Entschließungsantrag - B6-0026/2007Entschließungsantrag
B6-0026/2007

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

16.1.2007

eingereicht im Anschluss an Erklärungen des Rates und der Kommission
gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung
von Filiz Hakaeva Husmenova, Graham Watson, Adrian Cioroianu, Stanimir Ilchev, Tchetin Kazak, Antonyia Parvanova und Frédérique Ries
im Namen der ALDE-Fraktion
zur Haft und zum Verfahren gegen fünf bulgarische Krankenschwestern und einen palästinensischen Arzt, gegen die im Zusammenhang mit dem HIV/Aids-Fall im Kinderkrankenhaus von Banghazi im Jahr 1999 Anklage erhoben wurde

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B6-0024/2007

Verfahren : 2006/2676(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B6-0026/2007
Eingereichte Texte :
B6-0026/2007
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Angenommene Texte :

B6‑0026/2007

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Haft und zum Verfahren gegen fünf bulgarische Krankenschwestern und einen palästinensischen Arzt, gegen die im Zusammenhang mit dem HIV/Aids-Fall im Kinderkrankenhaus von Banghazi im Jahr 1999 Anklage erhoben wurde

Das Europäische Parlament,

–  in Kenntnis der EU-Jahresberichte zur Menschenrechtslage, insbesondere der Jahresberichte 2005 und 2006,

–  unter Hinweis auf seine Entschließungen zum Beitritt Bulgariens zur EU, insbesondere auf seine Entschließungen vom 30. November 2006 (Ziffer 25), vom 15. Dezember 2005 (Ziffer 32) und vom 13. April 2005 (Ziffer 39),

–  in Kenntnis der einschlägigen Schlussfolgerungen des Rates,

–  in Kenntnis der Berichte des EU-Ratsvorsitzes an den Europäischen Rat über die Umsetzung der Strategischen Partnerschaft der EU mit dem Mittelmeerraum vom Dezember 2005 und vom Dezember 2006,

–  unter Hinweis auf alle seine früheren Entschließungen zu diesem Thema,

–  gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die libyschen Behörden am 9. Februar 1999 einige im „Al-Fatih“-Krankenhaus in Banghazi tätige bulgarische medizinische Mitarbeiter festnahmen, und in der Erwägung, dass am 7. Februar 2000 vor dem libyschen Volksgerichtshof ein Verfahren gegen sechs bulgarische Staatsangehörige, einen Palästinenser und neun Libyer wegen vorsätzlicher Infizierung von 393 Kindern mit dem HIV-Virus eingeleitet wurde, wobei der Vorwurf der Verabredung zur Begehung einer Straftat später fallen gelassen wurde,

B.   in der Erwägung, dass das Gericht am 6. Mai 2004 fünf bulgarische Krankenschwestern und einen palästinensischen Arzt zum Tod durch ein Exekutionskommando verurteilte; in der Erwägung, dass der Oberste Gerichtshof Libyens am 25. Dezember 2005 seine Entscheidung zu der gegen das Todesurteil eingelegten Berufung fällte und eine Wiederaufnahme des Verfahrens anordnete; in der Erwägung, dass ab dem 11. Mai 2006 ein neues Verfahren geführt wurde, das die Todesurteile am 19. Dezember 2006 bestätigte,

C.  in der Erwägung, dass stichhaltige Beweise darauf hindeuten, dass die Angeklagten in der Haftanstalt gefoltert worden sind, um falsche Geständnisse zu erpressen; in der Erwägung, dass auch zahlreiche andere eklatante Verletzungen der Rechte der Angeklagten verübt worden sind,

D.  in der Erwägung, dass im Jahre 2003 renommierte internationale Experten für HIV/Aids auf Ersuchen der libyschen Behörden einen Bericht vorlegten, der zu der grundsätzlichen Schlussfolgerung gelangt, dass die Ausbreitung des HIV-Virus auf eine Infektion im Krankenhaus zurückzuführen war, die bereits vor der Ankunft der Angeklagten in Libyen ihren Anfang genommen hatte; in der Erwägung, dass vor kurzem erschienene Veröffentlichungen stichhaltige wissenschaftliche Beweise über den Ursprung und den zeitlichen Verlauf der Infektion in Banghazi enthalten; in der Erwägung, dass diese stichhaltigen Beweise für die Unschuld der Angeklagten außer Acht gelassen worden und unberücksichtigt geblieben sind,

