Entschließungsantrag - B7-0029/2010Entschließungsantrag
B7-0029/2010

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Verhütung des Menschenhandels

13.1.2010

eingereicht im Anschluss an die Anfragen zur mündlichen Beantwortung B7‑0341/2009 und B7‑0342/2009
gemäß Artikel 115 Absatz 5 der Geschäftsordnung

Anna Hedh, Silvia Costa im Namen der S&D-Fraktion
Nadja Hirsch, Antonyia Parvanova, Elizabeth Lynne im Namen der ALDE-Fraktion
Judith Sargentini, Raül Romeva i Rueda, Barbara Lochbihler im Namen der Verts/ALE-Fraktion
Cornelia Ernst, Eva-Britt Svensson im Namen der GUE/NGL-Fraktion


Verfahren : 2009/2782(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B7-0029/2010
Eingereichte Texte :
B7-0029/2010
Aussprachen :
Angenommene Texte :

B7‑0029/2010

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Verhütung des Menschenhandels

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere die Artikel 1, 3, 4, 5 und 6,

–   unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948, insbesondere die Artikel 4 und 5, die bekräftigen, dass Sklavenhandel in allen Formen verboten ist,

–   unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen aus dem Jahre 1949 zur Unterbindung des Menschenhandels und der Ausnutzung der Prostitution anderer,

–   unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes von 1989, insbesondere der Artikel 1, 7, 32, 34 und 35, und das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornografie von 2000, insbesondere des Artikels 3,

–   unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) von 1979, insbesondere der Artikel 5 und 6,

–   unter Hinweis auf das Palermo-Protokoll der Vereinten Nationen zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, von 2000 in Ergänzung zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität,

–   unter Hinweis auf das Übereinkommen Nr. 29 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über Zwangs- oder Pflichtarbeit (1930) und das von der Allgemeinen Konferenz der IAO auf ihrer 87. Tagung (1999) angenommene Übereinkommen Nr. 182 über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit,

–   unter Hinweis auf die Vierte Weltfrauenkonferenz von Peking vom September 1995, die Erklärung und die Aktionsplattform von Peking und die entsprechenden Abschlussdokumente, die anlässlich der nachfolgenden Sondertagungen der Vereinten Nationen Peking +5 und Peking +10 über weitere Maßnahmen und Initiativen zur Umsetzung der Erklärung und der Aktionsplattform von Peking am 9. Juni 2000 bzw. am 11. März 2005 angenommen wurden,

–   unter Hinweis auf die Europäische Konvention über Menschenrechte und Biomedizin von 1997 und Artikel 22 des Zusatzprotokolls über die Transplantation von Organen und Geweben menschlichen Ursprungs von 2002,

–   unter Hinweis auf die UNICEF-Richtlinien für den Schutz der Rechte von Kindern, die Opfer von Menschenhandel geworden sind (2003), und das von UNICEF herausgegebene Handbuch über den Schutz der Rechte von Kindern, die Opfer von Menschenhandel in Europa geworden sind (2006),

–   unter Hinweis auf das Übereinkommen des Europarats von 2005 zur Bekämpfung des Menschenhandels,

–   unter Hinweis auf den Bericht des Europarats von 2005 über die Lage im Bereich der organisierten Kriminalität,

–   unter Hinweis auf die Empfehlung 1611/2003 des Europarates über den Organhandel in Europa,

–   unter Hinweis auf die am 20. September 2002 angenommene Brüsseler Erklärung zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels,

–   unter Hinweis auf den Rahmenbeschluss 2002/629/JI des Rates vom 19. Juli 2002 zur Bekämpfung des Menschenhandels,

–   unter Hinweis auf die Richtlinie 2004/81/EG des Rates vom 29. April 2004 über die Erteilung von Aufenthaltstiteln für Drittstaatsangehörige, die Opfer des Menschenhandels sind oder denen Beihilfe zur illegalen Einwanderung geleistet wurde und die mit den zuständigen Behörden kooperieren[1],

–   unter Hinweis auf den Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament auf der Grundlage von Artikel 10 des Rahmenbeschlusses des Rates vom 19. Juli 2002 zur Bekämpfung des Menschenhandels (KOM(2006)0187),

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 18. Oktober 2005 mit dem Titel „Bekämpfung des Menschenhandels – ein integriertes Vorgehen und Vorschläge für einen Aktionsplan (KOM(2005)0514),

