Entschließungsantrag - B7-0155/2009Entschließungsantrag
B7-0155/2009

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat – Ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im Dienste der Bürger – das Programm von Stockholm

18.11.2009

eingereicht im Anschluss an Erklärungen des Rates und der Kommission
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Luigi Berlinguer im Namen des Rechtsausschusses
Juan Fernando López Aguilar im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres
Carlo Casini im Namen des Ausschusses für konstitutionelle Fragen


Verfahren : 2009/2534(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B7-0155/2009

B7‑0155/2009

Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat – Ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im Dienste der Bürger – das Programm von Stockholm

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf den Vertrag von Lissabon, insbesondere seine Bestimmungen zum Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (RFSR), und die neuen gesetzlichen Regelungen zum Schutz der Grundrechte und zur Stärkung der Unionsbürgerschaft, auf die Artikel 2, 6 und 7 des Vertrags über die Europäische Union in der durch den Vertrag von Lissabon geänderten Fassung, auf das Protokoll Nr. 8 zum Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der Fassung des Vertrags von Lissabon betreffend den Beitritt der Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die die gleiche Rechtsgültigkeit hat wie die Verträge,

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 10. Juni 2009 – Ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im Dienste der Bürger (KOM(2009)0262) –, in der die Kommission ihre Prioritäten im RFSR für den Zeitraum 2010 bis 2014 erläutert, sowie unter Hinweis auf ihre Mitteilung zur Evaluierung des Haager Programms und des Aktionsplans (KOM(2009)0263) und den sie ergänzenden Umsetzungsanzeiger („implementation scoreboard“, SEK(2009)0765) sowie auf die Beiträge der nationalen Parlamente, der Zivilgesellschaft und der Agenturen und Organe der EU,

–   unter Hinweis auf den Entwurf eines Dokuments des Ratvorsitzes vom 16. Oktober 2009 mit dem Titel „Das Programm von Stockholm –Ein offenes und sicheres Europa im Dienste der Bürger“ ('The Stockholm Programme – An open and secure Europe serving the citizen') (14449/09),

–   in Kenntnis der gemeinsamen Überlegungen des Rechtsausschusses, des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und des Ausschusses für konstitutionelle Fragen gemäß Artikel 51 der Geschäftsordnung,

–   gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.     in der Erwägung, dass die Verwirklichung des RFSR seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam ein wesentliches Ziel der Europäischen Union gewesen ist; in der Erwägung, dass es absolut notwendig ist, zum ursprünglichen Geist des Programms von Tampere zurückzukehren, das alle Aspekte des Straf- und Zivilrechts umfasste und in dessen Mittelpunkt die Rechtsstaatlichkeit und die Einhaltung der Menschenrechte und Grundfreiheiten standen,

B.     in der Erwägung, dass die Globalisierung nicht nur den Finanzsektor, sondern zunehmend auch den RFSR betrifft; unter Hinweis darauf, dass dies einen ganzheitlicheren politischen Ansatz sowie Maßnahmen zur Bewältigung der dringenden Fragen im Bereich Migration und Asyl und vor allem einen tiefgreifenderen Austausch und eine umfassendere Kooperation zwischen den Akteuren in den Politikbereichen Justiz und Inneres, Entwicklung, internationaler Handel und soziale Angelegenheiten erforderlich macht,

C.     in der Erwägung, dass die Rechtsgrundlagen, Zielsetzungen, Instrumente und Beschlussfassungsmethoden der Politik im Zusammenhang mit dem RFSR durch den Vertrag von Lissabon, der kürzlich entweder durch parlamentarische Abstimmung oder durch Volksabstimmung angenommenen wurde, eine Neugestaltung erfahren werden,

D.  in der Erwägung, dass die Rechte und die institutionelle Rolle, die den nationalen Parlamenten zum ersten Mal durch den Vertrag von Lissabon zugewiesen wurden, positive Auswirkungen vor allem auf die Entwicklung und Funktionsweise des RFSR haben werden, zumal die Einhaltung des Grundsatzes der Subsidiarität besser garantiert sein wird,

 

E.     in der Erwägung, dass in vielen Bereichen der Justiz- und Innenpolitik nationale Lösungen nicht mehr ausreichen, weshalb europäische Antworten auf die internationalen Herausforderungen in den Bereichen Migration, Sicherheit und Technologie, einschließlich der Informations- und Kommunikationstechnologien, entwickelt werden müssen,

 

F.     in der Erwägung, dass die Aufhebung der Kontrollen an den EU-Binnengrenzen eine der größten Errungenschaften der europäischen Integration ist,

G.     in der Erwägung, dass die Bürgerinnen und Bürger auf Unionsebene unmittelbar im Europäischen Parlament vertreten sind und dass die Mitgliedstaaten im Rat von ihrer jeweiligen Regierung vertreten werden, die ihrerseits in demokratischer Weise gegenüber ihrem nationalen Parlament Rechenschaft ablegen muss; in der Erwägung, dass deshalb die erforderliche Parlamentarisierung der Europäischen Union einerseits auf der Erweiterung der Befugnisse des Europäischen Parlaments gegenüber allen Entscheidungsträgern der Europäischen Union und andererseits auf einer stärkeren Kontrolle der nationalen Regierungen durch ihre jeweiligen Parlamente beruhen muss,

H.      in der Erwägung, dass gemeinsame Maßnahmen nicht über die Befugnisse der Gemeinschaft hinausgehen dürfen, ferner in der Erwägung, dass europäische Konzepte nur dann zum Tragen kommen dürfen, wenn sie mehr Erfolg versprechen als nationale Aktionen,

I.      in der Erwägung, dass die Rechte und Schutzrechte der Unionsbürger, insbesondere im Bereich des Datenschutzes zu wahren sind, sowie in der Erwägung, dass die gemeinsame Justiz- und Innenpolitik weiterhin einer parlamentarischen Kontrolle unterliegen muss,

J.      in der Erwägung, dass der Transparenz des Rechtsetzungsprozesses höchste Bedeutung beigemessen werden muss und dass den nationalen Parlamenten und den Bürgern die Möglichkeit gegeben werden sollte, die Gestaltung und Umsetzung der Politik im Zusammenhang mit dem RSFR zu verfolgen und zu kontrollieren,

 

K.     in der Erwägung, dass der Beitritt der Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die im Vertrag von Lissabon vorgesehen ist, den Schutz der Grundrechte in der Union, der sich auf die Charta der Grundrechte und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stützt, nicht beeinträchtigen, sondern einen wertvollen zusätzlichen Schutz darstellen wird, wobei jedoch zu beachten ist, dass eine klare Abgrenzung der Zuständigkeiten des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vorgenommen werden muss,

 

L.     in der Erwägung, dass es im Interesse der durchgreifenden und zügigen Bekämpfung des organisierten Verbrechens sowie von Betrug und Korruption und des Schutzes der finanziellen Interessen der EU erforderlich ist, die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit zu intensivieren, Europol und Eurojust systematischer in die Ermittlungen einzubeziehen, eine Europäische Staatsanwaltschaft einzurichten und effektive und messbare Ergebnisse zu erzielen, und unter Hinweis darauf, dass sich die EU nach dem Willen der Unionsbürger stärker für die Bekämpfung der Korruption einsetzen,

M.    in der Erwägung, dass die Prioritäten der nächsten fünf Jahre im Bereich des Zivilrechts die von einzelnen Bürgern und Unternehmen geäußerten Bedürfnisse widerspiegeln müssen,

 

N.     in der Erwägung, dass für die gegenseitige Anerkennung als Eckpfeiler des RFSR gegenseitiges Vertrauen in die Rechtssysteme der jeweils anderen Länder erforderlich ist und dass diese Werte nur durch gegenseitige Kenntnis und gegenseitiges Verstehen gewährleistet werden können, damit eine europäische Rechtskultur entstehen kann,

 

O.     in der Erwägung, dass der Europäische Rechtsraum auf einer unter den Angehörigen der Rechtsberufe, d. h. Anwälten, Richtern und Staatsanwälten, zu verwirklichenden „europäischen Rechtskultur“ aufbauen muss, die sich nicht nur auf das Gemeinschaftsrecht stützt, sondern sich durch gegenseitige Kenntnis und gegenseitiges Verstehen der einzelstaatlichen Justizsysteme, eine grundlegende Neugestaltung von Studienprogrammen, Austauschprogramme, Studienaufenthalte und gemeinsame Berufsbildungsprogramme mit aktiver Unterstützung des Europäischen Netzes für die Ausbildung und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten und der Europäischen Rechtsakademie entwickelt,

 

P.     in der Erwägung, dass gegenseitiges Vertrauen auch von einer sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene durchgeführten kontinuierlichen Beurteilung der Wirksamkeit und der Ergebnisse der verschiedenen nationalen Systeme abhängt; unter Hinweis darauf, dass in diesem Zusammenhang auf die außerordentlich wertvolle Arbeit der Europäischen Kommission für die Wirksamkeit der Justiz des Europarates verwiesen werden muss,

 

Q.     in der Erwägung, dass die europäischen Netze in den verschiedenen Bereichen des Justizsystems (Europäisches Netz für die Ausbildung und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten, Europäisches Netz der Räte für das Justizwesen, Netz der Präsidenten der obersten Gerichtshöfe der Europäischen Union, Eurojustiz-Netz europäischer Generalanwälte, Europäisches Justizielles Netz für Zivil- und Handelssachen und Netzwerke von Rechtsanwälten) eine aktive Rolle bei der weiteren Verwirklichung einer europäischen Rechtskultur spielen müssen, und unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. September 1991 zur Errichtung einer Europäischen Rechtsakademie[1], seinen Standpunkt vom 24. September 2002 zu dem Erlass des Beschlusses des Rates zur Einrichtung eines Europäischen Netzes für justizielle Ausbildung[2], seine Entschließung vom 9. Juli 2008 zur Rolle des einzelstaatlichen Richters im europäischen Rechtsgefüge[3] und seine Empfehlung vom 7. Mai 2009 an den Rat zur Entwicklung eines Raums der Strafgerichtsbarkeit in der EU[4],

 

R.     in der Erwägung, dass die Cyberkriminalität in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat und zu komplexeren rechtlichen Problemen und einer Belastung der Handlungsfähigkeit der Gerichte geführt hat; in der Erwägung, dass es aufgrund dieser Entwicklungen notwendig ist, die Einrichtung eines Europäischen Gerichts für Cyberkriminalität zu prüfen, das auf Fragen im Zusammenhang mit der Cyberkriminalität spezialisiert ist,

 

Der Vertrag von Lissabon als Wegbereiter für den RFSR

1.      stellt fest, dass das neue Mehrjahresprogramm für den RFSR aller Voraussicht nach gemäß den durch den Vertrag von Lissabon festgelegten neuen Rechtsvorschriften angenommen und durchgeführt wird und dass es demzufolge bereits alle durch diesen Vertrag eingeführten Neuerungen beinhalten muss, die u. a. Folgendes vorsehen:

 

–    die Zusammenarbeit im Raum von Schengen, in deren Rahmen die Freizügigkeit innerhalb der EU geregelt ist, wird als Grundpfeiler des RFSR bestätigt und der Schengen-Raum sollte weiter ausgedehnt werden;

 

–    die Unionsbürgerschaft und der Schutz der Grundrechte werden zum Leitmotiv der Politik im Zusammenhang mit dem RFSR, und die EU-Organe sind zur Einhaltung des Grundsatzes der Gleichstellung der EU-Bürger aufgerufen;

 

–    die Beschlussfassung wird durch die Anwendung des regulären Legislativverfahrens gestärkt, und all dies unter gerichtlicher Kontrolle des Gerichtshofs,

