Entschließungsantrag - B6-0531/2008Entschließungsantrag
B6-0531/2008

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

1.10.2008

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Kommission
gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung
von Helmuth Markov, Jens Holm, Vittorio Agnoletto, Pedro Guerreiro und Jacky Hénin
im Namen der GUE/NGL-Fraktion
zu der Aussetzung der WTO-Verhandlungen über die Entwicklungsagenda von Doha

Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B6-0531/2008
Eingereichte Texte :
B6-0531/2008
Abstimmungen :
Angenommene Texte :

B6‑0531/2008

Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Aussetzung der WTO-Verhandlungen über die Entwicklungsagenda von Doha

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Doha-Ministererklärung der Welthandelsorganisation (WTO) vom 14. November 2001,

–   unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Entwicklungsagenda von Doha,

–   unter Hinweis auf das Schlussdokument der Jahrestagung 2008 der Parlamentarischen Konferenz zur WTO, das am 12. September 2008 in Genf einstimmig angenommen wurde,

–  gestützt auf Artikel 103 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die WTO-Gespräche auf Ministerebene, die im Juli 2008 stattfanden, aufgrund der Meinungsverschiedenheiten zwischen der EU und den Vereinigten Staaten einerseits und großen Entwicklungsländern andererseits über die wesentliche Frage der besonderen Schutzmechanismen (SSM) zum Schutz der Landwirte und zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit in den Entwicklungsländern abgebrochen wurden und dass auch in Bezug auf andere, sehr wichtige offene Fragen wie die „Green Box“, die Harmonisierung der Zölle, Beihilfen für den Baumwollsektor, die Aushöhlung von Präferenzen, geografische Angaben und die Einführung neuer Vorschriften im Hinblick auf Herkunftsangaben, vorherige Zustimmung und Vorteilsausgleich bei Rechten des geistigen Eigentums keine Schlussfolgerungen erzielt werden konnten,

B.   in der Erwägung, dass dieses erneute Scheitern der WTO-Gespräche nach siebenjährigen Verhandlungen darauf zurückzuführen ist, dass die Verhandlungen zwar als „Entwicklungsrunde“ bezeichnet wurden, hauptsächlich jedoch auf weitere Liberalisierung und Deregulierung sowie auf besseren Marktzugang für Konzerne ausgerichtet waren, obwohl doch multilaterale Verhandlungen zur Regulierung des Handels und zum Aufbau eines gerechten Handels notwendig sind, um die Probleme Armut, Epidemien, Arbeitslosigkeit, Umweltzerstörung sowie andere Themen, die nun deutlicher in den Vordergrund treten, wie Klimawandel, Lebensmittelkrise und Finanzkrise, anzugehen,

C.   in der Erwägung, dass die Tatsache, dass hauptsächlich der Marktzugang sowie Deregulierung und Liberalisierung im Vordergrund standen, zu der Blockade der multilateralen Verhandlungen und der Entwicklung bilateraler Vereinbarungen geführt haben, wobei Europa führend ist, wenn es darum geht, bilaterale Verhandlungen über Freihandelsabkommen mit allen AKP-Staaten, den meisten südamerikanischen Staaten sowie asiatischen Staaten auf der Grundlage der in der Mitteilung der Kommission über ein globales Europa festgelegten Freihandelsagenda auf den Weg zu bringen,

1.  nimmt zur Kenntnis, dass die WTO-Verhandlungen – nach der Seattle- und der Cancún-Runde sowie nach siebenjährigem Festhalten an dem irreführenden Konzept eines Gesamtpakets – in Genf erneut gescheitert sind, und teilt den Standpunkt der Entwicklungsländer, dass kein Abkommen besser ist als ein schlechtes Abkommen, mit dem sich die Lage der Armen in der Welt noch weiter verschlimmern würde;

2.  vertritt die Auffassung, dass das erneute Scheitern der WTO-Handelsverhandlungen deutlich macht, dass die Europäische Union ihre Politik in Bezug auf internationale Handelsverhandlungen überprüfen muss, und fordert die Europäische Union nachdrücklich auf, neue Vorschläge für künftige multilaterale Handelsverhandlungen vorzulegen, die auf die Annahme regulierender und stabilisierender Mechanismen für ein gerechtes internationales Handelssystem ausgerichtet sind und sich mit globalen Problemen wie Armut, Unterentwicklung und fehlender Lebensmittelhoheit, Epidemien, Arbeitslosigkeit und Betriebsverlagerungen, Umweltzerstörung und Klimawandel, in die Höhe schnellenden Lebensmittelpreisen und Ernährungsunsicherheit sowie der Finanzkrise befassen; ist ferner der Ansicht, dass dies ein neues Mandat der Kommission durch die EU erforderlich macht;

3.  fordert die EU nachdrücklich auf, von der Aufoktroierung weiterer Freihandelsabkommen Abstand zu nehmen, ihre Strategie für ein globales Europa aufzugeben und die ausschließliche Ausrichtung ihrer Handelspolitik auf Wettbewerbsfähigkeit sowie die einseitige strategische Allianz mit den Vereinigten Staaten gründlich zu überprüfen; bekräftigt, dass es sich für die Milleniums-Entwicklungsziele einsetzt, die als grundlegendes Ziel des multilateralen Handelssystems sowie bilateraler Handelsbeziehungen angesehen werden sollten;

4.  ist der Auffassung, dass die bei den Verhandlungen aufgetretenen Schwierigkeiten auch deutlich machen, dass es dringend notwendig ist, die Frage einer Reform der WTO anzugehen, damit die Organisation effizienter, demokratischer und transparenter wird und es zu einer Erweiterung ihrer Rechenschaftspflicht kommt; schlägt vor, dass ein echtes und breites Bündnis eingegangen wird, das im Einklang mit den Übereinkommen der Vereinten Nationen unter anderem auf den Kernwerten Menschenrechte, soziale Rechte, Arbeitsnormen und Umweltschutz beruht, damit mehr Kohärenz zwischen den Zielen und Vorschriften der WTO und den im Rahmen anderer internationaler Übereinkommen und Vereinbarungen eingegangenen Verpflichtungen erreicht wird;

5.  fordert die Kommission und den Rat auf, eine Vereinbarung zu treffen, damit die uneingeschränkte Beteiligung des Europäischen Parlaments an allen internationalen Handelsverhandlungen der EU gewährleistet ist;

6.  fordert die nationalen Parlamente auf, die Entwicklung dieser wichtigen Verhandlungen im Einklang mit ihren rechtlichen und verfassungsrechtlichen Rahmen so aktiv und nahe wie möglich zu verfolgen;

7.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Generaldirektor der WTO zu übermitteln.