen sind die in diesem Bericht enthaltenen Vorschläge außerordentlich wichtig, die über diesen Ansatz hinaus gehen, um eine neue Definition für Steueroasen und neue Mittel, unter anderem Sanktionen, einzuführen, die bei diesem Kampf helfen können. Dies ist offensichtlich der Fall bei dem Vorschlag, einen automatischen Informationsaustausch einzurichten, der auf Ebene der Europäischen Union und auf internationaler Ebene arbeitet.

Dies gilt auch für die Buchführung über die einzelnen Länder, die es ermöglicht, die wirklichen Geschäftsaktivitäten der Unternehmen in den jeweiligen Ländern ihrer Ansässigkeit zu überprüfen, um sicherzustellen, dass sie dort auch wirklich die säumigen Steuern zahlen. Dies sind zwei grundlegende Forderungen, die schon seit langem von vielen Experten unterstützt werden. Wir können die Tatsache, dass das Europäische Parlament diese Vorschläge annimmt, nur begrüßen, und dass es durch diese Annahme eine der Institutionen ist, die am aktivsten an diesem Kampf beteiligt sind.

Meine Damen und Herren, die Problematik der Steueroasen ist kein rein technisches Problem. Sie steht in Verbindung mit grundlegenden Entscheidungen. Möchten wir den Entwicklungsländern die Möglichkeit geben, Nutzen aus ihren eigenen Ressourcen zu ziehen, statt dabei zuzusehen, wie sie konfisziert werden? Möchten wir dafür sorgen, dass alle Unternehmen und alle Bürgerinnen und Bürger mit einem Beitrag, den sie aufbringen können, zur Finanzierung des öffentlichen Lebens beitragen? Eine Ja-Stimme für den Bericht von Herrn Domenici ist gleichbedeutend mit einer positiven Antwort auf diese beiden Fragen. Eine Antwort, auf die wir, glaube ich, stolz sein dürfen.

Persönlich möchte ich Herrn Kovács für das gemeinsam organisierte Seminar am 9. Dezember in Brüssel danken, bei dem wir dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt haben. Danke und viel Glück.

 
  
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  Ivo Strejček (ECR). (CS) Herr Präsident, Herr Kommissar, heute diskutieren wir über ein Paket politisch und wirtschaftlich umstrittener Vorschläge, das eine deutliche Verbesserung der Zusammenarbeit im Bereich des Steuerwesens bringen soll. Steuerbetrug ist zweifellos ein großes Problem, das die Einnahmen der Staatshaushalte senkt. Was sind allerdings die Ursachen der Steuerhinterziehung und was sind die Motive derjenigen, die auf Steuerbetrug zurückgreifen?

Erstens sind es hohe Steuersätze. Je höher die Steuern, desto mehr Steuerzahler werden versuchen, ihre steuerlichen Verpflichtungen zu umgehen. Wir sollten diese allgemein bekannte wirtschaftliche Wahrheit vor allem in den heutigen Zeiten im Auge behalten, in einer Zeit, in der die meisten Politiker davon ausgehen, dass man die öffentlichen Haushaltsdefizite durch höhere Steuern ausgleichen kann, also auf der Einnahmenseite des Haushaltsplans, statt durch drastische Ausgabenkürzungen. Ich möchte noch eine Sache anmerken, nämlich dass die Steueroasen aus genau diesem Grund existieren, weil Menschen ihr Kapital an Standorte mit niedrigeren Steuersätzen verlagern. Wenn Sie die Existenz von Steueroasen eingrenzen oder beenden wollen, müssen Sie die Steuern senken.

Der zweite wichtige Grund ist die Undurchsichtigkeit und Komplexität des Steuersystems. Mehr Ausnahmen führen zu mehr Betrug. Statistiken und verschiedene Studien bestätigen, dass die Schwierigkeiten bei der Erhebung von beispielsweise der Mehrwertsteuer vor allem auf verwirrende Erklärungen und tausender völlig unterschiedlicher Ausnahmen zurückzuführen sind. Leider schlagen weder die Kommission noch Abgeordnete vor, dass die Mitgliedstaaten Steuern senken oder grundsätzliche Änderungen vornehmen sollen, die zu mehr Transparenz bei Steuerangelegenheiten führen würde.

Die folgenden Vorschläge sind umstritten: die Einführung des Grundsatzes, dass Informationen über Steuerzahler weitergegeben werden müssen; zweitens sind die erforderlichen Informationen über die Steuerzahler genau festgelegt und zweifellos hochsensibel; drittens wird die Verpflichtung, Informationen über alle Steuerarten weiterzugeben, zum ersten Mal eingeführt, und viertens, als Neuheit in der Gesetzgebung, wird das Bankgeheimnis verletzt.

 
  
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  Miguel Portas (GUE/NGL). (PT) Herr Präsident, dies ist eine sehr wichtige Aussprache, da uns Regierungen und die Kommission selbst gesagt haben, dass eine Strategie für den Ausstieg aus der Krise in den kommenden Jahren von Plänen abhängt, die radikale Einschnitte in öffentliche Investitionen und Sozialausgaben vorsehen. Und die ständigen Informationen aus den verschiedenen, heute diskutierten Berichten erzählen schließlich von einem anderen, einem besseren Weg, einem Weg, der Ehrlichkeit und Zufriedenheit unter den Steuerzahlern fördern soll.

Und von einem Einnahmenstandpunkt aus betrachtet ist dieser Weg auch der Weg zur Überwindung der Krise - hauptsächlich von einem Einnahmenstandpunkt aus -, da er sowohl dem durch Steueroasen verursachten Albtraum als auch dem durch weit verbreitete Steuerhinterziehung und Steuerbetrug von großen Unternehmen und vom Bankensystem verursachten Albtraum ein Ende setzt.

Und genau aus diesem Grund stimme ich dem Bericht von Herrn Domenici auf ganzer Linie zu, der besagt, dass nicht genügend Schritte unternommen werden, dem Bankgeheimnis ein Ende zu setzen. Und genau so müssen wir vorgehen, weil es stimmt, dass ein wenig Gerechtigkeit in der Wirtschaft noch nie jemandem geschadet hat.

 
  
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  Arturs Krišjānis Kariņš (PPE).(LV) Herr Präsident, Herr Kommissar, die Frage lautet nicht: Sind wir für oder gegen die Bekämpfung von Steuerbetrug? Natürlich sind wir dafür. Die Frage lautet eher, welche Mittel möchten wir zur Erreichung dieses Ziels einsetzen. Derzeit sieht es unter den Mitgliedstaaten so aus, dass es Staaten gibt, die Informationen über Steuerzahler nicht bereitwillig austauschen, auch wenn sie dazu aufgefordert werden. Bei dem diskutierten Vorschlag geht es um die Einführung eines automatischen Systems, in dem alle Informationen über Staatsbürger und im Ausland ansässige Unternehmen zwischen den Steuerbehörden ausgetauscht werden. Meiner Meinung nach ist es wichtig, die Bürokratie nicht zu vergrößern, egal auf welchem Weg wir Informationen austauschen. Im Augenblick befindet sich die Europäische Union in einer Krise - in Spanien beträgt die Arbeitslosigkeit fast 20 %, in Lettland liegt sie bei über 20 %, in vielen anderen Ländern bei gut über 10 %. Bedauerlicherweise handelt es sich um einen Aufwärtstrend. Folglich werden die Mitgliedstaaten zur Verringerung von Staatsausgaben gezwungen, was eigentlich der Vergrößerung der bürokratischen Maschinerie entgegensteht. Wir können uns keine Vergrößerung der bürokratischen Maschinerie leisten. Die Einführung dieses Systems des automatischen Informationsaustausches würde unweigerlich eine Vergrößerung der bürokratischen Maschinerie mit sich bringen. Meiner Meinung nach können sich die europäischen Steuerzahler eine Unterstützung dieses Systems zum jetzigen Zeitpunkt einfach nicht leisten. Für mein Gefühl gibt es einen weiteren Vorschlag, den wir diskutieren sollten, und zwar vielleicht nicht ins Extreme zu gehen, d. h., alle Informationen automatisch auszutauschen, sondern wenigstens sicherzustellen, dass ein vollständiger Informationsaustausch zwischen sämtlichen Mitgliedstaaten auf Anfrage erfolgt. Zusammengefasst also ein automatischer Informationsaustausch auf Anfrage. Vielen Dank.

