Index 
 Zurück 
 Vor 
 Vollständiger Text 
Verfahren : 2010/2105(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A7-0036/2011

Eingereichte Texte :

A7-0036/2011

Aussprachen :

PV 07/03/2011 - 17
CRE 07/03/2011 - 17

Abstimmungen :

PV 08/03/2011 - 9.6
CRE 08/03/2011 - 9.6
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P7_TA(2011)0080

Ausführliche Sitzungsberichte
Montag, 7. März 2011 - Straßburg Ausgabe im ABl.

17. Innovative Finanzierung auf globaler und europäischer Ebene (Aussprache)
Video der Beiträge
Protokoll
MPphoto
 

  Der Präsident. – Der nächste Punkt der Tagesordnung ist der Bericht von Frau Podimata im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung zum Bericht über innovative Finanzierung auf globaler und europäischer Ebene (2010/2105(INI)) (A7-0036/2011).

 
  
MPphoto
 

  Anni Podimata, Berichterstatterin.(EL) Herr Präsident, gestatten Sie mir zuerst, mich bei den Schattenberichterstattern, dem Generalsekretariat des Ausschusses für Wirtschaft und Währung sowie bei den Vorsitzenden der politischen Gruppierungen für deren konstruktive Beiträge zu den Debatten und den Anstrengungen zu bedanken, damit eine Einigung zu diesem sehr wichtigen Bericht erzielt werden kann.

Der Initiativbericht des Europäischen Parlaments zu innovativer Finanzierung hätte nicht zu einem besseren Zeitpunkt kommen können. Wie uns allen bekannt ist, wird jeder durch die Krise auf den Prüfstand gestellt, speziell der Euroraum, wo die Krise zu schweren Kürzungen an Ressourcen im öffentlichen Sektor, weitreichenden Sparprogrammen und zu einer Haushaltskonsolidierung in den meisten Mitgliedstaaten geführt hat. Gleichzeitig übt die Krise massiven Druck auf den Haushaltsplan der EU aus, was sich erst vor kurzem in der Debatte über den neuen Finanzrahmen gezeigt hat.

Wie beschrieben wurde, hat diese Situation zu einer grundlegenden, allgemein akzeptierten Schlussfolgerung geführt. Die Bürgerinnen und Bürger Europas tragen die Hauptlast der Krise durch Gehaltskürzungen, Arbeitslosigkeit, Unsicherheit ihre Arbeitsstellen betreffend und die Kürzung ihrer sozialen Rechte.

Die zweite grundlegende und allgemein akzeptierte Schlussfolgerung aus dieser Situation ist, dass Europa und die Mitgliedstaaten dringend neue Ressourcen benötigen, die schnellstens die Erholung und das Wachstum der europäischen Wirtschaft unterstützen sollen; dieses Mal allerdings in einer ausgewogenen Art, die Ungleichheiten und Abweichungen beschränkt. Es ist dies der einzige Weg, um die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung der Strategie Europa 2020 zu schaffen, und es ist der einzige Weg, der es uns ermöglicht, über einen realen, richtigen und starken Binnenmarkt zu sprechen, von dem die Bürgerinnen und Bürger profitieren.

Wir benötigen daher neue Ressourcen und wir stimmen dem, was ausdrücklich im Bericht festgelegt wurde, zu. Ich zitiere: „An increase in the rates and scope of existing taxation tools and further cuts in public expenditure can be neither a sufficient nor a sustainable solution to address the main challenges ahead at European and global level" (eine Erhöhung der Raten und des Umfangs bestehender Besteuerungsinstrumente sowie weitere Kürzungen bei öffentlichen Ausgaben können weder eine ausreichende noch nachhaltige Lösung sein, um sich mit den wichtigsten, künftigen Herausforderungen auf europäischer und globaler Ebene auseinanderzusetzen).

Innovative Finanzierung kann angesichts dieser Herausforderungen eine Schlüsselrolle spielen, weil sie enorm dazu beitragen kann, Ressourcen für nationale Haushaltspläne und für den Haushaltsplan der EU zu schaffen. Allerdings ist dies nicht der einzige Vorteil innovativer Finanzierung: Innovative Finanzierung bedeutet nicht einfach, neue Ressourcen zu finden; es ist für uns ebenso wichtig, den Weg zu graduellen Änderungen des aktuellen Steuermodells, unter dem die Hauptlast der Abgaben und der Finanzierung der Wirtschaft im Allgemeinen traditionell der Arbeit, den Unternehmen und produktiven Investitionen zufällt, aufzubereiten.

Der beachtliche Mehrwert durch innovative Finanzierung, die Doppeldividende, schafft nicht nur Einnahmen, sondern kann auch eine wichtige Regulierungsfunktion übernehmen: sie kann als Abschreckung schädlicher Praktiken dienen und im Finanz- sowie Naturschutzsektor eine Begleitfunktion erfüllen.

Der Bericht umfasst vier grundlegende Kapitel: Besteuerung des Finanzsektors, Euroanleihen und europäische Projektanleihen, CO2-Steuer und Entwicklungsfinanzierung.

Was die Besteuerung des Finanzsektors betrifft, sind wir erneut von einer grundlegenden und allgemein akzeptierten Prämisse ausgegangen: dass, obwohl der Finanzsektor im Grunde für die Krise verantwortlich war, obwohl der Finanzsektor in der Vergangenheit und nun weiterhin, trotz der Krise, maßlose Gewinne erwirtschaftet, nicht ausreichend besteuert ist, weil er beinahe überall vom Mehrwertsteuersystem freigestellt ist.

Eine andere allgemein akzeptierte Prämisse, die einfach auf den Zahlen und Daten beruht, die beweisen, wie der Umfang an finanziellen Transaktionen im letzten Jahrzehnt zugenommen hat, ist die beträchtliche und immer stärker zunehmende Abweichung von der grundlegenden Rolle des Finanzsektors, nämlich der Finanzierung der Realwirtschaft.

Diese beiden Annahmen sind vom Parlament und der Europäischen Kommission in ihrer jüngsten Mitteilung zur Besteuerung des Finanzsektors akzeptiert worden.

Wir sind also hier mit himmelschreiender Ungerechtigkeit konfrontiert, die durch eine überzeugende Botschaft an die Bürgerinnen und Bürger Europas behoben werden muss. Es muss eine Botschaft sein, die beweist, dass wir von der Krise gelernt haben, dass wir uns um eine gerechtere Aufteilung der Lasten bemühen, und dass wir entschlossen sind, jede notwendige Maßnahme auf globaler wie auf europäischer Ebene zu ergreifen, die den Finanzsektor zu seiner grundlegenden Rolle zurückbringt, nämlich zur Finanzierung der Realwirtschaft.

Es besteht ein allgemeiner Konsens, dass der beste Steuermechanismus für die Umsetzung dieser Ziele eine Steuer auf Finanztransaktionen ist. Eine derartige Steuer würde sich nach Quantität, Häufigkeit und letztendlich Qualität richten, womit wir den Mehrwert der Transaktion selbst meinen. Wir haben alle in Absatz 13 zugestimmt, dass „die Einführung einer Finanztransaktionssteuer einen Beitrag dazu leisten könnte, die äußerst schädlichen Handelsgepflogenheiten in Finanzmärkten wie etwa manche kurzfristige Termingeschäfte und automatisierte HFT in den Griff zu bekommen und der Spekulation Grenzen zu setzen“.

Es ist offensichtlich, dass es für uns alle die erste Wahl ist, dass diese Steuer auf globaler Ebene angenommen wird. Allerdings ist es ebenso offensichtlich, ungeachtet der anfänglichen ehrgeizigen Erklärungen, dass die Wahrscheinlichkeit für eine globale Vereinbarung anstatt zunimmt, konstant abnimmt.

Die Frage, die sich daher stellt, ist, was werden wir in Europa tun? Werden wir uns hinter der fehlenden globalen Vereinbarung verstecken? Ist das genug, und viel wichtiger, wird es die Bürgerinnen und Bürger, die die Lasten dieser Krise tragen, überzeugen? Obwohl es nicht einfach sein wird, auf europäischer Ebene eine Finanztransaktionssteuer anzunehmen, weil ein einstimmiger Entscheid durch den Rat, als die einzige europäische, direkt von den Bürgerinnen und Bürgern gewählte Institution, schwer zu erzielen ist, hat das Europäische Parlament dennoch die Pflicht, dahingehend eine deutliche politische Botschaft zu übermitteln. Es ist unsere Aufgabe, und nicht die der Europäischen Kommission, eine starke politische Botschaft zu übermitteln.

(Beifall)

 
  
MPphoto
 

  Algirdas Šemeta, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident, ich möchte mich beim Ausschuss für Wirtschaft und Währung und beim Entwicklungsausschuss sowie, ganz besonders, bei Anni Podimata für ihren Bericht zu innovativer Finanzierung auf globaler und europäischer Ebene bedanken.

Ich hatte bereits mehrmals die Möglichkeit, mit Ihnen zu besprechen, wie Banken die Kosten für die Krise bezahlen können. Wie Sie wissen, bereitet die Kommission eine detaillierte Folgenabschätzung über Steuerinstrumente des Finanzsektors vor, die im Sommer 2011 vorgelegt werden soll.

Das ermöglicht der Kommission, geeignete Vorschläge zu Strategiemaßnahmen vorzulegen. Außerdem prüfen wir die kumulative Wirkung neuer Verordnungen, Bankabgaben und -steuern auf Finanzinstitutionen und werden die Ergebnisse später in diesem Jahr vorlegen. Ich würde vorschlagen, auf die Ergebnisse der Folgenabschätzung zu warten, bevor zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer auf EU-Ebene eine endgültige Position bezogen wird.

Was die CO2-Abgabe betrifft, finde ich auch, dass sich das aktuelle Steuermodell nicht dem Verursacherprinzip anschließt. Ich begrüße die Unterstützung des Europäischen Parlaments zur Stärkung des Emissionshandelssystems sowie zur umfassenden Überarbeitung der Energiesteuerrichtlinie, die CO2-Emissionen und Energieinhalt zu grundlegenden Kriterien für die Besteuerung von Energieprodukten erklärt. Ein Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie ist für Frühjahr 2011 geplant.

Ich verstehe auch Ihre Sorgen hinsichtlich des potenziellen Risikos von Verlagerung von CO2-Emissionen. Im Rahmen des Emissionshandelssystems begünstigt die Kommission vorübergehend die freie Zuteilung kostenloser Zertifikate sowie den Zugriff auf internationale Kredite von Unternehmensseite. Wir werden dennoch weiterhin das aktuelle und künftige Risiko einer Verlagerung von CO2-Emissionen überwachen. Ich bin davon überzeugt, dass eine Lösung, die der freien Zuteilung unter dem Emissionshandelssystem ähnelt, in die Überarbeitung der Energiesteuerrichtlinie aufgenommen werden kann.

Schließlich erkennt die Kommission an, dass, je nach deren präzisen Modalitäten, die gemeinsame Ausgabe von Euroanleihen der Effizienz des Anleihenmarktes sowie der Integration und Unterstützung des Euro als internationaler Währung zugutekommen könnte. Allerdings erfordert dieses Instrument weitere Analysen und Diskussionen auf technischer und politischer Ebene; vor allem müssen die Begleiterscheinungen des moralischen Risikos für die Mitgliedstaaten genauer untersucht werden.

 
  
MPphoto
 

  Marian-Jean Marinescu, Berichterstatter der Stellungnahme des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie.(RO) Herr Präsident, die Erreichung der europäischen Ziele für nachhaltige Entwicklung, Sicherheit der Energieversorgung und Klimawandel erfordern ein maßgebliches finanzielles Engagement, besonders hinsichtlich Innovation und Forschung. Darüber hinaus müssen neue Wege gefunden werden, die bestehende Finanzierung zu ergänzen. In diesem Zusammenhang muss die Kommission die Durchführbarkeit der Einführung einer CO2-Abgabe erwägen, die, ähnlich wie die Mehrwertsteuer, bei jedem Produkt auf dem Binnenmarkt zum Tragen kommt. Es ist allerdings sehr wichtig, die Möglichkeit auszuschalten, diese Kosten den Konsumenten anzulasten sowie die Risiken der Wettbewerbsfähigkeit europäischer Industrien auf dem Binnenmarkt zu analysieren.

Die Effizienz der Verwendung von Strukturfonds und von Fonds der Europäischen Investitionsbank muss verbessert werden; das gilt ebenso für die Koordinierung von EU-Fonds, nationalen Fonds und anderen Unterstützungsformen, die als Hebel zur Stimulation von Investitionen in energieeffiziente Maßnahmen dienen können. Adäquate Investitionen in Energieversorgung und -effizienz reduzieren die Abhängigkeit von Marktvolatilität und beeinflussen die EU-Wirtschaft positiv.

Die Kommission sollte so bald wie möglich eine Folgenabschätzungsstudie zur Besteuerung finanzieller Transaktionen auf globaler und auf EU-Ebene vornehmen. Damit können die Wirkung sowie die wirtschaftlichen Vorteile untersucht werden, die durch eine Reduktion des Umfangs spekulativer Finanztransaktionen geschaffen werden, die zurzeit schwere Marktstörungen verursachen. Die Studie sollte die Frage analysieren, ob die Besteuerung des Finanzsektors in der EU tatsächlich eine Quelle für die eigenen Ressourcen der Union darstellen kann und sie soll spezifische Vorschläge beinhalten, wie diese Steuer einzuführen sei.

 
  
MPphoto
 

  Jean-Paul Gauzès, im Namen der PPE-Fraktion.(FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, zu Beginn möchte ich zwei Bemerkungen zur Form machen: Der Berichterstatter hat eben alle erwähnt, die zu diesem Bericht beigetragen haben. Diese Arbeit war tatsächlich wahre Teamarbeit, in der insbesondere unser Fraktionsmitglied, Frau Hübner, als Schattenberichterstatterin beteiligt war. Dennoch habe ich erfahren, dass die sozialistische Fraktion eine andere Entschließung eingereicht hat, was bedeutet, dass über ein Dokument, das nicht besprochen wurde, zuerst abgestimmt werden soll.

Meine zweite politische Bemerkung – ich mache solche Bemerkungen gewöhnlich nicht – ist, dass wir hier eine künstliche Opposition schaffen, besonders was die Finanztransaktionssteuer betrifft. Die Position unserer Fraktion ist deutlich: auf globaler Ebene sind wir für eine derartige Steuer; wir sind damit einverstanden, dass sie in Europa erprobt wird, wenn sie nicht global erprobt werden kann. Wir haben einfach das Gefühl, dass wir – ohne eine detaillierte Folgenabschätzung, die überprüft, dass die Konkurrenzfähigkeit der europäischen Finanzzentren unbeeinflusst bleibt – nicht überstürzt diese Art der Entscheidung treffen dürfen. In diesem Zusammenhang, Herr Kommissar, möchte ich deutlich feststellen, dass die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) nicht versucht, Zeit zu schinden oder die Angelegenheit auf Eis legen möchte. Wir fordern dringend und mit Nachdruck, dass die Folgenabschätzung, die wir in diesem Parlament mehrmals besprochen haben, ordnungsgemäß und prompt ausgeführt wird, damit wir in dieser Angelegenheit eine wohlüberlegte Entscheidung treffen können.