 

–    zusätzliche Sicherheitsklauseln werden für die strenge Einhaltung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit im RFSR sorgen, indem gewährleistet wird, dass eine bestimmte Anzahl nationaler Parlamente einen Frühwarnmechanismus in Gang setzen kann, und indem einem einzelnen Mitgliedstaat das Recht eingeräumt wird, den Entscheidungsprozess mittels einer „Notbremse“ aufzuhalten, wenn er befürchtet, dass ein Vorschlag für einen Rechtsakt im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen wesentliche Elemente seiner internen rechtstaatlichen Ordnung berühren könnte; die Einsatz der „Notbremse“ führt normalerweise zur verstärkten Zusammenarbeit zwischen einer Kerngruppe von Staaten, die ihre Politik aufeinander abstimmen möchten;

 

2.      stellt fest, dass die Tätigkeit der EU glaubhafter wird, da sie sich auf einen neuen oder neu gestalteten rechtlichen Rahmen stützt, einschließlich neuer Bestimmungen über den Schutz der Grundrechte, u.a. der Rechte nationaler Minderheiten, neuer Bestimmungen für die Beseitigung jeglicher Form von Ungleichheit, insbesondere zwischen Mann und Frau (Artikel 8 AEUV) oder jedweder Diskriminierung (Artikel 10 AEUV), von Bestimmungen zur Förderung der Transparenz in allen Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der EU (Artikel 15 AEUV), von Bestimmungen über den Schutz personenbezogener Daten vor Missbrauch durch private oder öffentliche Stellen (Artikel 16 AEUV), über konsularischen und diplomatischen Schutz (Artikel 23 AEUV), über eine gemeinsame Politik im Bereich Asyl und Einwanderung (Artikel 77 ff. AEUV), über die Förderung der Integration von Drittstaatsangehörigen (Artikel 79 Absatz 4 AEUV) und über die Verbesserung der Verwaltung (Artikel 298 AEUV);

 

3.      betont die Notwendigkeit der uneingeschränkten Ausweitung der Zuständigkeit des Gerichtshofs, um es ihm zu ermöglichen, Vorabentscheidungen zu allen den RFSR betreffenden Fragen zu erlassen, und um es der Kommission zu ermöglichen, Vertragsverletzungsverfahren[5] einzuleiten;

 

4.      weist darauf hin, dass der Zugang zur Justiz für die Bürger und Unternehmen im gesamten europäischen RFSR durch die Existenz von nationalen Ausnahmeregelungen („Opt-outs“) komplizierter und weniger transparent wird und dass diese deshalb im Interesse von Fairness, Kohärenz und Einfachheit möglichst vermieden werden sollten;

5.      begrüßt, dass das Mitentscheidungsverfahren durch den Vertrag von Lissabon als reguläres Legislativverfahren in den Bereichen des RFSR, in denen es bislang nicht angewandt wurde, eingeführt wird, wodurch die parlamentarische Kontrolle der verschiedenen Aspekte bzw. Maßnahmen der europäischen Justiz- und Innenpolitik gewährleistet wird; vertritt die Ansicht, dass die Einbeziehung des Europäischen Parlaments in die Ratifizierung internationaler Übereinkommen nur eine notwendige Vervollständigung der Befugnisse darstellt, die ihm intern besonders in den Bereichen zuerkannt werden, die unter den derzeitigen dritten Pfeiler fallen;

 

6.      vertritt die Ansicht, dass dem Grundsatz der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten und zwischen den Mitgliedstaaten und der Union im Bereich des RFSR besondere Bedeutung zukommt und dass dieser Grundsatz besonders im Zusammenhang mit Fragen wie Grenzkontrolle, Einwanderung, Zivilschutz und der Solidaritätsklausel aktiv und verbindlich zum Tragen kommen muss;

Ein kohärenteres, transparenteres und demokratischeres Mehrjahresprogramm

 

7.      vertritt die Ansicht, dass das Programm von Stockholm vor allem Folgendes bewirken sollte:

–    solidarische Bewältigung der Probleme der Migration;

–    Erzielung einer stärkeren Ausgewogenheit zwischen der Sicherheit der Bürger (z.B. Schutz der Außengrenzen, Verfolgung von grenzübergreifender Verbrechen) und dem Schutz ihrer individuellen Rechte;

–    Ermöglichung eines fairen Zugangs zur Justiz für die Bürger und

–    Lösung der praktischen Probleme, denen die Bürger in der Europäischen Union in Fragen gegenüberstehen, für die andere Rechtsordnungen gelten;

 

8.      vertritt die Ansicht, dass ein vorrangiges Ziel bei der Umsetzung dieses Programms darin bestehen sollte, in einem Geist der loyalen Zusammenarbeit sicherzustellen, dass den Bürgern unabhängig davon, an welchem Ort sie sich befinden und ob sie nun mit der von der Union, einschließlich den Agenturen und anderen Gremien, und den Mitgliedstaaten ausgeübten öffentlichen Gewalt konfrontiert werden, ein gleich hohes Maß an Grundrechtsschutz gewährt wird, und dass niemand bei der Wahrnehmung seiner Grundrechte, die den Unionsbürgern in der den Mitgliedstaaten gemeinsamen Tradition der Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit gewährt werden, Nachteile erleidet;

 

Zusammenarbeit zwischen den Parlamenten

9.      stellt fest, dass in dem durch den Vertrag von Lissabon geschaffenen neuen rechtlichen und institutionellen Rahmen weitere Initiativen in Bezug auf den RFSR nur entwickelt werden können, wenn das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente sowie die Zivilgesellschaft gebührend in diese Aufgabe einbezogen werden, um eine offene und kontinuierliche Debatte in Gang zu setzen;

 

10.    fordert einen transparenteren Rechtsetzungsprozess auf EU-Ebene und nationaler Ebene und begrüßt die Anwendung des regulären Legislativverfahrens, das eine weitestgehenden Anwendung des Rechts auf Zugang zu Dokumenten und Informationen im Beschlussfassungsprozess, besonders in den Fällen, in denen ein Vorschlag die Rechte des Einzelnen und des Bürgers beeinträchtigen könnte, unabhängig davon, ob es sich dabei um eine Initiative der Kommission oder einer Gruppe von Mitgliedstaaten handelt, ermöglichen wird;

11.    kündigt im Interesse einer transparenten Rechtsetzung auf internationaler Ebene, auf der – wie sich dies vor allem bei den Entwicklungen im Zusammenhang mit der Haager Konferenz für internationales Privatrecht zeigt – die Kommission über die Gemeinschaftsbefugnis verfügt und dem Europäischen Parlament nur das Zustimmungsrecht bleibt, an, dass es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Entwicklungen auf der Haager Konferenz für internationales Privatrecht genauestens zu verfolgen; verpflichtet sich, die Einrichtung eines Parlamentarischen Forums zu unterstützen, das interessierten MdEPs und Mitgliedern nationaler Parlamente offensteht, um den Parlamentariern eine Möglichkeit zu bieten, sich über die Entwicklungen auf der Konferenz und ihre Arbeit und Ergebnisse zu informieren, und um die verschiedenen Fragen in einem öffentlichen Forum erörtern zu können;

 

12.   begrüßt, dass der Vertrag von Lissabon Mechanismen zur Evaluierung der RFSR-Politik geschaffen hat, und fordert die Einführung eines konkreten Bewertungs- und Evaluierungssystems, insbesondere im Justizbereich, das sich unter enger Einbeziehung des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente auf die Qualität, Wirksamkeit und Gerechtigkeit der geltenden Rechtsakte, der Rechtspflege und des Schutzes der Grundrechte konzentriert;

· stellt deshalb fest, dass es derzeit verschiedene Bewertungssysteme im RFSR gibt und dass diese in einem einheitlichen und kohärenten Rahmen zusammengeführt werden sollten, der alle sich aus Ex-ante-Evaluierungen ergebenden Aspekte der Bewertung der Umsetzung der Rechtsvorschriften umfasst,

· ist deshalb der Auffassung, dass die von verschiedenen EU-Gremien durchgeführten Bewertungen besser koordiniert werden sollten,

· fordert deshalb die Schaffung eines Bewertungssystems, das dem Parlament und den nationalen Parlamenten Zugang zu Informationen hinsichtlich der Unionspolitik (Artikel 70 AEUV) und den Tätigkeiten des Ausschusses für Innere Sicherheit (Artikel 71 AEUV) sowie von EUROPOL (Artikel 88 AEUV) und Eurojust (Artikel 85 AEUV) zusammen mit Frontex, dem Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen und dem Schengener System gibt; vertritt deshalb in diesem Rahmen die Auffassung, dass dem Parlament das Recht eingeräumt werden sollte, eine verbindliche Stellungnahme zur Ernennung der Direktoren der Agenturen abzugeben (da das Parlament auch Teil der Haushaltsbehörde ist);

· ist des Weiteren der Ansicht, dass es, um der Zusammenarbeit des Parlaments mit den nationalen Parlamenten innerhalb des RFSR einen Rahmen zu geben, angezeigt wäre, ein ständiges Forum von Vertretern auf politischer Ebene (zwei pro Parlament + zwei Stellvertreter) zu schaffen, das zwei Mal jährlich zusammentrifft und über einen gemeinsamen Arbeitsraum verfügt, wo alle, auch die vertraulichen Informationen im Zusammenhang mit dem RFSR in Echtzeit ausgetauscht werden könnten; vertritt deshalb ferner die Ansicht, dass die Vertreter der nationalen Parlamente die Möglichkeit erhalten sollten, die Beratungen des Parlaments auf Ausschussebene und die jährliche Debatte des Parlaments über den Fortschritt des RFSR vor Ort zu verfolgen;

 

13.    vertritt die Auffassung, dass eine Verringerung der breiten Kluft zwischen den auf europäischer Ebene gebilligten Vorschriften und Maßnahmen und ihrer Umsetzung auf nationaler Ebene Vorrang haben sollte;

 

14.    fordert eine regelmäßige Bewertung der im Rahmen des Mehrjahresprogramms erzielten Ergebnisse, die Gegenstand einer jährlichen Aussprache im Europäischen Parlament sein sollte, in die die Zivilgesellschaft einbezogen wird, bei der der Schutz der Grundrechte in der EU im Mittelpunkt stehen und die auf Berichten des Rates, der Kommission, des Europäischen Datenschutzbeauftragten und der Europäischen Grundrechteagentur sowie auf Beurteilungen und Untersuchungen unabhängiger Sachverständiger, Beiträgen von Organisationen der Zivilgesellschaft und Entschließungen des Europäischen Parlaments basieren sollte;

 

Ein Europa der Rechte

 

15.    ist der Auffassung, dass der wirksame Schutz und die wirksame Förderung der Grundrechte die Grundlage der Demokratie in Europa bilden und notwendige Voraussetzungen für die Konsolidierung des RFSR sind;

 

16.    erinnert ferner daran, dass die Union der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten beitreten soll und folglich die Verhandlungen über den Beitritt der Union zur EMRK unverzüglich aufgenommen werden sollten;

 

17.    fordert die Kommission auf, die interinstitutionelle Vereinbarung unter Berücksichtigung des Vertrags von Lissabon und der Folgen der Verknüpfung zwischen der EMRK, dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und den Organen der EU weiterzuentwickeln;

 

18.    erinnert daran, dass die Charta der Grundrechte der Union durch den Vertrag von Lissabon im gleichen Maße rechtsverbindlich wird wie die Verträge und uneingeschränkt auf alle im Bereich des RFSR ergriffenen Maßnahmen anwendbar wird und dass der Europäische Gerichtshof über ihre Einhaltung wacht; bedauert jedoch die Einführung des Protokolls, das die Wirkung der Charta auf das innerstaatliche Recht zweier Mitgliedstaaten einschränkt, und bekräftigt seine Besorgnis über die Ungleichheit, die dies unter den Menschen hervorrufen kann;