 
  
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  Arlene McCarthy (S&D). - Herr Präsident, mit über 200 Milliarden EUR jährlichem Verlust muss die Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung in der EU für dieses Parlament, die Europäische Kommission und die Regierungen der Mitgliedstaaten weiterhin Priorität haben. Ich kann nicht glauben, dass irgendjemand in diesem Haus glaubt, dass das Recht auf Privatsphäre ein Recht zur Steuerhinterziehung ist.

Es besteht natürlich ein globaler Konsens, dass ein Mangel an verantwortungsbewusster Regierungsführung Steuerbetrug und Steuerhinterziehung begünstigt. Steuerbetrug hat einen erheblichen Einfluss auf nationale Haushalte. Er entzieht öffentlichen Dienstleistungen, Gesundheit, Bildung und Forschung wichtige Ressourcen. Einer bedeutenden Wohlfahrtsorganisation zufolge hat die Steuerhinterziehung der Superreichen und der Weltkonzerne darüber hinaus ernsthafte Folgen für das Leben von über fünf Millionen Kindern in den Entwicklungsländern.

Regierungen in den ärmsten Entwicklungsländern werden um Steuereinnahmen in Höhe von 92 Milliarden EUR pro Jahr betrogen, während Schätzungen der Weltbank zufolge lediglich ein Drittel davon - 30 Milliarden bis 34 Milliarden EUR - die Millennium-Entwicklungsziele der V.N. finanzieren würde. Noch schockierender ist die Behauptung einer britischen Wohlfahrtsorganisation, Christian Aid, dass sich ca. 7 Billionen EUR in Steueroasen verbergen.

Daher sind die in diesem Bericht vorgeschlagenen Maßnahmen und Empfehlungen unerlässlich, um Chancengleichheit zu fördern und um mit Verzerrungen und Missbräuchen fertig zu werden, die solche Steuerhinterziehungs- und Steuerbetrugssysteme unterstützen. Offshore verwaltete Vermögenswerte entsprechen jetzt einem Drittel des globalen Vermögens ...

(Der Präsident bittet die Sprecherin um der Dolmetscher willen, langsamer zu sprechen)

... die Hälfte des Welthandels durchquert Steueroasen, und Maßnahmen für ein hartes Durchgreifen werden bereits intensiviert. Gegen Steueroasen wird ermittelt, wobei Vorschläge in der EU und der OECD weiter vorangetrieben werden.

Eine intensivere Zusammenarbeit im Steuerbereich ist der einzig mögliche Weg. Damit wird nicht die nationale Souveränität geschwächt, sondern, im Gegenteil, die nationalen Steuersysteme werden gestärkt und verbessert, diejenigen gestoppt, die versuchen, die Integrität und Funktion solcher Systeme zu unterminieren.

Wenn wir eines aus der globalen Finanzkrise gelernt haben, dann, dass wir bei Finanztransaktionen mehr Offenheit und Transparenz benötigen. Darum unterstütze ich die von unseren Berichterstattern eingebrachten Vorschläge, uns in Richtung eines globalen Abkommens und eines Standards über den automatischen Austausch von Steuerinformationen zu bewegen.

Abschließend möchte ich sagen, dass diejenigen, die versuchen, diese Vorschläge zu verwässern und sich beim Datenschutz hinter Panikmache verbergen, bei der Unterstützung globaler Maßnahmen zur Bewältigung der Geißel der Steuerhinterziehung und bei der Förderung von verantwortungsvollem Handeln, von Bürgersinn und sozialer Verantwortung sich weder seriös noch ambitioniert verhalten.

 
  
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  Wolf Klinz (ALDE). – Herr Präsident, liebe Kollegen! Mehrwertsteuerbetrug ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein krimineller Akt. Es ist ein Problem, das im Laufe der Zeit eher zu- als abgenommen hat. Nach den neuesten Schätzungen gehen den Bürgern und damit auch den Steuerzahlern bis zu 100 Milliarden Euro – vielleicht sogar mehr – pro Jahr verloren.

Die Bürger haben in Zeiten der galoppierenden öffentlichen Verschuldung und der Krise kein Verständnis dafür, dass es die Europäische Union bisher nicht geschafft hat, diesem Problem tatsächlich erfolgreich zu Leibe zu rücken. Deshalb begrüße ich, dass man einen erneuten Anlauf unternimmt, um das Reverse Charge-Verfahren einzuführen, über das wir übermorgen abstimmen werden. Wir versuchen, durch die Umkehr der Steuerschuldnerschaft das Problem der Mehrwertsteuerhinterziehung tatsächlich abzuschaffen oder zumindest zu mildern. Ob die erhofften zusätzlichen Mehrwertsteuereinnahmen tatsächlich über dieses Verfahren generiert und neue Betrugsfälle eingedämmt werden können, das werden wir sehen. Aber in jedem Fall lohnt es den Versuch. Wir werden die Ergebnisse des Verfahrens, dessen Anwendung vorerst bis 2014 begrenzt ist, genau verfolgen und einer kritischen Bewertung unterziehen müssen.

In einem Punkt hätte ich mir allerdings eine Änderung gewünscht: Ich plädiere dafür, dass die Unternehmen, die ihrer Sorgfaltspflicht im Rahmen der Überprüfung der Mehrwertsteueridentifikationsnummer ordnungsgemäß nachkommen, von jeglicher Haftung befreit werden, und zwar auch dann, wenn der Leistungsempfänger einen Missbrauchstatbestand begeht. Ich bedauere ausdrücklich, dass mein darauf abzielender Änderungsantrag im ECON-Ausschuss keine Mehrheit gefunden hat.

 
  
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  Vicky Ford (ECR). – Herr Präsident, Steuerbetrug ist ein Verbrechen, bei dem nicht nur Regierungen bestohlen werden, sondern jeder einzelne Steuerzahler - jeder einzelne Steuerzahler, der pünktlich seine Steuern zahlt. Die OECD, die G20 und gewiss die verschiedenen Berichterstatter im Parlament haben bei der Bekämpfung von Steuerbetrug viel gute Arbeit geleistet. Ich möchte insbesondere Herrn Domenicis Bericht erwähnen und ihm für die großartige Transparenz danken, die durch seine parlamentsübergreifende Zusammenarbeit deutlich wurde, um dieses Dokument zu verbessern. Trotzdem äußere ich drei Bedenken.

Erstens sollte die Bekämpfung von Steuerbetrug nicht als Hintertürausrede für diejenigen verwendet werden, die die Debatte über Steuerharmonisierung innerhalb der EU eröffnen wollen. In dem Dokument wird die konsolidierte Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage erwähnt, und meiner Meinung nach sollten wir warten, bis sich die Kommission im Verlauf dieses Jahres mit ihrer Folgenabschätzung an uns wendet, bevor wir voreilige Beschlüsse über irgendwelche Vor- und Nachteile dieser Debatte ziehen.

Der zweite Punkt betrifft die kontroverse Angelegenheit des Informationsaustauschs. Selbstverständlich ist unter bestimmten Umständen ein besserer Austausch notwendig, und tatsächlich hat der automatische Austausch Vorteile, siehe die Zinsbesteuerung. Dieses Dokument geht viel weiter und verlangt einen automatischen Austausch in allen Bereichen. Mir wäre es lieber, jeden speziellen Umstand zu betrachten, um festzustellen, wo wir diesen brauchen.

Drittens schlägt der Domenici-Bericht einen EU-weiten Beitrag für Finanztransfergeschäften nach und aus bestimmten Hoheitsbereichen vor. Wie die Kommission ausgeführt hat, gibt es verschiedene Sanktionen und Anreize, die zur Förderung eines guten Verhaltens in diesem Bereich angewandt werden könnten. Ich bin sehr besorgt, dass wir nur mit einem Vorschlag zurückkehren könnten, was aufgrund dieses Wortlauts über eine Abgabe auf EU-Ebene extrem umstritten sein könnte.

