ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
16.1.2006
gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung
von
– Karl-Heinz Florenz, Eija-Riitta Korhola und Anders Wijkman im Namen der PPE-DE-Fraktion
– Guido Sacconi, Dorette Corbey und Edite Estrela, im Namen der PSE-Fraktion
– Chris Davies im Namen der ALDE-Fraktion
– Satu Hassi im Namen der Verts/ALE-Fraktion
– Liam Aylward im Namen der UEN-Fraktion
– Kartika Tamara Liotard, Roberto Musacchio, Umberto Guidoni, Dimitrios Papadimoulis, Jonas Sjöstedt, Paul Verges, Ilda Figueiredo und Willy Meyer Pleite im Namen der GUE/NGL-Fraktion
– Johannes Blokland
zum Klimawandel
B6‑0027/2006
Entschließung des Europäischen Parlaments zum Klimawandel
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die 11. Vertragsstaatenkonferenz über die Rahmenkonvention der Vereinten Nationen zum Klimawandel sowie auf die parallel stattfindende erste Sitzung der Vertragsstaaten zum Kyoto-Protokoll, die beide im Dezember 2005 in Montreal stattfanden,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen und insbesondere jene vom 12. Mai 2005 zu dem Regierungsexpertentreffen zum Klimawandel und vom 16. November 2005 zur Strategie für eine erfolgreiche Bekämpfung der globalen Klimaänderung,
– gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
1. begrüßt das allgemeine Ergebnis der Konferenz, insbesondere die Eröffnung des Dialogs über eine künftige Klimawandel-Regelung, nicht nur im Zusammenhang mit dem Kyoto-Protokoll, sondern auch mit der UN-Rahmenkonvention zum Klimawandel; begrüßt ferner die guten technischen Fortschritte, die im Hinblick auf die Durchführungsbestimmungen zur bestehenden Klimawandel-Regelung gemacht wurden;
2. beglückwünscht die kanadische Präsidentschaft zu der Energie und dem Einsatz, mit denen sie die Konferenz vorbereitet und zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht hat;
3. begrüßt die Bereitschaft der in Anhang I des Kyoto-Protokolls genannten Vertragsstaaten in Montreal, einem zweiten Verpflichtungszeitraum nach 2012 zuzustimmen;
4. begrüßt die weitere Führungsposition der Europäischen Union im Hinblick auf eine Förderung eines internationalen Einvernehmens in Montreal; ist jedoch der Auffassung, dass sie sich nicht mit dieser Rolle zufrieden geben sollte, und fordert, dass sie in künftigen Gesprächen mit ihren internationalen Partnern an ehrgeizigen Zielen festhält;
5. bedauert, dass die amerikanische Regierung weiterhin nicht bereit ist, sich an einer vernünftigen internationalen Partnerschaft im Hinblick auf den Klimawandel zu beteiligen; stellt aber fest, dass sie zumindest nicht einer Vereinbarung in Montreal im Wege stand; begrüßt ferner den stärkeren Nachdruck, der jetzt von vielen wichtigen Persönlichkeiten der amerikanischen Gesellschaft, darunter Mitglieder beider Kammern und beider Parteien, an der Gesetzgebung beteiligte Persönlichkeiten aus den einzelnen Staaten, Bürgermeister, NRO und viele Persönlichkeiten aus der Wirtschaft auf die Bekämpfung des Klimawandels gelegt wird;
6. begrüßt, dass sich Entwicklungsländer mit rasch voranschreitender Industrialisierung im Dialog über den Klimawandel intensiver einzubringen scheinen und innovative Wege der Bekämpfung des Klimawandels und der Anpassung an ihn erkunden;
7. stellt mit Zustimmung die Annahme einer Reihe wichtiger Durchführungsmaßnahmen fest, die sich darauf richten, das Potenzial des Kyoto-Protokolls angemessen zu nutzen, insbesondere:
- i)die definitive Annahme der Marrakesh Accords und des Kyoto „Rule Book“;
- ii)die Vereinbarung über eine Regelung zur korrekten Einhaltung des Kyoto-Protokolls;
- iii)die Stärkung des Mechanismus der sauberen Entwicklung (CDM), durch bessere Finanzierung, weniger Bürokratie und allgemein größere Operationalität;
- iv)die Wiedereinführung der gemeinsamen Umsetzung, damit auch diese künftig eine stärkere Rolle spielen kann;