 

19.    fordert eine gründliche und objektive Überprüfung der Notwendigkeit, Verhältnismäßigkeit und Wirksamkeit bestehender Maßnahmen im Bereich der Freiheit und des Rechts einschließlich ihrer Folgen für den Schutz und die Förderung der Werte und Grundsätze der EU und der Grundrechte der Bürger; fordert eine Folgenabschätzung in Bezug auf die Grundrechte und die Werte der EU für alle neuen Maßnahmen, Legislativvorschläge und Programme, aus der eindeutig hervorgehen sollte, welche Grundrechte von der betreffenden Maßnahme betroffen sein könnten und welche Schritte geplant sind, um sie in Einklang mit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit zu schützen; ist der Auffassung, dass die Agentur für Grundrechte während des gesamten Beschlussfassungsprozesses über Legislativvorschläge, die sich auf die Grund- und Menschenrechte auswirken, konsultiert werden sollte;

 

20.    erachtet die Todesstrafe als grausame, unmenschliche und erniedrigende Bestrafung und fordert die Union und ihre Mitgliedstaaten auf, sich energisch für ihre Abschaffung in allen Ländern der Welt einzusetzen;

Kampf gegen Diskriminierung, Förderung der Integration

 

21.    fordert, dass Maßnahmen ergriffen werden, um die EU-Bürger und die in der EU ansässigen Personen umfassend über ihre Grundrechte zu informieren – dazu gehören sowohl auf die breite Öffentlichkeit als auch auf schutzbedürftige Gruppen gerichtete Sensibilisierungskampagnen, informelle Bildungsinitiativen und die durchgängige Berücksichtigung des Diskriminierungsverbots und des Aspekts der Gleichstellung in den offiziellen Lehrplänen – und, um den im Bereich des RFSR tätigen Einrichtungen der EU und der Mitgliedstaaten die Schlüsselrolle der Grundrechte bewusster zu machen und im Falle der Verletzung dieser Rechte Möglichkeiten aufzuzeigen, entweder auf nationaler oder auf europäischer Ebene den Rechtsweg zu beschreiten;

 

22.    fordert die unverzügliche Annahme der horizontalen Richtlinie über Nichtdiskriminierung und die Umsetzung der geltenden Rechtsinstrumente durch den Rat; ist überzeugt, dass Vielfalt die Union bereichern wird und dass die Union ein sicheres Umfeld sein muss, in dem Unterschiede und nationale Empfindsamkeiten respektiert und die Schwächsten, wie die Roma, geschützt werden; bekräftigt deshalb seine Forderung, dass ein Schwerpunkt des Programms von Stockholm darin bestehen sollte, aktiv zur stärkeren Sensibilisierung für Rechtsvorschriften gegen Diskriminierung und für Gleichbehandlung von Männern und Frauen beizutragen und gegen Armut, Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, des Alters, der sexuellen Orientierung, des Alters, einer Behinderung, der Religionszugehörigkeit oder Weltanschauung, der Hautfarbe, der Abstammung oder nationaler oder ethnischer Herkunft, sowie gegen Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Homophobie und für den Schutz von Kindern und Minderheiten vorzugehen; vertritt die Auffassung, dass geltende Instrumente und Maßnahmen gegen die Anwendung von Gewalt gegen Frauen umfassend und energisch eingesetzt und angewandt werden sollten; fordert deshalb den spanischen Ratsvorsitz und die folgenden Ratsvorsitze auf, sich während ihrer Amtszeit für eine europäische Regelung zum Schutz der Opfer einzusetzen, um zu gewährleisten, dass Opfer dieser Form von Gewalt in allen Mitgliedstaaten den gleichen Schutz genießen;

 

23.    weist darauf hin, dass eine der größten Bedrohungen der inneren Sicherheit vom Standpunkt eines gewöhnlichen Bürgers aus gesehen die soziale Ausgrenzung ist; weist darauf hin, dass Arbeitslosigkeit und andere Einkommensprobleme wie Überschuldung, verstärkt durch die weltweite Finanzkrise, das Risiko der Ausgrenzung verstärken und dass ethnische Minderheiten stark gefährdet sind, da für sie auch das Risiko besteht, Opfer von Diskriminierungen und rassistischer Kriminalität zu werden;

 

24.    fordert, dass die Europäische Grundrechteagentur verlässliche und vergleichbare statistische Daten zu allen Gründen für eine Diskriminierung einschließlich der Diskriminierung nationaler Minderheiten erfasst, diese verschiedenen Gründe gleich behandelt und diese Daten in leicht verständlicher Form veröffentlicht, und teilt die Ansicht der drei Ratsvorsitze (spanischer, französischer und ungarischer Ratsvorsitz), dass das Mandat der Grundrechteagentur so schnell wie möglich überprüft werden sollte und dass eine solche Überprüfung Gelegenheit bietet, die Zusammenarbeit mit dem Europarat zu vertiefen, und Spielraum bietet, um eine Ausweitung des Mandats der Grundrechteagentur zu erwägen, das derzeit von ihr verlangt, die Lage der Grundrechte innerhalb der Europäischen Union zu prüfen;

 

25.    bekräftigt, dass sich die Union und ihre Mitgliedstaaten mit vereinten Kräften für eine vollständige Eingliederung von schutzbedürftigen Bevölkerungsgruppen und speziell der Roma in die Gesellschaft einsetzen müssen, indem sie ihre Einbindung in das Bildungssystem und den Arbeitsmarkt fördern und etwaige gegen sie gerichtete Gewaltakte unterbinden;

26.    betont, dass die EU-Gesetzgeber und -Politiker zwar ein umfassendes Paket an Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Mehrfachdiskriminierung verabschiedet haben, der Frauen mit Minderheitenhintergrund, vor allem Roma-Frauen, ausgesetzt sind, jedoch noch keine nennenswerten Fortschritte zu verzeichnen ist; fordert die Mitgliedstaaten daher auf, die Umsetzung aller Maßnahmen in Bezug auf das Phänomen der Mehrfachdiskriminierung zu überprüfen;

Stärkung der Rechte im Zusammenhang mit der Unionsbürgerschaft

 

27.    weist darauf hin, dass die Bürger durch die Einführung der „Bürgerinitiative“ in den Vertrag von Lissabon die Ausübung der souveränen Macht der Union unmittelbar beeinflussen werden, da sie zum ersten Mal unmittelbar an der Initiierung europäischer Rechtsetzungsvorschläge beteiligt sind; fordert nachdrücklich, dieses neue Instrument auf eine Art und Weise umzusetzen, die die Menschen wirklich zu seiner Verwendung ermutigt, und fordert die Kommission auf, alle Initiativen, die die rechtlichen Kriterien erfüllen, gebührend zu berücksichtigen;

28.    begrüßt die im Vertrag von Lissabon enthaltene Bestimmung, die eine „Bürgerinitiative“ vorsieht, und fordert die Kommission auf, bei der Vorlage eines Vorschlags für die praktischen Aspekte ihrer Umsetzung die Rolle des Parlaments und das bestehende Petitionsrecht gebührend zu berücksichtigen;

 

29.    beabsichtigt, einen neuen Vorschlag für eine grundlegende Reform des Gesetzes über die Wahlen zum Europäischen Parlament auf den weg zu bringen; bekräftigt seinen Standpunkt, dass der Rat, um die europäischen Bürger zu ermutigen, sich an den Europawahlen an ihrem Wohnort zu beteiligen, die Regelung, die er zu diesem Zweck erlassen soll, so gestalten sollte, dass die Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts erleichtert wird;

30.    fordert die Mitgliedstaaten auf, die mit der Unionsbürgerschaft verbundenen Rechte vollständig zu verwirklichen, damit die Unionsbürger ihr Recht auf Freizügigkeit zusammen mit ihren Familienangehörigen ausüben und in der ganzen Union uneingeschränkt reisen, arbeiten, studieren, in Ruhestand gehen, am politischen und demokratischen Leben teilnehmen und als Familie leben können, wobei dafür gesorgt werden muss, dass sie unabhängig davon, wo sie leben, den Anspruch auf sämtliche Sozialleistungen behalten; ist der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen sollten, dass die EU-Bürger ihr aktives Wahlrecht bei Kommunalwahlen ohne Schwierigkeiten ausüben können;

31.    fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung auch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften in der EU – insbesondere verheiratete Paare, Lebenspartner oder nichteheliche Lebensgemeinschaften – mindestens im Hinblick auf die Rechte, die die Freizügigkeit betreffen, gilt;

 

32.    fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, zu prüfen, wie die Freizügigkeit der EU-Bürger erleichtert werden kann, indem EU-Bürgern, die sich dafür entscheiden, dieses Recht wahrzunehmen, dabei geholfen wird, sich im Aufnahmeland, in das sie in Ausübung ihres Rechts auf Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union einwandern, zu integrieren und am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen;

 

33.    vertritt die Ansicht, dass die Wahrnehmung dieser Freiheiten über die nationalen Grenzen hinaus gesichert werden muss und dass den EU-Bürgern die uneingeschränkte Ausübung ihrer konkreten Rechte auch außerhalb der Union ermöglicht werden muss; betont deshalb, wie wichtig die Stärkung der Koordinierung und Zusammenarbeit im Bereich des konsularischen Schutzes ist;

 

34.    fordert die Mitgliedstaaten auf, ihrer Verpflichtung, für den konsularischen und diplomatischen Schutz der Unionsbürger zu sorgen, durch Umsetzung einer Vereinbarung über das Mindestmaß an konsularischer Betreuung, die Unionsbürgern außerhalb des Unionsgebiets gewährt wird, gerecht und konsequent nachzukommen;

 

35.    fordert den Rat und die Kommission auf, der Verbesserung der Transparenz und des Zugangs zu Dokumenten Vorrang einzuräumen, da diese für die Verwirklichung einer bürgerorientierten EU unerlässlich sind;

 

36.    begrüßt, dass im Stockholmer Programm auf die Teilhabe am demokratischen Leben in der Europäischen Union Bezug genommen wird; fordert den Rat nachdrücklich auf, in das Stockholmer Programm ein besonderes Kapitel über angemessene Maßnahmen aufzunehmen, die notwendig sind, um die Beteiligung von Frauen an Wahlkampagnen und am politischen Leben im Allgemeinen zu fördern und um so das demokratische Defizit zu bekämpfen, das aufgrund der geringen Präsenz von Frauen bei Kommunalwahlen, nationalen Wahlen und Europawahlen immer noch besteht;

Migration

 

37.    ist der Auffassung, dass jedes umfassende Konzept für Migrationsfragen die Faktoren berücksichtigen muss, die die Menschen dazu bewegen, ihre Heimatländer zu verlassen, und klare Pläne für Entwicklung und Investitionen in den Herkunfts- und Transitländern erfordert, insbesondere durch die Erleichterung von Geldüberweisungen der Migranten in ihre Herkunftsländer oder durch Ergreifung von Maßnahmen in den Bereichen Handel und Landwirtschaft, die wirtschaftliche Chancen fördern, sowie durch die Entwicklung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten und Grundfreiheiten;

38.    betont, dass die massenhafte Legalisierung von illegalen Einwanderern keine angemessene Maßnahme darstellt, da sie nicht die tatsächlich zugrunde liegenden Probleme löst und das gesamte Problem sogar noch verschärfen kann, indem sie die Einwanderung nach Europa attraktiv macht;