 
  
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  Diogo Feio (PPE). (PT) Herr Präsident, mit diesen vier Berichten, die eine äußerst markante technische Struktur zu haben scheinen, debattieren wir bedeutsame politische Fragen. Erstens, und damit Sie mich richtig verstehen: Steuerbetrug und Steuerhinterziehung sollten ständig bekämpft werden. Und zwar aus Gründen der Achtung vor denjenigen, die Steuern zahlen und die Regeln einhalten.

Außerdem möchte ich hier deutlich hervorheben, dass es sich nicht um eine ausdrücklich krisenbezogene Angelegenheit handelt. Dies ist eine Angelegenheit der öffentlichen Moral. Und ebenso wie diese Angelegenheit sollte im Hinblick auf eine Förderung des Wirtschaftswachstums durch Steuerpolitik auch eine andere Angelegenheit bezüglich der steuerlichen Wettbewerbsfähigkeit von der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten diskutiert werden.

Der Kampf gegen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung muss auch vom gesetzgeberischen Standpunkt aus betrachtet werden. Gesetze müssen eindeutig sein. Gesetze müssen transparent sein und auch Behörden müssen auf angemessene Weise handeln. Genau deshalb kommt dem Sachverhalt rund um den Informationsaustausch eine wichtige Bedeutung zu, genau deshalb müssen wir die Entscheidungen berücksichtigen, die von internationalen Organisationen getroffen wurden und die diese Angelegenheit, wie in erster Linie die OECD, wirklich analysiert haben. Insofern ist ein Erfahrungsaustausch unerlässlich, damit sich theoretisch gute Maßnahmen in der Praxis nicht als kontraproduktiv entpuppen.

Besonders im Bereich der Steueroasen müssen wir die beim G20 getroffenen Entscheidungen und den dort erzielten Fortschritt unterstützen, und wir dürfen vor allem nicht vergessen, dass für diesen Bereich geeignete, ausgewogene und effektive Maßnahmen erforderlich sind.

 
  
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  Elisa Ferreira (S&D).(PT) Herr Präsident, Herr Kommissar, ich möchte hier einige Fakten in Erinnerung rufen: Der OECD zufolge wurden 2008 Vermögenswerte in Höhe von 5 bis 7 Billionen EUR in Steueroasen versteckt gehalten. Wie heute bereits erwähnt, beträgt die Steuerhinterziehung in der Europäischen Union zwischen 2 % und 2,5 % des EU-Vermögens, was sozusagen dem Doppelten des EU-Haushalts entspricht.

Heute besteht kein Zweifel daran, dass Steueroasen, unklare neue Finanzprodukte, mangelnde administrative Zusammenarbeit, fehlende Regulierung und Aufsicht in den Märkten sowie die übertriebenen Ambitionen von Unternehmen alle zu der schrecklichen Krise, die wir gerade erleben, beigetragen haben.

Auf globaler Ebene werden Fortschritte erzielt, und wir ziehen unsere Lehren daraus - Lehren, die in den Initiativen des Internationalen Währungsfonds, der OECD, der G20 und des Forums für Finanzstabilität aufgestellt wurden. Die Europäische Union, vor allem unter der Leitung von Herrn Kovács, dem ich gratulieren möchte, war an einer Reihe von Initiativen beteiligt. Dazu gehören administrative Zusammenarbeit, die Zinsbesteuerungsrichtlinie, Hilfeleistung beim Mahnwesen, ein Verhaltenskodex sowie eine vermehrte Zusammenarbeit mit Belgien, Österreich, Luxemburg, der Isle of Man und sogar mit Nachbarländern: der Schweiz, Monaco und Liechtenstein.

Wichtig ist jedoch, dass diese gemeinsame Anstrengung nicht zu der von Herrn Domenicis Landsmann so treffend beschriebenen Situation führt, wo es in Leopardo heißt, dass sich viele Dinge ändern müssen, wenn alles gleich bleiben soll. Dies ist ein Beispiel dafür, was nicht passieren darf!

Die Bürger Europas leiden jetzt unter Arbeitslosigkeit, drohenden Steuererhöhungen und dem Verlust grundlegender Ruhegehaltsansprüche. Kleine und mittelgroße Unternehmen erhalten keine Kredite und Opfer sind weit verbreitet. Von uns - als ihren Vertretern hier im Parlament - erwarten diese Staatsbürger, dass wir daraus gelernt haben, sowie eine effektive Gewährleistung von Wettbewerb, Gerechtigkeit, Transparenz und Ehrlichkeit innerhalb der Europäischen Union.

Diese vier Berichte, insbesondere die von Herrn Domenici und Frau Alvarez, gehen in diese Richtung. Ich hoffe, diese Berichte erfahren von den Mitgliedern dieses Hauses umfassende Unterstützung und dass sie in der Europäischen Union sogar für den notwendigen politischen Willen sorgen, die richtigen Lehren daraus zu ziehen, und dass sie außerdem diese Lehren fördern, damit diese im internationalen Vergleich gewürdigt werden.

 
  
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  Olle Schmidt (ALDE).(SV) Herr Präsident, wie wir gehört haben und uns allen bewusst ist, sind Steuern eine heikle Angelegenheit. Die Mitgliedstaaten betrachten Steuern zu Recht vorrangig als nationale Angelegenheit; im Zuge der Finanzkrise jedoch erkennen immer mehr Länder, dass die Zusammenarbeit innerhalb der EU verbesserungsbedürftig ist.

Steuerwettbewerb ist eine gute Sache. Aber die Regeln müssen fair sein und kein Mitgliedstaat darf von seinen Regeln zur Steuerumgehung profitieren. Steuerbetrug ist illegal, unmoralisch und verzerrt die Situation in einzelnen EU-Mitgliedstaaten.

Wir können die Steuerlast in unseren eigenen Ländern kritisieren. Auch ich bin dafür bekannt. Wir müssen jedoch auch handeln, um die Politik in unserem Land zu verändern, anstatt uns vor unseren Aufgaben zu drücken. Die effektivste Art des Informationsaustauschs erfolgt auf automatischem Weg. Die EU stand Steueroasen unterschiedlicher Art häufig kritisch gegenüber. Daher ist es wichtig zu demonstrieren, dass wir auch intern an der Verbesserung von Transparenz, Offenheit und Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Steuerwesens zusammenarbeiten und hierbei den Schutz der Privatsphäre achten.

Zur Vermeidung unnötiger Verwaltungsausgaben und zur Schaffung einer eindeutigeren Rechtsgrundlage hat die Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa einen Änderungsantrag vorgelegt, wonach die Mitgliedstaaten nicht zur Unterstützung eines anderen Mitgliedstaates gezwungen werden dürfen, wenn es um weniger als 1.500 EUR pro Jahr geht. Dies setzt den behördlichen Befugnissen klare Grenzen und, soweit mir bekannt ist, akzeptiert Herr Kovács diesen Änderungsantrag.

Schließlich möchte ich Herrn Kovács danken, Kommissar für weitere 18 Stunden, oder wie auch immer. Es war mir eine Ehre, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Sie haben nicht alles erreicht, aber Sie haben Ihr Bestes getan. Vielen Dank und viel Glück.

 
  
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  Jacek Włosowicz (ECR).(PL) Herr Präsident, während ihrer sechsten Amtszeit hat die Europäische Kommission im Zuge der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung in der Europäischen Union eine Reihe von Gesetzesvorschlägen verabschiedet. Ein Schlüsselfaktor ist hierbei der Vorschlag für eine Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung. Dank der Annahme von praktisch allen Mitgliedstaaten war die derzeit in Kraft befindliche Richtlinie zweifellos der erste Schritt in Richtung einer administrativen Zusammenarbeit in diesem Bereich, obwohl erkennbar war, dass es hinsichtlich ihrer Umsetzung an konkreten Ergebnisse mangelte. In diesem Vorschlag sehen wir jedoch durch den Einsatz eines genaueren und effizienteren Managements von Steuereinnahmen eine Stärkung der internen Souveränität jedes einzelnen Mitgliedstaates im Bereich der Besteuerung sowie ebenfalls eine Intensivierung des europäischen Integrationsprozesses, der im Bereich der Besteuerung sowohl aus politischer und wirtschaftlicher als auch aus verwaltungstechnischer Sicht immer notwendiger wird.