Ich glaube, einerseits ist da der von einigen Leitartikeln in europäischen Zeitungen provozierte Medienrummel, und andrerseits ist da die echte Situation, in der wir mit dieser Frage ernsthaft umgehen und die Vor- bzw. Nachteile verstehen müssen, um so schnell wie möglich eine politische Entscheidung zu treffen.

 
  
MPphoto
 

  Udo Bullmann, im Namen der S&D-Fraktion. – Herr Präsident! Herr Šemeta, es tut mir Leid, das, was Sie vortragen, genügt nicht. Sie haben seit vielen Monaten den Auftrag dieses Parlaments – den Auftrag haben wir Ihnen hier in diesem Haus erteilt –, zu prüfen, auf welche Art und Weise wir aktiv werden können, auch im Sinne einer Finanztransaktionssteuer. Sie haben es bis heute nicht getan. Das, was über Ihre Position bekannt ist, was auch mehrfach von der Kommission schriftlich vorgetragen worden ist, ist etwas anderes. Sie möchten, dass wir die kleinen Finanzdienstleister besteuern, diejenigen, die noch Filialen unterhalten, die sich um ihre Kunden kümmern, sich um den Mittelstand kümmern, die dafür sorgen, dass es noch Kredite in der Wirtschaft gibt. Wen Sie nicht besteuern möchten, das sind die Spekulanten, die mit dem High-Frequency-Trading Millionen und Milliarden um den Globus schieben und dafür sorgen, dass unsere Ökonomie unberechenbar wird, unberechenbar auch für den guten Unternehmer, den guten Investor, der morgen vernünftige Arbeitsplätze schaffen will. Deswegen ist Ihre Position unzulänglich und deswegen muss dieses Haus eine eigene Stimme finden.

Es tut mir Leid, Herr Kollege Gauzès – ansonsten ein von mir sehr geschätzter Kollege – hat in dieser Situation Unrecht. Er hat deswegen Unrecht, weil er die Position verwässert, die dieses Haus bereits im Bericht Berès gefunden hat. Wer Herrn Gauzès zustimmt, der sorgt dafür, dass die Kommission das tut, was sie ohnehin tun will, nämlich keine Finanztransaktionssteuer vorschlagen. Das ist das Resultat, wenn man dem Kollegen Gauzès folgt. Deswegen ist es falsch, ihm hier zu folgen.

Wer diesem Haus eine Stimme geben will, wer Vertrauen zurückgewinnen will, wer dafür sorgen will, dass die Bürgerinnen und Bürger in Europa wieder hoffnungsvoll auf unsere Institutionen schauen, dass sie glauben, dass wir etwas tun, um die Krisen zu beseitigen, der muss dieses Mal für den Alternativantrag der Fraktion der Sozialisten und Demokraten stimmen, und er muss für den Änderungsantrag 2 stimmen, den mehr als 120 Kolleginnen und Kollegen aus allen wichtigen Fraktionen dieses Hauses unterschrieben haben. Ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung!

 
  
MPphoto
 

  Olle Schmidt, im Namen der ALDE-Fraktion.(SV) Herr Präsident, ich möchte mich bei Frau Podimata für die konstruktive Zusammenarbeit bedanken. Es ist uns gelungen, trotz großer Meinungsunterschiede zu einem Kompromiss zu gelangen. Es ist jetzt an der Zeit, die von uns im Ausschuss für Wirtschaft und Währung angenommenen Kompromisse zu unterstützen. Ich möchte mich bei meinen Ausführungen insbesondere an Herrn Bullmann wenden.

Die Tatsache, dass der Bericht die Wichtigkeit der Schaffung eines tatsächlichen Binnenmarkts ohne Schranken hervorhebt, ist eine gute Sache. Darauf basiert natürlich Europas Wachstum. Es ist wichtig, die Möglichkeit zu besprechen, Infrastrukturprojekte mithilfe europäischer Projektanleihen zu finanzieren, sowie eine mögliche Lösung zur europäischen CO2-Abgabe zu finden, damit wir uns in Europa auf nachhaltige Produktion umstellen können.

Es ist auch wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten – die Staaten, in denen Sie, meine Damen und Herren, leben – die Zielvorgaben für die Entwicklungshilfe erfüllen, um wichtige Projekte finanzieren zu können. Leider erfüllen zurzeit nur Dänemark, Luxemburg, die Niederlande und Schweden diese Zielvorgaben.

Ich glaube auch, dass der Finanzsektor involviert sein und die Kosten übernehmen sollte, die durch die Rettung von Banken in der Krise für Staaten und Steuerzahler angefallen sind. Dennoch glaube ich nicht, dass die Einführung einer Finanztransaktionssteuer die Lösung darstellt.

In den 80er Jahren hat mein Land etwas in der Art einer einseitigen Finanztransaktionssteuer eingeführt, was lediglich dazu geführt hat, dass wichtige Teile des Finanzsektors nach London gezogen sind. Ich bin mir dessen bewusst, dass wir bei Vergleichen zwischen Schweden und Europa vorsichtig sein sollten, aber der Finanzmarkt ist mobil und daher ist es wichtig, aus dem schwedischen Beispiel zu lernen. Es besteht daher das große Risiko, dass die Stabilisierung des Finanzmarkts, die wir uns durch die Einführung einer Finanztransaktionssteuer erhoffen, nicht verwirklicht werden kann, wenn die EU so eine Steuer unabhängig einführt.

Nach Meinung der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa muss eine Finanztransaktionssteuer globaler Natur sein, um eine positive Wirkung zu haben. Die ALDE-Fraktion weist Änderungsantrag 1 und 2 zurück, unterstützt aber Herrn Gauzès Änderungsantrag 3.

 
  
MPphoto
 

  Philippe Lamberts, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.(FR) Herr Präsident, warum besprechen wir innovative Finanzierung? Sind wir ganz plötzlich nach Steuern verrückt? Natürlich nicht!

Wie Sie wissen, müssen wir die öffentlichen Finanzen auf nachhaltiger Basis wiederherstellen. Das bedeutet natürlich verantwortungsbewussten Umgang mit Ausgaben. Es bedeutet aber auch, Einkünfte auf faire, effiziente und nachhaltige Weise zu generieren, und wie Sie wissen, entsprechen die aktuellen Steuersysteme in Europa nicht diesen Kriterien. Diese Steuersysteme garantieren nicht die Ressourcen, die Regierungen benötigen, um ihre öffentlichen Aufgaben zu erfüllen – Unterricht, Forschung und sozialer Zusammenhalt fallen mir in diesem Zusammenhang ein. Sie konnten die zunehmenden Unterschiede europaweit nicht aufhalten und unterstützen weiterhin Aktivitäten, die sowohl für die Umwelt als auch den sozialen Zusammenhalt schädlich sind.

Ob es darum geht, den Finanzsektor zu besteuern, einen fairen Beitrag von Großunternehmen zu erhalten, eine Klima-Energiesteuer durchzusetzen oder wirksam gegen Steuerflucht und -umgehung vorzugehen, nur ein europaweiter Ansatz wird es uns ermöglichen, wie Sie wissen, effiziente Lösungen zu implementieren. Individuelle Bemühungen vonseiten der Mitgliedstaaten sind nicht mehr effizient. Wir sind müde, zu hören, dass dies alles unmöglich ist und wir Einstimmigkeit benötigen. Was erwarten Sie? Es ist zu kompliziert.

Wenn keine gemeinsamen Maßnahmen ergriffen werden, wird kein Mitgliedstaat der Europäischen Union in 10 Jahren nachhaltige öffentliche Finanzen wiederherstellen können. Was wirtschaftspolitische Steuerung betrifft, denn darum geht es auch in diesem Fall, ist der aktuelle Vorschlag, den Mitgliedstaaten in etwa Folgendes zu sagen: „Schneiden Sie Ihren Ausgabenarm ab, während Sie Ihren Einkommensarm auf den Rücken binden“. Das wird als Pakt für Wettbewerbsfähigkeit bezeichnet. Das möchte ich sehen, wie man mit einem abgeschnitten Arm und dem anderen auf dem Rücken kämpfen kann.

Ich glaube, dass der Bericht von Frau Podimata Optionen eröffnet, die Antworten zum Steuerproblem beitragen können, und ich hoffe daher, dass er von diesem Haus angenommen wird.

 
  
MPphoto
 

  Ivo Strejček, im Namen der ECR-Fraktion.(CS) Herr Präsident, die Anschlagtafel in diesem Konferenzraum zeigt an, dass das heutige Thema innovative Finanzierung ist. Ich glaube, dass es richtig und passend ist, hier festzustellen, dass wir über die Einführung von neuen europäischen Steuern sprechen. Wir wissen bereits im Voraus, wer sie bezahlen muss. Es sind die Banken und Finanzinstitutionen, die diese neuen europäischen Steuern zahlen werden. Ich finde, dass es falsch ist, die Banken der Auslösung der Finanzkrise zu beschuldigen und zu sagen, dass die Wirtschaftskrise ihr Fehler ist. Schließlich wissen wir seit langem, dass der Hauptgrund der Krise ein weltweites wirtschaftliches Ungleichgewicht, langfristige niedrige Zinssätze, exzessive Reglementierung des Finanzsektors und – leider – politische Eingriffe in Gebiete waren, in denen Politiker nicht das Recht haben, Forderungen zu stellen.

Der in der Dokumentation angegebene Betrag, den die Europäische Union oder die europäischen Einrichtungen erwirtschaften werden, beispielsweise durch die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, ist sehr umstritten. Denn die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass der Finanzsektor entweder seinen Gewinn als Reaktion auf jede Steuer und auf die Einführung irgendwelcher neuer Steuern erhöhen will oder indem er zulasten der europäischen Wirtschaft letztendlich einen steuerlichen Wohnsitz außerhalb der Europäischen Union wählt. Wenn die Banken und Finanzinstitutionen allerdings hier bleiben und weiterhin finanzielle Dienstleistungen anbieten, dann werden sie natürlich diese Kosten an ihre Kunden und Konsumenten weitergeben.

Es ist beruhigend, zu sehen, dass in den Mitgliedstaaten eine sehr komplexe finanzielle Konsolidierung stattfindet, und ich finde, dass sich die europäischen Institutionen daran beteiligen sollten. Leider wurde bislang nicht erwähnt, dass die europäischen Institutionen ihre Ausgaben kürzen; stattdessen wird nur von der Einführung neuer Steuern gesprochen. Wenn die europäischen Institutionen einige ihrer oftmals überflüssigen und teuren europäischen Agenturen schließen würden, dann blieben sicher genügend Mittel übrig, um mehrere europäische Projekte zu unterstützen.

Ich möchte etwas zu den Euroanleihen hinzufügen. Wenn Euroanleihen eingeführt werden, folgt daraus, dass keine Notwendigkeit zum Sparen besteht, kein Geld für die Zukunft beiseitegelegt werden muss und keine Reformen durchgesetzt werden müssen, weil es immer jemanden geben wird, der sie abbezahlt. Es besteht hier ein zunehmendes moralisches Risiko. Die europäischen Konservativen werden gegen diesen Vorschlag stimmen, weil wir gegen die Einführung neuer Steuern und gegen die Anhebung von Steuern sind.

 
  
MPphoto
 

  Jürgen Klute, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Die Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer ist nicht neu, schon seit etlichen Jahren fordern Globalisierungsgegner eine solche Steuer. Doch noch vor fünf Jahren hätte kaum jemand geglaubt, dass sie in absehbarer Zeit durchsetzbar sein könnte. Aber in dieser Woche steht sie im Europäischen Parlament zusammen mit einer CO2-Steuer und Eurobonds auf der Tagesordnung und das finde ich gut so.

Die Finanzinstrumente, die Anni Podimata in ihrem Bericht vorschlägt, kann ich nur begrüßen und unterstützen, und ich denke, wir werden auch entsprechend abstimmen. Es sind dringend notwendige Instrumente. Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte hat sich bisher allein auf die Kürzung von Ausgaben konzentriert. Die Kürzung öffentlicher Ausgaben trifft aber in erster Linie Arbeitnehmer, Rentner und Arme, also diejenigen, die auf den Sozialstaat angewiesen sind.

Die Einnahmeseite der öffentlichen Hand ist bisher völlig außer Acht gelassen worden. Sie ist die zweite Stellschraube, an der man drehen kann, um die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren. Vor allem lassen sich über die Einnahmeseite auch die Hauptverursacher der öffentlichen Schuldenkrise angemessen an der Abtragung der öffentlichen Schulden beteiligen.

Zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte ist eine Erhöhung der Steuereinnahmen schlicht unabdingbar. Tatsächlich ist die hohe Verschuldung der öffentlichen Haushalte vor allem eine Folge der Verstaatlichung privater Schulden, nämlich der Übernahme der Schulden privater Banken und der Finanzierung der Folgen der Finanzkrise durch die öffentliche Hand. Die Verantwortung für die Schuldenkrise tragen also keineswegs die Staaten alleine. Es ist daher nicht nur naheliegend, sondern auch politisch geboten, den Finanzsektor zur Kasse zu bitten. Mit der Finanztransaktionssteuer würde dieser Sektor nun endlich als Hauptverursacher der öffentlichen Verschuldung an der Abtragung dieser Schulden beteiligt werden. Das ist ein wichtiges politisches Signal, das von diesem Bericht ausgeht, wenn er denn so verabschiedet wird, wie er vorgelegt worden ist.

Aber ebenso halten wir Eurobonds für ein sinnvolles und deshalb auch nötiges Instrument. Sie tragen mehr zur Reduzierung von Schulden bei als alle Sanktionen oder mehr oder weniger gut gemeinte Ratschläge. Die Klagen einiger Überschussländer, dass ihre Zinslasten durch Eurobonds steigen, sind hingegen nicht akzeptabel, denn zugleich verdienen diese Überschussländer ja auch durch ihre Exporte in die Defizitländer. Das kann man als Transferunion kritisieren. Wer aber ein soziales Europa will, wer will, dass die EU auch zukünftig zusammenhält, der muss einer Transferunion zumindest im Grundsatz zustimmen.

Abschließend möchte ich noch in Richtung Kommission sagen, dass ich hoffe, dass sie nun endlich die Vorschläge für eine Finanztransaktionssteuer vorlegt, die schon seit über einem Jahr eingefordert werden.