–   unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Kommission mit dem Titel „Evaluierung und Überwachung der Umsetzung des EU-Plans über bewährte Vorgehensweisen, Normen und Verfahren zur Bekämpfung und Verhütung des Menschenhandels“ (KOM(2008)0657),

–   unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission für einen Rahmenbeschluss zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz von Opfern sowie zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI (KOM(2009)0136),

–   unter Hinweis auf den Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2006–2010 (KOM(2006)0092), insbesondere den Aktionsschwerpunkt zur Bekämpfung geschlechterbezogener Gewalt und geschlechterbezogenen Menschenhandels,

–   unter Hinweis auf das Programm von Stockholm für einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im Dienste der Bürger,

–   unter Hinweis auf die Brüsseler Erklärung vom Oktober 2009 zum Menschenhandel,

–   unter Hinweis auf die Berichte von Europol von 2009 über Menschenhandel,

–   unter Hinweis auf den Bericht der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte vom Juli 2009 über Kinderhandel in der Europäischen Union,

–   unter Hinweis auf den Weltbericht des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) zum Menschenhandel vom Februar 2009,

–   unter Hinweis auf den Bericht des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen vom 6. Februar 2009 über die Menschenrechtsaspekte der Opfer des Menschenhandels, insbesondere von Frauen und Kindern, und die darin enthaltenen Empfehlungen,

–   unter Hinweis auf den Bericht des US-Außenministeriums über Menschenhandel vom Juni 2009,

–   unter Hinweis auf seine einschlägigen Entschließungen[2],

–   unter Hinweis auf die Anfragen vom 17. Dezember 2009 an die Kommission zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz von Opfern (O-0148/2009 – B7‑0341/2009, O-0149/2009 – B7‑0342/2009,

–   gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass der Menschenhandel eine moderne Form der Sklaverei, eine schwerwiegende Straftat und eine schwere Verletzung grundlegender Menschenrechte darstellt und Menschen durch Drohungen, Gewalt und Erniedrigung in einen Zustand völliger Abhängigkeit bringt,

B.  in der Erwägung, dass Menschenhandel für die organisierte Kriminalität ein außerordentlich rentables Geschäft mit hohen Gewinnmöglichkeiten und begrenztem Risiko ist,

C. in der Erwägung, dass der Menschenhandel vielfältige Formen annimmt, die beispielsweise sexuelle Ausbeutung, Zwangsarbeit, rechtswidriger Handel mit menschlichen Organen, Betteln, illegale Adoptionen und häusliche Arbeit betreffen,

D. in der Erwägung, dass nach Einschätzung von Europol in Bezug auf das Jahr 2009 der Handel mit Frauen zur sexuellen Ausbeutung nicht zurückgegangen ist und der Menschenhandel zum Zweck der Zwangsarbeit zunimmt,

E.  in der Erwägung, dass das UNODC in seinem Weltbericht zum Menschenhandel sexuelle Ausbeutung als die am häufigsten genannte Form des Menschenhandels verzeichnet, gefolgt von Zwangsarbeit, und auch festgestellt hat, dass 79 % der identifizierten Opfer des Menschenhandels Frauen und Mädchen sind,

F.  in der Erwägung, dass Katalogbräute womöglich in die Falle eines Umfelds von Sklaverei geraten, indem sie Opfer sexueller Ausbeutung, von Zwangsarbeit, häuslicher Arbeit und sonstiger Formen des Menschenhandels werden,

G. in der Erwägung, dass Kinder besonders anfällig sind und somit größere Gefahr laufen, Opfer von Menschenhandel zu werden,

H. in der Erwägung, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise zu verstärktem Menschenhandel führen kann, indem dieser das Bedürfnis potenzieller Opfer nach einer menschenwürdigen Arbeit und einem Ausweg aus der Armut ausnutzt,

I.   in der Erwägung, dass das Ausmaß und die Schwere dieses Phänomens alarmierend sind:

•    der Europol-Bericht von 2009 über Menschenhandel in der Europäischen Union belegt, dass dies ein Geschäft ist, das jährlich viele Millionen Euro bzw. Dollar wert ist;

•    die vorliegenden Zahlenangaben lassen darauf schließen, dass jährlich Hunderttausende von Personen durch Menschenhandel in die EU verbracht oder innerhalb der EU verschleppt werden;