 
  
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  Thomas Mann (PPE). - Herr Präsident! Vielen Dank an Herrn Kommissar Kovács für seine exzellente Arbeit. Die administrative Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten – mein Thema – im Bereich der Besteuerung ist ein ehrgeiziges Projekt. Sie ist notwendig, denn Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Sie macht auch vor Landesgrenzen nicht halt.

Wir müssen gemeinsam gegen Betrügereien im Steuerwesen und gegen dubiose Steueroasen vorgehen. Die Ansichten der Mitgliedstaaten, das alles nicht auf europäischer Ebene lösen zu können, sind völlig verkehrt. Die rechtlich problematische Möglichkeit des Kaufs illegal erworbener Daten von Steuersündern, wie wir es gerade in Deutschland erleben – vermutlich ist dieser Kauf notwendig –, darf nicht die einzige Aktion sein!

In der Richtlinie begrüße ich erstens den geplanten automatischen Informationsaustausch zwischen den Behörden, zweitens die verstärkte gegenseitige Personalentsendung zwischen den Verwaltungen und drittens die dringend notwendige Lockerung des Bankgeheimnisses weit über die Europäische Union hinaus.

Freilich gilt es einige Baustellen zu beheben, insbesondere den Konflikt zwischen dem Datenaustausch auf der einen Seite und der Wahrung des Datenschutzes auf der anderen Seite. Beide müssen in das Gleichgewicht kommen, keine Seite darf sich gegen die andere Seite ausspielen lassen.

Darüber hinaus gehört die grenzüberschreitende Doppelbesteuerung stärker in den Mittelpunkt. Ich habe mit vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen gesprochen, die gleichzeitig in verschiedenen Mitgliedstaaten tätig sind. Diese sagen, es gibt so viel Unübersichtlichkeit, so wenig Transparenz, so wenige Erfahrungen, dass Investitionsentscheidungen negativ beeinflusst werden. Das muss man bedenken. Also brauchen wir weniger bürokratische Belastungen und mehr Notwendigkeiten, damit die Verwaltungen uns helfen, enger zusammenzuarbeiten und dann Vereinfachungen zu erzielen. Wenn wir das erreicht haben, wenn diese Vereinfachungen im Geschäftsalltag spürbar sind, dann sind wir deutliche Schritte vorangekommen. Dafür ist das ein ganz wesentliches Signal.

 
  
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  George Sabin Cutaş (S&D).(RO) Unsere Aussprache über die vorgeschlagenen Besteuerungsreformen erfolgt in einer Situation, die sich auf die Finanzpolitiken zwangsläufig auswirkt. Die Wirtschafts- und Finanzkrise verursacht weltweit steigende Defizite, die wiederum den Stellenwert der dem öffentlichen Haushalt zugewiesenen Mittel erhöhen.

Wie bereits erwähnt, unterstreichen die neuesten Berichte zu diesem Thema die alarmierende Größenordnung des Steuerbetrugs in der Europäischen Union, der sich jährlich auf mehr als 200 Milliarden EUR beläuft, was 2-2,5 % des BIP entspricht.

Unsere Kolleginnen und Kollegen, die an diesen Berichten gearbeitet haben, und denen ich meine Anerkennung für ihre Bemühungen aussprechen möchte, haben uns ein deutliches Bild von dem Ausmaß des Betrugs präsentiert. Der von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Sanierungsplan, der die Auswirkungen der Krise mindern sollte, erfordert Kosten in Höhe von insgesamt 1 % des BIP. Meiner Meinung nach erfordert die Situation strenge Antibetrugsmaßnahmen und eine engere Zusammenarbeit in Steuerangelegenheiten zwischen den Mitgliedstaaten, um so mehr, als die Krise mehr als jemals zuvor den negativen Aspekt der Abhängigkeiten zwischen Volkswirtschaften aufgezeigt hat.

Vor diesem Hintergrund ist die Richtlinie ein Schritt nach vorn, da sie die europäische Steuergesetzgebung sowohl nach wirtschaftlichen Entwicklungen als auch der Stärkung des europäischen Integrationsprozesses ausrichten wird. In diesem Sinne könnten der automatische Informationsaustausch, die Aufhebung des Bankgeheimnisses sowie Maßnahmen zur Verbesserung der gegenseitigen Unterstützung bei der Aufnahme von Forderungen erheblich zu einer effizienteren administrativen Zusammenarbeit zwischen den 27 Mitgliedstaaten beitragen.

Abschließend möchte ich Herrn Kommissar Kovács für seine zukünftigen Bemühungen viel Erfolg wünschen.

 
  
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  Carl Haglund (ALDE).(SV) (anfangs ohne Mikrofon) … die aktuelle Richtlinie ist in einer Zeit, in der die Steuereinnahmen weltweit zurückgehen, sehr willkommen. In einem gemeinsamen Markt können wir die aktuelle Situation nicht akzeptieren, in der sich steuerpflichtiges Einkommen verstecken lässt und in einem anderen Mitgliedstaat unversteuert bleibt. Wie bereits erwähnt, gehen den EU-Mitgliedstaaten jedes Jahr Milliarden Euro an Steuereinahmen verloren, weil der Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten nicht funktioniert. Ich möchte Sie auch daran erinnern, dass, solange einige ihr Einkommen nicht ausweisen und somit Steuerzahlungen umgehen, der Rest von uns zum Ausgleich mehr Steuern zahlen muss. Das kann wohl kaum beabsichtigt sein - zumindest nicht aus meiner Sicht.

Erstaunlicherweise wird das herrschende System von einigen verteidigt, ein System, das es Menschen ermöglicht, Steuerzahlungen zu umgehen. Ich kann mir vorstellen, dass einige Mitgliedstaaten viel zu verlieren haben, aber unterbreiten sie eigentlich ein glaubwürdiges Argument? Nein, das tun sie nicht.

Wir sollten die internationale Zusammenarbeit in Steuerfragen fördern und gemeinsame Normen ausarbeiten, um Steuerbetrug sowohl auf EU-Ebene als auch auf globaler Ebene zu verhindern. Gleichzeitig möchte ich Sie daran erinnern, dass es diejenigen gibt, nach deren Meinung der Schutz der Privatsphäre wichtig ist und angemessen gewahrt werden muss. Es ist wichtig, dies zu bedenken, da es dem gerade von uns zu schaffenden System in den Augen unserer Staatsbürger ansonsten an Glaubwürdigkeit mangelt, und diese Glaubwürdigkeit ist unerlässlich, wenn wir erfolgreich sein wollen.

 
  
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  Sirpa Pietikäinen (PPE). – Herr Präsident, ich glaube in dieser Wirtschaftskrise ist es schmerzhaft deutlich geworden, dass wir in der EU entweder einzeln scheitern oder gemeinsam erfolgreich sind. Es ist ein sehr langer Prozess, um bis zu dem Punkt zu gelangen, an dem wir tatsächlich einen geeigneten automatischen Informationsaustausch zu Steuerangelegenheiten in der EU und volle Transparenz mit effektiver administrativer Zusammenarbeit zwischen den Beamten und Nationalstaaten haben können.

Während wir den Privatsektor - die Banken - zu mehr Transparenz und mehr Zuverlässigkeit nach der Finanzkrise auffordern, glaube ich tatsächlich, dass wir auch unsere Nationalstaaten und uns selbst dringend dazu auffordern müssen. Deshalb begrüße ich die hier unternommenen Schritte, aber es liegt noch ein langer Weg vor uns. Ich bitte die Kommission daher dringend, bei der internationalen Zusammenarbeit sehr ehrgeizig und sehr stark zu sein, damit wir zu einem internationalen Abkommen und einem automatischen Informationsaustausch gelangen.

 
  
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  Seán Kelly (PPE). – Herr Präsident, das Steuerwesen ist für die Staatsführung überaus wichtig – und ich denke, die meisten Bürger würden dem zustimmen. Dennoch begrüßen viele Bürger Steuerzahlungen nicht gerade mit Begeisterung. Dieser Umstand geht zurück auf die Zeit Jesu Christi, als dieser erklärte, dass der als Schurke angesehene Steuereintreiber seinerzeit zu den am meisten verachteten Spezies zählte.