39.    betont, dass ständig und in enger Zusammenarbeit mit dem Hochkommissar für Flüchtlinge der Vereinten Nationen (UNHCR) und betroffenen Drittstaaten angemessen ausgestattete regionale Schutzprogramme mit hochgesteckten Zielen entwickelt werden müssen;

40.    fordert die Konsolidierung und Umsetzung einer Asyl- und Einwanderungspolitik, bei der die Freiheiten und die öffentliche Sicherheit in einem ausgewogenen Verhältnis stehen; fordert nachdrücklich, dass Integrations-, Migrations- und Asylpolitik auf der umfassenden Achtung der Grundrechte und auf der Würde jedes Menschen basiert, und unterstreicht, dass es wichtig ist, dass das Gemeinschaftsrecht mit internationalen Übereinkommen in diesem Bereich voll und ganz vereinbar ist, um ein durchgängiges Vorgehen zu gewährleisten und schlüssige Maßnahmen entwickeln zu können, nicht nur bei der Bekämpfung der illegalen Einwanderung, sondern auch bei der Unterstützung notleidender Flüchtlinge; erwartet präventive Maßnahmen zur Eindämmung des Zustroms irregulärer Einwanderer auf ein Mindestmaß;

 

41.    fordert nachdrücklich die Gestaltung einer strikteren Einwanderungspolitik in enger Verknüpfung mit den anderen Politikbereichen der Gemeinschaft, insbesondere mit der Beschäftigungspolitik, damit die legale Einwanderung eine Alternative zur illegalen Einwanderung darstellt und sich möglichst positiv sowohl für die Mitgliedstaaten als auch für das Wohlergehen der Einwanderer selbst auswirkt;

42.    betont, dass der umfassende Ansatz der EU in Einwanderungsfragen so gestaltet werden muss, dass er die Chance für neue Formen des politischen Dialogs und der Zusammenarbeit mit Drittstaaten bietet, damit die Migrationsströme verbessert und humanitäre Tragödien vermieden werden können und damit gewährleistet ist, dass diese Ströme dem Bedarf des Arbeitsmarkts gerecht werden;

43.    unterstreicht die Notwendigkeit einer engen Verzahnung von Migrations- und Entwicklungspolitik sowie die Notwendigkeit, den Dialog mit den Herkunfts- und Transitländern zu intensivieren, um insbesondere dem Problem der illegalen Migration zuvorzukommen; betont in diesem Zusammenhang, dass den Mitgliedstaaten durch eine wirksame gemeinsame Bekämpfung der illegalen Einwanderung bessere Voraussetzungen für die Ausgestaltung der legalen Einwanderung eröffnet werden;

Asyl

 

44.    fordert die Weiterentwicklung des gemeinsamen europäischen Asylsystems zur Schaffung eines Europas des Asyls, wie es im Europäischen Pakt zu Einwanderung und Asyl vorgesehen ist; ist der Auffassung, dass ein gemeinsames Verfahren mehr Einheitlichkeit und eine bessere Qualität der Verfahren für Asylentscheidungen in allen Mitgliedstaaten gewährleisten sollte, um Lücken im Schutz in Europa zu beseitigen;

45.    ersucht den Rat und die Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang dringend darum, die in der UN-Flüchtlingskonvention verankerte gesetzliche Definition des Begriffs „Flüchtling“ stets zu respektieren;

46.    ist der Auffassung, dass die Solidarität zwar weiterhin im Zentrum der gemeinsamen Einwanderungs- und Asylpolitik stehen muss, dass sie jedoch auch die Solidarität mit den Mitgliedstaaten einschließen muss, die ihren internationalen Verpflichtungen im Hinblick auf den Schutz von Flüchtlingen und Asylsuchenden nachkommen, und dass deshalb gewährleistet werden muss, dass kein Mitgliedstaat dies unterlässt;

47.    spricht sich für die Weiterführung der Verhandlungen über anhängige und künftige Legislativvorschläge über europäische Asylinstrumente aus, mit deren Hilfe bessere Standards gesetzt und Lücken in den bestehenden Rechtsrahmen geschlossen werden sollen;

48.    fordert darüber hinaus Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten einerseits und den Asylsuchenden und anderen Flüchtlingen andererseits;

49.   fordert die Mitgliedstaaten auf, aktiv zu werden und sich Solidaritätsmechanismen verpflichtet zu fühlen wie dem von der Kommission geplanten Pilotprojekt zur internen Umverteilung von Personen, die Anspruch auf internationalen Schutz haben, sowie weiteren Initiativen, die eine echte und langfristige Solidarität der Mitgliedstaaten begründen, und regionale Schutzprogramme zu fördern; vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass ein transparentes System zur Bewertung der Aufnahmekapazitäten der Mitgliedstaaten eingeführt und die Rolle des Europäischen Unterstützungsbüros in dieser Frage geklärt werden sollte; ruft auf dieser Grundlage dazu auf, offen über die diversen vorhandenen Möglichkeiten zur Festlegung eines verbindlichen Mechanismus der effektiven Solidarität zu beraten, insbesondere im Rahmen der internen Umverteilung;

 

50. fordert in diesem Sinne die rasche Umsetzung des Grundsatzes der Solidarität und der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten gemäß Artikel 80 des AEUV, was ein System „unwiderruflicher und verbindlicher Solidarität“ beinhalten sollte, einschließlich einer stärkeren Zusammenarbeit mit Drittstaaten und insbesondere mit Nachbarländern, um diese dabei zu unterstützen, ihre Asyl- und Schutzsysteme so zu entwickeln, dass Grundrechte und internationale Schutzstandards respektiert und realistische Erwartungen geweckt werden sowie der Zugang zu Schutz in der Europäischen Union nicht beeinträchtigt wird oder ersetzt werden soll;

 

51.    erachtet ein partnerschaftliches Konzept mit den Herkunfts- und Transitländern als notwendig, um sicherzustellen, dass diese eine aktive Rolle bei der Steuerung der Migrationsströme übernehmen, um der irregulären Einwanderung entgegenzuwirken, indem potenzielle Migranten über die damit verbundenen Risiken informiert werden, und um wirksame Informationskampagnen über die Möglichkeiten einer legalen Einreise und/oder Beschäftigung in den EU-Mitgliedstaaten durchzuführen;

 

52.    betont, dass alle Abkommen mit Herkunfts- und Transitländern wie der Türkei und Libyen Kapitel über eine Zusammenarbeit in Einwanderungsfragen unter Berücksichtigung der Situation der den Migrationsströmen am stärksten ausgesetzten Mitgliedstaaten beinhalten sollten, wobei der Schwerpunkt auf der Bekämpfung der irregulären Einwanderung und des Menschenhandels durch Erleichterung der Tätigkeit von Frontex liegen sollte;

 

53.    fordert eine weitere Zusammenarbeit bei der Ausweitung von Maßnahmen, die eine effektive und rasche Rückkehr illegal aufhältiger Migranten, die nicht schutzbedürftig sind, sicherstellen, wobei einer freiwilligen Rückkehr Vorrang einzuräumen ist;

 

54.    fordert die Annahme von Maßahmen zur Beseitigung der Hindernisse, die der Wahrnehmung des Rechts von rechtmäßig in Mitgliedstaaten aufhältigen Drittstaatsangehörigen auf Familienzusammenführung entgegenstehen;

 

55.    weist darauf hin, dass die „zirkuläre Migration“ gefördert werden sollte, erinnert jedoch daran, dass dieses Herangehen nicht zu Lohn- und Sozialdumping führen und die Notwendigkeit von Integrationsmaßnahmen nicht ignorieren darf;

 

Grenzen und Visa

 

56.    fordert die Annahme eines Gesamtplans, in dem die allgemeinen Ziele und die konkrete Gestaltung der integrierten Grenzschutzstrategie der EU dargelegt werden, damit wirklich eine gemeinsame Politik in den Bereichen Asyl, Einwanderung und Kontrollen an den Außengrenzen gemäß Artikel 67 Absatz 2 des AEUV betrieben wird;

57.    fordert ein strategisches Konzept im Bereich der Visapolitik, um die Kohärenz der Maßnahmen, der internen Regelungen und der externen Verpflichtungen zu wahren, einschließlich der Gewährleistung der Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten durch Drittländer;

58.    fordert die Kommission im Hinblick auf eine wirksamere Umsetzung des Prinzips der Visa-Reziprozität mit Drittländern und die Sicherstellung einer entsprechenden Gleichbehandlung aller EU-Bürger auf, ihre Strategie dahingehend zu ändern, dass sie alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente, z.B. Sanktionen, nutzt und dieses Thema mit ihren Verhandlungen mit den Drittländern verknüpft;

 

59.    vertritt die Ansicht, dass die Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Frontex) als ein unerlässliches Instrument der globalen Strategie der Union im Bereich der Einwanderung die Menschenrechte von Migranten umfassend achten muss; fordert eine stärkere parlamentarische Kontrolle ihrer Tätigkeit und plädiert für eine Überprüfung ihres Mandats, einschließlich einer klaren Regelung von Rückführungsaktionen in Einklang mit internationalen Menschenrechtsnormen und der Einrichtung von regionalen und fachspezifischen Büros, um ihre Rolle zu stärken; vertritt die Ansicht, dass Frontex in die Verhandlungen mit Drittländern über Rückübernahmemaßnahmen einbezogen werden sollte;

 

60.    erinnert daran, dass es für die Tätigkeit von Frontex absolut notwendig ist, dass sich die Agentur auf die Verfügbarkeit der Ressourcen verlassen kann, die ihr von den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt werden, sowohl für die Koordinierung einzelner gemeinsamer Aktionen als auch für ihre ständigen Einsätze;

 

61.    fordert Initiativen, um in Kooperation mit dem UNHCR ein System für die gemeinsame Bearbeitung von Asylanträgen in Ländern außerhalb der Europäischen Union aufzubauen;

62.    fordert alle betroffenen Mitgliedstaaten auf, potenzielle praktische und/oder rechtliche Probleme im Zusammenhang mit der Nutzung von Ressourcen der an gemeinsamen Maßnahmen beteiligten einzelnen Mitgliedstaaten zu lösen;

63.    weist darauf hin, dass SIS II und VIS unbedingt so rasch wie möglich einsatzbereit sein werden müssen; weist darauf hin, dass SIS II erhebliche Verbesserungen und neue Funktionalitäten wie die Einführung biometrischer Daten und die Verknüpfung von Ausschreibungen bringen wird, die zu einer besseren Kontrolle der Außengrenzen und mehr Sicherheit beitragen werden;

64.    stellt nachdrücklich fest, dass neue Grenzschutzinstrumente oder umfangreiche Datenspeichersysteme erst dann eingeführt werden sollten, wenn die bestehenden Instrumente voll funktionsfähig, sicher und zuverlässig sind, und fordert eine eingehende Bewertung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit neuer Instrumente für Bereiche wie Ein- und Ausreise, das Registrierungsprogramm für Reisende, Fluggastdatensätze und das System für vorherige Reisegenehmigungen;

Schutz von Kindern

 

65.    hebt die Bedeutung des Vertrags von Lissabon hervor, der der Charta rechtsverbindlichen Charakter verleiht, in deren Artikel 24 insbesondere die Rechte des Kindes geregelt sind und es u.a heißt, dass bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher oder privater Einrichtungen das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein muss;

 

66.    erachtet es für wesentlich, dass alle Maßnahmen der EU in diesem Bereich die Rechte des Kindes, wie sie in dem UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes dargelegt sind und in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt werden, achten und fördern, und fordert einen verstärkten Einsatz der EU für den Kinderschutz im gesamten RFSR;