•    2008 leitete Eurojust 83 Verfahren wegen Menschenhandels ein, was im Vergleich mit 2007 (71 Verfahren) eine Zunahme von über 10 % bedeutet;

J.   in der Erwägung, dass der Rechtsrahmen der EU in Bezug auf den Menschenhandel derzeit im Wesentlichen auf folgenden Rechtsakten beruht:

•    Rahmenbeschluss 2002/629/JI vom 19. Juli 2002 zur Bekämpfung des Menschenhandels, der darauf abzielt, ein Mindestmaß an Harmonisierung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zu gewährleisten,

•    Richtlinie 2004/81/EG vom 29. April 2004 über die Erteilung von Aufenthaltstiteln für Drittstaatsangehörige, die Opfer des Menschenhandels sind oder denen Beihilfe zur illegalen Einwanderung geleistet wurde und die mit den zuständigen Behörden kooperieren,

K. in der Erwägung, dass die Erfahrung zeigt, dass dieser Rechtsrahmen weder wirksam genug ist noch angemessen umgesetzt wird und dass die EU folglich schärfere Maßnahmen ergreifen muss,

L.  in der Erwägung, dass die Kommission im März 2009 einen Vorschlag für einen Rahmenbeschluss zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz von Opfern sowie zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI (KOM(2009)0136) vorgelegt hat, um den aktuellen Rahmenbeschluss durch härtere Sanktionen, einen besseren Opferschutz und aktive Vorbeugungsmaßnahmen zu verstärken,

M. in der Erwägung, dass der Text trotz der Anstrengungen des schwedischen Ratsvorsitzes nicht angenommen wurde und dass wahrscheinlich in naher Zukunft ein Vorschlag für ein neues Rechtsinstrument im Rechtsrahmen des Vertrags von Lissabon vorgelegt wird,

N. in der Erwägung, dass der Vertrag von Lissabon das Vorgehen der EU im Bereich der justiziellen und polizeilichen Zusammenarbeit in Strafsachen einschließlich der Bekämpfung des Menschenhandels stärken wird und das Parlament als Mitgesetzgeber hierbei eine maßgebliche Rolle spielen wird,

O. in der Erwägung, dass sich das Vorgehen gegen Menschenhandel nicht auf Rechtsinstrumente beschränken kann, sondern auch nichtlegislative Anstrengungen einschließen muss, insbesondere die Bewertung der Durchführung beschlossener Maßnahmen, Erfassung und Austausch von Informationen, Zusammenarbeit und Aufbau von Partnerschaften und den Austausch bewährter Praktiken,

P.  in der Erwägung, dass es von wesentlicher Bedeutung ist, die in dem Bereich tätigen Organisationen der Zivilgesellschaft von Anfang an und in jeder Phase einzubeziehen: von der Identifizierung bis hin zur Opferbetreuung und auch im Rechtsetzungsprozess,

Q. in der Erwägung, dass es derzeit keine genauen Daten über dieses Phänomen gibt und die verfügbaren Zahlen anscheinend sein wahres Ausmaß unterschätzen, da es sich um eine Form des Verbrechens handelt, die im Untergrund stattfindet und oft unerkannt bleibt oder falsch eingestuft wird, in der Erwägung, dass genauer erforscht werden muss, wie der Menschenhandel stattfindet, wer ihn betreibt, wie die Nachfrage das Angebot an Dienstleistungen der Opfer antreibt, wer warum zum Opfer wird und wie der Nachfrage entgegengewirkt werden kann, und in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten verbessert werden müssen,

R.  in der Erwägung, dass das künftige Vorgehen mit einem integrierten Ansatz beginnen muss, der die Verhütung und Bekämpfung sowie den Schutz, die Unterstützung und die Betreuung der Opfer vereint und eine verstärkte Zusammenarbeit unter allen Betroffenen beinhaltet,

S.  in der Erwägung, dass, wenn die Nachfrage seitens potenzieller Käufer der von den Opfern des Menschenhandels angebotenen Dienstleistungen und Waren verringert wird und dadurch auch die mit den Menschenhandel erzielten Gewinne sinken, das Angebot an solchen Dienstleistungen und Waren ebenfalls abnehmen wird,

T.  in der Erwägung, dass die gesellschaftliche Integration potenzieller Opfer sich mittelbar präventiv auswirkt, indem sie dazu beiträgt, sie davon abzuhalten, erneut zu Opfern zu werden oder gar selbst zu potenziellen Menschenhändlern zu werden,