Ich bin nicht sicher, ob sich sein Ansehen in der Zwischenzeit sonderlich verbessert hat. Heute wird er zwar als Finanzbeamter bezeichnet, erfreut sich aber wahrscheinlich dennoch keiner größeren Beliebtheit.

Nichtsdestotrotz steht parallel dazu die Tatsache, dass seit jeher Personen, die die Steuer umgehen, fast schon als Helden angesehen werden, weil es ihnen gelingt, die Regierung zu überlisten. Dies hat sich zum Glück zwar mittlerweile geändert, gleichzeitig jedoch ist Steuerhinterziehung im ganzen Land und auf der ganzen Welt weit verbreitet. Selbst in meinem Heimatland teilten in den 1980er- und 1990er-Jahren die Banken ihren Kunden Auslandsadressen mit, über die diese Steuern umgehen konnten. Als dies herauskam, wurden natürlich die jeweiligen Bankkunden zur Kasse gebeten.

Unsere Aufgabe besteht nun also darin, verstärkt gegen die Steuerhinterziehung vorzugehen. Laut Schätzung der OECD gehen durch Steuerhinterziehung 2,5 % des globalen BIP verloren. Ein treffendes Beispiel hierfür findet sich im Zigarettenschmuggel, bei dem Zigaretten aus Niedrigsteuerländern in Hochsteuerländer eingeführt werden und dort enorme Schäden für die Gesundheit und natürlich auch das Finanzwesen verursachen.

Gleichzeitig ist aber auch die EU in ihrem Handlungsspielraum eingeschränkt, da der Vertrag von Lissabon ihr keine sonderlichen Befugnisse im Steuerbereich einräumt. Dies wurde besonders anhand der Garantien deutlich, die Irland im Rahmen des Vertrags von Lissabon gewährt werden.

Folglich kann sich keine gemeinsame konsolidierte Bemessungsgrundlage für die Körperschaftssteuer entwickeln, und der Grundsatz des fairen Steuerwettbewerbs muss bestehen bleiben. Unsere Aufgabe ist es also, die Dinge durch Zusammenarbeit und überzeugende Argumente voranzubringen – dies geht jedoch nicht durch Zwang.

 
  
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  Sari Essayah (PPE).(FI) Herr Präsident, diese Vorschläge stellen hervorragende Maßnahmen zur verstärkten Bekämpfung des Steuerbetrugs und zur optimierten Zusammenarbeit zwischen den Behörden dar.

Wir dürfen nicht vergessen, dass das Steuerwesen keinen bloßen Selbstzweck erfüllt, sondern dass es sich dabei vielmehr um ein gesellschaftliches Instrument zur Umsetzung politisch vereinbarter Ziele handelt, wie beispielsweise die Angleichung der Einkommensverteilung, die Besteuerung schädlicher Praktiken und die Schaffung einer wirtschaftlichen Grundlage für gemeinsame Sozialdienstleistungen. Ein gutes Steuersystem beruht auf einer gerechten und breiten Steuerbemessungsgrundlage und angemessenen Steuersätzen.

Steuerhinterziehung und Steuerbetrug nagen an dieser Steuerbemessungsgrundlage und ehrliche Bürger und Unternehmen zahlen die Zeche für die von den Betrügern umgangenen Steuern. Wie wir bereits gehört haben, steckt das Bruttoinlandsprodukt in verschiedenen europäischen Ländern derzeit in einer Krise. Steuerbetrug und Steuerhinterziehung senken das BIP um rund 200 Milliarden EUR pro Jahr. Und das können wir uns wirklich nicht leisten.

Ich möchte nun gern ein paar Kommentare über die Berichte an sich anbringen. Geht es um Möglichkeiten zur Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug, müssen wir die Begriffe Kostenvorteil und Rechtssicherheit sowie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Hinterkopf behalten. Diese wurden in Herrn Casas Bericht sehr deutlich hervorgehoben. Es ist vernünftig, sich im Kampf gegen den Mehrwertsteuerbetrug insbesondere auf betrugsanfällige Güter und Dienstleistungen zu konzentrieren, und über das Reverse-Charge-Verfahren erhalten diese Mitgliedstaaten durch Abweichung vom Grundprinzip der Mehrwertsteuerrichtlinie eine Möglichkeit zur Umkehrung der Steuerschuld.

Die administrative Zusammenarbeit ist ein Mittel zur Ergänzung nationaler Rechtsvorschriften. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass sie diese niemals ersetzen oder deren Angleichung bewirken kann.

Strittig im Hinblick auf diese Richtlinien ist insbesondere die Frage des Informationsaustauschs. Ein effektiver Informationsaustausch zwischen den Zoll- und Steuerbehörden in den Mitgliedstaaten unterstützt den Kampf gegen den Missbrauch. Und genau deshalb sollten wir meiner Meinung nach den Austausch von Steuerdaten fördern und nicht unterbinden. In Finnland sind Steuerdaten öffentlich bekannt, und das Land zählt zu den am wenigsten korrupten Ländern weltweit. Vor diesem Hintergrund verstehe ich nicht, inwieweit der automatische Austausch von Steuerdaten die Menschenrechte verletzen könnte, wie scheinbar einige meiner Kolleginnen und Kollegen behaupten.

 
  
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  Paul Rübig (PPE). - Sehr geehrter Herr Kommissar Kovács, Herr Präsident! Finanzgesetzgebung ist natürlich eine nationale Zuständigkeit und fördert eigentlich den Egoismus der Mitgliedstaaten. Wir sollten uns in der Europäischen Union durchaus Gedanken machen, wie wir den Binnenmarkt, vor allem mit den vier Freiheiten, auch weiterhin gewährleisten können.

Ein Problem, das hier im Mittelpunkt steht, ist natürlich auch die Doppelbesteuerung. Gerade für die kleinen und mittleren Betriebe, die überhaupt keinen Überblick über die gesamte Gesetzgebung in diesem Bereich mehr haben können, stellt das wirklich eine Barriere dar, in anderen Ländern ihre Dienstleistungen anzubieten. Hier sollte ein Vorschlag der Europäischen Kommission erfolgen, wie man Doppelbesteuerung handhabt und eine einfache transparente Besteuerung für diese Betriebe ermöglicht, weil letztlich die Bonität eines Betriebes die Grundlage dafür ist, ob er am Markt dementsprechend bestehen kann und ob er liquide bleibt. Ich würde mich auch freuen, wenn es möglich wäre, für kleine und mittlere Betriebe einen One-Stop-Shop einzuführen, so dass diese einen konkreten Ansprechpartner haben, damit die Steuerausgleichszahlungen auch dementsprechend schnell, effizient und transparent erfolgen können.

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (S&D).(RO) Ich möchte gern auf die elektronischen Behördendienste zu sprechen kommen, die in einigen Mitgliedstaaten bereits entwickelt wurden, um folgende Maßnahmen umzusetzen: Steuerzahlung sowie Mehrwertsteuerzahlung auf elektronischem Wege oder Initiativen wie elektronische Fakturierung. Wir sprechen von einer neuen digitalen Agenda für die nächsten fünf Jahre. Das bedeutet, die Mitgliedstaaten müssen Informationstechnologien nutzen, um auch die administrative Zusammenarbeit in Steuerfragen zu optimieren.

Meines Wissens wurde zumindest in Bezug auf die elektronische Fakturierung 2008 eine hochrangige Gruppe ins Leben gerufen, die im November letzten Jahres einen Bericht und Empfehlungen für die Europäische Kommission herausgab. Kommissar Tajani machte zudem die Zusage, im Laufe der folgenden Periode Initiativen zur Unterstützung der elektronischen Fakturierung zu entwickeln, damit dieses Verfahren über alle Mitgliedstaaten hinweg breite Anwendung findet. Ich möchte die Kommission nun fragen, ob und wann ein entsprechender Vorschlag vorgelegt wird.

 
  
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  Nick Griffin (NI). – Herr Präsident, meiner Meinung nach ist eine Diskussion über eine Zusammenarbeit in Steuerfragen während der aktuellen Eurokrise in etwa so, als würden wir die Deckstühle auf der Titanic wieder neu aufstellen.