 

67.    fordert die Mitgliedstaaten auf, die Rechte des Kindes, wie sie im UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes niedergelegt sind, zu achten und umzusetzen;

68.    fordert die EU auf, energischer gegen jegliche Straftaten gegen Kinder, wie Gewalt, Diskriminierung, soziale Ausgrenzung und Rassismus, Kinderarbeit, Prostitution und Menschenhandel, vorzugehen und koordinierte Anstrengungen zu unterstützen, die dazu dienen, Kinder zu schützen und ihre Rechte zu bewahren, wobei das UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes als Leitfaden für die Maßnahmen der EU und als Grundlage für die Änderung der geltenden Rechtsvorschriften dienen sollte;

69.    ist der Auffassung, dass es dringend erforderlich ist, die Frage des Schutzes unbegleiteter und von ihren Familien getrennter Kinder anzugehen, da diese besonderen Gefahren ausgesetzt sind;

70.    hebt hervor, wie wichtig es ist, im Rahmen der Einwanderungspolitik die Rechte von Kindern zu berücksichtigen und besonders schutzbedürftigen Kindern besondere Aufmerksamkeit zu widmen; vertritt die Auffassung, dass in diesem Bereich eine ehrgeizige europäische Strategie entwickelt werden muss;

 

71.    fordert die Mitgliedstaaten auf sicherzustellen, dass die Politik der EU in den Bereichen Asyl, Migration und Menschenhandel in diesem Bereich Migrantenkinder in erster Linie als Kinder behandelt und dass sie ihre Rechte als Kinder diskriminierungsfrei wahrnehmen können; fordert deshalb nachdrücklich, dass jeder Aktionsplan der EU zu unbegleiteten Minderjährigen aus Drittstaaten sicherstellen muss, dass

 

(a) alle unbegleiteten Kinder während ihres Aufenthalts in der EU besonderen Schutz und Unterstützung erhalten,

 

(b) die EU Maßnahmen festlegt, die die Mitgliedstaaten dabei unterstützen, für jedes Kind eine sichere, konkrete und nachhaltige Lösung zum Wohle des Kindes zu finden,

 

(c) in Zusammenarbeit mit dem Rückkehrstaat eine geeignete Rückkehr und Wiedereingliederung organisiert wird, wenn die Rückkehr in ein Drittland dem Wohl des Kindes entspricht, und

 

(d) die EU mit Drittstaaten zusammenarbeitet, um unsichere Migration zu verhindern und Kindern in den betreffenden Ländern Chancen zu bieten;

 

72.    fordert, dass sowohl begleiteten als auch unbegleiteten Minderjährigen besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird, damit gewährleistet ist, dass sie keinesfalls in Gewahrsam gehalten werden;

 

73. weist darauf hin, dass Kinder aus Drittstaaten besonders leicht ausgebeutet werden können, insbesondere in Ländern, in denen sie mangels gültiger Aufenthaltspapiere keine adäquate Unterstützung und keinen Schutz genießen; betont, dass die Politik der EU in den Bereichen Arbeit, Asyl, Migration und Menschenhandel dieses Problem anerkennen und in Angriff nehmen muss;

Datenschutz und Sicherheit

 

74.    verweist auf die zunehmende Bedeutung des Internet und stellt fest, dass dessen weltumspannender und offener Charakter weltweite Standards für den Datenschutz, die Sicherheit und die Meinungsfreiheit erfordert; fordert Rat und Kommission auf, die Initiative zu ergreifen und eine weltweite Plattform für die Erarbeitung solcher Standards zu schaffen; hält es für außerordentlich wichtig, dass die Fälle, in denen ein privates Internetunternehmen verpflichtet werden kann, Daten an Regierungsbehörden weiterzugeben, streng beschränkt, definiert und reguliert werden und dass gewährleistet ist, dass die Verwendung solcher Daten durch Regierungsbehörden äußerst strengen Datenschutzstandards unterliegt;

 

75.    fordert nachdrücklich Garantien, dass Fragen der Grundrechte im Zusammenhang mit dem Datenschutz und dem Recht auf Privatsphäre in allen gemeinschaftlichen Politikbereichen respektiert werden;

 

76.    betont, dass personenbezogene Daten und die Privatsphäre in Anbetracht der sich weiterentwickelnden Technologien und der Entstehung groß angelegter Informationssysteme geschützt werden müssen;

77.    ist der Auffassung, dass das Prinzip des eingebauten Datenschutzes („privacy by design“) wesentlicher Bestandteil jeder Entwicklung sein muss, bei der die Sicherheit personenbezogener Daten sowie das Vertrauen in diejenigen und die Glaubwürdigkeit derjenigen, die über solche Daten verfügen, gefährdet werden könnten;

78.    weist darauf hin, dass der Grundsatz der Verfügbarkeit die Gefahr birgt, den Austausch personenbezogener Daten zu ermöglichen, die nicht rechtmäßig erhoben worden sind, und dass hierfür gemeinsame Regeln aufgestellt werden müssen; meldet Vorbehalte gegen die Erleichterung operativer Tätigkeiten an, die hinsichtlich der erlaubten Ermittlungen, der Überwachung der Bürger usw. keine Definition und keine gemeinsamen europäischen Regeln beinhalten;

79.    vertritt die Ansicht, dass vor allen geplanten Maßnahmen der EU in diesem Bereich eindeutige Kriterien festgelegt werden sollten, um die Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der Einschränkungen von Grundrechten zu beurteilen; ist der Auffassung, dass vor der Beschlussfassung stets eine gründliche Folgenabschätzung des Vorschlags durchzuführen ist;

80.    begrüßt den Vorschlag, internationale Datenschutzstandards zu schaffen; betont, dass Datenschutzabkommen mit Drittstaaten unter Bedingungen uneingeschränkter Transparenz durchgeführt werden sollten, dass das Parlament eine demokratische Kontrolle ausüben muss und dass eine Mindestvoraussetzung für den Austausch von Daten darin besteht, dass die Datenschutzvorschriften im jeweiligen Drittstaat den europäischen Vorschriften entsprechen;

 

81.    begrüßt den Vorschlag, eine umfassende Regelung für den Schutz personenbezogener Daten innerhalb der EU sowie für den Austausch mit Drittstaaten zu schaffen; fordert eine gründliche Evaluierung aller einschlägigen Rechtsvorschriften (betreffend u.a. Terrorismusbekämpfung, polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit, Einwanderung, transatlantische Abkommen) im Bereich des Schutzes der Privatsphäre und des Datenschutzes;

82.    begrüßt, dass im Programm von Stockholm im Zusammenhang mit dem effektiven Schutz von personenbezogenen Daten und Privatsphäre die Bedeutung der Technologie hervorgehoben wird;

83.    fordert die Europäische Union auf, zum Ausdruck zu bringen, dass sie die besonderen Bedürfnisse schutzbedürftiger Bevölkerungsgruppen bei allen Maßnahmen berücksichtigen wird;

84.    unterstreicht die Notwendigkeit eindeutiger und enger Grenzen für den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten einschließlich für die Nutzung eines gemeinschaftsweiten Registers; vertritt die Auffassung, dass die Einrichtung umfassender Register auf Gemeinschaftsebene ansonsten die Gefahr einschließt, dass gegen die persönliche Integrität verstoßen und das Register ineffektiv wird, während gleichzeitig die Risiken für Datenunsicherheit und Korruption zunehmen;

 

85.    fordert die Mitgliedstaaten auf, das gegenseitige Vertrauen in die Fähigkeit des jeweils anderen, die Sicherheit zu verbessern, zu stärken; ist der Ansicht, dass gegenseitiges Vertrauen auch abhängt von einer effizienten und strengen kontinuierlichen Bewertung der Wirksamkeit und der Ergebnisse der Maßnahmen der verschiedenen Mitgliedstaaten;

Zivil- und Handelsrecht für Familien, Bürger und Unternehmen

Stärkung des Zugangs zur Ziviljustiz für Bürger und Unternehmen

 

86.    vertritt die Ansicht, dass die Prioritäten im Bereich der Ziviljustiz in erster Linie den von einzelnen Bürgern und Unternehmen geäußerten Bedürfnissen entsprechen müssen und dass gleichzeitig ständig an der Vereinfachung des Justizapparats und der Schaffung einfacherer, eindeutiger und besser zugänglicher Verfahren gearbeitet werden muss, um die ordnungsgemäße Durchsetzung der Grundrechte und des Verbraucherschutzes zu gewährleisten; begrüßt die Beschlüsse der Kommission, einen Vorschlag zur Regelung von Erb- und Testamentssachen und ein Grünbuch zur Regelung des ehelichen Güterstands im Zusammenhang mit Trennung und Scheidung vorzulegen, fordert darüber hinaus jedoch:

–       weitere Bemühungen zur Förderung alternativer Konzepte zur Beilegung von Streitigkeiten, die insbesondere einen besseren Zugang der Verbraucher zum Recht vorsehen; die Einführung kollektiver Rechtsbehelfe auf Gemeinschaftsebene, um den Zugang von Bürgern und Unternehmen zur Justiz auszuweiten, was allerdings nicht zu einer unnötigen Zersplitterung des nationalen Verfahrensrechts führen darf;

 

–       Vorschläge für ein einfaches und eigenständiges europäisches Verfahren für die vorläufige Kontenpfändung und vorläufige Sicherstellung von Bankguthaben, die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von öffentlichen Urkunden, die Abschaffung der Anforderungen für die Beglaubigung von Dokumenten, Bestimmungen zur Schließung der in der Rom-II-Verordnung[6] bestehenden Lücken betreffend die Persönlichkeitsrechte einschließlich der Verleumdung, eine endgültige Lösung des Problems bilateraler Abkommen über Rechtsprechung und die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen, erforderlichenfalls durch ein Protokoll zum nächsten zu schließenden Beitrittsvertrag; darüber hinaus Prüfung eines Vorschlags für ein internationales Instrument, das eine gründliche Überprüfung aller Urteile von Drittländern gestattet, bevor sie in einem Mitgliedstaat anerkannt und vollstreckt werden können; Bestimmungen zur Schließung der Lücken im Bereich des Gesellschaftsrechts, auf die der Europäische Gerichtshof aufmerksam gemacht hat, einen Vorschlag betreffend den Schutz schutzbedürftiger Erwachsener und einen Vorschlag für eine Verordnung, der gegebenenfalls unter Rückgriff auf das Verfahren der verstärkten Zusammenarbeit anzunehmen wäre, über das in den Bereichen Ehesachen und elterliche Verantwortung anzuwendende Recht, das auf dem Wohl der Kinder und der Nichtdiskriminierung zwischen den Partnern aufbaut;

 

–       die Idee der Einführung einer Art gemeinschaftlicher einstweiliger Maßnahme, die zu denjenigen einzelstaatlicher Gerichte hinzukommt, ebenso eingehend zu prüfen wie die unterschiedlichen nationalen rechtlichen Ansätze beim Eigentumsvorbehalt und anderen ähnlichen Verfahren, die Anerkennung internationaler Adoptionen und generell die Frage der gegenseitigen Anerkennung nationaler Personenstandsnachweise;

 

–       einen gemeinschaftlichen Konfliktkodex, der bis 2013 in einem Instrument alle in diesem Bereich vom gemeinschaftlichen Gesetzgeber beschlossenen Verordnungen vereinigt, um den 45. Jahrestag des Brüsseler Übereinkommens zu würdigen, dessen Abschluss ein Meilenstein des internationalen Privatrechts war;

 