U. in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit und Partnerschaft zwischen der EU, dem Europarat, den Vereinten Nationen und Drittstaaten – und insbesondere Herkunftsstaaten von Opfern des Menschenhandels und den Vereinigten Staaten als allgemein anerkanntem Zielland – von entscheidender Bedeutung ist, wenn es darum geht, Grundrechte zu schützen und den Menschenhandel wirksam zu bekämpfen,

V. in der Erwägung, dass bei der Ausarbeitung und nachfolgenden Umsetzung von Strategien und Maßnahmen in Bezug auf den Menschenhandel darauf geachtet werden muss, dass sie ein entsprechendes Ergebnis ohne jegliche Diskriminierung aus Gründen wie der Staatsangehörigkeit, der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Religion, politischer oder sonstiger Meinungen, des sozialen Hintergrunds oder eines sonstigen Status erzielen,

Allgemeines

1.  fordert die Kommission und den Rat auf,

•    Maßnahmen gegen Menschenhandel auf der Grundlage eines ganzheitlichen Ansatzes zu entwickeln, der die Menschenrechte in den Mittelpunkt stellt und auf die Bekämpfung des Menschenhandels, seine Verhütung und Opferschutz ausgerichtet ist;

•    einen auf die Opfer ausgerichteten Ansatz zu wählen, was bedeutet, dass alle potenziellen Arten von Opfern ermittelt, zur Zielgruppe bestimmt und geschützt werden müssen, wobei Kindern und anderen Risikogruppen besonderes Augenmerk gelten muss;

•    unter der Aufsicht des für Justiz, Grund- und Bürgerrechte zuständigen Mitglieds der Kommission einen EU-Koordinator für die Bekämpfung des Menschenhandels zu schaffen, der das Vorgehen und die Strategien der EU in diesem Bereich – einschließlich der Tätigkeiten des Netzwerks nationaler Berichterstatter – koordiniert und sowohl dem Europäischen Parlament als auch dem Ständigen Ausschuss für die operative Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit (COSI) verantwortlich ist;

•    dafür zu sorgen, dass die Bekämpfung des Menschenhandels auch in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise, zum Beispiel bei der Ausarbeitung von Plänen zur Wiederbelebung der Wirtschaft, auf ihrer Agenda weiterhin einen hohen Stellenwert einnimmt;

•    sicherzustellen, dass Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels auch Aspekte umfassen, die mit dem sozialen Bereich und der Eingliederung in die Gesellschaft zusammenhängen, und auf geeignete Programme und wirksame Methoden zur Sicherung der gesellschaftlichen Rehabilitierung der Opfer beharren, die auch Maßnahmen in Bezug auf den Arbeitsmarkt und das System der sozialen Sicherheit einschließen;

•    der Dimension der Außenbeziehungen im Zusammenhang mit dem Menschenhandel und den Aspekten der Zuwanderungs‑, Asyl- und Wiedereingliederungspolitik gebührende Beachtung zu schenken;

•    über das Bildungs- und Schulwesen in den Herkunfts‑, Transit- und Zielländern Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagnen durchzuführen;

•    bei jedem Vorgehen gegen Menschenhandel das Wohl des Kindes gemäß dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes von 1989 in den Vordergrund zu rücken;

•    in allen politischen Programmen, Strategien und Maßnahmen gegen Menschenhandel den Aspekt der Gleichstellung der Geschlechter zu berücksichtigen;

•    die Koordinierung und Zusammenarbeit mit der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte und dem Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen zu verstärken;

•    eine fortlaufende Zusammenarbeit mit in diesem Bereich tätigen NGOs aufzubauen und zu verbessern;

•    eine ständige Plattform auf EU-Ebene zu schaffen, auf der die Bemühungen der Organe, Ämter, Einrichtungen, Agenturen und Institute der EU, der Polizei- und Zolldienste, Beschaffungsstellen und Strafverfolgungsbehören auf regionaler und nationaler Ebene in den Mitgliedstaaten und von internationalen Organisationen und NGOs zusammengeführt werden;

2.  fordert diejenigen Mitgliedstaaten, die dies noch nicht getan haben, auf, das Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels von 2005 zu ratifizieren und umzusetzen;