 
  
MPphoto
 

  Nigel Farage, im Namen der EFD-Fraktion. – Herr Präsident, die Theorie einer Tobin-Steuern – die Idee einer globalen Steuer auf Devisengeschäfte –  besteht seit Jahren und wurde, natürlich, nie zur Realität. Was hier vorgeschlagen wird – und das natürlich, weil die Europäische Union verzweifelt Geld benötigt und so viele Probleme hat, dass sie ihre eigenen Ressourcen braucht – ist, eine Möglichkeit zu nutzen, um den Finanzsektor schlecht zu machen, weil der zurzeit sehr unpopulär ist und eine Finanztransaktionssteuer nur in der Europäischen Union einzuführen, so als würde uns das großartige Einkünfte sichern.

Tut mir leid, aber wir leben in einer globalen Wirtschaft. Wenn wir aufgrund von Steuern oder Reglementierung nicht mehr wettbewerbsfähig sind, dann ziehen Menschen einfach um – das können sie innerhalb von 24 Stunden tun. So etwas zu tun, hieße Kamikaze-Wirtschaft zu betreiben. Der größte Devisenmarkt der Welt, also der größte Finanzsektor weltweit, befindet sich in London. Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte ich glauben, dass ein Anschlag im Gange ist, um die Angelsachsen daran zu hindern, alle ihre Geschäfte zu betreiben.

Im Jahr 2010 haben, als Folge der Richtlinie über Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Richtlinie), einer von vier Hedge-Fonds die Londoner City verlassen. Wenn wir so weitermachen, wird Großbritannien seinen größten Industriezweig verlieren. Ich glaube, dass die Zeit gekommen ist, dass sich die Londoner City und die britischen Finanzmärkte gegen die Mitgliedschaft in dieser Europäischen Union stellen werden. Wenn wir morgen dafür stimmen werden, wird das Ergebnis so schlecht sein, das es für die UKIP und ihre Meinung, nicht an diesem massiven sozialistischen Experiment teilzunehmen, vielleicht eine gute Sache sein wird.

 
  
MPphoto
 

  Martin Ehrenhauser (NI). - Herr Präsident! Herr Farage, Sie haben nicht Recht. Ich sage deutlich Ja zu einer Finanztransaktionssteuer. Ich bin der Meinung, dass die Europäische Union sich in diesem Bereich beweisen kann. Ja, wir brauchen die Europäische Union genau für diese Themen! Und auch das Europäische Parlament kann sich hier beweisen. Wenn wir morgen bei der Abstimmung alle dafür stimmen, kann das ein neuer solider Zwischenschritt in Richtung Finanztransaktionssteuer sein. Die Politik kann dadurch die richtige Antwort geben, um endlich die Ketten der Knechtschaft durch den Finanzsektor zu sprengen.

Die Finanztransaktionssteuer soll aber nicht nur Anreize für den Finanzsektor setzen, um hier langfristige Investitionen zu tätigen, mit Mehrwert für die Realwirtschaft, nein, sie soll auch eine soziale Komponente haben, und es soll auch zu einer deutlichen Umschichtung der Steuerlast weg von den Arbeitnehmern kommen. Dafür braucht es jedoch Mut, auch in diesem Hause, und zwar bei der Festlegung des Steuersatzes. Ein Steuersatz von 0,03 % oder 0,05 % ist nicht ausreichend. Wir sollten uns mindestens oder bis zu 0,5 % als Ziel setzen. Auch Ja, ein deutliches Bekenntnis zu einer europaweiten Finanztransaktionssteuer! Ich werde morgen sicherlich für den Änderungsantrag 2 stimmen.

 
  
MPphoto
 

  Markus Ferber (PPE). - Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es geht hier eigentlich um innovative Finanzierung, aber dazu ist schon einiges gesagt worden. Innovation heißt nicht nur, neue Steuern zu erfinden oder Altes, was es schon lange gibt, wie Staatsverschuldungen, mit einem neuen Etikett zu versehen.

Ich will mich ganz kurz auf das konzentrieren, worum es in dieser Debatte wirklich geht. Es geht nicht darum, Eurobonds einzuführen – und dagegen werden wir uns auch als CDU/CSU massiv aussprechen –, sondern es geht darum, die richtigen Konsequenzen aus der Finanzmarktkrise zu ziehen, und das heißt ganz einfach, dass Spekulation auch besteuert werden muss. Und das heißt auch – ich will es eindeutig sagen –, wenn dies weltweit auf Ebene der G-20 nicht geht, dass wir das auf Ebene der Europäischen Union tun müssen.

Dazu gibt es keine Alternative, und deswegen wünsche ich mir, lieber Kollege Bullmann, nicht nur den Applaus jetzt, sondern morgen auch ein klares, starkes Votum des Europäischen Parlaments. Die Kommission, Herr Kommissar, muss dabei als unsere Verbündete gegen die Mitgliedstaaten auftreten, insbesondere gegen den Mitgliedstaat, von dem wir gerade schon so lautstark gehört haben, wie in der City of London gedacht wird. Ich sage Ihnen nur, lieber Kollege Farrage, schauen Sie sich die Arbeitslosenzahlen an, schauen Sie sich den wirtschaftlichen Niedergang Ihres Landes an, das sich auf Finanzmarktprodukte konzentriert hat! Wenn Sie noch Autos bauen würden, wie wir das in Bayern und in Deutschland tun, dann würde es Ihnen heute besser gehen. Deswegen ist es dringend notwendig, die Finanztransaktionssteuer jetzt zu fordern und jetzt einzuführen! Wir als Europäer stehen hier in der Pflicht!

 
  
MPphoto
 

  Leonardo Domenici (S&D).(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, Frau Podimatas Bericht umfasst zahlreiche wichtige Aspekte, die nicht nur auf das Problem der Finanztransaktionssteuer beschränkt sind. Der Bericht beinhaltet viele Analysen und Vorschläge, und ich hoffe, dass er von diesem Haus stark unterstützt wird.

Er könnte die Basis für eine wahrhaft neue europäische Steuerpolitik darstellen, die wir benötigen. Dieser Bericht umfasst auch Vorschläge, die sich in Richtung Steuerharmonisierung bewegen, die Europa neue Stärke und Subjekthaftigkeit gibt, obwohl es zurzeit deutlich ist, dass sich die Debatte vor allem auf die Finanztransaktionssteuer konzentriert, die – als erster Schritt – in ganz Europa eingeführt werden soll. Ich finde, dass es Zeit für mutige Entscheidungen ist, die wohlüberlegt umgesetzt werden sollten, aber immer noch eine Vorwärtsbewegung anzeigen. Ich glaube daran, dass Europa eine Verantwortung trägt, der Welt den Weg zu zeigen; Ich glaube daran, dass dieses Haus die Verantwortung trägt, ein Signal und eine politische Botschaft zu übermitteln.

Ich möchte eines zu Herrn Schmidt sagen, dessen Intelligenz und Klarsichtigkeit ich sehr achte: Seien Sie vorsichtig mit den Argumenten, die Sie verwenden, denn wenn wir heute behaupten, dass wir eine Finanztransaktionssteuer nicht erheben können, weil es Steuerparadiese gibt, geben wir den europäischen Bürgerinnen und Bürgern ein Gefühl der Hilflosigkeit in einer Zeit, in der viele dieser Finanzinstitutionen wieder schwarze Zahlen schreiben.

Das sagen nicht nur die Sozialisten. In meinem Land, Italien, wird dieser Vorschlag auch von vielen autonomen und unabhängigen Fraktionen unterstützt; er wird auch von der katholischen demokratischen Bewegung zur Förderung von Entwicklung und ausgewogenem Wachstum unterstützt.

 
  
MPphoto
 

  Sylvie Goulard (ALDE).(FR) Herr Präsident, ich möchte die Arbeit unseres Mitglieds, Frau Podimata, anerkennen, die wirklich einige sehr heikle Themen aufgreift. Ich werde mich nicht zu Euroanleihen äußern, die ich in meinem Bericht zu wirtschaftspolitischer Steuerung selbst behandle. Ich möchte gerne drei Punkte zur Finanztransaktionssteuer ansprechen.

Erstens, benötigen wir neue Einkommensquellen und haben wir das Recht, in diesem Parlament ab und zu über den Einkommensaspekt zu diskutieren? Meine Antwort darauf ist „Ja“. Es gibt einige Tabus in Europa; ich bin jedoch davon überzeugt, dass wir keine umfassende Diskussion über das Ende dieser Krise führen können, wenn wir dieses Thema nicht ohne Tabus handhaben können; daher begrüße ich auch die von Kommissar Šemeta geleistete Arbeit zu alternativer Besteuerung.

Zweitens, benötigen wir eine Steuer auf Finanztransaktionen? Meiner Meinung nach ist dies eine äußerst interessante Option, die zu erforschen ist. Ich würde mich da z. B. auf die kürzlich von der Europäischen Zentralbank durchgeführte, in Absprache mit der Kommission zur Richtlinie über Märkte für Finanzdienstleistungen (MiFID) und im Besonderen auf den Abschnitt zum Hochfrequenzhandel – also extrem schnelle, von Computern durchgeführte Transaktionen – beziehen. Es ist deutlich, dass es kürzlich gefährliche Entwicklungen gegeben hat, und hier teile ich Herrn Ferbers Ansicht, dass wir zwischen Marktaktivitäten unterscheiden müssen, die Liquidität fördern und solchen, die spekulativer und vermutlich schädlicher Natur sind.

Meine dritte und letzte Frage lautet: benötigen wir globale oder europäische Regeln? Ich möchte gerne wissen, was „global“ bedeutet. Werden wir warten, bis die letzte Diktatur der Welt zustimmt, bevor wir eine Entscheidung zu Angelegenheiten in der Europäischen Union treffen? Verstecken wir uns hinter der Globalisierung, um uns nicht unserer Verantwortung stellen zu müssen? Ich glaube, dass das völlig unvernünftig sein würde. Natürlich müssen wir das Risiko der Abwanderung in Betracht ziehen – wir sind nicht ohne Verantwortungsgefühl – aber andererseits sollte dieses Parlament seine Entscheidungen nicht im Angesicht von Drohungen treffen.

 
  
MPphoto
 

  Sven Giegold (Verts/ALE). - Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal auch von mir vielen Dank an Frau Podimata. Das war ja keine leichte Aufgabe in den letzten Wochen. Sie haben sicherlich an den E-Mails, die wir bekommen haben, an den heißen Diskussionen auch in einigen der Fraktionen gemerkt, dass das ein Thema ist, das viele Bürgerinnen und Bürger sehr genau beobachten, die genau schauen, wie sich jetzt hier im Parlament Politikerinnen und Politiker zu der Frage positionieren.

Die Finanztransaktionssteuer ist ja ein Ergebnis einer Bürgerinitiative, die diesen Vorschlag im Grunde ausgehend von der Tobinsteuer vorantreibt, und deshalb wird es entscheidend sein, wie sich das Parlament jetzt äußert. Es gibt erst einmal eine zentrale Frage: Soll es nur eine globale Steuer sein? Auf der globalen Ebene findet man kaum noch Gegner dieser Steuer. Die nächste Frage ist: Sollen wir sie auch auf europäischer Ebene einführen? Da muss man leider ganz klar sagen, dass sich viele der Gegner hinter dem Argument Europa verstecken. Dieses Verstecken sollten wir an dieser Stelle klar zurückweisen, denn wir haben erfolgreiche Transaktionssteuern selbst auf nationaler Ebene und diese Transaktionssteuern funktionieren für Teilmärkte.

Das heißt, auch wenn Herr Šemeta jetzt an der Folgenabschätzung arbeitet, darf man nicht die Frage untersuchen, ob eine Transaktionssteuer funktionieren kann oder nicht, sondern nur, in welchen Teilmärkten man sie national, in welchen europäisch und in welchen nur global einführen kann. Das bedeutet auch, dass es so, wie der Änderungsantrag formuliert ist, für alle, die sagen, sie wollen Transaktionen besteuern, keinen Grund gibt, morgen gegen diese Formulierung zu stimmen, die von 120 Abgeordneten gemeinsam gefordert wird.

Ich fordere Sie auf, Herr Šemeta, machen Sie Ihre Folgenabschätzung fair, berücksichtigen Sie auch, wie groß die Unterbesteuerung des Finanzsektors ist! Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns morgen ein klares Zeichen für eine europäische Finanztransaktionssteuer setzen! Es gibt keinen technischen Grund dagegen.

 
  
MPphoto
 

  Ilda Figueiredo (GUE/NGL).(PT)Herr Präsident, es besteht seit langem das Bedürfnis, eine Finanztransaktionssteuer auf globaler – und daher auch auf der Ebene der Europäischen Union – zu schaffen, ebenso wie das Bedürfnis besteht, Steuerparadiese und spekulative Finanzprodukte abzuschaffen. Es besteht seit langem das Bedürfnis, den Kapitalmarkt zu steuern und wirksam zu regulieren, um Spekulationen beim Handel mit zahlreichen Produkten zu verhindern, wie z. B. bei Rohstoffen, Immobilientransaktionen, Pensionen und Versicherungen sowie bei einer Vielfalt von Derivaten, inklusive derer, die auf Staatsanleihen basieren.

Leider hat die Europäische Kommission mit diesen Vorschlägen keinen Fortschritt gemacht, aber es ist allgemein bekannt, dass Steuerflucht und -betrug etwa 250 Mrd. EUR pro Jahr in Europa ausmachen, ein Betrag, der ausreichend wäre, Haushaltsdefizite zu verringern, ohne Steuern anheben zu müssen. Nach aktuellen Prognosen würde eine Finanztransaktionssteuer, selbst bei geringer Rate, beinahe 200 Mrd. EUR pro Jahr in der Europäischen Union generieren und 650 Mrd. USD weltweit.

In diesem Zusammenhang fragen wir, wie es akzeptiert werden kann, dass eine deutliche Position zur Schaffung einer FTS auf der Ebene der Europäischen Union unter dem Vorwand einer anderen Studie, neuer Studien oder weiterer Auswertungen verschoben werden kann? Es ist an der Zeit, klare Entscheidungen zur Prüfung und Besteuerung von Kapital zu treffen. Es ist vor allem an der Zeit, dass wir aufhören, die Arbeitnehmer, Kleinst- und Kleinunternehmen für die wirtschaftliche und soziale Krise bezahlen zu lassen.

 
  
MPphoto
 

  Marta Andreasen (EFD). – Herr Präsident, die Europäische Union will sich nun schon seit einiger Zeit mit einer europäischen Steuer selbst finanzieren. Es scheint, dass eine Finanztransaktionssteuer bevorzugt wird. Es wird geschätzt, dass diese Steuer 200 Mrd. EUR jährlich einbringen würde.

Ich bin vehement gegen eine neue, von der Europäischen Union erhobene Steuer, vor allem deshalb, weil dadurch die Europäische Kommission über die Größe und Zusammensetzung des Haushaltsplans der EU ohne Beteiligung der Mitgliedstaaten und ihrer Bürgerinnen und Bürger entscheiden würde. Was noch schlimmer ist, die Mitgliedstaaten würden die Möglichkeit verlieren, die Bürokratie der EU zur Rechenschaft zu ziehen.