–       die praktische Anwendung der großen Anzahl innovativer Rechtsvorschriften, die im Bereich der europäischen Zivilverfahren angenommen wurden, und deren Überprüfung, um sie wo immer möglich zu vereinfachen und in einem einzigen Rechtsakt zu kodifizieren, der alle in diesem Bereich angenommenen gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften zusammenfasst;

 

87.   fordert nachdrücklich, dass die Abschaffung des Exequatur-Verfahrens im Kontext der Brüssel-I-Verordnung[7] nicht überstürzt wird und mit geeigneten Schutzklauseln einhergeht;

88.   würde mit Interesse die Vorschläge zur Ausarbeitung einer 28. fakultativen einzelstaatlichen Regelung für zivilrechtliche Fragen prüfen, die grenzüberschreitende Aspekte betreffen, und zwar in den Bereichen Familienrecht, Personenrecht und Sachenrecht;

89.    betont, dass die internationale Präsenz der EU im Bereich des Rechts mit Hilfe globaler Lösungen und multilateraler Instrumente weiter gestärkt werden muss; ist der Auffassung, dass eine enge Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen wie der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht und dem Europarat von besonderer Bedeutung ist; ist der Auffassung, dass die EU den Beitritt von Drittstaaten, vor allem der Nachbarländer der EU, zu internationalen Rechtsabkommen fördern und unterstützen sollte und dass dies vor allem im Bereich des Familienrechts und des Schutzes des Kindes von wesentlicher Bedeutung ist;

Ausschöpfung sämtlicher Vorteile des Binnenmarkts durch das europäische Vertragsrecht

 

90.    fordert die Kommission auf, ihre Tätigkeit im Zusammenhang mit dem europäischen Vertragsrecht auf der Grundlage des theoretischen Entwurfs eines gemeinsamen Referenzrahmens (EGRR) sowie weiterer wissenschaftlicher Arbeiten auf dem Gebiet des europäischen Vertragsrechts zu intensivieren und das Parlament umfassend in den offenen und demokratischen Prozess einzubinden, der in die Annahme eines politischen gemeinsamen Referenzrahmens (GRR) münden muss; betont, dass der politische GRR zur Annahme eines optionalen und direkt anwendbaren Instruments führen sollte, das den vertragschließenden Parteien, wie Unternehmen und Verbrauchern, die Möglichkeit gibt, sich frei für das europäische Vertragsrecht als das für ihre Transaktionen geltende Recht zu entscheiden;

 

91.    bekräftigt, dass der EGRR von der Kommission in der größtmöglichen Zahl relevanter Sprachen gemeinsam mit weiteren wissenschaftlichen Arbeiten zur Verfügung gestellt werden sollte, um deren Zugänglichkeit für alle interessierten Parteien sicherzustellen, und bereits als nicht verbindliches Rechtsinstrument für europäische und nationale Gesetzgeber genutzt werden sollte; fordert nachdrücklich, dass die einschlägigen Bestimmungen des EGRR in allen künftigen Kommissionsvorschlägen und Folgeabschätzungen, die das Vertragsrecht betreffen, bereits jetzt systematisch und detailliert berücksichtigt werden;

92. ermutigt die Kommission, ihre jüngste Idee weiterzuverfolgen, auf der Grundlage des GRR Standardverträge für eine freiwillige Nutzung in spezifischen Bereichen vorzuschlagen;

Wirkungsvollere Rechtsvorschriften im Bereich Justiz

 

93. betont, dass die europäischen Rechtsvorschriften im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit von höchstmöglicher Qualität sein und sich auf ordnungsgemäß durchgeführte Folgenabschätzungen gründen müssen, um den Bürgern und der Wirtschaft wirksame Instrumente an die Hand zu geben; bedauert, dass in der Vergangenheit keine ordnungsgemäßen Folgenabschätzungen in diesem Bereich durchgeführt wurden; stellt eine Verbesserung in jüngster Zeit fest und beabsichtigt, in nächster Zeit eine Folgenabschätzung der Kommission einer kritischen Analyse zu unterziehen;

 

94. ist der festen Überzeugung, dass zur Gewährleistung eines Mindestniveaus an unabhängiger Überprüfung bei der Formulierung von Folgenabschätzungen eine unabhängige Sachverständigengruppe gebildet werden sollte, die anhand von Stichproben die Qualität der vom Ausschuss für Folgenabschätzung abgegebenen Stellungnahmen überwacht, und dass daran auch Vertreter der Betroffenen mitwirken können sollten;

95. vertritt die Auffassung, dass eine Zusammenarbeit in Rechtssachen der Schlüssel ist, um nicht nur die zivil-, sondern auch die strafrechtlichen Verfahren der einzelnen Mitgliedstaaten einander anzunähern; vertritt deshalb die Auffassung, dass die Angleichung der Verfahrensrechte der Bürger zwischen den Mitgliedstaaten in zivil- ebenso wie in strafrechtlichen Verfahren gefördert werden sollte;

Entwicklung einer europäischen Rechtskultur

 

96. ruft zur Schaffung einer europäischen Rechtskultur auf, die alle Aspekte des Rechts umfasst, und stellt in diesem Sinne fest, dass

 

–          das Netz der Präsidenten der Obersten Gerichtshöfe der Europäischen Union, das Europäische Netz der Räte für das Justizwesen, die Vereinigung der Staatsräte und der Obersten Verwaltungsgerichte und das Eurojustice-Netz europäischer Generalanwälte, Gerichtsvollzieher und Angehöriger von Rechtsberufen hierzu einen entscheidenden Beitrag leisten können, indem sie die Ausbildung und Fortbildung in den Rechtsberufen und das gegenseitige Verständnis für die Rechtssysteme anderer Mitgliedstaaten koordinieren und fördern und dazu beitragen, dass grenzüberschreitende Rechtsstreitigkeiten und Probleme leichter gelöst werden können; die Arbeit dieser Einrichtungen muss gefördert und ausreichend finanziert werden; dies sollte zu einem umfassend finanzierten Plan für die Ausbildung und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten in der EU führen, der in Zusammenarbeit mit den oben genannten justiziellen Netzen unter Vermeidung unnötiger Doppelungen bei Programmen und Strukturen zur Errichtung einer Europäischen Justizakademie führen sollte, die das Europäische Netz für die Ausbildung und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten und die Europäische Rechtsakademie umfasst;

          gezielte Maßnahmen entwickelt werden müssen, um die gegenseitige Kenntnis und das gegenseitige Verständnis der Rechtssysteme anderer Länder zu fördern und damit zu größerer Rechtssicherheit beizutragen und das gegenseitige Vertrauen zu fördern, das eine wesentliche Voraussetzung für die gegenseitige Anerkennung ist; solche Maßnahmen müssen den Austausch von Erfahrungen, Studienaustauschprogramme und Studienaufenthalte, Informationsveranstaltungen und Kurse für Angehörige der Rechtsberufe, die Koordinierung bestehender nationaler Regelungen für die juristische Ausbildung in der gesamten EU und das Angebot von Einführungskursen in das nationale Recht für Anwälte und Richter vorsehen;

 

97.    fordert die Kommission daher auf, die Schaffung eines gemeinsamen Systems von Ausbildungseinrichtungen und Ausbildungskrediten für Richter und Anwälte durch die Hochschulen, andere Fachinstitute für Hochschulbildung und die zuständigen Berufsorganisationen zu fördern; fordert die Kommission auf, ein Netz von juristischen Ausbildungseinrichtungen in der gesamten EU zu schaffen, die berechtigt sind, auf dauerhafter, kontinuierlicher Grundlage für Anwälte und Richter Einführungskurse in das nationale, das vergleichende und das europäische Recht anzubieten;

E-Justiz: Ein Instrument im Dienste der Bürger und Angehörigen der Rechtsberufe

 

98.    fordert größere Anstrengungen zur Förderung und Entwicklung der E-Justiz auf Gemeinschaftsebene, um den Zugang von Bürgern und Unternehmen zur Justiz zu fördern, und vertritt die Ansicht, dass

–       Mitgliedstaaten, die bei bilateralen Projekten zusammenarbeiten, sicherstellen sollten, dass ihre Arbeiten auf die Gemeinschaftsebene übertragbar sind, um unnötige Überschneidungen zu vermeiden;

 

–       die bestehenden gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften im Bereich des Zivilrechts und besonders des Verfahrensrechts besser mit dem Einsatz der Informationstechnologie in Einklang gebracht werden sollten, besonders was das Europäische Mahnverfahren und das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, die Beweisaufnahme in Zivilsachen[8] und alternative Konfliktbeilegung anbelangt, und Maßnahmen in den Bereichen elektronische Schriftstücke und Transparenz des Schuldnervermögens ergriffen werden sollten, mit dem Ziel einfacherer, billigerer und schnellerer Zivilverfahren in Streitsachen mit grenzübergreifendem Bezug;

 

–       elektronische Hilfsmittel, wie das Europäische Strafregisterinformationssystem (ECRIS) und das Schengener Informationssystem, weiterentwickelt werden sollten;

 

99.    vertritt die Auffassung, dass das „E-Justiz“-Portal den Zugang der Bürger zu Rechtsbeistand vereinfachen, die Dauer gerichtlicher Verfahren verkürzen und die Effizienz der Gerichtsverfahren verbessern sollte, und fordert deshalb, dass das künftige mehrsprachige „E-Justiz“-Portal den Zugang zu juristischen Datenbanken umfasst sowie elektronische gerichtliche und außergerichtliche Rechtsmittel, intelligente Systeme, die so gestaltet sind, dass sie die Bürger dabei unterstützen herauszufinden, wie sie mit rechtlichen Problemen umgehen müssen, und umfassende Register, Verzeichnisse der Angehörigen der Rechtsberufe und leicht verständliche Leitfäden zu den Rechtssystemen der einzelnen Mitgliedstaaten umfasst;

 

100.    ist der Auffassung, dass das Portal auch so gestaltet sein sollte, dass es als Hilfsmittel von Richtern, Justizbediensteten, Bediensteten der nationalen Justizministerien und praktizierenden Rechtsanwälten genutzt werden kann, wobei alle diese Personengruppen zu einem sicheren Zugang zu dem entsprechenden Teil des Portals berechtigt wären; fordert, dass dieser Teil des Portals eine sichere Kommunikation, Videokonferenzen und den Austausch von Schriftstücken zwischen den Gerichten sowie zwischen den Gerichten und den Verfahrensbeteiligten (Dematerialisierung von Verfahren) erlaubt, die Überprüfung elektronischer Signaturen ermöglicht und geeignete Überprüfungssysteme vorsieht sowie ein Hilfsmittel zum Informationsaustausch darstellt;

101.    fordert die Kommission auf sicherzustellen, dass alle künftigen Rechtsvorschriften im Bereich des Zivilrechts so gestaltet sind, dass sie im Rahmen von Online-Anwendungen genutzt werden können, bei denen möglichst wenig Freitext eingefügt werden muss; fordert Maßnahmen, durch die gewährleistet wird, dass bei Bedarf Online-Hilfe in allen Amtssprachen gewährt wird und elektronische Online-Übersetzungsdienste zur Verfügung stehen; ist der Auffassung, dass in den Fällen, in denen Schriftstücke zugestellt werden müssen, entsprechend Maßnahmen getroffen werden sollte, um sicherzustellen, dass Schriftstücke und Mitteilungen durch E-Mail und elektronisch geleistete Signaturen zugestellt bzw. übermittelt werden können, und dass in den Fällen, in denen mündliche Aussagen erforderlich sind, die Nutzung von Videokonferenzen gefördert werden sollte; ist darüber hinaus der Auffassung, dass alle künftigen Vorschläge eine begründete Erklärung der Kommission dazu enthalten sollten, dass eine Überprüfung der E-Justiz-Freundlichkeit durchgeführt wurde;