Informationserfassung

3.  fordert den Rat und die Kommission auf, um möglichst viele Informationen zusammenzutragen, tätig zu werden mit Blick auf:

•    die jährliche Veröffentlichung eines gemeinsamen Berichts durch Eurojust, Europol und Frontex, der dem Europäischen Parlament und den einzelstaatlichen Parlamenten sowie der Kommission und dem Rat vorzulegen ist; dieser gemeinsame Bericht, auf dessen Vorlage eine öffentliche Anhörung mit NGOs und Organisationen der Zivilgesellschaft folgen sollte, sodass sie ihre Sachkenntnis einbringen können, sollte beitragen zu einem besseren Verständnis von:

▪  ursprünglichen Ursachen;

▪  Faktoren in den Herkunfts- und Zielländern, die den Menschenhandel begünstigen;

▪  aktuellen Trends in Bezug auf Opfer, Täter, Benutzer und kriminelle Netze und ihre Vorgehensweise;

▪  Reiserouten, örtliche Umstände in Zielländern, die die Inanspruchnahme der von Opfern des Menschenhandels erbrachten Dienstleistungen begünstigen, und verschiedenen Formen der Ausbeutung (sexueller Ausbeutung, Ausbeutung von Arbeitskraft, Organhandel, Kinderhandel, auch zum Zweck der Ausbeutung durch reisende Sexualstraftäter, Produktion von Bildern von sexuellem Missbrauch von Kindern und anderen Formen der Ausbeutung, die dem Menschenhandel nahestehen, aber nicht ausdrücklich unter dessen Definition fallen, wie Betteln und Kleinkriminalität);

▪    die Entwicklung eines gemeinsamen EU-weit anzuwendenden Musters für die Erhebung und den Abgleich von Daten zu allen Aspekten des Menschenhandels einschließlich des Alters und des Geschlechts zur Verwendung sowohl in den Mitgliedstaaten als auch in Drittstaaten unter Einhaltung einschlägiger Rechtsvorschriften zum Datenschutz und der Rechte der Person, auf die sich die Daten beziehen;

▪    die Schaffung eines objektiven und unvoreingenommenen Systems zur jährlichen Evaluierung mit besonderem Augenmerk auf die Umsetzung von Strategien der EU gegen den Menschenhandel, über das das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente umfassend unterrichtet werden müssen, im Einklang mit Artikel 70 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union;

▪    die Auswertung von Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagnen, die sowohl in den Mitgliedstaaten als auch in Drittstaaten durchgeführt und entwickelt werden;

Prävention

4.  begrüßt die im Vorschlag der Kommission angeregte Bestimmung über die Prävention und fordert, dass weitere Schritte unternommen werden;

5.  betont, dass seitens der Mitgliedstaaten weitere legislative und nichtlegislative Maßnahmen einschließlich bildungspolitischer, sozialer, kultureller und administrativer Maßnahmen sowie an die Allgemeinheit gerichtete Sensibilisierungskampagnen verstärkt eingesetzt werden sollten, um die Nachfrage nach von Opfern des Menschenhandels erbrachten Dienstleistungen zu verringern;

6.  fordert, sowohl in den Mitgliedstaaten als auch in Drittstaaten, die nachweislich Ausgangspunkte oder Zwischenstationen für den Menschenhandel sind, umfangreiche Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagnen durchzuführen und zu entwickeln, die sich sowohl an potenzielle Opfer des Menschenhandels als auch an potenzielle Käufer der von Opfern des Menschenhandels angebotenen Dienstleistungen richten;

7.  fordert die Mitgliedstaaten auf, gezielte Sensibilisierungskampagnen im Bildungsbereich zu entwickeln, die die Kinder auf Fallen aufmerksam machen sollen, die leicht zu Menschenhandel führen können;

Verfolgung

8.  fordert die möglichst baldige Annahme eines erschöpfenden und umfassenden Rechtsrahmens, der auch Strategien gegen mit dem Menschenhandel zusammenhängende Cyberkriminalität enthält;