Wenn die Steuer auf nationaler Ebene eingeführt wird, um das Risiko in der Finanzdienstleistungsbranche zu kontrollieren, werden die Kosten zwangsläufig auf den Steuerzahler übertragen. Obwohl das Gefühl besteht, dass die Finanzdienstleister und der Bankensektor die Kosten für die Krise übernehmen sollten, sollten wir unsere Bürgerinnen und Bürger nicht dahingehend betrügen, indem wir ihnen weitere Steuerlasten auferlegen.

 
  
MPphoto
 

  Andreas Mölzer (NI). - Herr Präsident! Die Besteuerung von Spekulation, die in vielen Fällen für die Realwirtschaft keinerlei Nutzen bringt, durch eine Finanztransaktionssteuer ist zweifellos der richtige Ansatz. Allerdings darf eine solche Steuer nicht zum Anlass genommen werden, um durch die Hintertür so etwas wie eine EU-Steuer einzuführen und die Steuerhoheit der EU zu begründen. Leider geht der vorliegende Bericht aber genau in diese Richtung. Die EU ist jedoch meines Erachtens kein Staat und soll auch keiner werden. Die Steuerhoheit muss in der Kompetenz der Mitgliedstaaten bleiben.

Wenn Brüssel mit seinem Budget nicht auskommt, dann ist eben der Sparstift anzusetzen. Es gibt ohnehin genug Kompetenzen, die besser auf nationaler als auf EU-Ebene geregelt werden sollten. Zudem bietet das Dickicht an Förderungen oder EU-Agenturen genug Einsparungspotenzial. Die Einführung von Eurobonds, die im Bericht auch empfohlen wird, ist meines Erachtens klar abzulehnen. Sie ist gegen jede volkswirtschaftliche Vernunft und stellt nichts anderes dar als eine weitere Maßnahme, um die EU zu einer Transferunion zu machen. Und das lehne ich ab.

 
  
MPphoto
 

  Diogo Feio (PPE).(PT) Herr Präsident, die Frage zu innovativer Finanzierung auf globaler und europäischer Ebene ist nicht nur wichtig, sondern auch äußerst aktuell. Ich finde es bedauerlich, dass die Frage auf die Einführung oder Nichteinführung einer neuen Finanztransaktionssteuer reduziert wird, aber auch wenn das der Fall ist, werde ich der Debatte nicht ausweichen.

Es gibt eine Reihe von Fragen, die ich hier stellen möchte. Zuallererst, ist diesem Haus irgendeine Krise bekannt, die durch die Einführung einer neuen Steuer behoben wurde? Gibt es Studien über die Kosten der Verwaltung dieser neuen Steuer? Gibt es Studien über die Auswirkungen, die diese neue Steuer auf die Wirtschaft haben wird? Ehrlich gesagt, mir sind keine bekannt. Außerdem gibt es eine Form der Reglementierung, die durch die Einführung von neuen Steuern realisiert wird, oder findet Reglementierung durch Überwachung und Kontrolle des Marktes statt? Für mich steht außer Frage, dass das der Fall ist.

Abschließend fordere ich dazu auf, dass diese Debatte und Diskussion mit der erforderlichen Ruhe geführt wird, und nicht auf Basis der Ideologien derer, die sich wenig um das Wachstum von Wirtschaft und Unternehmen und um das öffentliche Wohlbefinden kümmern.

 
  
MPphoto
 

  Enrique Guerrero Salom (S&D).(ES) Herr Präsident, in einigen Monaten ist es vier Jahre her, dass wir die ersten Symptome, die ersten Folgen dieser verheerenden Wirtschaftskrise, die schwerste weltweit im letzten Dreivierteljahrhundert, erlebt haben.

Es begann als großer internationaler Tumult in der Finanzwelt; dann wurde es zur Wirtschaftskrise und weitete sich in die Realwirtschaft aus, betraf Wachstum und Arbeitsplätze und verursachte schwere soziale Folgen; und wir sollten nicht vergessen, dass die Krise für hunderte Millionen von Menschen weltweit eine humanitäre Krise ist.

Seit damals haben zahllose internationale Treffen stattgefunden, vor allem der G20-Gipfel mit einer starken Präsenz der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Bei diesen Zusammenkünften kam es zu vielen unerschütterlichen Erklärungen und formellen Zusagen, die internationalen Finanzinstitutionen zu reformieren, das Steuerwesen zu reformieren und Abgaben auf internationale Finanztransaktionen einzuführen. Allerdings waren das nicht mehr als formelle Erklärungen.

Tatsächlich steht die wirkliche Arbeit, die zur Behebung der Steuerparadiese und zur Reform der Finanzinstitutionen notwendig ist, immer noch aus.

Ich möchte gerne eine Verbindung zwischen diesem Bericht und den Bedürfnissen der Entwicklungspolitik herstellen. Entwicklungsländer leiden unter den Folgen der Krise mehr als andere: sie haben weniger Wachstum, weniger Arbeitsplätze, mehr Schwierigkeiten externe Finanzierung zu bekommen, mehr Schulden und weniger offizielle Entwicklungshilfe. Die Finanztransaktionssteuer würde eine leistungsstarke neue Quelle zur Finanzierung der Entwicklungspolitik darstellen.

Deshalb glaube ich, dass diese Aspekte im Podimata-Bericht unsere Unterstützung verdienen. Ich möchte nun das Parlament aufrufen, zu seinem Wort zu stehen und es daran erinnern, dass der Einführung von Abgaben in diesem Plenarsaal im März 2010, im Rahmen eines Berichts zu den Folgen der Krise für die Entwicklungsländer, zugestimmt wurde.

 
  
  

VORSITZ: Stavros LAMBRINIDIS
Vizepräsident

 
  
MPphoto
 

  Carl Haglund (ALDE).(SV) Herr Präsident! Ich möchte der Berichterstatterin danken, der es gelungen ist, einen Bericht zu erstellen, der auch eine Debatte angeregt hat. Ich denke, dass es wichtig ist, dass wir uns die Tatsache in Erinnerung rufen, dass die Europäische Kommission versprochen hat, bis zum Sommer einige ehrgeizige Vorschläge zu dem, was wir gewöhnlich als „Eigenmittel“ bezeichnen, vorzulegen. Die Steuern, über die wir gerade diskutiert haben, gehören ganz gewiss dazu.

Das ist vielleicht auch der Grund, wieso ich denke, dass Initiativberichte, in denen wir selber in Bezug auf ein bestimmtes Thema die Initiative übernehmen, etwas mühselig sein können. Denn wir neigen dazu, zuerst wichtige Vorarbeiten zu fordern, mit Studien darüber, welche Auswirkungen verschiedene Steuern oder andere Dinge haben könnten, nur um dann hier in diesem Plenarsaal diese wichtigen Vorarbeiten vorwegzunehmen, indem wir ungeachtet der Informationen, die die Kommission präsentiert, sagen, was wir wollen.

Ich denke, dass Herr Feio in dieser Hinsicht richtig lag, weil es oft der Fall ist, dass wir an diese Steuern aus einer ideologischen Perspektive herangehen. Zum Beispiel sprechen wir gegenwärtig darüber, den Finanzsektor mit einer Steuer zu belegen. Die ganze Situation ist sehr komplex. Wir hören selten Argumente, die sich auf die technischen Details beziehen, die das beinhalten wird. Stattdessen ist es eine Grundsatzfrage: Wir wollen so eine Steuer haben.

In diesem Zusammenhang können wir auch diskutieren, wie innovativ wir sind. Wir wollten diese Steuern vor 30 oder mehr Jahren aus ideologischen Gründen, es ist also nicht besonders innovativ, sie zu fordern. Dennoch kann ich verstehen, dass einige Menschen denken, dass sie notwendig sind. Ich persönlich denke, dass es wichtig ist, dass wir eine Steuer für den Finanzsektor auf globaler Ebene einführen. Es wurde die Frage gestellt, was das bedeuten würde. Es würde nicht bedeuten, dass wir auf den letzten Diktator aus irgendeinem Winkel unseres Planeten warten müssen. Die Frage ist eher, ob wir auf Ebene der G20 etwas erreichen könnten. Das ist selbstverständlich auch das Ziel Frankreichs, das dieses Jahr den Vorsitz der G20 führt.

Zu diesem Zeitpunkt haben wir jedoch nicht die Geduld, uns daran zu erinnern, dass wir diesen Sommer ernsthafte Vorschläge der Kommission erhalten werden. Daher glaube ich, dass wir Fortschritte machen werden, ohne diese Frage zu einer ideologischen Frage zu machen, weil es auch eine pragmatische Frage ist. Wir müssen außerdem daran denken, dass diese Steuern auch wirklich in der Praxis funktionieren müssen.

 
  
MPphoto
 

  Keith Taylor (Verts/ALE). – Herr Präsident! Ich möchte das Wort ergreifen, um mich für die Finanztransaktionssteuer auszusprechen. Die Finanztransaktionssteuer bietet eine Gelegenheit, um das Gleichgewicht wiederherzustellen und die durch die Sparmaßnahmen verursachten Schäden, das Haushaltsdefizit und die Maßnahmen, die zu seiner Tilgung verabschiedet worden sind, auszugleichen.

Es ist jedoch wichtig, eine Besteuerung einzuführen, die den gegenwärtigen Umständen entspricht, da im Vereinigten Königreich zum Beispiel die Barclays Bank 2009 nur 113 Mio. GBP an Körperschaftssteuern gezahlt hat, was weit unter dem im Vereinigten Königreich geltenden Steuersatz von 28 % liegt, während die Royal Bank of Scotland im selben Jahr 25 Mrd. EUR in Steuerumgehungskonstruktionen untergebracht und den britischen und amerikanischen Fiskus 500 Mio. EUR an Einnahmeverlusten gekostet hat.

Im Vereinigten Königreich wurde eine Gruppe gegründet, um die Finanztransaktionssteuer zu unterstützen. Sie heißt „Robin Hood Tax group“, nach der legendären Figur, die von den Reichen stahl und es den Armen gab.

Ich unterstütze ihre Kampagne, und ich bitte das Parlament, es ebenfalls zu tun.

 
  
MPphoto
 

  Niki Tzavela (EFD). – Herr Präsident! Der Bericht von Frau Podimata ist sehr ausgewogen und sehr gut begründet, und wir sollten alle die vier Finanzmittel, die morgen durch den Bericht eingeführt werden, begrüßen. Die vier Maßnahmen sind alle innovativ, und ich möchte sagen, dass wir die Debatte nicht nur auf die Finanztransaktionssteuer beschränken sollten. Wir sollten vorsichtig sein, wenn wir entscheiden, welche umgesetzt werden; wir sollten die Steuern auf Sektoren wie den Energiesektor, die einen Multiplikatoreffekt auf die Lebenshaltungskosten haben, ausschließen. Daher sollte die Kommission für die Endphase dieses Plans eine Bewertung durch eine Folgenabschätzung der Effizienz und der möglichen Folgen der Nutzung dieser Instrumente vornehmen.

 
  
MPphoto
 

  Gunnar Hökmark (PPE). – Herr Präsident! Zunächst möchte ich der Berichterstatterin dazu gratulieren, dass sie einige interessante politische Unterschiede in diesem Bericht hervorgehoben hat.

Lassen Sie mich außerdem eine Sache klarstellen, nachdem ich diese Aussprache verfolgt habe, und zwar, dass die Verbraucher diejenigen sein werden, die eine Finanztransaktionssteuer zahlen werden. Es ist das Gleiche wie bei Strom, Autos oder allen anderen Waren oder Dienstleistungen. Durch diese Steuern wird der Preis für die Verbraucher erhöht. Nicht die Banken werden dafür zahlen. Banken werden auf jeden Fall während des kommenden Jahrzehnts ihr Kapital erhöhen müssen.

Daher wird die Steuer auf die Verbraucher gerichtet sein. Das könnte gut sein, weil wir selbstverständlich Steuern brauchen. Aber ist es eine gute Steuer? Wie mein Kollege Olle Schmidt bereits erwähnt hat, haben wir in Schweden eine derartige Steuer eingeführt, die „Puppy“-Steuer genannt wurde. Es war mehr oder weniger die gleiche Steuer, über die wir jetzt diskutieren, und sie war ein Erfolg – für die City of London! Und zwar deswegen, weil der Aktienhandel sich nach London verlagert hat und der Handel mit Anleihen mehr oder weniger eingestellt wurde.

Aus diesem Grund bin ich etwas überrascht darüber, was in der Aussprache gesagt worden ist. Es gibt Menschen, die wissen wollen, was die Folgen sein würden, und Menschen, die nicht wissen wollen, was die Folgen sein würden – diejenigen, die eine Folgenabschätzung wollen, und diejenigen, die keine wollen. Wir sollten darüber nachdenken, ob wir hier nicht den Bürgermeister von Shanghai sehr glücklich machen. Ich bin der Ansicht, dass wir in dieser Frage die Linie der EVP verfolgen sollten.

 
  
MPphoto
 

  Arlene McCarthy (S&D). – Herr Präsident! Ich möchte unserer Berichterstatterin für diesen Bericht danken und in meinen Anmerkungen vor allem auf die Forderung der Öffentlichkeit nach einer fairen Besteuerung des Finanzdienstleistungssektors reagieren.

Wir sollten nicht vergessen, dass die Bürgerinnen und Bürger bereits einen mit Steuergeldern finanzierten Rettungsplan in Höhe von 4,5 Bio. EUR an staatlichen Beihilfen für den Bankensektor bezahlt haben – das sind 9500 EUR pro Mann, Frau und Kind in der EU –, und selbstverständlich bezahlen die Bürgerinnen und Bürger weiterhin durch den Verlust ihrer Arbeitsplätze während dieser extremen Finanzkrise. Jetzt, da dieser Sektor wieder in die Gewinnzone zurückgekehrt ist und hohe Boni auszahlt (tatsächlich können sie sich auf diese Weise rekapitalisieren, Herr Hökmark – sie müssen sich um Steuern keine Sorgen machen; es sind die Boni, die sie abschaffen sollten), ist es nur fair, dass dieser Sektor, wie alle anderen, einen angemessenen Beitrag leistet.

Die Frage lautet: Wieso sollten die Eigenmittel der EU, einschließlich des Anteils an der von den Mitgliedstaaten erhobenen Mehrwertsteuer, von Hauseigentümern und Steuerzahlern aufgebracht werden, während die Finanzdienstleistungsindustrie weitgehend von der Mehrwertsteuer befreit ist? Während Irland sich 85 Mrd. EUR leiht, um seine Wirtschaftskrise zu bewältigen, werden seine gesamten Beihilfen für den Bankensektor auf 725 Mrd. EUR geschätzt. Unsere Bürgerinnen und Bürger sind zu Recht der Ansicht, dass es an der Zeit ist, dass der Finanzdienstleistungssektor einen angemessenen Beitrag leistet. Sogar Mervyn King, der Gouverneur der Bank of England, hat am vergangenen Wochenende gesagt, dass wir, wenn wir keine grundlegende Reform des Finanzdienstleistungssektors durchführen, auf eine weitere Bankenkrise zusteuern.