Die südeuropäischen Länder werden im Englischen unter dem harschen Akronym PIGS (Portugal, Italien, Griechenland und Spanien) zusammengefasst. Die Leid Tragenden unter dem Euro sind jedoch keine Schweine (= engl. pigs), sondern Menschen, gegeißelt durch ein utopisches Dogma in Einheitsgröße. Ihre Wirtschaftssysteme gehen entweder an Tausenden Einschnitten zugrunde oder werden gerettet – auf Kosten der Steuerzahler in Großbritannien und andernorts. Eine entsprechende Zusammenarbeit würde sich also nur um äußerst geringe Steuerbeträge drehen.

Ich sehe lediglich zwei Auswege: Entweder die Abschaffung des Euro und Rückkehr der Nationen zu ihren eigenen Währungen oder die Verbannung der „Problemländer“ aus der Eurozone. Dabei könnte es sich beispielsweise um die PIGS handeln. Angemessener wäre dies allerdings für Deutschland und dessen französischen „Kollaborateur“, denn die Steuerung des Euro nach deutschen Interessen ist die eigentliche Wurzel dieses ganzen Chaos.

Diese endlose Krise zerstört das föderale Projekt – die Zusammenarbeit in Steuerfragen und alles andere. Die Tragik an der Geschichte ist, dass zuvor jedoch unzählige unschuldige Opfer in den Ruin getrieben werden.

 
  
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  Elena Băsescu (PPE).(RO) Ich möchte Herrn Stolojan recht herzlich für seine Bemühungen im Hinblick auf den Entwurf des Berichts über die Erhebung von Forderungen danken. Die EU braucht gemeinsame Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung, die in allen Mitgliedstaaten einheitlich umgesetzt werden. Die Nichtzahlung von Steuern oder Verbindlichkeiten kann sich sowohl auf den Binnenmarkt als auch auf den Haushaltsplan eines Mitgliedstaates auswirken. Der freie Kapital- und Personenverkehr macht eine Ausdehnung des Anwendungsrahmens der Rechtsvorschriften erforderlich. Seit Anfang dieses Jahres fallen darunter auch die gesetzlichen Beiträge zur Sozialversicherung.

Ein wichtiger Schritt im Prozess der Erhebung von Forderungen innerhalb der EU liegt im schnellen Informationsaustausch. Die Verfügbarkeit einheitlicher Instrumente und Formulare, die in alle offiziellen EU-Sprachen übersetzt werden, kann die tägliche Arbeit der entsprechenden Behörden deutlich vereinfachen. Ein gemeinsames automatisiertes System ermöglicht die schnellere und kostengünstigere Bearbeitung von Anfragen.

 
  
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  Udo Bullmann (S&D). - Herr Präsident! Wenn wir heute Frau Alvarez, Herrn Domenici und den anderen Kollegen zu ihren exzellenten Berichten gratulieren, wenn wir Kommissar Kovács zu seiner engagierten Arbeit gratulieren und ihm Glück wünschen für all das, was er jetzt anpacken wird, und die Hoffnung ausdrücken, dass er die Leidenschaft, mit der er für mehr gemeinsame Steuerpolitik gekämpft hat, auch an seinen Nachfolger weitergibt, dann müssen wir aber auch die Mitgliedstaaten erwähnen – die Mitgliedstaaten, die weiterhin zögern, das zu tun, was in dieser Krisensituation mehr als geboten ist, nämlich endlich eine bessere Zusammenarbeit an den Tag zu legen.

Es ist ganz sicher unsäglich, dass wir bei der Steuerbemessungsgrundlage immer noch keinen Durchbruch erzielt haben. Wer glaubt, er könne seine Souveränität auf diese Art und Weise verteidigen, wird sie verlieren, genauso wie die Steuereinnahmen. Deswegen der zentrale Appell, auch in diesen Berichten: Mehr gute Zusammenarbeit in Europa – nur das kann uns voranbringen!

 
  
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  Michael Theurer (ALDE). - Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bekämpfung des Steuerbetrugs ist notwendig. Allerdings sind Steuerhinterziehung und Steuerbetrug nicht die Ursachen der Wirtschafts- und Finanzkrise. Mir ist es wichtig, an dieser Stelle nochmals deutlich zu machen, dass zunächst einmal die Akzeptanz der Steuerzahler wieder zurückgewonnen werden muss durch einfache Steuersysteme mit niedrigen und gerechten Steuern. Das bedeutet aber nicht, dass Steuerhinterziehung und Steuerbetrug nicht ganz aktiv bekämpft werden müssen, denn es untergräbt das Gerechtigkeitsgefühl, wenn einige versuchen, sich der Steuerzahlung zu entziehen.

Damit sind wir auch bei dem Thema Steueroasen. Das Nachbarland Schweiz befürchtet, dass es unter Druck gesetzt wird. Hierzu eine konkrete Frage an die Kommission: Sind hier Vorschläge bzw. Maßnahmen im Gange, dass die Schweiz besonders unter Druck gesetzt werden soll? Ich persönlich bin der Meinung, dass die Schweiz die EU nicht schlechter behandeln darf als die USA. Das heißt also, die Schweiz muss sich in der Tat auch mit einbeziehen lassen in das System einer konsequenten Bekämpfung der Steuerhinterziehung.

 
  
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  László Kovács, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident, sehr geehrte Mitglieder, ich fand die Aussprache überaus interessant und inspirierend. Wie die meisten von Ihnen bin auch ich der festen Überzeugung, dass sich unsere Anstrengungen zur Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung sowie zur Optimierung einer Zusammenarbeit in Steuerfragen auszahlen werden. Ich bin sehr dankbar für Ihre Unterstützung und die Arbeit der vier Berichterstatter sowie für die Unterstützung, die diesen wichtigen Initiativen der Kommission entgegengebracht wird.

Verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich bedeutet einen komplexen Vorgang, der sich über verschiedene Schwerpunkte hinweg erstreckt. Ihre Berichte haben praktisch jeden dieser Bereiche aufgegriffen – vom formellen Legislativvorschlag für eine verstärkte administrative Zusammenarbeit bis hin zu unserer Arbeit mit Drittländern. Ich war erfreut zu hören, dass viele von Ihnen die Kommission zu ehrgeizigeren Handlungen ermutigt haben. Ich schließe mich Ihrer Meinung an und bin fest davon überzeugt, dass die neue Kommission mit Ihrer Unterstützung und der Unterstützung der Regierungen der Mitgliedstaaten die vor ihr liegenden Herausforderungen meistern kann. Ich weiß, dass diese Dossiers für meinen Nachfolger weiterhin höchste Priorität besitzen werden. Die Kommission, das Parlament und der Rat sollten ihre Anstrengungen weiter auf die Verabschiedung der vorliegenden oder schwebenden Legislativvorschläge sowie auf die Arbeit der Gruppe „Verhaltenskodex“ zum Thema Unternehmensbesteuerung konzentrieren.

Im Hinblick auf die externen Aspekte der Grundsätze des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich sollten alle im Rahmen der Aussprache besprochenen Maßnahmen gefördert werden, wobei den auf Entwicklungsländer bezogenen Maßnahmen besondere Bedeutung beigemessen werden sollte.

Was die spezifischen Vorschläge zur administrativen Zusammenarbeit, zur gegenseitigen Unterstützung bei der Erhebung von Steuerforderungen sowie die optionale und vorübergehende Wiederanwendung des Reverse-Charge-Verfahrens anbelangt, möchte ich Ihnen ebenfalls für Ihre Beiträge und Meinungen danken. Ich freue mich zu sehen, dass das Europäische Parlament und die Kommission ihre Ansichten über die Maßnahme teilen, die für eine verstärkte Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung inner- und außerhalb der Europäischen Union getroffen werden muss. Zudem sehe ich eine allgemeine Unterstützung für die drei Vorschläge.

