Entschließungsantrag - B6-0428/2008Entschließungsantrag
B6-0428/2008

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

17.9.2008

eingereicht im Anschluss an die Anfragen zur mündlichen Beantwortung B6‑0460/2008 und B6-0461/2008
gemäß Artikel 108 Absatz 5 der Geschäftsordnung
von Giles Chichester und Urszula Gacek
im Namen der PPE-DE-Fraktion
zur Steuerung der Energiepreisentwicklung

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B6-0428/2008

Verfahren : 2008/2628(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B6-0428/2008
Eingereichte Texte :
B6-0428/2008
Angenommene Texte :

B6‑0428/2008

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Steuerung der Energiepreisentwicklung

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine Entschließungen zur Abhängigkeit vom Erdöl vom 29. September 2005 (P6-TA (2005)361) und zur Krise im Fischereisektor infolge des Anstiegs des Dieselkraftstoffpreises vom 19. Juni 2008 (P6-TA (2008)308),

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission über Maßnahmen gegen die steigenden Ölpreise (KOM (2008)348 endg.),

–  in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates vom 19./20. Juni 2008,

–  unter Hinweis auf die Vereinbarung des informellen Rates Wirtschaft und Finanzen vom 12.-13. September 2008,

–  gestützt auf Artikel 108 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die Ölpreise in diesem Sommer real so stark wie nie zuvor angestiegen sind, die Preise für andere Energieprodukte ebenfalls gestiegen sind und die Treibstoffpreise für die Verbraucher dem Trend des Rohölpreises gefolgt sind; in der Erwägung, dass der schwache Dollar zum Anstieg der Ölpreise beigetragen hat,

B.  in der Erwägung, dass die Ölpreise Schätzungen zufolge mittel- bis langfristig hoch bleiben werden und dass sich dies negativ auf die Inflation und das Wachstum der Wirtschaft in der EU auswirkt,

C.  in der Erwägung, dass das höhere Preisniveau die Kaufkraft der EU-Bürger aushöhlt, wobei die Haushalte mit den niedrigsten Einkommen sowie die energieintensiven Industriezweige am stärksten unter den Folgen zu leiden haben,

D.  in der Erwägung, dass der sprunghafte Anstieg der Energiepreise von einer ganzen Reihe komplexer Faktoren beeinflusst wird: strukturelle Verlagerungen der Ölversorgung und ‑nachfrage, schrumpfende Zahl und Größe neuer Ölfelder, begrenzte Ausweitung der Ölförderung, geopolitische Faktoren, weniger Investitionen in technologischen Fortschritt, höhere Investitionskosten und Mangel an qualifizierten Arbeitskräften in den wichtigsten Ölförderländern,

E.  in der Erwägung, dass mehr Transparenz, die Zuverlässigkeit und die häufigere Veröffentlichung von Daten über die kommerziellen Ölvorräte für ein effizientes Funktionieren der Ölmärkte wichtig sind,

F.  in der Erwägung, dass die Investoren wegen der derzeitigen finanziellen Turbulenzen nach alternativen Investitionen gesucht haben, und dass dies kurzfristig zu einer verstärkten Volatilität der Preise beigetragen hat,

G.  in der Erwägung, dass die Wirtschaft der EU nach wie vor stark von Ölimporten abhängig ist und dass potenzielle neue Ölfelder größtenteils „unkonventionelle Lagerstätten“ sind, deren Erschließung höhere Investitionen erfordert,

1.  ist besorgt über den Anstieg der Energiepreise, vor allem wegen der negativen Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft und ihre Wettbewerbsfähigkeit, die die Erreichung der Ziele der Lissabon-Strategie behindern,

2.  hält es für dringend notwendig, Maßnahmen zu ergreifen, die die EU-Wirtschaft in die Lage versetzen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und sich an das neue durch den Ölpreis bedingte Umfeld anzupassen;

3.  fordert ein starkes politisches Engagement für den Übergang zu einer EU-Wirtschaft mit geringem CO2-Ausstoß, die Förderung von erneuerbaren Energien, Energieeffizienz und anderen Energieträgern mit geringem CO2-Ausstoß, eine forcierte Diversifizierung der Energieversorgung und die Verringerung der Abhängigkeit vom Import fossiler Brennstoffe, da eine solche Reaktion auf die gestiegenen Ölpreise in höchstem Maße logisch ist; ist davon überzeugt, dass auf diese strategischen Maßnahmen umfangreiche finanzielle Zusagen für die Forschung und Entwicklung folgen müssen;