In diesem Bericht wird nicht gesagt, wie wir eine Finanztransaktionssteuer einführen sollten oder wie hoch sie sein sollte. Es ist jetzt klar, dass wir am Anfang einer Prüfung der Fakten auf diesem Gebiet stehen, und eine Studie zeigt, dass schon eine extrem niedrige Steuer, die nur auf den Devisenhandel erhoben wird, weltweit 26 Mrd. USD einbringen könnte.

Wir unterstützen weitere Untersuchungen. Selbstverständlich unterstützen wir auch Sie, Herr Šemeta, darin, sicherzustellen, dass wir nicht das gescheiterte schwedische Modell übernehmen, das kein gutes Beispiel für eine Finanztransaktionssteuer ist. Aber, Herr Kommissar, ich möchte Ihnen sagen, dass ich etwas enttäuscht bin, dass Sie, noch bevor Untersuchungsergebnisse vorliegen, in Ihrem Konsultationspapier bereits eine Finanztransaktionssteuer auf EU-Ebene ausgeschlossen haben. Sie haben recht, Herr Kommissar: Sehen wir uns die Fakten an, bevor wir sie ablehnen. Ich bin enttäuscht, dass Sie bereits diese Entscheidung gefällt haben.

Das morgige Abstimmungsergebnis wird daher – und ich schließe hiermit – zugunsten dieses Berichts und des Grundsatzes ausfallen, dass der Finanzdienstleistungssektor jetzt seinen Beitrag leistet. Es ist ein Votum, das unsere Bürgerinnen und Bürger unterstützt sowie die Ansicht, dass sie nicht fortwährend für die Fehler des Finanzdienstleistungssektors und des Bankensektors zahlen sollten.

 
  
MPphoto
 

  Satu Hassi (Verts/ALE).(FI) Herr Präsident! Ich danke der Berichterstatterin für ihre exzellente Arbeit. Ich hätte mir in diesem Bericht größeres Gewicht auf das Thema der Finanzierung von internationalen Klimaschutzmaßnahmen gewünscht, obwohl ich die Finanztransaktionssteuer voll unterstütze. Was die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen angeht, so hat die vom UN-Generalsekretär eingerichtete Arbeitsgruppe im vergangenen Jahr eine Kohlendioxid-Steuer als eine Option für die durch die internationale Schifffahrt verursachten Emissionen vorgeschlagen. Das sollte in der EU ernstgenommen werden.

Zur Zeit des Klimapakets von 2008 haben wir entschieden, dass, falls die Internationale Seeschifffahrtsorganisation bis zum Ende dieses Jahres keinen globalen Plan zur Kontrolle der durch die Schifffahrt verursachten Emissionen aufstellen würde, die EU selbst Maßnahmen ergreifen würde, ebenso, wie sie es beim Luftverkehr getan hat. Eine Kohlendioxid-Steuer auf Schiffe, die in die EU gelangen oder von dort ablegen, wäre eine weltweit bedeutende Maßnahme, da dies ein Drittel der gesamten internationalen Schifffahrt betreffen und Entwicklungsländer mit einer stabilen Finanzierungsquelle für ihre Klimaschutzmaßnahmen ausstatten würde.

 
  
MPphoto
 

  Antonio Cancian (PPE).(IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich denke, dass es sich bei dem heutigen Thema um eine Grundsatzfrage handelt, weil es hier nicht nur um die Besteuerung finanzieller Transaktionen, sondern auch um ein wichtiges Thema geht, das den Markt betrifft. Durch Eurobonds – wir müssen zwischen Eurobonds und Projektanleihen unterscheiden – ist die Zeit gekommen, um unsere Wirtschaft durch den Fonds, der als Projektanleihe bekannt ist, zu entwickeln und anzukurbeln, insbesondere die transeuropäische Infrastruktur im Transport-, Energie- und Telekommunikationssektor, wobei unsere Maßnahmen durch Forschung und Innovation unterstützt werden müssen.

Wir müssen auf diesen Gebieten die Führungsrolle übernehmen: Das ist das heutige Schlüsselthema und daher auch der Tempowechsel. Wenn wir von der Unionsmethode sprechen, von der wir doch alle sprechen, ist dies eine Gelegenheit, um ihr etwas Substanz zu verleihen. Die Arbeitslosigkeit ist das wahre soziale Problem der Gegenwart; das ist unsere heutige Aufgabe.

Wenn wir Steuern erheben, sei es weltweit oder nur in Europa, glaube ich, dass wir die Konkurrenzfähigkeit unserer Unternehmen senken. Wenn wir uns dazu entscheiden, die Erhöhung durchzuführen, dann wird diese erstens schwierig anzuwenden sein – weil wir nur die Spekulanten treffen wollen, aber das wird uns nicht gelingen –, und zweitens werden wir keinen Erfolg haben, weil die Anwendung schwierig ist und auf der Ebene der G20 erfolgen muss. Und schließlich, was Kohlendioxidsteuern angeht, bin ich der Ansicht, dass die Steuern nicht erhöht, sondern gesetzlich geregelt werden sollten.

 
  
MPphoto
 

  Liem Hoang Ngoc (S&D).(FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Bericht, über den wir heute debattieren, präsentiert einige echte Fortschritte. Ich denke da insbesondere an Eurobonds, die die EU brauchen wird, um die Strategie Europa 2020 zu finanzieren.

Leider hat die Rechte im Ausschuss für Wirtschaft und Währung das Prinzip einer Steuer auf Finanztransaktionen auf europäischer Ebene abgelehnt, obwohl sie im Juni dafür gestimmt hat. Ihre Argumente für die Ablehnung einer europäischen Steuer auf Finanztransaktionen als ersten Schritt hin zu einer weltweiten Steuer sind dieselben, wie sie auch die Unterstützer von Steuerparadiesen vorbringen. Sie sagt uns, dass die Einführung einer Steuer nur auf europäischer Ebene sich katastrophal auf unseren Finanzsektor auswirken würde. Sie sagt außerdem, dass es eine Kapitalflucht aus Europa geben würde.

Meine Antwort darauf ist: Und wenn schon. Das aktuelle Volumen an Finanztransaktionen ist im Vergleich zu den Bedürfnissen der Realwirtschaft exzessiv. Die Einführung dieser Steuer nur in Europa würde dazu beitragen, etwas Luft aus der Blase zu lassen.

Darüber hinaus würde eine Reduzierung des Volumens von spekulativen Kapitaltransaktionen, wie den Kreditderivaten, die am Beginn der Krise standen, wirklich dazu beitragen, die Bilanzen unserer Banken zu konsolidieren. Sie würden eine viel größere Motivation haben, die Realwirtschaft zu finanzieren.

Ich möchte diejenigen, die das Fehlen einer Folgenabschätzung als Vorwand benutzen, darauf hinweisen, dass keine Folgenabschätzung durchgeführt worden ist, bevor der Verbreitung von Derivaten grünes Licht gegeben worden ist.

Meine Damen und Herren, es ist an der Zeit, dass sich alle Abgeordneten ihrer Verantwortung stellen. Die Europäische Union darf nicht länger den G20 hinterherlaufen, die von den Vereinigten Staaten und China dominiert werden. Sie muss bei der Reform unseres Finanzsystems die Führungsrolle übernehmen.

Deshalb kann ich keinen Text unterstützen, der eine Steuer auf Finanztransaktionen nicht berücksichtigt.

 
  
MPphoto
 

  Rodi Kratsa-Tsagaropoulou (PPE).(EL) Herr Präsident! Der Bericht von Frau Podimata enthält einige interessante Ideen – sowohl alte als auch innovative –, die zum jetzigen Zeitpunkt angesichts der Herausforderungen im Hinblick auf die Stabilität und das Wachstum, vor denen wir im Euroraum stehen und vor denen die Europäische Union als Ganzes steht, besonders aktuell sind. Eine besonders gute Idee ist die der Eurobonds.

Ich möchte insbesondere auf die Frage einer Finanztransaktionssteuer eingehen, die ich, wie auch aus dem Änderungsantrag, den ich unterstützt habe, hervorgeht, als einen positiven Schritt ansehe, auch wenn sie nur auf europäischer Ebene eingeführt würde und trotz ihrer Problematik und Komplexität, wie in allen einschlägigen Studien unterstrichen wird, in Bezug auf das Einziehen dieser Steuer und darauf, wie effektiv sie sein wird, wenn sie nur auf europäischer und nicht auf internationaler Ebene eingeführt wird.

Abgesehen von diesen technischen Details sind wir jedoch besonders besorgt über ihre möglichen Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft: eine Voraussetzung für das Wachstum unserer Wirtschaft, die mit Blick auf die Umsetzung des Pakts für Wettbewerbsfähigkeit im Rahmen der wirtschaftspolitischen Steuerung zu harten und verbindlichen Bedingungen auf der Hand liegen dürfte. Wir sind daher besorgt über die Auswirkungen, die eine solche Steuer haben kann, und zwar im Hinblick auf die Weitergabe von Finanzdienstleistungen, die mit hoher Frequenz gekauft und verkauft werden, im Hinblick auf eine fehlende Liquidität, die unser Markt gegenwärtig so bitter benötigt, und im Hinblick auf die Überwälzung der Kosten auf die Anleger und die Steuerzahler.

Aus diesen Gründen sehen wir daher die von der Europäischen Kommission versprochene Studie als eine Grundvoraussetzung an. Es gibt jedoch noch etwas, das uns Sorge bereitet: die Tatsache, dass nirgendwo festgelegt ist, wohin diese Ressourcen fließen werden. Wir befürworten keine Steuern um der Steuern willen; wir vertreten keine Steuerdoktrin. Wir müssen wissen, wie die Folgen aussehen werden. Ich wäre in dieser Hinsicht sehr offen, und mein Vorschlag, zu verhandeln, würde auch für eine Steuer gelten, die in den Haushaltsplan der EU oder in den Unterstützungsmechanismus einfließt.

 
  
MPphoto
 

  Elisa Ferreira (S&D).(PT) Herr Präsident! Ich muss wohl nicht wiederholen, dass die gegenwärtige Situation die schwierigste Bewährungsprobe für das Überleben des Euros und daher auch für das Überleben Europas darstellt. Der Podimata-Bericht ebnet den Weg für konstruktive Lösungen, weshalb ich unserer Kollegin zu den Ideen, die sie vorgelegt hat, gratulieren möchte.

Der Ernst der Situation resultiert nicht daraus, dass der Euroraum als Ganzes ein übermäßiges Defizit oder übermäßige Auslandsschulden aufweist, sondern vielmehr aus dem ständigen und beträchtlichen Auseinanderdriften der einzelnen Volkswirtschaften unter dem Einfluss einer gemeinsamen Politik. Es fehlen uns Instrumente, die eine Konvergenz zwischen diesen Volkswirtschaften ermöglichen würden, die es Europa ermöglichen würden, sein Gleichgewicht wiederzuerlangen, wodurch Europa wachsen könnte.

Um es deutlich zu sagen: Auf dem aktuellen Integrationsniveau und angesichts der Verschiedenheit der einzelnen Volkswirtschaften werden der Euroraum und die Europäische Union mit einem Haushaltsplan in Höhe von 1 % ihres gesamten Wohlstands nicht überleben. In der Praxis war die einzige Lösung, die wir nach der Krise entwickeln konnten, die Verordnung von Sparmaßnahmen, und es sind die Arbeitnehmer und die Unternehmen, die jetzt für die Defizite zahlen müssen, die durch die Spekulations-Krise des Finanzsektors verursacht worden sind, zu dessen Rettung die Europäische Union 26 % ihres gemeinsamen Wohlstands bereitgestellt hat.

Es stimmt, dass eine sehr niedrige Finanztransaktionssteuer, zum Beispiel von 0,05 %, die auf höchst spekulative Transaktionen erhoben wird, die hochriskante Produkte umfassen, von den Käufern dieser Produkte gezahlt werden muss. Wieso sollten sie aber auch nicht zahlen, wenn die einfachen Menschen auf Brot, Milch und andere Grundnahrungsmittel Mehrwertsteuer bezahlen müssen? Die steuerliche Belastung muss umverteilt werden, damit weniger Arbeitnehmer und Unternehmen betroffen sind, und gleichmäßiger auf den Finanzsektor und insbesondere auf den spekulativen Sektor verteilt werden.

Herr Kommissar, ich denke nicht, dass die Kommission die klare politische Botschaft, die das Parlament ihr sendet, ablehnen oder ignorieren sollte. Die öffentliche Konsultation darf eine Analyse der Finanztransaktionssteuer nicht ausklammern: Ganz im Gegenteil, der Analyse der Finanztransaktionssteuer muss höchste Priorität eingeräumt werden.

 
  
MPphoto
 

  Theodor Dumitru Stolojan (PPE).(RO) Herr Präsident! Mit fast 10 Prozentpunkten ist die steuerliche Belastung der Europäischen Union bereits höher als die von den Vereinigten Staaten, Japan und anderen Weltwirtschaftsmächten, und das bedeutet, dass die europäischen Unternehmen einen Wettbewerbsnachteil gegenüber US-amerikanischen und anderen weltweit agierenden Unternehmen haben. Der Eifer zur Einführung einer neuen Steuer auf Finanztransaktionen ist sicherlich groß. Wie wir jedoch alle wissen, verfügt der Finanzsektor über die unglaubliche Fähigkeit, jegliche Kosten an die Bürgerinnen und Bürger und an die Unternehmen weiterzugeben. Daher denke ich, dass wir nur über eine Steuer auf Finanztransaktionen in der Europäischen Union sprechen können, wenn es eine globale Vereinbarung zu diesem Thema gibt.

Zweitens möchte ich meine volle Unterstützung für die Einführung von Eurobonds zur Finanzierung von europäischen Infrastruktur-Projekten und als Möglichkeit zur Erschließung von Ressourcen und auch zur Erschließung von Ressourcen aus dem Privatsektor, um diese Projekte zu finanzieren, zum Ausdruck bringen.

 
  
MPphoto
 

  Silvia-Adriana Ţicău (S&D).(RO) Herr Präsident! Ich möchte der Berichterstatterin, Frau Podimata, gratulieren.

Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat einige unverhältnismäßige Anreize im Finanzsektor aufgedeckt sowie Defizite im Regulierungs- und Aufsichtsrahmen des Finanzsystems. Das Finanzsystem sollte einen Beitrag leisten, damit die Kosten dieser Krise auf eine gerechtere und nachhaltigere Weise verteilt würden. Wir sollten jedoch sicherstellen, dass eine Finanztransaktionssteuer, die aufgrund einer Folgenabschätzung eingeführt wird, letztendlich nicht an die Verbraucher, also an die Bürgerinnen und Bürger, weitergegeben wird. Daher sehen wir es als notwendig an, klare Regeln festzulegen, um zu verhindern, dass es zu dieser Situation kommt.

