ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
16. Januar 2003
gemäß Artikel 37 Absatz 2 der Geschäftsordnung
von Benedetto Della Vedova und anderen:
Generoso Andria, Paolo Bartolozzi, Roberto Felice Bigliardo, Emma Bonino, André Brie, Renato Brunetta, Marco Cappato, Paulo Casaca, Michael Cashman, Raffaele Costa, Chris Davies, Gianfranco Dell'Alba, Giuseppe Di Lello Finuoli, Andrew Nicholas Duff, Olivier Dupuis, Carlo Fatuzzo, Jas Gawronski, Fiorella Ghilardotti, Christopher Huhne, Giorgio Lisi, Mario Mantovani, Claudio Martelli, Mario Mauro, Pietro-Paolo Mennea, Domenico Mennitti, Reinhold Messner, Marco Pannella, John Purvis, Amalia Sartori, Olle Schmidt, Charles Tannock, Franz Turchi und Maurizio Turco
zum Hunger in der Welt und zur Beseitigung der Handelshemmnisse gegenüber den ärmsten Ländern der Erde
B5‑0060/2003
Entschließung des Europäischen Parlaments zum Hunger in der Welt und zur Beseitigung der Handelshemmnisse gegenüber den ärmsten Ländern der Erde
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die Ergebnisse des Welternährungsgipfels, der im Juni 2002 in Rom stattfand,
– unter Hinweis auf die von der Ministerkonferenz in Doha angenommene Erklärung,
– unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 2820/98 über ein Mehrjahresschema allgemeiner Zollpräferenzen, geändert durch die Verordnung 416/2001 des Rates (Initiative „Alles außer Waffen“),
A. in der Erwägung, dass – wie auf dem letzten von der FAO organisierten Welternährungsgipfel in Rom festgestellt wurde – weltweit stündlich 900 Menschen an Hunger sterben, 800 Millionen Menschen, davon 300 Millionen Kinder, nicht über ausreichende Nahrungsmittel verfügen und sich die Situation, wie die FAO erklärt, in den ärmsten Ländern Südafrikas weiter verschlimmert,
B. in der Erwägung, dass in einer neuen Analyse der Weltbank darauf hingewiesen wird, dass allein über das Instrument der Liberalisierung des internationalen Handels über 320 Millionen Menschen bis zum Jahr 2015 aus der Armut herausgeführt werden könnten, und dass aus einer Studie von Oxfam hervorgeht, dass ein Anstieg von 1% des Anteils der afrikanischen Länder südlich der Sahara am weltweiten Export zu einer Steigerung des Jahreseinkommens dieser Länder um rund 70 Mrd. US-Dollar – was fünf Mal so viel ist wie die empfangenen Hilfeleistungen – und zu einem Rückgang von 20% (d.h. 60 Millionen Menschen) der Anzahl derjenigen, die unter der Armutsschwelle leben, führen würde,
C. unter Hinweis darauf, dass die wachsende Einbeziehung in den Welthandel in den letzten Jahrzehnten vielen Ländern, insbesondere in Asien, die Möglichkeit gegeben hat, ihre Entwicklung einzuleiten und zu konsolidieren sowie die Armut drastisch zu verringern, dass hingegen in den Ländern, vor allem südlich der Sahara, die vom internationalen Handel ausgeschlossen sind, die Geißel des Hungers und der Armut weiter um sich greift,
D. unter Hinweis darauf, dass die jüngste Initiative der Kommission „Alles außer Waffen“, die sich ganz besonders an die 48 ärmsten Länder der Welt richtet und deren Ziel es ist, ihren Exporten in die EU, ausgenommen Waffen, zollfreien Zugang zu gewähren, bis Ende 2009 umgesetzt werden soll,
E. unter Hinweis darauf, dass die Komponente „Zeit“ für jede politische Aktion, vor allem jedoch für die Millionen Menschen, die in Armut leben, ausschlaggebend ist, was bedeutet, dass eine Verzögerung der Maßnahmen, die zur Bekämpfung der Armut beitragen können, ihrem täglichen Kampf ums Überleben jede konkrete Hoffnung rauben würde,
F. in der Erwägung, dass die Höhe der von den entwickelten Ländern auf die Erzeugnisse der Entwicklungsländer angewandten Zölle (Oxfam zufolge sind sie durchschnittlich vier Mal so hoch wie die von den Entwicklungsländern gegenüber den entwickelten Ländern angewandten Zölle) diese – Schätzungen der Weltbank zufolge – rund 100 Mrd. Euro kosten, was dem Doppelten von dem entspricht, was sie an Hilfe erhalten,
G. angesichts der grundlegenden Bedeutung der primären Sektoren, insbesondere des Agrarbereichs, für die Wirtschaft der ärmsten Länder,
1. ist der Ansicht, dass die Entwicklung des Welthandels ein konkretes und effizientes Instrument zur drastischen Verringerung der Armut war und in Zukunft in noch größerem Maße sein kann; bedauert, dass den ärmsten Ländern bisher aufgrund der protektionistischen Politiken der reichen Länder sowohl der Zugang zu deren Märkten als auch ein möglicher Ausweg aus der Armut versperrt blieb;
2. bekräftigt die Notwendigkeit und Dringlichkeit für die EU, die Zölle und Einfuhrquoten für Erzeugnisse aus den am wenigsten entwickelten Ländern unverzüglich abzuschaffen und ganz allgemein – erforderlichenfalls einseitig – die gegenüber den Entwicklungsländern angewandten Zölle zu senken, wobei deren Abschaffung einzuleiten und ein entsprechender Zeitplan aufzustellen ist;
3. ist der Ansicht, dass der Zeitplan für die Umsetzung der Initiative „Alles außer Waffen“ – der sich angesichts der Dringlichkeit und des dramatischen Charakters der Bekämpfung der Armut über einen übermäßig und unberechtigterweise langen Zeitraum erstreckt, insbesondere in Bezug auf die Grundnahrungsmittel wie Reis und Zucker, deren Zölle erst Ende 2007 um 50% gesenkt und erst Ende 2009 endgültig abgeschafft werden – deren Effizienz erheblich beeinträchtigt; fordert somit die Wiederbelebung der Initiative „Alles außer Waffen“ über ihre vollständige Durchsetzung bis Ende 2003 und ihre Erweiterung auf eine größere Anzahl von Ländern;
4. ist der Ansicht, dass – in Übereinstimmung mit der in Doha angenommenen Ministererklärung, deren Ziel die Aufnahme einer „development round“ und die Ausarbeitung eines fairen und marktorientierten Handelssystems im Agrarbereich ist – eine effiziente Politik zur Bekämpfung von Armut und Unterentwicklung nicht ohne eine radikale Reform der von den entwickelten Ländern durchgeführten Agrarpolitik, die übermäßige Produktionskapazitäten und insbesondere über die Exportsubventionen schwerwiegende „Dumping“-Effekte gegenüber den Landwirten der ärmsten Wirtschaftssysteme schafft, möglich ist;
5. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Regierungen der Mitgliedsländer zu übermitteln.