- v)die Annahme eines Fünfjahres-Programms zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels, wobei es sich um entscheidende ergänzende Maßnahmen zu den auf Minderung gerichteten handelt;
8. begrüßt die Erkenntnis von Montreal, dass die in Anhang I genannten Vertragsstaaten des Kyoto-Protokolls einen Verlängerungszeitraum nach 2012 brauchen, dass aber zwischen dem ersten und dem zweiten Vertragszeitraum keine Lücke entstehen sollte; ist der Auffassung, dass deshalb dringend zu neuen Gesprächen eingeladen werden sollte, damit diese rechtzeitig beendet und der Ratifizierungsprozess abgeschlossen werden kann; wiederholt in diesem Zusammenhang seine Aufforderung aus seiner Entschließung vom 16. November 2005, dass für eine Einigung über künftige Klimaverpflichtungen eine Frist – und zwar Ende 2008 – gesetzt werden sollte;
9. stellt fest, dass die Vertragsstaaten des Kyoto-Protokolls ihre ersten Stellungnahmen bis zum 15. März 2006 unterbreiten müssen und die erste Sitzung der zuständigen Arbeitsgruppe im Mai 2006 stattfinden soll;
10. begrüßt auch die Aufnahme eines Dialogs im weiteren Zusammenhang der Konvention, der sich auf die Entwicklung wirksamer und geeigneter einzelstaatlicher und internationaler Reaktionen auf den Klimawandel bezieht, und an dem sich alle Länder beteiligen können; stellt ferner fest, dass dieser in Form von Workshops stattfinden wird, die Vertragsparteien aufgefordert sind, bis zum 15. April 2006 erste Stellungnahmen vorzulegen und ein Bericht über die in den beiden anstehenden Konferenzen der Vertragsparteien (COP 12 und COP 13) aufgeworfenen Fragen erstellt werden soll;
11. fordert einen intensiven Dialog zwischen Parlament, Kommission und Rat im Vorfeld aller oben genannten Fristen;
12. fordert nachdrücklich, dass die EU eine ehrgeizige Tagesordnung für beide Gesprächsrunden im Zusammenhang mit dem Kyoto-Protokoll und mit der Konvention vorlegen wird;
13. weist auf die beiden wichtigen Strategieziele hin, die es in seiner Entschließung vom 16. November 2005 genannt hat:
- i)Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf höchstens 2°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau;
- ii)Anstreben erheblicher Emissionsreduzierungen in den entwickelten Ländern um 30% bis 2020 und um 60-80% bis 2050;
14. fordert eine intensive Überprüfung der Vor- und Nachteile innovativer Ansätze zum Erreichen neuer obligatorischer Reduzierungen für die industrialisierten Länder des Anhang I, etwa des Konzepts der Senkung der Emissionen und der Konvergenz sowie des Ansatzes der sektoralen Verpflichtungen, wobei wichtige Entwicklungsländer sich freiwillige Ziele im Hinblick auf Treibhausgasemissionen in den großen industriellen Sektoren setzen und Markt- und Technologieanreize erhalten könnten, um über diese Ziele noch hinaus zu gehen;
15. wiederholt seine Unterstützung für die weitere Nutzung flexibler Mechanismen und für das langfristige Ziel eines globalen Kohlemarktes, der auf einem globalen Handelssystem in Verbindung mit Höchstmengen basiert;
16. fordert eine detaillierte Erkundung der sich durch neue Technologien eröffnenden Möglichkeiten, etwa durch Technologien im Bereich der erneuerbaren Energien und der Entwicklung von Techniken zur Kohlenstoffbindung und -speicherung;
17. ist der Auffassung, dass die Industrieländer des Anhang I weiterhin eine entscheidende Rolle bei der globalen Bekämpfung des Klimawandels spielen müssen; fordert die Vertragsstaaten des Anhang I des Kyoto-Protokolls in diesem Zusammenhang auf, ihren Verpflichtungen nachzukommen und sich ehrgeizige Ziele für einen zweiten Vertragszeitraum nach 2012 zu setzen; fordert außerdem jene Industriestaaten, die das Kyoto-Protokoll noch nicht ratifiziert haben, auf, ihre Position zu überdenken, innenpolitisch entschiedene Maßnahmen zu ergreifen, eine aktive Rolle bei den künftigen internationalen Verhandlungen zu spielen und sich an einer künftigen Klimawandel-Regelung zu beteiligen;