Das öffentliche Auftragswesen macht 17 % des BIP der EU aus und stellt einen wichtigen Markt dar, insbesondere in Bereichen wie Gesundheit, Verkehr und Energie. Die Einführung elektronischer Systeme zur öffentlichen Auftragsvergabe in den Mitgliedstaaten hat zu einer größeren Transparenz und zu erheblichen Kosteneinsparungen in den nationalen Haushaltsplänen geführt. Ich appelliere an die Kommission und an die Mitgliedstaaten, bis 2015 mindestens 50 % der öffentlichen Auftragsvergabe mithilfe elektronischer Systeme durchzuführen und auf diese Weise den Verpflichtungen nachzukommen, die die Mitgliedstaaten 2005 in Manchester eingegangen sind. Ich fordere außerdem die Kommission auf, die Initiative für elektronische Rechnungen umzusetzen, die ein wichtiges Werkzeug zur Eindämmung der Steuerhinterziehung sind.

Die Mitgliedstaaten sollten die vorhandenen Strukturfonds für Projekte in den Bereichen Forschung und Innovation, Verkehr und Energieeffizienz entscheidend verbessern, um den Bürgerinnen und Bürgern dabei zu helfen, die notwendigen Qualifikationen zu erwerben, die Leistungsfähigkeit der nationalen Systeme zu verbessern und Strategien zur intelligenten Spezialisierung und transnationale Projekte umzusetzen. In diesem Zusammenhang unterstützen wir die Emission von gemeinsamen Eurobonds zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten.

Ich möchte außerdem auf das ungenutzte Potenzial innovativer revolvierender Finanzierungsinstrumente hinweisen, die auf die Erhöhung der Energieeffizienz in Gebäuden abzielen. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten die Vorbereitung der Strukturfonds für den Zeitraum nach 2013 in die Wege leiten, mit einem besonderen Schwerpunkt auf Innovation, Verkehr, Energieeffizienz und intelligente Spezialisierung.

 
  
MPphoto
 

  Astrid Lulling (PPE).(FR) Herr Präsident! Zu einer Zeit, in der wir gerade erst beginnen, die Auswirkungen der Finanzkrise zu verdauen, ist es sicherlich nicht verboten, über Grundsatzfragen wie innovative steuerliche Mechanismen nachzudenken und neue Möglichkeiten wie Eurobonds vorzuschlagen. Wenn dies eine wirklich stichhaltiges Projekt werden soll, dann sollte der Realismus jedoch nie in einen Idealismus übergehen. Eurobonds könnten ein Instrument der Zukunft sein, wenn die Europäische Union in Bezug auf die wirtschaftspolitische Steuerung einen wirklich großen Schritt machen würde. Das ist eine Voraussetzung. Wir sollten die Probleme hier nicht unterschätzen.

Wenn wir Frau Podimata zuhören, dann sind die Dinge ziemlich einfach. Wir nehmen das Geld, wo wir es finden, und das war's dann. Heutzutage kann man Banken leicht zu Sündenböcken machen. Sie haben gesündigt, und sie müssen bezahlen. Das haben die Franzosen den Deutschen nach dem Versailler Vertrag in den 1920er auch Jahren gesagt. Ein besonders gut informierter Beobachter, Herr Trichet, der Präsident der EZB, hat uns ganz klar vor den Risiken gewarnt, die mit der einseitigen Einführung einer Finanztransaktionssteuer in Europa verbunden sind. Ich habe sogar gehört, dass sie nur im Euroraum eingeführt werden soll. Wir befinden uns hier auf unsicherem Terrain; unser Kollege Herr Farage wäre begeistert! Daher müssen wir sehr vorsichtig sein. Deshalb stimme ich dem Änderungsantrag, den meine Fraktion eingereicht hat, vollumfänglich zu. Er verschließt keine Türen, sondern fordert eine gründliche Analyse der Folgen der Entscheidungen, die wir treffen. Sich zu diesem Zeitpunkt von einer Ideologie lenken zu lassen, wäre ein schwerer Fehler.

Ich meinerseits werde keine Maßnahme unterstützen, deren einzige Folge wäre, dass sie den europäischen Finanzsektor unseren Mitbewerbern gegenüber benachteiligen würde.

 
  
MPphoto
 

  David Casa (PPE).(MT) Herr Präsident! Ich möchte der Berichterstatterin dafür danken, dass sie uns daran erinnert hat, dass der Binnenmarkt effizienter und effektiver sein muss, wenn er besser funktionieren soll. Wenn wir die Steuerfrage vor diesem Hintergrund betrachten und berücksichtigen, dass wir gerade erst begonnen haben, die Krise zu überwinden, dann denke ich, dass die überstürzte Einführung von Steuern nicht die richtige Vorgehensweise ist. Ich sage das, weil ich glaube, dass der Markt bereits jetzt schon genug Lasten trägt – wie die neuen Kapitalanforderungen und die neuen Einlagensicherungssysteme –, deren Wirkung wir noch nicht verspüren. Angesichts der Tatsache, dass wir alle uns einig sind, dass die Einführung einer weltweiten Steuer nahezu unmöglich sein wird, da es für Europa nicht möglich sein wird, in dieser Angelegenheit als alleiniger Akteur zu handeln, bin ich daher der Ansicht, dass wir die Folgen berücksichtigen sollten, die diese europäische Steuer mit sich bringen wird. Wir müssen darüber nachdenken, wie der Arbeitsmarkt beeinflusst werden wird, wie wir mehr Arbeitsplätze schaffen werden, wie wettbewerbsfähig wir als europäischer Markt, der mit internationalen Märkten konkurriert, bleiben können. Meine Partei, die ich hier vertrete, schiebt dieser Angelegenheit keinen Riegel vor, obwohl wir nicht der Meinung sind, dass der Weg aus dieser Krise durch die Einführung einer Steuer erreicht werden kann. Wir sagen, dass wir die Auswirkungen bewerten sollten. Wir sollten uns die Studien ansehen, die durchgeführt worden sind, wir sollten darüber nachdenken, wie das die europäische Wirtschaft beeinflussen wird, und wenn sich aufgrund all dieser Fakten herausstellen sollte, dass diese Steuer doch von Vorteil sein wird, dann werden wir ihrer Einführung zustimmen. Zu diesem Zeitpunkt halten wir jedoch an unserer Meinung fest, dass neue Steuern inakzeptabel sind.

 
  
MPphoto
 

  Jean-Pierre Audy (PPE).(FR) Herr Präsident! Zunächst möchte ich die Arbeit unserer Berichterstatterin, Frau Podimata, loben sowie die harte Arbeit, die Frau Hübner im Namen unserer Fraktion geleistet hat.

Wir alle sind mit den Daten zur Finanztransaktionssteuer vertraut. Die Daten besagen erstens, dass Transaktionen und Spekulationen sich auf den 80- bis 100-fachen Wert der Realwirtschaft belaufen. Sie zeigen zweitens, dass wir die Millenniums-Entwicklungsziele haben – Armut, Wasser, Wälder, Infrastruktur, Bildung und Gesundheit –, die noch finanziert werden müssen und für die bis 2015 300 Mrd. USD benötigt werden.

Daher befürworten wir diese Steuer, aber wenn sie morgen zur Abstimmung gestellt wird, wird eine überwältigende Mehrheit notwendig sein. Ausflüchte zu machen, wäre das Gefährlichste, was das Parlament tun könnte. Es wird eine überwältigende Mehrheit benötigt, und die Steuer muss eine Gemeinschaftssteuer sein, und keine zwischenstaatliche Steuer.

Was die Eurobonds angeht, so gibt es drei Kategorien. Die erste Kategorie wird wahrscheinlich zur Finanzierung von Staatsschulden genutzt werden, was ein Fehler ist, weil wir nie eine politische Mehrheit dafür gewinnen werden, die Schulden von Mitgliedstaaten in der ganzen Europäischen Union zu finanzieren. Die zweite Kategorie könnte den Mechanismus zur Krisenbewältigung finanzieren, der zu einem ständigen Mechanismus geworden ist. Dafür brauchen wir in der Tat Eurobonds. An dieser Stelle möchte ich auf die Frage der politischen und demzufolge parlamentarischen Kontrolle dieser Eurobonds verweisen. Dritter und letzter Punkt: Ja, wir brauchen wir diese Eurobonds für Investitionen. Ein Kontinent, der nicht investiert, ist ein Kontinent, dessen Niedergang bevorsteht. Auf der ganzen Welt investieren die verschiedenen Kontinente. Daher brauchen wir diese Eurobonds und diese Projektanleihen.

 
  
MPphoto
 

  Sławomir Witold Nitras (PPE). (PL) Herr Präsident! Ich möchte nicht die Argumente meiner Vorredner, meiner Kolleginnen und Kollegen aus meiner Fraktion, wiederholen. Ich möchte nur eine Anmerkung machen.

Es ist wahr, dass die Steuer auf Finanztransaktionen eine Steuer wäre, die an die Bürgerinnen und Bürger weitergegeben werden würde. Es ist wahr, dass die Einführung dieser Steuer ohne eine Durchführbarkeitsstudie (und es liegt uns keine derartige Studie vor) und nur auf europäischer und nicht auf globaler Ebene äußerst unverantwortlich wäre.

Ich möchte noch eine weitere Anmerkung machen. Ich habe vergessen, Frau Podimata sowie Frau Hübner zu danken, ohne deren Arbeit der Ausschussbericht bedeutend schlechter ausgefallen wäre. Und der Bericht ist wirklich gut ausgefallen. Er ist ausgewogen und nüchtern und beinhaltet einige Themen, die berücksichtigt werden sollten, aber ohne ideologische Exkurse und Ideen, die keine Verbindung zur realen Welt haben.

Ich möchte jedoch noch eine weitere Anmerkung zur Transaktionssteuer machen. Nicht nur weltweit, sondern auch in Europa gibt es Länder, zu denen auch mein Heimatland gehört, deren Bankensystem sich während der Finanzkrise als zuverlässig erwiesen hat. In Polen haben wir das Finanzsystem nicht bezuschusst. Unser Finanzsystem wurde bereits von unserer Finanzaufsichtsbehörde überwacht, und es waren bereits Vorschriften in Kraft, die erst jetzt auf europäischer Ebene eingeführt werden. Es hat sich gezeigt, dass dieses System zu keiner Anhäufung von Schulden geführt hat. Die Idee der Einführung einer Steuer auf Finanztransaktionen wird außerdem gesunde Systeme belasten, die an der Situation keine Schuld tragen. Ich als europäischer Bürger, der Systeme kennt, die keine Kosten verursacht haben, kann dem nicht zustimmen.

Nur noch eine Anmerkung zu den Eurobonds. Das ist eine gute Idee. Wir müssen Investitionen finanzieren, aber bereits jetzt, am Anfang dieses Weges, gibt es eine Frage, die ich insbesondere der Europäischen Kommission stellen möchte, die dieser Frage nachgehen wird: Wie stellen wir sicher, dass dieses Instrument auch alle jene Länder umfassen wird, die im Laufe der Zeit dem Euroraum beitreten wollen, und nicht nur die aktuellen Mitglieder des Euroraums?

 
  
MPphoto
 

  Sari Essayah (PPE).(FI) Herr Präsident! Die Finanzkrise hat zur Folge, dass wir gerechte Einkommensquellen in Betracht ziehen müssen, um Wachstum und Wohlstand zu erreichen. Der Bericht enthält sowohl hilfreiche als auch problematische Initiativen. Was im Bericht problematisch ist, ist der Vorschlag von EU-Projektanleihen oder von Eurobonds, die ich vollkommen ablehne. Eurobonds würden dazu führen, dass die Verantwortung, die die Mitgliedstaaten für ihre eigenen Volkswirtschaften tragen, abgeschwächt würde und dass den Mitgliedstaaten, die sich erfolgreich um ihre Angelegenheiten gekümmert haben, die höheren Zinszahlungen aufgebürdet würden. Sie würden ein „subjektives Risiko“ beinhalten, wie man sagt.

Dennoch unterstütze ich diese „Börsenabgabe“, die Finanztransaktionssteuer, zu der wir so schnell wie möglich von der Kommission eine Folgenabschätzung erhalten sollten. Ich könnte sogar den hier anwesenden Kommissar fragen: Wann könnten wir diese Folgenabschätzung bekommen?

Es ist außerdem gut, dass dieser Bericht der Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit große Aufmerksamkeit widmet, weil diejenigen, die sicherlich am wenigsten für diese Situation verantwortlich gemacht werden können, also die Menschen in den Entwicklungsländern, Gefahr laufen, von den Auswirkungen der Finanzkrise aus humanitärer Sicht am härtesten betroffen zu sein. Die Ärmsten der Armen der Welt müssen leiden, weil einige Länder in einer wirtschaftlichen Rezession ihre Entwicklungshilfe kürzen und sogar ihre humanitäre Soforthilfe.

Im Bericht werden wir außerdem zu Recht auf die Wichtigkeit nicht nur der Entwicklungszusammenarbeit hingewiesen, sondern auch der Maßnahmen, die die Entwicklungsländer selbst ergreifen. Diese Länder müssen ihre Anstrengungen auf dem Gebiet des Steuerwesens verstärken, insbesondere bei der Steuererhebung und dem Kampf gegen Steuerhinterziehung. Die EU sollte indessen die Koordinierung des momentan fragmentierten Systems der Entwicklungshilfe verbessern und den Kampf gegen Steueroasen verstärken.

 
  
MPphoto
 

  Damien Abad (PPE).(FR) Herr Präsident! Wir mögen zwar gerade eine der schlimmsten Finanzkrisen bewältigt haben, die die Welt seit 1929 erlebt hat, aber das heißt nicht, dass Europa sich entspannt zurücklehnen kann.

Was ich sagen will, ist, dass die Regulierung des internationalen Finanzsystems und die Idee einer Finanztransaktionssteuer keine Themen der politischen Linken sind. Das ist keine rein sozialistische Frage. Es ist ein Thema, das das gesamte Parlament betrifft. In diesem Zusammenhang muss ich sagen, dass es eine Schande ist, dass die sozialdemokratische Fraktion zu einem Zeitpunkt, da alle Fraktionen in der Lage sind, zusammenzukommen und sich auf zwei Vorschläge zu einigen, einen alternativen Entschließungsantrag eingereicht hat. Der erste Vorschlag beinhaltet die Unterstützung des Prinzips einer weltweiten Finanztransaktionssteuer, in Übereinstimmung mit den Vorschlägen der G20 und deren aktuellen Fahrplan. Der zweite beinhaltet die Prüfung der Möglichkeit, nach der Durchführung einer Folgenabschätzung die Finanztransaktionssteuer nur in der EU einzuführen. Die Folgenabschätzung ist nicht dazu da, um die Dinge zu verzögern oder uns mehr Zeit zu geben: Sie ist einfach dazu da, um sicherzustellen, dass diese Steuer unter den richtigen Bedingungen eingeführt wird.