4.  unterstützt die Entscheidung des Europäischen Rates, wonach die Belastungen der ärmsten Haushalte kurzfristig mit gezielten Maßnahmen abgemildert werden sollen; ist jedoch der Auffassung, dass Maßnahmen, die einen Anstieg der Inflationsrate bewirken und weniger Anreize zum Energiesparen bieten, hier nicht in Frage kommen, zumal sie die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beeinträchtigen und durch höhere Ölpreise zunichte gemacht werden können;

5.  stellt mit Sorge fest, dass die Verbraucher nach wie vor höhere Preise zahlen, ohne dass die Abwärtsbewegung der Preise überall voll auf sie durchschlägt;

6.  fordert die Kommission auf, sich stärker darum zu bemühen, die Wettbewerbsbedingungen im Ölsektor zu verbessern und dafür zu sorgen, dass die geltenden Wettbewerbsregeln eingehalten werden; ist der Auffassung, dass ein besonderer Schwerpunkt darauf gelegt werden sollte, Oligopole und Kartelle im Bereich der Raffination und des Vertriebs an die Verbrauchsstellen aufzudecken und zu bekämpfen;

7.  ist der Auffassung, dass die EIB eine bedeutendere Rolle bei der Bereitstellung von Mitteln zur Finanzierung von Projekten in den Bereichen Energieeffizienz, erneuerbare Energien und F&E spielen sollte, mit besonderem Schwerpunkt auf KMU;

8.  fordert die Kommission auf, ihren Vorschlag für eine Richtlinie über Energiesteuern vorzulegen, nachdem sie sorgfältig geprüft hat, welche Auswirkungen die steuerlichen Maßnahmen auf die Inflation, auf neue Investitionen in die Ölförderung und auf den Übergang zu einer Wirtschaft mit geringem CO2-Ausstoß haben könnten;

9.  hält transparentere und zuverlässigere Daten über die Erdölmärkte und die Ölvorräte für überaus wichtig; misst der Erweiterung des Wissensstands über die Preisentwicklung bei Ölprodukten große Bedeutung bei; fordert eine rechtzeitige Überarbeitung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften über Erdölnotvorräte;

10.  fordert die EU auf, einen funktionierenden Dialog mit der OPEC und mit Nicht-OPEC-Ländern aufzunehmen, um auf stabilere Ölpreise, eine berechenbarere Versorgung mit Ölendprodukten und die Umstellung der Zahlung im Erdölgeschäft von US-Dollar auf Euro hinzuwirken;

11.  bekräftigt die Bedeutung einer gemeinsamen Energiepolitik und der Versorgungssicherheit in der EU sowie der Europäischen Nachbarschaftspolitik; ist in diesem Zusammenhang überzeugt, dass die EU beim Energiedialog mit den wichtigsten Öllieferanten die Führung übernehmen sollte; begrüßt den Gedanken, ein hochrangiges Gipfeltreffen der Erdöl produzierenden Länder und der Verbraucherländer in die Wege zu leiten;

12.  fordert die Unternehmen in der EU auf, stärker vorausschauend zu handeln, das heißt, sich durch weitere Investitionen im Hinblick auf Know-how und ingenieurtechnische Kompetenzen bei neuen Technologien die Spitzenposition zu sichern, um ihre Schlüsselrolle als Partner der wichtigsten Erdölförderländer zu behaupten;

13.  stellt fest, dass die großen Ölgesellschaften stärker in die Pflicht genommen werden sollten, damit mehr Privatinvestitionen, die mit den gegenwärtig in der Ölbranche erzielten Zufallsgewinnen finanziert werden, in Energieeinsparungsprogramme, Technologien zur Nutzung alternativer Energieträger und entsprechende F&E-Vorhaben fließen;

14.  fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre in Reaktion auf den Ölpreisanstieg erarbeiteten politischen Maßnahmen abzustimmen; fordert die Kommission auf, eine Analyse vorzulegen, die sich auf die politischen Maßnahmen stützt, die sich in den Mitgliedstaaten bewährt haben, wenn es darum ging, auf die durch die hohen Ölpreise bedingten Herausforderungen zu reagieren;

15.  fordert den Rat auf, forciert eine Einigung über die wichtigsten nächsten Schritte anzustreben, mit denen ein wirklich liberalisierter Energiebinnenmarkt zustande kommt;

16.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.