102.  fordert, dass das ECRIS den Aufzeichnungen von geschlechtsspezifischer Gewalt einen wichtigen Platz einräumt;

Prioritäten im Strafrecht

 

103.    plädiert für den Aufbau eines Europäischen Raums des Strafrechts, der auf der Achtung der Grundrechte, dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und der Notwendigkeit, die Kohärenz nationaler Strafrechtssysteme beizubehalten, basiert und folgende Elemente umfasst:

· ein ehrgeiziges Rechtsinstrument für Verfahrensgarantien in Strafverfahren auf der Grundlage der Unschuldsvermutung, das den Rechten der Verteidigung volle Wirkung verleiht;

· einen soliden Rechtsrahmen zur Gewährleistung des Grundsatzes des Strafklageverbrauchs und zur Erleichterung der Übertragung der Strafverfolgung zwischen Mitgliedstaaten und der Lösung von Kompetenzkonflikten im Rahmen eines hohen Maßes an Garantien und Verteidigungsrechten und Gewährleistung eines effektiven Zugangs zu diesen Rechen und zu Rechtsbehelfen;

●    einen umfassenden Rechtsrahmen, der Opfern von Verbrechen und insbesondere Opfern von Terrorismus, organisiertem Verbrechen, Menschenhandel und sexueller Gewalt, auf der Ebene der Mitgliedstaaten bestmöglichen Schutz bietet, einschließlich einer angemessenen Entschädigung,

●    einen gemeinsamen Rechtsrahmen, der den umfassendsten Zeugenschutz bietet,

●    Mindestnormen für die Haftbedingungen und gemeinsame Rechte von Häftlingen in der EU, einschließlich angemessener Entschädigungsregeln für Personen, die ungerechtfertigt in Haft genommen oder verurteilt wurden, was durch den Abschluss von Abkommen zwischen der EU und Drittländern über die Rückführung von deren verurteilten Staatsangehörigen, die vollständige Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2008/909/JI des Rates vom 27. November 2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für die Zwecke ihrer Vollstreckung in der Europäischen Union[9] und die Bereitstellung von ausreichenden EU-Mitteln sowohl für den Bau von neuen Haftanstalten im Rahmen regionaler Sicherheitspläne in denjenigen Mitgliedstaaten, die von der Überfüllung von Gefängnissen betroffen sind, als auch für die Durchführung von Programmen der gesellschaftlichen Wiedereingliederung unterstützt werden sollte; sowie ein umfassendes Rechtsinstrument zur Beweisaufnahme und Zulässigkeit von Beweismitteln in Strafverfahren;

●    die Annahme einer europäischen Rechtsvorschrift zur Einziehung der Gewinne und des Vermögens internationaler krimineller Organisationen und zu ihrer Verwendung für soziale Zwecke,

· ein umfassendes Rechtsinstrument zur Beweisaufnahme und Zulässigkeit von Beweismitteln in Strafverfahren,

●      Maßnahmen zur Gewährleistung von Rechtsbeistand durch ausreichende Haushaltsmittel und

●      Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt, insbesondere Gewalt gegen Frauen und Kinder;

104.    unterstreicht, dass zur Auseinandersetzung mit illegaler Einwanderung auch Anstrengungen zur Bekämpfung des Menschenhandels gehören und dass dabei auf keinen Fall besonders schwache Opfer von Verbrechen, vor allem Frauen und Kinder, bestrafet und deren Rechte gefährdet werden dürfen;

105.    betont, dass in Europa jede vierte Frau Opfer männlicher Gewalt war bzw. wird; fordert die Kommission daher auf, die Rechtsgrundlage innerhalb der jetzigen EU-Strukturen zu stärken, um sicher zu stellen, dass alle Formen der Gewalt gegen Frauen im Rahmen einer weit ausgelegten und geschlechtsspezifischen Definition von Gewalt gegen Frauen bekämpft werden können; fordert, basierend auf dieser Rechtsgrundlage eine Richtlinie und einen Europäischen Aktionsplan zum Thema Gewalt gegen Frauen vorzulegen, durch die die Gewaltprävention, der Opferschutz und die Strafverfolgung der Täter gewährleistet werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, die besondere Situation von Immigrantinnen, insbesondere von jungen Mädchen, die gut in der EU integriert sind (häufig mit doppelter Staatsangehörigkeit) und die in Eltern-Kind- oder Intimbeziehungen zu Opfern von Entführung, rechtswidriger Gefangenschaft, religiös, kulturell oder durch Traditionen motivierter physischer Gewalt und psychischer Misshandlungen werden, angemessen zu berücksichtigen und sicherzustellen, dass Maßnahmen ergriffen werden, die den wirksamen Zugang zu Hilfs- und Schutzmechanismen gewährleisten;

106.    fordert nachdrücklich, dass die Geschlechterfrage in allen Phasen der Gestaltung der Politik zur Bekämpfung des Menschenhandels berücksichtigt wird;

Eine kohärente Sicherheitsstrategie auf mehreren Ebenen: Ein Europa, das seine Bürger schützt (Bekämpfung von Kriminalität bei gleichzeitiger Wahrung der Rechte der Bürger)

 

107.  beanstandet das Fehlen eines umfassenden Masterplans, der die allgemeinen Ziele und die allgemeine Struktur der Sicherheits- und Grenzschutzstrategie der EU festlegt, sowie die Tatsache, dass nicht genau angegeben wird, wie alle diesbezüglichen Programme und Maßnahmen (bereits verwirklicht, in Vorbereitung oder in der Konzipierungsphase) zusammenwirken sollen und wie die Verknüpfungen zwischen ihnen optimiert werden können; ist der Auffassung, dass die Kommission bei der Planung der Struktur der Sicherheits- und Grenzschutzstrategie der EU zunächst die Effizienz der geltenden Vorschriften analysieren sollte, um optimale Synergien zwischen diesen zu erzielen;

 

108.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, sicherzustellen, dass bei den zukünftigen Maßnahmen der EU in diesem Bereich die grundlegende Bedeutung der Grundrechte und -freiheiten uneingeschränkt respektiert sowie ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Sicherheit und Freiheit gewahrt und dass die Umsetzung dieses Ziels angemessen überwacht und effizient ausgestaltet wird;

 

109.  erklärt sich bereit, im Rahmen der durch den Vertrag von Lissabon festgelegten neuen Rechtsvorschriften mit der Kommission und dem Rat zusammenzuarbeiten, um die Förderung der Freiheiten der EU-Bürger zu untermauern und gleichzeitig den Rechtsrahmen in Strafsachen auszubauen; vertritt die Auffassung, dass die Notwendigkeit, die Bürger vor Terrorismus und organisierter Kriminalität zu schützen, unter Berücksichtigung der globalen Dimension dieser Erscheinungen durch wirksame rechtliche und operative Instrumente gestärkt werden und in klare Rechtsvorschriften münden sollte, die den EU-Bürgern die umfassende Wahrnehmung ihrer Rechte, einschließlich des Rechts, gegen unverhältnismäßige oder unklare rechtliche Regelungen sowie die unangemessene Anwendung von Regelungen vorzugehen, gestatten;

 

110.  ist der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten prüfen sollten, inwieweit die Schaffung eines gemeinschaftlichen Rechtsrahmens in Strafsachen möglich ist;

111.  fordert die EU auf, die Würde, den Mut und das Leid der indirekten Opfer von Terrorismus anzuerkennen, und betont, dass der Schutz und die Stärkung der Rechte von Terrorismusopfern sowie deren entsprechende materielle Entschädigung Priorität haben sollten; erkennt die extreme Verletzlichkeit von Frauen als indirekte Opfer von Terrorismus an;

 

112.  fordert die Annahme eines umfassenden rechtlichen Rahmens für einen angemessenen Schutz und eine Entschädigung der Opfer, vor allem durch die Annahme eines Entwurfs eines Rahmenbeschlusses zur Änderung der bestehenden Instrumente für den Opferschutz; hält es für außerordentlich wichtig, dass ein gemeinsames Konzept entwickelt wird, in dem die Bedürfnisse und Rechte der Opfer kohärent und stärker als bisher berücksichtigt werden, wobei dafür zu sorgen ist, dass die Opfer als solche und nicht als Kriminelle behandelt werden;

113.  begrüßt es, dass die Unterstützung der Opfer von Verbrechen, einschließlich von Frauen, die Opfer von Gewalt oder sexueller Belästigung geworden sind, ein Schwerpunktthema des schwedischen Ratsvorsitzes ist; fordert den Rat dringend auf, ins Programm von Stockholm eine umfassende europäische Strategie zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, einschließlich von Präventivmaßnahmen (wie Sensibilisierungskampagnen bezüglich männlicher Gewalt gegen Frauen), Maßnahmen zum Schutz von Opfern, so u.a. ein eigenes Kapitel über die Rechte der Opfer von Verbrechen, und zur stärkeren Unterstützung der Opfer von Verbrechen, insbesondere von jungen Mädchen, die zunehmend schweren Verbrechen zum Opfer fallen, und konkrete Maßnahmen zur strafrechtlichen Verfolgung der Täter aufzunehmen; fordert den spanischen Ratsvorsitz auf, während seiner Amtszeit den Aktionsplan des Programms von Stockholm uneingeschränkt umzusetzen und das Europäische Parlament monatlich über die erzielten Fortschritte zu unterrichten;

 

114.  betrachtet das Ziel, ein sicheres Europa zu schaffen, als legitim und hält es auch für wichtig, die gemeinsamen Maßnahmen der EU zur Bekämpfung des Terrorismus, der organisierten Kriminalität, der illegalen Einwanderung, des Menschenhandels und der sexuellen Ausbeutung ständig weiterzuentwickeln und zu stärken;

 

115.    fordert die Entwicklung einer umfassenden europaweiten Strategie zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens, durch die den Mitgliedstaaten, europäischen Institutionen, EU-Agenturen und Informationsaustauschnetzen Konzepte und Mittel zur Verfügung gestellt werden; betont gleichzeitig, dass das organisierte Wirtschaftsverbrechen, wie beispielsweise der Tabakschmuggel, zu Einkommensverlusten führt, die die bereits ernste Lage der öffentlichen Finanzen in vielen Mitgliedstaaten weiter verschärfen, und fordert die unverzügliche Annahme wirksamer Präventivmaßnahmen;

116.    vertritt die Ansicht, dass beim weiteren Vorgehen gegen organisierte Kriminalität und Terrorismus dem Schutz der Grundrechte stärkere Beachtung geschenkt werden sollte und dass ein angemessener Zeugenschutz, Anreize für Personen, die bei der Zerschlagung von Terrornetzen kooperieren, und Präventions- und Integrationsmaßnahmen vorgesehen werden sollten, die sich vor allem an Personen richten, die besonderen Risikogruppen angehören, wobei auf jeden Fall die ethisch gebotenen wirtschaftlichen und sozialen Maßnahmen der Vorbeugung, Wiedergutmachung und Entschädigung für Terrorismusopfer Vorrang genießen sollten;