E.  in der Erwägung, dass die EU im November 2004 einen „HIV-Aktionsplan für Banghazi“ auf den Weg brachte, der die technische und medizinische Unterstützung der infizierten Kinder und der betroffenen Familien sowie die Unterstützung der libyschen Behörden bei der Bekämpfung von Aids umfasst; in der Erwägung, dass zwei Millionen Euro aus dem Gemeinschaftshaushalt bereitgestellt wurden, um den Plan mit finanziellen Mitteln auszustatten; in der Erwägung, dass die Umsetzung dieses Aktionsplans sich aufgrund der Unterstützung der Kommission und der EU-Mitgliedstaaten auf einem guten Weg befindet; in der Erwägung, dass eine Vielzahl der infizierten Kinder in den Krankenhäusern der Mitgliedstaaten behandelt werden,

F.  in der Erwägung, dass im Januar 2006 der Internationale Fonds für Banghazi als eine gemeinnützige nichtstaatliche Einrichtung ins Leben gerufen wurde, um die Entwicklung der örtlichen medizinischen Infrastruktur in Banghazi zu unterstützen, die Behandlung der Patienten zu verbessern und den betroffenen Familien Hilfe anzubieten,

1.   verurteilt das am 19. Dezember 2006 vom Strafgerichtshof in Libyen gefällte Urteil, mit dem fünf bulgarische Krankenschwestern, Kristiana Wultschewa, Nassja Nenowa, Walentina Siropulo, Walja Tscherwenjaschka und Sneschana Dimitrowa, und ein palästinensischer Arzt, Aschraf Al Haquq, die im Zusammenhang mit dem HIV/Aids-Fall vom Krankenhaus in Banghazi im Jahr 1999 bereits acht Jahre in Libyen im Gefängnis verbracht haben, im Rahmen der Wiederaufnahme ihres Strafverfahrens für schuldig befunden und zum Tode verurteilt werden;

2.   stellt fest, dass die EU dieses Urteil nicht akzeptieren kann, und setzt fest darauf, dass die Angelegenheit nunmehr einer höheren libyschen Behörde übertragen wird, um bald zu einer gerechten und fairen Lösung in dieser Angelegenheit zu kommen;

3.   bekräftigt seine ernsten Bedenken bezüglich der Grundlage der Anklageerhebung gegen die beschuldigten Personen, sowie zu den Haftbedingungen und den im Verfahren aufgetretenen Verzögerungen;

4.  unterstreicht, dass von dem Verfahren von Banghazi seit Januar 2007 fünf Bürger der Europäischen Union unmittelbar betroffen sind;

5.   fordert die zuständigen libyschen Behörden auf, die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen, um die Todesurteile zu überprüfen und aufzuheben und den Weg zu einer raschen Lösung dieses Falles auf humanitärer Grundlage zu ebnen, um auf diese Weise die erforderlichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Politik des Engagements der Europäischen Union gegenüber Libyen zu erfüllen;

6.   unterstreicht seine Entschlossenheit, diesen Fall genau zu verfolgen, und seine Absicht, zu diesem Zweck einen besonderen Berichterstatter zu benennen;

7.   fordert die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten auf, weiterhin Unterstützung für die Umsetzung des HIV-Aktionsplans zu leisten und den Internationalen Fonds für Banghazi zu unterstützen, um das Leiden der HIV-infizierten Kinder und ihrer Familien zu lindern und den libyschen Behörden zu helfen, die Ausbreitung der HIV-Infektionen im Land einzudämmen und zu bekämpfen;

8.  fordert die Kommission und den Rat auf, im Falle weiterer negativer Entwicklungen, eine Überprüfung der Politik des Engagements der Europäischen Union gegenüber Libyen in allen einschlägigen Bereichen, in denen die Union dies für angebracht hält, in Erwägung zu ziehen;

9.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen der Mitgliedstaaten, der Regierung Libyens, der Parlamentarischen Versammlung des Europarats und dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zu übermitteln.