Das Erzielen rascher Fortschritte und eines einstimmigen Beschlusses über den Vorschlag zur administrativen Zusammenarbeit bildet eine der Prioritäten des spanischen Ratsvorsitzes. Darüber hinaus besitzt dieser Schwerpunkt nun auch für die meisten Mitgliedstaaten Priorität. Intern muss die EU dringend einen einstimmigen Beschluss fassen, um auf der internationalen Bühne ihr Engagement zu demonstrieren, sich nicht auf den OECD-Standard und die G20-Empfehlungen zu beschränken sowie den Weg für eine zukünftige Entwicklung auf internationaler Ebene zu bereiten, indem sie ihre Kompetenz zur Ausarbeitung einer vollständig ausgereiften administrativen Zusammenarbeit beweist.

Natürlich gibt es keine einzige und allumfassende Lösung zur Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung, aber die heute diskutierten Vorschläge sind bedeutende Schritte vorwärts im Rahmen der Strategie der Europäischen Union gegen Steuerbetrug.

Abschließend möchte ich mich, einen Tag vor Ablauf des Mandats, noch einmal für die Unterstützung, die den Steuer- und Zollinitiativen der Kommission entgegengebracht wurde, und insbesondere für die Zusammenarbeit der ECON- und IMCO-Ausschüsse bedanken.

 
  
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  Magdalena Álvarez, Berichterstatterin.(ES) Herr Präsident, ich möchte mich auf die Gründe beziehen, warum wir uns nicht auf die etablierten OECD-Standards in Bezug auf den automatischen Informationsaustausch beschränken.

In diesem Zusammenhang könnten zahlreiche Argumente angebracht werden, aber das OECD-Modell bezieht sich natürlich auf einen viel breiteren Rahmen der internationalen Beziehungen, in dem sich die Spielregeln deutlich von denen innerhalb der Europäischen Union unterscheiden.

Wie Herr Kovács bereits erwähnte, bildet die Europäische Union einen einzigen Wirtschaftsraum, in dem Steuerdaten dieselbe Bewegungsfreiheit wie auch die Bürger genießen sollten, sodass jeder Mitgliedstaat sein Steuersystem umsetzen kann. Innerhalb der Union gibt es einen Binnenmarkt ohne Grenzen für Güter und Bürger. Folglich gibt es auch keinen Grund, in Bezug auf die Steuerdaten Grenzen zu errichten.

Die Mitgliedstaaten sind Teil eines politischen Projekts, und die Beziehungen zwischen ihren Steuerbehörden müssen diesem politischen Projekt entsprechen. Neben den politischen Grundsätzen steht auch deren praktische Erwünschtheit zur Diskussion.

Darüber hinaus möchte ich auch betonen, dass die nationale Steuerhoheit durch Betrugsbekämpfung eher gestärkt denn geschwächt wird. Mit anderen Worten: Die Steuerhoheit eines Mitgliedstaats wird gestärkt, je mehr effektive Instrumente diesem für die Umsetzung seines eigenen Steuersystems zur Verfügung stehen. Folglich sollten wir all das im Hinterkopf behalten und diese Richtlinie dringend unterstützen.

Zudem ist Betrug, wie Herr Klinz bereits richtig gesagt hat, eine Straftat. Er kann nicht durch windige Argumente wie die hohen Steuersätze bestimmter Steuersysteme entschuldigt werden. Im Gegenteil möchte ich fast schon so weit gehen zu behaupten, dass durch weniger Betrugsfälle die Steuern sogar gesenkt werden könnten. Wir müssen uns gewiss beharrlich bemühen, die unterschiedlichen Steuersysteme zu vereinfachen.

Abschließend möchte ich betonen, dass die vier Berichte und die vier von uns unterstützten Richtlinien eine starke, abschreckende Wirkung haben, denn wenn die Steuerzahler erkennen, dass infolge dieser Maßnahmen Betrügern weniger Spielraum und weniger Schutzzonen bleiben, wird auch die Versuchung nachlassen, derartige Handlungen vorzunehmen. Und selbst wenn einige Personen solch betrügerische Handlungen vornehmen, sollten uns effektivere Mittel zur Verfügung stehen, dagegen vorzugehen.

Hier gilt es noch zu erwähnen, dass diese Maßnahmen zu einem überaus günstigen Moment ergriffen werden können, da durch die Krise die Gefahren einer mangelnden Transparenz sowie von Überweisungen aus bestimmten Ländern in andere Länder und die Notwendigkeit eines öffentlichen Impulses hervorgehoben wurden. In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal auf den Beitrag von Herrn Lambert zurückgreifen. Er hat verdeutlicht, dass in Zeiten wie diesen das öffentliche Finanzwesen besondere Anstrengungen unternehmen und Maßnahmen für den wirtschaftlichen Aufschwung sowie den sozialen Schutz ergreifen muss, um die Auswirkungen der Krise zu mildern.

Aus all diesen Gründen sind sich die Bürger von heute mehr denn je der Schwere von Steuerbetrug und dessen Auswirkungen auf die Wirtschaft im Allgemeinen bewusst. Zudem sind sie gewillt, dass ihre Vertreter geeignete Maßnahmen zum Schutz vor derartigen Vergehen ergreifen.

 
  
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  Theodor Dumitru Stolojan, Berichterstatter.(RO) Ich habe die Beiträge meiner Kolleginnen und Kollegen aufmerksam verfolgt. Zudem sind mir die Enthaltungen zur automatischen Auskunftserteilung aufgefallen. Dennoch bin ich fest davon überzeugt, dass wir in diesem Plenarsaal, auf Ebene der europäischen Institution, allen Bürgerinnen und Bürgern Europas, die ehrlich ihre Steuern und Abgaben leisten, verdeutlichen müssen, dass wir uns für jede Maßnahme stark machen, um Steuerhinterziehung auf einem Minimum zu halten und somit die Entscheidungen zur Erhebung von Abgaben- und Steuerforderungen ordnungsgemäß umzusetzen, ganz gleich, in welchem Mitgliedstaat der Schuldner wohnhaft ist.

 
  
  

VORSITZ: FRAU WALLIS
Vizepräsidentin

 
  
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  David Casa, Berichterstatter.(MT) Auch ich habe aufmerksam dem Gesagten zugehört, und wenn ich aus dieser wichtigen Aussprache einen Schluss ziehen soll, dann ist es, dass wir alle darin einig sind, jedes verfügbare Mittel einzusetzen, um Steuerflucht und die verschiedenen Arten von Betrug zu bekämpfen, die in den einzelnen Ländern stattfinden. Das müssen wir durch die heute vorgeschlagenen Maßnahmen erreichen, ohne dabei den Handelssektor zu schädigen, insbesondere die KMU, und ohne den bürokratischen Aufwand zu erhöhen. Ganz im Gegenteil, ich schlage vor, dass wir weiterhin den bürokratischen Aufwand in Gebieten reduzieren, die den Handelssektor häufig einschränken.

Wir müssen sicherstellen, dass wir ehrliche Bürger, die zahlen und keine Steuerflucht betreiben, nicht bestrafen. Das trifft auch auf alle diejenigen in der Wirtschaft zu, die mit grenzüberschreitendem Handel zu tun haben, die keine Steuerflucht betreiben und daher nicht kriminell sind.

Ich glaube daher, dass diese Vorschläge die Glaubwürdigkeit des Emissionshandels und die damit verbundenen Zahlungen stärken werden. Gleichzeitig müssen wir, wie ich bereits darauf hingewiesen habe, die administrative Belastung für ehrliche Unternehmer reduzieren, und weiter stellen wir sicher, dass das Parlament während des gesamten Annahmeverfahrens der Verlagerung der Steuerschuld immer informiert bleibt.

Wie meine Kollegen glaube auch ich, dass ich dem Kommissar für all seine Arbeit in den letzten Jahren danken sollte. Herr Kommissar, wir waren offensichtlich nicht immer einer Meinung, doch wenn wir uns das Steuerwesen ansehen, so glaube ich, dass wir heute ein gerechteres und effizienteres System für unsere Bürger, nämlich die Bürger der Europäischen Union, haben.

 
  
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  Leonardo Domenici, Berichterstatter.(IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte mich für die Bemerkungen zu unseren Berichten bedanken, die das Produkt einer gemeinsamen Anstrengung darstellen. Ich hoffe, dass diese Bemerkungen ein gutes Omen für eine erfolgreiche Abstimmung vonseiten des Europäischen Parlaments sind.