Ich denke, dass es eine Schande ist, dass parteipolitische und Einzelinteressen uns daran hindern, im Europäischen Parlament einen klaren Kurs zu verfolgen. Ich denke, dass das Thema der Regulierung des internationalen Finanzsystems zu ernst ist, um es zu einer parteipolitischen Angelegenheit zu machen, und ich denke, dass die Parteien der politischen Rechten und der politischen Mitte ebenso wie die Linke etwas zu diesem Thema beitragen könnten: Sie könnten die Debatten beeinflussen, sie könnten mutig sein und Verantwortungsbewusstsein zeigen, indem sie die Einführung dieser Steuer von einem pragmatischen und nicht von einem ideologischen Standpunkt aus vorschlagen.

 
  
MPphoto
 

  Mairead McGuinness (PPE). – Herr Präsident! Ich möchte der Berichterstatterin für diesen Bericht danken.

Die beiden größten Probleme, mit denen die Europäische Union konfrontiert ist, sind eine hohe Arbeitslosigkeit und hohe Schuldenlasten. Gestern hat man sich in Dublin auf die Bildung einer neuen Regierung geeinigt – eine Regierung, die sich dem Ziel verschrieben hat, Irland aus einer der finstersten Stunden unserer Geschichte herauszuführen. Irland steht vor einer beispiellosen nationalen wirtschaftlichen Notsituation, eine Tatsache, der sich die Kolleginnen und Kollegen in diesem Parlament sehr wohl bewusst sind. Wir brauchen das Verständnis und die Unterstützung unserer Kolleginnen und Kollegen, um die Schwierigkeiten zu überwinden.

Die neue Regierung muss sich vielen Herausforderungen stellen, so muss sie etwa die Ergebnisse des zweiten Banken-Stresstests abwarten, die zum Ende des Monats erwartet werden, damit wir endlich das wahre Ausmaß des Problems erfahren. Diese Stresstests werden ein vernichtendes Urteil über die ineffektive Regulierung des europäischen – und auch des irischen – Bankensektors abgeben, aber, ich unterstreiche, vor allem des europäischen Bankensektors. Wir müssen unsere Lehren daraus ziehen. In Bezug auf die Beschäftigung werden wir uns darauf konzentrieren, die Menschen wieder in ein Arbeitsverhältnis zu bringen.

Zu den Themen, die im Bericht behandelt werden: Es werden drei Besteuerungsmaßnahmen vorgeschlagen. Die Finanztransaktionssteuer hat Potenzial, aber wir brauchen eine Folgenabschätzung – und ich begrüße die Anmerkungen des Kommissars zu diesem Thema –, bevor wir ein abschließendes Urteil fällen. Ich möchte anmerken, dass es bei der Besteuerung nicht um Bestrafung gehen sollte; es geht darum, auf eine gerechte und ausgewogene Art und Weise Ressourcen zu gewinnen.

Was die Eurobonds betrifft, noch einmal, es bestehen hier Möglichkeiten für große Infrastrukturprojekte. Diejenigen, die sich um das subjektive Risiko Sorgen machen, sollten sagen, dass, wenn wir eine gute wirtschaftspolitische Steuerung hätten, die Angst nachlassen sollte. Und schließlich die Kohlendioxidsteuer: Ich habe einige Bedenken in Bezug auf dieses Thema, aber zumindest erörtern wir diese sehr wichtigen Fragen in diesem Parlament, und morgen werden wir darüber abstimmen.

 
  
MPphoto
 

  Jan Kozłowski (PPE). (PL) Herr Präsident! Die ehrgeizigen strategischen Ziele, die die Europäische Union sich gesetzt hat, erfordern beträchtliche Investitionen und Ressourcen. Andererseits hat die Wirtschaftskrise bei vielen Mitgliedstaaten bewirkt, dass sie nach neuen Wegen suchen, um Einsparungen vorzunehmen. Es ist schwierig, zwischen diesen beiden Tendenzen einen Ausgleich zu finden, weshalb ich es als wichtig und überlegenswert ansehe, innovative Finanzierungsmethoden zu finden.

Ich möchte jedoch die Aufmerksamkeit auf zwei besonders wichtige Fragen lenken. Erstens müssen die innovativen Finanzierungsmethoden als Ergänzung zum Haushaltsplan der Europäische Union angesehen werden. Sie sollten als Unterstützung für die ehrgeizigen Ziele der Europäischen Union betrachtet werden, aber nicht dazu verleiten, die Beiträge der Mitgliedstaaten zu senken. Zweitens sollte der Einfluss der vorgeschlagenen Finanzierungsmethoden auf die Wettbewerbsfähigkeit Europas und auf die Arbeitslosenrate genau analysiert werden.

 
  
MPphoto
 

  George Sabin Cutaş (S&D).(RO) Herr Präsident! Um die Ziele der Strategie Europa 2020 zu erreichen, sind umfangreiche Investitionen auf europäischer Ebene in Forschung, Bildung und Infrastruktur notwendig. Vor dem Hintergrund der Sparpolitik, die die europäischen Regierungen verfolgen, und der steigenden Defizite können diese Ziele nur mithilfe von alternativen Finanzierungsmethoden erreicht werden. Ich beziehe mich sowohl auf die Emission von gemeinsamen Eurobonds, durch die die Mitgliedstaaten einen Teil ihrer Defizite decken könnten und durch die ein Teil ihrer Schulden in europäische Schulden umgewandelt und die Aufnahme von niedrig verzinslichen Krediten erleichtert würde, als auch auf die Finanztransaktionssteuer.

Letztere würde dem Finanzsektor, dessen Tätigkeiten etwa 73 % des weltweiten BIP ausmachen, eine geringe Abgabe auferlegen, und wird dazu dienen, vor Finanzspekulationen abzuschrecken und die Regulierung der Märkte und Investitionen in europäische Projekte zu gewährleisten. Es ist notwendig, dass die EU ein starkes Signal aussendet, indem sie eine Lösung für die Finanzkrise findet, hauptsächlich durch die Einführung dieser Steuern.

 
  
MPphoto
 

  Elena Băsescu (PPE).(RO) Herr Präsident! Eine Steuer auf Finanztransaktionen würde die Wettbewerbsfähigkeit beeinflussen, aber eine weltweite Steuer könnte – richtig angewendet – eine Möglichkeit sein, um zusätzliche Finanzmittel für globale Politiken zu erschließen. Um einen kohärenten Standpunkt zu haben, sollte die EU eine Folgenabschätzung der Einführung einer solchen Steuer durchführen. Die Studie sollte auch das mögliche Risiko beleuchten, dass Auslandsinvestitionen in weniger transparente Gebiete abgezogen werden. Es muss geprüft werden, inwieweit die in dem die in Betracht gezogenen Optionen als innovative Finanzmechanismen genutzt werden können. Solch eine Steuer sollte keine negativen Auswirkungen auf das Bankensystem haben. Die Vermeidung von möglichen Auswirkungen auf KMU und Einzelinvestitionen sind jedoch auch zwei sehr wichtige Aspekte.

Abschließend möchte ich betonen, dass nur eine Steuer auf finanzielle Aktivitäten auf europäischer Ebene realisierbar wäre. Auf diese Weise würden wir nur die Unternehmen besteuern, und nicht jeden, der an einer Finanztransaktion beteiligt ist.

 
  
MPphoto
 

  Sylvana Rapti (S&D).(EL) Herr Präsident! Ich will nicht Danke sagen oder Anni Podimata gegenüber meine Dankbarkeit zum Ausdruck bringen. Was ich sagen will, ist: Sehr gut gemacht, weil sie zu einer Zeit, in der der Euro in einem sehr schlechten Zustand ist, die Bürde auf sich genommen hat, dem Europäischen Parlament einen Initiativbericht zu geben, der ein Heilverfahren vorschlägt. Das Heilverfahren, das er vorschlägt, beinhaltet eine Finanztransaktionssteuer.

Ich habe viele Menschen „nein“ sagen gehört: Einige haben es höflich gesagt, andere haben es auf direkte Weise gesagt. Ich habe jedoch keine alternativen Vorschläge gehört, und ich denke, dass wir die Europäische Union und den Euro verteidigen wollen. Ich habe auch von einer Studie gehört: Wenn ich jedoch Vorschläge für eine Studie höre, dann weiß ich im Voraus, dass die Antwort „nein“ sein wird, und nur auf Zeit gespielt wird. Spielen Sie nicht auf Zeit, Herr Kommissar. Handeln Sie sofort. Zum Abschluss des Catch-the-eye-Verfahrens sage ich Ihnen: catch the tax.

 
  
MPphoto
 

  Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE).(ES) Herr Präsident! Meine Fraktion und ich unterstützen aus zwei Gründen die Einführung einer Finanztransaktionssteuer.

Erstens, weil sie notwendig und nützlich ist. Eine Steuerrate von 0,05 % würde Einnahmen von über 200 Mrd. EUR bringen. Zu einer Zeit, in der eine angeblich magische Sparpolitik paradoxerweise höhere Einnahmen erforderlich macht, denke ich, dass es dringend notwendig ist, die Steuer einzuführen. Sie ist unerlässlich.

Zweitens, weil sie es uns ermöglichen würde, gegen Spekulationen anzugehen und sie einzuschränken, die gegenwärtig eine enorme Herausforderung für die Politik weltweit und auf europäischer Ebene darstellen.

Es gibt einen weiteren Grund, weshalb ich diese Steuer unterstütze: weil Abertausende Bürgerinnen und Bürger, vertreten von einer großen Anzahl an Organisationen, es verlangen. Als politische Vertreter ist es unsere Pflicht, nicht nur zuzuhören, sondern auf verantwortungsvolle Weise und konsequent zu reagieren, und ich glaube, dass dieses Parlament sich morgen klar und überzeugend äußern muss.

 
  
MPphoto
 

  Seán Kelly (PPE). – Herr Präsident! Politiker sollen die Welt regieren, und wenn sie es nicht tun, dann wird diese Lücke von anderen gefüllt. Das ist teilweise das, was – nicht zuletzt in meinem Heimatland – während der Wirtschaftskrise passiert ist. Zum Glück gewinnen wir verlorenes Terrain wieder zurück, und das Parlament hat Anstrengungen unternommen, um zu versuchen, die Spekulanten in die Schranken zu weisen – diese Parasiten der Wirtschaft, die auf den Märkten und im Leben der Menschen verheerende Schäden angerichtet haben. Die Finanztransaktionssteuer ist als Grundlage eine gute Idee, aber wenn man sie nicht auch auf weltweiter Ebene einführen würde, würde das, wie Nigel Farage gesagt hat, einer Kamikaze-Wirtschaftspolitik gleichen.

Ich habe Änderungsantrag 3, in dem eine Durchführbarkeitsstudie gefordert wird, gerne mitunterzeichnet. Es ist richtig und klug, auf diese Durchführbarkeitsstudie zu warten, um zu prüfen, ob es wirtschaftlich sinnvoll ist, wenn wir unilateral, ohne den Rest der Welt, vorgehen. Sobald diese Durchführbarkeitsstudie vorliegt, können wir eine Entscheidung fällen.

 
  
MPphoto
 

  Wojciech Michał Olejniczak (S&D). (PL) Herr Präsident! Die Steuer auf Finanztransaktionen ist sehr wichtig für die Zukunft der Europäischen Union. Diese Steuer wird zu einer besseren Kontrolle des Finanzsektors beitragen. In der Vergangenheit hat das Fehlen von angemessenen Kontrollen zu einer Krise geführt, zu vielen Schäden, die aufgrund von Spekulationen z. B. der Banken entstanden sind. Heute werden die Kosten der Krise auf die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union übertragen. In Polen wurde zum Beispiel die Mehrwertsteuer erhöht, was einen Anstieg der Lebenshaltungskosten für jede Familie bedeutet.

Die Einführung der Finanztransaktionssteuer wird bedeuten, gegen die Aktivitäten sogenannter Steuerparadiese vorzugehen. Zusätzlich zur disziplinierenden Wirkung auf den Finanzsektor, wird die Europäische Union überdies in der Lage sein, beträchtliche Summen aus ihren Eigenmitteln für die Entwicklung bereitzustellen. Mehr Geld im Haushalt der Europäischen Union bedeutet mehr Möglichkeiten, mehr Mittel für Wissenschaft, Bildung, Investitionen in neue Technologien, die Kohäsionspolitik und die Gemeinsame Agrarpolitik.

 
  
MPphoto
 

  Jaroslav Paška (EFD). (SK) Herr Präsident! Ich stimme der Berichterstatterin zu, dass die Turbulenzen im Finanzsektor zu schwerwiegenden Problemen nicht nur für unsere Bürgerinnen und Bürger geführt haben, sondern auch für die Mehrzahl unserer Unternehmen. Daher ist es durchaus legitim, über eine Verbesserung der Regulierung des Umgangs mit den Ersparnissen der Bürgerinnen und Bürger Europas in Banken, Versicherungsunternehmen und anderen Finanzinstitutionen zu diskutieren.

Ein wichtiges Ergebnis der Debatte sollte jedoch sein, dass die verantwortungsvolle und sichere Verwaltung der Ersparnisse unserer Bürgerinnen und Bürger unterstützt wird und alle spekulativen und riskanten Transaktionen, in denen die Ersparnisse oder zukünftigen Renten von Kleinanlegern in die Taschen von Spekulanten wandern, unterbunden werden.

Das sollte vor allem bessere und umfassendere Rechtsvorschriften beinhalten, die weltweit anerkannt sind und die Spekulationen und Glücksspiele aus dem Finanzsektor verbannen, ohne den Sparern oder Kunden unnötig zu schaden. Wir sollten nicht über Sanktionen oder spezielle Steuern sprechen, solange wir nicht die gründliche Reform unseres Finanzsektors abschließen, dem heutzutage leider wenig Vertrauen entgegengebracht wird.

 
  
MPphoto
 

  Angelika Werthmann (NI). - Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der Strukturkrise, die wir wohl noch länger nicht überwunden haben werden, ist es unumgänglich, für ein sicheres Finanzumfeld zu sorgen, um die Spekulationen einzuschränken oder am besten gleich zu unterbinden. Innovative Finanzierungsinstrumente ergänzen die derzeit notwendige Sparpolitik und sollten dringend weltweit eingeführt werden. Entscheiden wir uns daher für eine Finanztransaktionssteuer mit einem Steuersatz von 0,05 %, könnten wir schon über ein Einnahmenpotenzial von fast 200 Milliarden EU-weit oder weltweit gar 650 Milliarden Euro verfügen. Mindestens ebenso positiv ist das Potenzial, dadurch die Finanzmärkte zu regulieren und transparenter zu gestalten. Also ein Schritt in die richtige Richtung!

 
  
MPphoto
 

  Thomas Mann (PPE). - Herr Präsident! Um die Finanzmärkte zu stabilisieren, kommen wir um eine Finanztransaktionssteuer nicht herum. Wir brauchen sie, damit hochspekulative Exzesse endlich eingedämmt werden. Die Instabilität der Finanzmärkte ist zurückzuführen auf kurzfristige Anlagestrategien und auf Kurswetten bei hohem Einsatz von Fremdkapital. Solche Spekulationen müssen unattraktiv gemacht werden und langfristige Anlagestrategien endlich im Vordergrund stehen.