9.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, bei der Formulierung jedes künftigen Rechtsetzungsvorschlags in diesem Bereich folgende Elemente zu berücksichtigen:

a.  die Höhe der Strafen und Sanktionen für diejenigen – einschließlich juristischer Personen –, die vom Menschenhandel profitieren, sollte der Schwere des Verbrechens gerecht werden und abschreckende Wirkung haben, und Kinderhandel sollte besonders hart bestraft werden;

b.  das weitere Vorgehen sollte auf den Schutz der Opfer – mit gebührender Berücksichtigung der Situation von Kindern und Frauen – ausgerichtet sein, indem unter anderem gewährleistet wird, dass die Unterstützung für Opfer an keinerlei Bedingungen geknüpft ist, dass die Zustimmung eines Opfers zur Ausbeutung stets irrelevant ist und das Opfer ungeachtet seiner Bereitschaft, in Strafverfahren zu kooperieren, einen Anspruch auf Unterstützung hat;

c.  die weitere Prävention und das weitere Vorgehen sollten sich auch an die Personen richten, die von den Opfern des Menschenhandels angebotene Dienstleistungen in Anspruch nehmen;

d.  die Notwendigkeit extraterritorialer gerichtlicher Zuständigkeit für Straftaten im Zusammenhang mit Menschenhandel sowohl in Bezug auf Unionsbürger als auch als Einwohner der EU muss gebührend berücksichtigt werden;

e.  jede den Gerichtsstand betreffende Vorschrift sollte mit dem Entwurf des Rahmenbeschlusses zur Vermeidung und Beilegung von Kompetenzkonflikten in Strafverfahren abgestimmt werden;

10. fordert, da Rechtsvorschriften wirkungslos bleiben, wenn sie nicht korrekt umgesetzt werden, die Mitgliedstaaten und die nationalen Parlamente auf, die Maßnahmen der EU gegen Menschenhandel auf innerstaatlicher Ebene vollständig umzusetzen und möglichst rasch weitere Rechtsinstrumente in diesem Bereich zu ratifizieren und umzusetzen;

11. fordert den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, tätig zu werden, um die Koordinierung auf operativer Ebene zwischen Einrichtungen der EU wie Eurojust und Europol zu verbessern;

12. weist auf die positiven Ergebnisse hin, die von gemeinsamen Ermittlungsgruppen erzielt wurden, und fordert die Mitgliedstaaten auf, dieses Hilfsmittel umfassender zu nutzen;

13. unterstreicht die Bedeutung der Betreuung und Unterstützung von Opfern des Menschenhandels, die bereits die Außengrenzen der EU erreicht haben, und fordert Frontex und die einzelstaatlichen Grenzschutzbehörden auf, sie bei allen ihren Tätigkeiten von illegalen Einwanderern zu unterscheiden und ihre Beamten und Mitarbeiter stärker für Menschenhandel zu sensibilisieren;

14. fordert, da sich die Bekämpfung nicht auf das Gebiet der EU beschränken kann, den Abschluss umfassender Abkommen – einschließlich Bestimmungen über die Achtung der Grundrechte – mit Drittstaaten und den Aufbau einer strikten Regeln unterliegenden Zusammenarbeit mit den jeweiligen Staaten;

Schutz, Unterstützung und Betreuung der Opfer

15. fordert, dass Schutz und Unterstützung für die Opfer als Schwerpunkt der Maßnahmen der EU in diesem Bereich behandelt werden und Opfer von dem Augenblick an, in dem sie als solche identifiziert werden, alle erdenkliche Hilfe erhalten einschließlich:

•    des Zugangs zu einer Aufenthaltserlaubnis unabhängig von ihrer Bereitschaft, in Strafverfahren zu kooperieren;

•    vereinfachten Zugangs zum Arbeitsmarkt einschließlich der Bereitstellung von Schulungen und anderen Formen der Verbesserung ihrer Fähigkeiten;

•    einer Maßnahme zur vereinfachten Familienzusammenführung;

16. weist auf besonders gefährdete Opfer wie Kinder und Frauen hin und fordert für sie spezifische Betreuungs- und Schutzprogramme;

17. betont, dass Opfer des Menschenhandels umfassendsten Schutz, Unterstützung und Betreuung genießen sollten, auch wenn sie eher außerhalb der EU als in die EU oder innerhalb der EU verschleppt worden sind;

18. fordert, den Opfern professionelle Hilfe einschließlich kostenlosen Rechtsbeistands (der wesentlich ist, damit sie der Zwangslage, in der sie sich befinden, entkommen können) zu gewähren, da es ihnen an finanziellen Mitteln mangelt und sie folglich nicht in der Lage wären, solchen Beistand zu bezahlen;

19. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und dem Europarat zu übermitteln.