117.    ist der Auffassung, dass sich die EU dringend gegen Menschenhandel, der ein zunehmendes Problem darstellt, einsetzen muss, dass der Menschenhandel sowohl außerhalb als auch innerhalb der Grenzen der Gemeinschaft bekämpft werden muss und dass eine geschlechterbezogene Analyse bei allen Vorschlägen für entsprechende Maßnahmen auszuarbeiten ist; vertritt die Auffassung, dass die EU und die Mitgliedstaaten durch die Einführung von Sanktionen, durch Schulungskampagnen und Aktivitäten zur Aufklärung der Öffentlichkeit gegen die Nachfrage nach Diensten von Opfern des Menschenhandels vorgehen müssen; ist angesichts der Tatsache, dass der Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung den größten Anteil dieser krimineller Handlungen ausmacht (79% laut Informationen der VN), der Auffassung, dass der Zusammenhang zwischen der Nachfrage nach dem Angebot solcher Dienste und dem Menschenhandel deutlich gemacht und erkannt werden muss und dass auch der Menschenhandel zurückgeht, wenn die Nachfrage nach dem Angebot sexueller Dienste bekämpft wird;

118.    fordert die Förderung von Transparenz und Integrität und eine konsequentere Korruptionsbekämpfung auf der Grundlage eines zielgerichteten Plans und einer regelmäßigen Bewertung der von den Mitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung, insbesondere die Durchsetzung der von der EU selbst entwickelten Instrumente mit Schwerpunkt auf der grenzüberschreitenden Korruption; fordert des Weiteren die Entwicklung einer umfassenden Politik zur Korruptionsbekämpfung und die regelmäßige Überprüfung ihrer Umsetzung;

119.    fordert die aktive Unterstützung der Überwachung der Korruptionsbekämpfung und Integrität durch die Zivilgesellschaft sowie das Eintreten der Bürger gegen Korruption, nicht nur durch die Aufnahme von Konsultationen und die Einrichtung direkter Kanäle der Kommunikation, sondern auch durch die Bereitstellung von Mitteln und Programmen, um zu gewährleisten, dass die Bürger die ihnen zur Verfügung gestellten Räume einfach nutzen können;

120.    betont den Anstieg von Identitätsdiebstahl und fordert daher die Schaffung einer umfassenden Strategie der EU zur Bekämpfung der Cyberkriminalität in diesem Bereich in Zusammenarbeit mit Internetanbietern und Nutzerverbänden sowie die Schaffung einer EU-Anlaufstelle für die Opfer von Identitätsdiebstahl und Identitätsbetrug;

121.    fordert deine eindeutigere Regelung der Zuständigkeiten und des rechtlichen Rahmens, der auf den Cyberspace anwendbar ist, um grenzüberschreitende Ermittlungen und Kooperationsvereinbarungen zwischen den Strafverfolgungsbehörden und Betreibern, insbesondere zum Zwecke des Kampfes gegen Kinderpornographie im Internet, zu fördern;

122.    fordert wirksamere und ergebnisorientierte Verfahren zur weiteren Umsetzung der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, indem Europol und Eurojust systematischer in Untersuchungen, insbesondere in Fällen von organisierter Kriminalität, Betrug, Korruption und anderer schwerer Verbrechen, die die Sicherheit der Bürger und die finanziellen Interessen der EU schwerwiegend gefährden, eingebunden werden;

123.    fordert die jährliche Veröffentlichung eines Gesamtberichts über die Kriminalität in der EU, in dem Berichte über spezifische Bereiche wie die Bewertung der von der organisierten Kriminalität ausgehenden Gefahr und der Eurojust-Jahresbericht zusammengefasst sind, und betont die Notwendigkeit eines interdisziplinären Ansatzes und einer umfassenden Strategie zur Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus und grenzüberschreitender Kriminalität wie Menschenhandel und Cyberkriminalität;

124.    fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eng zusammenzuarbeiten, um die bewährten Verfahren und die Erfahrungen im Bereich der Methoden zur Bekämpfung der Radikalisierung auszutauschen; vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass lokale und regionale Behörden am besten gemeinsam bestmögliche Verfahren entwickeln können, um die Radikalisierung und Polarisierung anzugehen, und fordert daher ihre Einbindung in die Konzipierung der Strategien zur Terrorismusbekämpfung;

125.    fordert die Unterstützung der polizeilichen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten durch die Förderung der gegenseitigen Kenntnis und des gegenseitigen Vertrauens, gemeinsame Ausbildungsmaßnahmen und die Schaffung gemeinsamer Teams der polizeilichen Zusammenarbeit und die Schaffung eines Studentenaustauschprogramms in Zusammenarbeit mit der Europäischen Polizeiakademie;

126.    fordert die Europäische Kommission und den Europäischen Rat auf, unverzüglich die rechtliche Situation zu beheben, die sich in Folge des Urteils des Gerichtshofs in den entsprechenden Rechtssachen hinsichtlich der Aufnahme in die schwarze Liste, insbesondere die Rechtssache Kadi[10], entstanden ist; weist darauf hin, dass hierbei die Grundrechte der Betroffenen, einschließlich des Rechts auf ein ordnungsgemäßes Gerichtsverfahren und Rechtsbehelfe, umfassend zu berücksichtigen sind;

 

127.    fordert die Verbesserung des ECRIS, damit eine Rückfälligkeit in verschiedenen Mitgliedstaaten verhindert werden kann, insbesondere im Hinblick auf Straftaten gegen Kinder;

128.    fordert insbesondere die Kommission auf, erste Überlegungen und Konsultationen mit betroffenen Akteuren, einschließlich der Zivilgesellschaft, über alle Aspekte im Zusammenhang mit der Schaffung der Europäischen Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Verbrechen zu Lasten der finanziellen Interessen der Union aufzunehmen, wie in Artikel 86 des AEUV vorgesehen ist;

129.  betont die Notwendigkeit der Entwicklung einer umfassenden europäischen Sicherheitsstrategie auf der Grundlage der Sicherheitspläne der Mitgliedstaaten, eines stärkeren Solidaritätsprinzips und einer objektiven Bewertung des durch die Agenturen, Netzwerke und den Informationsaustausch auf EU-Ebene erbrachten zusätzlichen Nutzens; erklärt seine Absicht, zusammen mit den nationalen Parlamenten alle Tätigkeiten des Rates im Rahmen der operationellen Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit der EU aufmerksam zu überwachen;

130.  fordert den Rat und die Kommission auf, Sicherheitsstrategien zu entwickeln, die sowohl den internen als auch den externen Aspekten des organisierten Verbrechens und des Terrorismus Rechnung tragen; betont, dass die EU in der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie im Bereich Justiz und Inneres verstärkt einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen sollte;

131.  fordert den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, derzeitige internationale, europäische und innerstaatliche Rechtsvorschriften und Maßnahmen zur Drogenproblematik auszuwerten und zu überprüfen, insbesondere mit Blick auf die auf der Ebene der Vereinten Nationen hierzu veranstalteten Konferenzen;

132.    fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Rechtsdurchsetzung unter Beteiligung von Agenturen wie Frontex und Europol einzuführen, um zur Sicherheit und zur reibungslosen Organisation großer transnationaler öffentlicher Veranstaltungen wie Sportveranstaltungen (z.B. die Olympischen Spiele 2012 und die Europameisterschaft 2012) beizutragen;

Operationelle Einrichtungen und Agenturen und technische Hilfsmittel

 

133.  misst der Stärkung von Eurojust und Europol große Bedeutung bei und erklärt sich bereit, zusammen mit den nationalen Parlamenten umfassend an der Definition, Bewertung und Überwachung ihrer Tätigkeit mitzuwirken, insbesondere mit dem Ziel der Sondierung der Möglichkeiten, Fortschritte bei der Einrichtung des Büros der Europäischen Staatsanwaltschaft zu erzielen;

134.  fordert die Überarbeitung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates vom 27. November 2008 über den Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden[11], sowie der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr[12] und von Artikel 13 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr[13];

 

135.    fordert eine engere und intensivere Zusammenarbeit zwischen einzelstaatlichen Behörden, europäischen Agenturen und gemeinsamen Einsatzteams im Rahmen spezialisierter Netze (wie dem Schengener Informationssystem II (SIS II), dem Visa-Informationssystem (VIS), dem Zollinformationssystem EURODAC und den Justiziellen Netzen) und eine spezifische Zusammenarbeit zwischen Nachrichten- und Polizeidiensten auf nationaler und europäischer Ebene bei der Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität; vertritt die Ansicht, dass eine wirksamere europäische polizeiliche Zusammenarbeit zwischen allen Drittländern und Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit entsprechenden Schutzbestimmungen gewährleistet werden sollte, die ein angemessenes Schutzniveau der personenbezogenen Daten sicherstellen;

136.  bedauert, dass bei der Umsetzung des aktualisierten SIS II und des neuen VIS keine ausreichenden Fortschritte erzielt wurden, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass sämtliche Vorbereitungen auf ihren jeweiligen Ebenen verstärkt werden, um weitere Verzögerungen zu vermeiden;

137.  betont die Notwendigkeit, für die europäischen IT-Großsysteme, wie SIS II, VIS und „Eurodac“ eine effiziente, nachhaltige und sichere Verwaltung aufzubauen, die sicherstellt, dass alle für diese Systeme geltenden Regelungen in Bezug auf Zweck, Zugangsrechte sowie Sicherheits- und Datenschutzmaßnahmen uneingeschränkt umgesetzt werden; unterstreicht in diesem Zusammenhang die Unabdingbarkeit einer allumfassenden einheitlichen Regelung zum Schutz personenbezogener Daten in der Europäischen Union;

138.  weist darauf hin, dass in bestimmten Bereichen die Errichtung von Agenturen, z.B. der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, von Eurojust, Europol, Frontex und des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, sehr nützlich für die Schaffung eines RFSR ist; hält es unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Schengen das Kernstück des RFSR für äußerst wesentlich und wichtig, eine Europäische Agentur für die Verwaltung der wesentlichen Informationssysteme in diesem Bereich, nämlich SIS II, VIS und Eurodac, einzurichten, da dies die verlässlichste Lösung ist;

Dringliche Fragen

 

139.    fordert die Kommission auf, in Zukunft eine Konsolidierung der verschiedenen 1 200 im Rahmen des RFSR seit 1993 ergriffenen Maßnahmen vorzuschlagen, um Kohärenz in diesem Politikbereich zu schaffen und zwar unter Berücksichtigung der neuen Aufgaben und Rollen der Union und des durch den Vertrag von Lissabon verfügbaren neuen rechtlichen Rahmens; fordert, dass dabei mit Bereichen begonnen wird, die im Einvernehmen mit dem Europäischen Parlament als vorrangig angesehen werden; erinnert die Kommission daran, dass das Parlament ihre diesbezüglichen Zusagen im Verlaufe der anstehenden Anhörungen von Kommissionsmitgliedern prüfen wird;

140.    vertritt die Auffassung, dass in Fällen, in denen ein Legislativverfahren nach den Bestimmungen des Vertrags von Nizza eingeleitet wurde, die eine einfache Konsultation des Parlaments vorsehen, wie es in zahlreichen den RFSR betreffenden Bereichen der Fall ist, und in denen das Parlament seine Stellungnahme abgegeben hat, das Legislativverfahren gemäß den Bestimmungen des Vertrags von Lissabon in erster Lesung wieder aufgenommen werden sollte, um dem Parlament die Möglichkeit zu geben, seinen Standpunkt in Kenntnis seiner Befugnisse darzulegen;

 

141.  fordert die Kommission auf, die finanziellen Programme zur Unterstützung der Schaffung des RFSR zu vereinfachen und den Zugang zu ihnen zu erleichtern; unterstreicht in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit finanzieller Solidarität bei der Vorbereitung der neuen Finanziellen Vorausschau;

 

142.    behält sich das Recht vor, jederzeit spezifische Vorschläge vorzulegen, wenn es zum Legislativprogramm konsultiert wird;

 

143.    fordert eine Halbzeitbewertung und eine Bewertung des Programms von Stockholm bis Anfang 2012;

 

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144.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.