18. unterstreicht die entscheidende Bedeutung der Beteiligung der sich rasch industrialisierenden Entwicklungsländer für eine künftige internationale Klimawandel-Regelung, wobei ihren vitalen Sorgen im Hinblick auf die Förderung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung sowie auf die Bekämpfung der Armut voll Rechnung getragen wird; stellt ihr Zögern fest, sich auf verbindliche Emissionsreduzierungsziele zu diesem Zeitpunkt festzulegen, hofft aber, dass dies schließlich möglich sein wird, und ist der Auffassung, dass die Annahme freiwilliger sektoraler Ziele ein nützlicher erster Schritt sein dürfte; ist ferner der Auffassung, dass die Förderung einer technologischen Partnerschaft zwischen entwickelten und Entwicklungsländern Letzteren bei der Förderung ihres weiteren Wirtschaftswachstums auf nachhaltigerer und umweltfreundlicherer Grundlage helfen wird;
19. fordert nachdrücklich, dass die einzelnen EU-Mitgliedstaaten und die EU insgesamt ihren Verpflichtungen nachkommen, da die Führungsposition der EU bei den internationalen Gesprächen unterhöhlt würde, wenn dies nicht erreicht würde; verpflichtet sich in diesem Zusammenhang, eine systematischere Überwachung der internen gemeinschaftlichen Maßnahmen im Hinblick auf den Klimawandel und das Funktionieren der bestehenden Maßnahmen zu initiieren;
20. unterstreicht die grundlegende Bedeutung eines integrierten gemeinschaftlichen Ansatzes in der Klimawandelpolitik, mit sektoriellen Politiken im Hinblick auf Energieeinsparung und erneuerbare Energien, Verkehr, Landwirtschaft, Industrie, Forschung und Entwicklung usw., wobei sich diese ergänzen müssen und nicht einander widersprechen dürfen; erinnert an seine verschiedenen spezifischen diesbezüglichen Vorschläge in seiner Entschließung vom 16. November 2005;
21. fordert eine rasche Überprüfung der einschlägigen flexiblen Mechanismen:
- i)das Funktionieren der europäischen Emissionshandelsregelung, ihre etwaige Verbesserungsmöglichkeiten (beispielsweise durch Prüfung von Alternativen zum Bestandsschutz (grandfathering), etwa Benchmarking und Versteigerungsverfahren), mögliche Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf den Luftverkehr und andere Sektoren, und schließlich die Verknüpfung mit Regelungen in anderen Ländern;
- ii)Anwendung des Mechanismus der sauberen Entwicklung (CDM) durch die EU-Mitgliedstaaten sowie der gemeinsamen Durchführung, und Möglichkeiten einer weiteren Förderung dieser Mechanismen;
22. unterstreicht die Notwendigkeit einer wirksamen gemeinschaftlichen Kommunikationsstrategie zu Fragen des Klimawandels, die eine angemessene Publizität für die jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Auswirkungen des Klimawandels, die Kosten durch Untätigkeit, die Verbreitung detaillierter Informationen über den CO2-Gehalt aller Produkte und Dienstleistungen, die von der Gemeinschaft vorgeschlagenen politischen Maßnahmen, den gegenwärtigen Stand der internationalen Verhandlungen und die spezifischen Schritte, die auf Ebene der EU, der Mitgliedstaaten und der einzelnen Bürger unternommen werden müssen;
23. fordert, dass alle seine zuständigen Ausschüsse und Delegationen in den Fragen des Klimawandels eng zusammenarbeiten, damit seine Politik in den Bereichen Energie, Verkehr, Landwirtschaft, Forschung und Entwicklung und andere Initiativen besser mit den Zielen im Hinblick auf den Klimawandel koordiniert werden, und dass Fragen des Klimawandels auf Ebene der interparlamentarischen Delegationen und im Zusammenhang des transatlantischen Gesetzgebungsdialogs regelmäßig angeschnitten werden;
24. gibt erneut seiner Unzufriedenheit über den Ausschluss seiner an EU-Delegationen beteiligten Mitglieder von gemeinschaftlichen Koordinierungssitzungen Ausdruck und fordert, dass hier eine rasche Lösung erfolgt, möglichst noch vor COP 12 im November 2006;
25. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Sekretariat der Rahmenkonvention der Vereinten Nationen zum Klimawandel (UNFCCC) zu übermitteln, mit der Bitte, sie an alle Vertragsstaaten, die nicht Mitglieder der EU sind, weiterzuleiten.