Ich bin der Meinung, dass, wie Herr Stolojan und Herr Casa auch festgestellt haben, unsere Berichte Unterstützung verdienen, schon allein im Namen aller unserer Mitbürger: ehrliche Steuerzahler, die als Erste unter Betrug und Steuerflucht leiden. Das Ziel ist, dass jeder zahlt, damit der Einzelne weniger zu zahlen hat.

Ich möchte gerne zwei Kommentare abgeben. Zu Beginn der Aussprache hat Fr. Lulling von „Steuerkoloskopie“ gesprochen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass eine Koloskopie keine vergnügliche Untersuchung ist, selbst wenn sie für die menschliche Gesundheit von großem Vorteil ist. Was die Steuer betrifft, gibt es einen sehr einfachen Weg, sie zu vermeiden: das eigene Einkommen nicht zu verheimlichen, verstecken und sich den rechtlichen Verpflichtungen des Einzelnen zu stellen.

Zweitens finde ich, dass es richtig ist, sich immer Gedanken zu machen, wie öffentliche Gelder verwendet werden; das trifft auch dann zu, wenn Regierungen gezwungen sind, diese öffentlichen Gelder zu verwenden, um Banken und Finanzinstitutionen zu helfen, die ihr Geld verspekuliert haben.

 
  
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  Die Präsidentin. – Die gemeinsame Aussprache wird geschlossen.

Die Abstimmung findet am Mittwoch, den 10. Februar 2010 statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)

 
  
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  Sebastian Valentin Bodu (PPE), schriftlich.(RO) Mehrwertsteuerbetrug ist eine kriminelle Handlung, die Budgets enorm beeinflusst, wobei illegale Rückerstattungsprogramme in allen Mitgliedstaaten verwendet werden, und Rumänien ist dabei keine Ausnahme (z. B. der Karussellbetrug).

Das System der Verlagerung der Steuerschuld, das von einigen Mitgliedstaaten (inklusive Rumänien) eingeführt wurde, funktioniert sehr gut. Dennoch war es notwendig, die MwSt-Richtlinie 2006/112/EG der neuen Situation anzupassen, um das Risiko illegaler Mehrwertsteuer-Rückerstattungsprogramme (die sich auf fiktive Exporte berufen) auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. Deshalb ist die Anwendung der Steuerschuldverlagerung auf Produkte mit hohem Betrugsrisiko ein verlässlicher Prozess mit einem allgemein positiven Einfluss auf das Budget. Das gilt trotz der Verzögerungen der durch die zu besteuernden Transaktionen anfallenden Mehrwertsteuerzahlungen an den nationalen Haushaltsplan.

Wenn man also mit der Wahl konfrontiert ist, die Mehrwertsteuer erst am Ende des Konjunkturzyklus zu erhalten, sobald das Endprodukt oder die -leistung den Endverbraucher erreicht hat, und gleichzeitig Betrug mit illegaler Mehrwertrückerstattung zu vermeiden, dann ist die erste Möglichkeit die richtige Wahl. Es wäre das ideale Szenarium, die Steuerschuldverlagerung als Regel und nicht als Ausnahme anzuwenden. Diese Maßnahme sollte jedoch erst nach einer detaillierten Analyse der Auswirkungen auf den Haushaltsplan ergriffen werden.

 
  
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  Alan Kelly (S&D), schriftlich. – Ich möchte nur einen bestimmten Punkt im Hinblick auf die Zusammenarbeit von Mitgliedstaaten im Steuerwesen ansprechen. Dies war während der Kampagne zur Volksabstimmung in Irland über den Vertrag von Lissabon ein wunder Punkt. Ich möchte meinen Kollegen im Parlament nur einen warnenden Hinweis geben. Die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten ist die Basis dieser Union; allerdings war diese Zusammenarbeit immer auf gegenseitigem Einverständnis begründet. Wir müssen im Zusammenhang mit dem Steuerwesen vorsichtig sein, die Bedürfnisse einzelner Mitgliedstaaten nicht zu ignorieren. Bestimmte Länder müssen Regeln anders anwenden: Wenn ein Land z. B. eine Insel ist oder nicht über eine Bevölkerung verfügt, um einen großen funktionierenden Markt zu unterstützen, muss es jeden ihm verfügbaren Vorteil nutzen, um Investoren anzuziehen. Ich fordere meine Kollegen auf, daran zu denken, wenn sie in diesem Zusammenhang Vorschläge machen. Vorschläge sollten die Subsidiarität nicht einschränken. Alle Vorschläge erfordern die Zustimmung von Mitgliedstaaten. Das gilt es in dieser Aussprache zu beachten.

 
  
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  Ramona Nicole Mănescu (ALDE), schriftlich.(RO) Die heute besprochenen steuerbezogenen Initiativen spielen eine ganz wichtige Rolle im Kampf gegen grenzübergreifenden Steuerbetrug und -flucht. Dies sind Punkte, die für die Haushaltspläne von Mitgliedstaaten einen wichtigen politischen Aspekt darstellen und ernst zu nehmende Konsequenzen haben. Verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich zu fördern, erfordert Maßnahmen auf EU-Ebene und außerhalb der EU, wie auch in allen Mitgliedstaaten. Wir benötigen strikte Maßnahmen, einfache, transparente Gesetze und infolgedessen weniger Bürokratie. Nicht zuletzt müssen wir sicherstellen, dass die Bürger Zugang zu Hilfeleistungen haben.

Maßnahmen wie die Gewährleistung von Transparenz, der Austausch von Informationen auf jeder Ebene, die Verbesserung der Hilfestellung für Mitgliedstaaten, die Bereitstellung effizienter grenzübergreifender Zusammenarbeit sowie fairer Steuerwettbewerb sind grundlegende Zielpunkte. Das gilt besonders jetzt während der gegenwärtigen Finanzkrise, in der wir alle gesehen haben, wie wichtig die Nachhaltigkeit des Steuersystems ist. Die Mitgliedstaaten, die im Steuerbereich verantwortungsvolles Handeln an den Tag legen, konnten viel schneller und effizienter auf die Wirtschaftskrise reagieren.

Ich begrüße die Initiative der Kommission und die Arbeit der Berichterstatter. Ich glaube an den politischen Wunsch, verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich zu fördern. Dennoch müssen wir sichergehen, dass diese Vorschläge mehr als nur politische Sprüche sind und sie so schnell wie möglich umgesetzt werden.

 
  
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  Marianne Thyssen (PPE), schriftlich. – (NL) Frau Präsidentin, in der globalisierten, digitalen Welt sind die Steuerbehörden mit einer anspruchsvollen Aufgabe konfrontiert. Die Demaskierung von Finanz- und Sozialversicherungsbetrug stellt selbst am Binnenmarkt eine komplexe Herausforderung dar. Außerdem ist der Mangel an aktuellen europäischen Rechtsvorschriften zu grenzübergreifender administrativer Zusammenarbeit zwischen Steuerbehörden problematisch. Daher verdient die Einrichtung einer Steuerverbindungsstelle für jeden Mitgliedstaat zur Beschleunigung und Vereinfachung der administrativen Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten unsere Unterstützung. Zurzeit benötigen Anfragen zur Freigabe von Steuerinformationen so lange, dass Steuerbehörden sich einfach dagegen entscheiden, auf diese Informationen zu warten. Aus zwei Gründen unterstütze ich die Option eines automatischen Informationsaustausches, die von der Kommission vorgeschlagen wurde, in vollem Umfang. Erstens, weil dadurch Mitgliedstaaten ihre Steuern effizienter eintreiben können, was in Krisenzeiten nur gerecht ist und auf keinen Fall einen Luxus darstellt. Zweitens bedeutet das, dass Unternehmer auf dem Binnenmarkt gleichberechtigt behandelt werden. Der Grundsatz der Gegenseitigkeit bei der Freigabe von Steuerinformationen deckt sich auch mit den Vereinbarungen der OECD und der G20. Das ist eine eindeutige Botschaft, die der belgische Rechnungshof auch vor nicht allzu langer Zeit zu Recht dringend eingefordert hat. Daher werde ich den Bericht von Frau Alvarez mit voller Überzeugung unterstützen.

 
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