Die Steuer führt zu wichtigen Einnahmen, auf die wir angesichts kostspieliger EU-Rettungsschirme nicht verzichten können. Wir brauchen aber auch eine kluge Ausgestaltung der Steuersätze. Risikoärmere Wertpapiere müssen niedriger besteuert werden als risikoreichere. Selbst wenn die Finanz- und Bankensysteme weltweit unterschiedlich ausgestaltet sind, brauchen wir die globale Akzeptanz dieser Finanztransaktionssteuer. Sie trägt erheblich zur Verringerung der Schwankungen auf den Finanzmärkten bei und stellt Finanzgeschäfte endlich auf solidere Grundlagen.

 
  
MPphoto
 

  Algirdas Šemeta, Mitglied der Kommission. – Herr Präsident! Zunächst möchte ich Ihnen für diese sehr interessante Aussprache danken. Es gibt geteilte Meinungen in Bezug auf die Frage, ob die EU als einen ersten Schritt die Einführung einer Finanztransaktionssteuer auf EU-Ebene ins Auge fassen sollte.

Die Zahlen, die kursieren, mögen attraktiv erscheinen. Ich bin jedoch überzeugt, dass wir zuerst das Risiko der Standortverlagerung und die Folgen einer solchen Steuer auf die europäische Wettbewerbsfähigkeit bewerten sollten. Wie Sie wissen, können Finanztransaktionen einfach in Länder außerhalb der EU verlagert werden. Frühere Beispiele wie in Schweden haben gezeigt, dass die Einführung der Finanztransaktionssteuer auf lokaler Ebene seriösen Unternehmen schaden und dazu beitragen könnte, dass die Besteuerungsgrundlage beträchtlich abnimmt. Herr Schmidt und Herr Hökmark haben das sehr klar veranschaulicht.

Wie ich in meiner Einführung gesagt habe, würde ich Ihnen raten, die Ergebnisse der Folgenabschätzung abzuwarten, um einen fundierten Standpunkt auf diesem Gebiet festzulegen. Ich kann Ihnen versichern, dass diese Folgenabschätzung sehr gründlich durchgeführt werden wird. Sie wissen, dass wir im Februar eine öffentliche Konsultation zu diesem Thema eingeleitet haben. Ende März findet das Brüsseler Steuerforum statt, das ganz dem Thema der Besteuerung des Finanzsektors gewidmet sein wird. Wir arbeiten eng mit akademischen Partnern und dem IWF auf diesem Gebiet zusammen, das ich sehr gründlich analysiert sehen möchte, um Entscheidungen zu fällen, die sich auf solide Grundlagen stützen.

Die Fragen, um die es geht, sind sehr wichtig, und viele von ihnen wurden während dieser Diskussion aufgeworfen, wie die Auswirkungen auf den Hochfrequenzhandel. Mir müssen außerdem die Steuerinzidenz analysieren. Einige von Ihnen haben die Frage gestellt, wer die Steuer zahlen wird. Darauf gibt es keine eindeutige Antwort. Wir müssen auch die Verwaltungskosten analysieren; wir müssen die Besteuerungsgrundlage und viele andere Fragen untersuchen, die berücksichtigt werden müssen, um eine endgültige Entscheidung zu fällen.

Daher würde ich Sie bitten, zu warten, bis die Kommission die Folgenabschätzung abgeschlossen hat. Wir haben uns dazu verpflichtet, das vor der Sommerpause zu tun.

Ansonsten begrüße ich den Bericht, der die Maßnahmen der Kommission in Bezug auf die innovative Finanzierung generell unterstützt, insbesondere auf dem Gebiet der Kohlendioxidsteuer, der europäischen Projektanleihen und der Entwicklungsfinanzierung. Ich möchte noch einmal Frau Podimata für ihren ausgezeichneten Bericht danken und wünsche Ihnen für morgen eine gute Abstimmung.

 
  
MPphoto
 

  Anni Podimata, Berichterstatterin.(EL) Herr Präsident! Nur einige Worte, um die heutige sehr interessante Aussprache zusammenzufassen, für die ich allen Rednern danke.

Erstens: eine globale oder eine europäische Steuer? Ich denke, dass dies die falsche Frage ist, oder vielmehr befürchte ich, dass dies die Frage ist, die diejenigen stellen, die die Steuer weder auf europäischer noch auf globaler Ebene wollen, weil wir alle wissen, dass es unmöglich ist, eine Einigung auf globaler Ebene zu erzielen, wenn nicht jemand den ersten Schritt macht. Um folglich in diesem Streben nach einer Einigung auf globaler Ebene glaubwürdig und effektiv zu sein, muss die EU, die den weltweit größten Finanzmarkt hat, den ersten Schritt machen.

Zweitens: die Folgenabschätzung. All diejenigen von Ihnen, die den Bericht über innovative Finanzierung gelesen haben, wissen, dass die Folgenabschätzung in einer Vielzahl von Punkten im Bericht angesprochen wird und dass wir zweifellos eine Folgenabschätzung brauchen; niemand bestreitet dies. Ich kann Ihnen jedoch nicht zustimmen, Herr Kommissar, wenn Sie uns selbst jetzt in Ihrer einführenden Erklärung auffordern, uns bitten, nichts zu tun, uns auf keinen Standpunkt festzulegen, bevor die Folgenabschätzung der Europäischen Kommission veröffentlicht worden ist. Ich befürchte außerdem, dass Sie sich, so wie Sie sich vor Kurzem geäußert haben, bereits für einen Standpunkt entschieden haben, trotz der Tatsache, dass keine Folgenabschätzung vorliegt, und trotz der Tatsache, dass wir keine Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene einführen sollten. Selbstverständlich brauchen wir eine Folgenabschätzung, und wir wissen alle, dass dies der übliche Schritt ist, bevor ein Gesetzgebungsverfahren eingeleitet wird. Wir sollten uns jedoch nicht hinter Folgenabschätzungsanalysen verstecken, und wir sollten nicht unsere Rolle und unsere Aufgabe verraten, insbesondere nicht zu einer Zeit, in der wir für die Verteidigung der Gemeinschaftsmethode kämpfen, womit ich die Rolle des Europäischen Parlaments bei der Entscheidungsfindung meine. Die politische Entscheidung darüber, ob wir eine Steuer auf europäischer Ebene wollen oder nicht, liegt bei uns und beim Rat, wie die deutsche Kanzlerin Angela Merkel uns vergangene Woche erinnert hat. Wir müssen sicherstellen, dass wir von den Ereignissen nicht überrollt werden.

(Beifall)

 
  
MPphoto
 

  Der Präsident. – Die Aussprache wird geschlossen.

Die Stimmabgabe findet am Dienstag, den 8. März 2011 um 12 Uhr mittags statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 149)

 
  
MPphoto
 
 

  Ivo Belet (PPE), schriftlich.(NL) Heute sendet das Europäische Parlament ein starkes Signal an die G20 aus, aber insbesondere auch an die europäischen Staats- und Regierungschefs. Wir waren immer für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer auf globaler Ebene und werden das auch immer bleiben, aber wenn das kurzfristig nicht erreicht werden kann, dann sollte die EU unabhängig vorgehen und ihren Teil der Verantwortung übernehmen. Wir gehen davon aus, dass die Kommission in Kürze eine Studie und danach einen konkreten Legislativvorschlag vorlegen wird.

Eine Finanztransaktionssteuer ist das beste Instrument zum Schutz vor Spekulationen auf den Märkten und für die Finanzierung von globalen Kollektivgütern. Gleichzeitig könnte sie aber auch ein effektives Instrument für die Unterstützung einer proaktiven Wirtschaftsbelebung in Europa sein. An dieser Stelle möchte ich auch sagen, dass diejenigen, die immer behaupten, dass das Projekt der europäischen Integration ein antisoziales Projekt ist, sich von jetzt an vielleicht etwas zurückhalten sollten. Denn, um es mit den Worten von Oxfam zu sagen: „Das Europäische Parlament hat heute durch seine Forderung nach einer europäischen Robin-Hood-Steuer weltweit Maßstäbe gesetzt.“

 
  
MPphoto
 
 

  Proinsias De Rossa (S&D), schriftlich. – Ich unterstütze diesen Bericht, in dem die EU aufgefordert wird, die Einführung einer Finanztransaktionssteuer auf globaler Ebene zu fördern, und falls ihr das nicht gelingt, eine Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene einzuführen. Die spektakuläre Zunahme von Finanztransaktionen in der globalen Wirtschaft in den letzten zehn Jahren – das Volumen erreichte 2007 insbesondere infolge des Booms im Derivatemarkt ein Niveau, das 73,5-mal höher war als das globale BIP – macht deutlich, dass immer weniger ein Zusammenhang zwischen Finanztransaktionen und den Erfordernissen der Realwirtschaft besteht. Der Finanzsektor ist zu gering besteuert. Bemerkenswerterweise unterliegen die meisten Finanzdienstleistungen nicht der Mehrwertsteuer. Es müssen Maßnahmen eingeleitet werden, um die Einnahmen aus diesem Sektor zu erhöhen und zu einer Verlagerung der Steuerlast von den Arbeitnehmern beizutragen. Der Großteil der Kosten der Krise wurde bislang von den Steuerzahlern getragen. Die Finanzinstitutionen und ihre Akteure, die jahrelang von übermäßig hohen Eigenkapitalrenditen und Bonuszahlungen profitiert haben, müssen einen gerechten Anteil an diesen Kosten übernehmen. Es wird geschätzt, dass eine Finanztransaktionssteuer mit einem geringen Steuersatz in der EU jährlich fast 200 Mrd. EUR und weltweit 650 Mrd. USD einbringen und auf diese Weise einen wesentlichen Beitrag des Finanzsektors zu den Kosten der Krise und zur langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen darstellen könnte.

 
  
MPphoto
 
 

  Kinga Göncz (S&D), schriftlich.(HU) In Zeiten angespannter finanzieller Verhältnisse gibt es wohl kaum naheliegendere Ressourcen zum Erreichen unserer gemeinsamen europäischen Ziele als Steuern auf Finanztransaktionen auf internationaler oder europäischer Ebene, die Eurobonds, die europäischen Projektanleihen und andere innovative Finanzinstrumente. Wenn es uns mit unseren Entschließungen und den in der Strategie EU 2020 festgelegten Zielen ernst ist, dann müssen wir die neuen Finanzierungsinstrumente unterstützen, die es uns ermöglichen, diese zu erreichen. Es sind neue Ressourcen notwendig, um Energie- und Transportnetze zu entwickeln, den Klimawandel zu bekämpfen und Maßnahmen zu finanzieren, die zur sozialen Eingliederung beitragen sollen. Diese Ressourcen sollten die Steuerzahler, die bereits jetzt unter den Folgen der Sparmaßnahmen leiden, nicht zusätzlich belasten. Nach Meinung von Finanzexperten kann eine Finanztransaktionssteuer, die das Ausmaß der Spekulationen und die übermäßige Risikobereitschaft bei den Finanzinstitutionen einschränkt – für die sich die Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament lange eingesetzt hat –, auf europäischer Ebene eingeführt werden, ohne dass der Finanzsektor aus Europa vertrieben würde. Eine Finanztransaktionssteuer in Höhe von 0,05 % würde jährlich 200 Mrd. EUR zum Haushalt beitragen. Andere innovative Finanzierungsmaßnahmen wie die Emission von Eurobonds könnten auch zur Erhöhung der Haushaltseinnahmen beitragen.

 
  
MPphoto
 
 

  Cătălin Sorin Ivan (S&D), schriftlich.(RO) Nachdem wir die Finanzkrise durchlebt haben, die die Volatilität der Aktien der Finanzinstitutionen offenbart hat, haben wir es als notwendig befunden, eine Steuer auf Finanztransaktionen auf europäischer Ebene einzuführen, ein Thema, dass auch der Europäische Rat ausführlich diskutiert hat.

Das ist zum Großteil das Verdienst der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament, der auch die designierte Berichterstatterin angehört. Es ist uns gelungen, ein starkes Signal auszusenden, insbesondere dadurch, dass wir den problematischsten Änderungsantrag angenommen haben, der auf die Einführung der Steuer auf europäischer statt auf globaler Ebene abzielt. Auf diese Weise haben wir unsere guten Absichten und unsere feste Überzeugung zum Ausdruck gebracht, dass die Maßnahmen in der EU eine größere Wirkungskraft entwickeln und messbare und unmittelbare Vorteile einbringen können. In diesem Zusammenhang muss ich wiederholen, dass die von den konservativen Regierungen stark forcierte Sparpolitik höchst ungerecht und auch demagogisch ist, zumal die Wirtschaftskrise nicht durch die einfachen Bürger verursacht worden ist, sondern durch die Institutionen des Finanz- und Bankenwesens, die ein übermäßig liberales Konzept des Finanzsystems vertreten haben. Man muss wieder eine größere Gerechtigkeit anstreben, und daher ist diese Steuer die beste Maßnahme, über die wir verfügen.

 
  
MPphoto
 
 

  Alfredo Pallone (PPE), schriftlich. (IT) Diese Diskussion ist auf ethischer, politischer und sogar auf technischer Ebene faszinierend. Das Problem ist, dass die Umsetzung nicht auf einem begrenzten Gebiet erfolgen kann: Man muss sich auf die Lösung gemeinsam und auf Ebene der G20 einigen, denn wenn sie nicht von allen umgesetzt wird, dann wird sie zu einem Bumerang, der zwangsläufig eine Verlagerung der Finanztransaktionen zur Folge hätte. Wir sind nicht hier, um Spekulanten zu verteidigen, oder diejenigen, die auf den Finanzmärkten wie in einem Spielkasino gespielt haben, aber andererseits können wir keine Maßnahmen einleiten, die teilweise durch Demagogie beeinflusst wurden, nur um das Gesicht zu wahren; Maßnahmen, die dann in der Praxis einen größeren Schaden verursachen, als den, den wir verhindern wollten. Wir sollten uns daher nicht von ausschließlich ideologischen Gründen leiten lassen, und uns stattdessen die Fakten ansehen. Wir alle sind uns einig, dass es notwendig ist, den Spekulationen um ihrer selbst willen Einhalt zu gebieten und das Verursacherprinzip einzuführen, aber um dies zu tun, ist es notwendig, eine Herangehensweise zu wählen, die auf gut fundierten Daten, Zahlen und einer statistischen Analyse basiert. Wir müssen eine Lösung finden, die die Notwendigkeit berücksichtigt, eine gewisse Art von Spekulationen einzudämmen. Und wir müssen die EU daran hindern, sich vom globalen Markt zurückzuziehen, was zu einer Zeit, in der wir investieren müssen und in der wir versuchen müssen, die Krise zu überwinden, mehr Probleme verursachen würde.

 
Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen