Entschließungsantrag - B7-0722/2011Entschließungsantrag
B7-0722/2011

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage in Syrien (2011/2880(RSP))

13.12.2011

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Kommission
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Véronique De Keyser, Hannes Swoboda, Pino Arlacchi, Emine Bozkurt, Harlem Désir, Saïd El Khadraoui, Richard Howitt, María Muñiz De Urquiza, Vincent Peillon, Carmen Romero López, Kristian Vigenin, Roberto Gualtieri im Namen der S&D-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B7-0721/2011

Verfahren : 2011/2880(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B7-0722/2011
Eingereichte Texte :
B7-0722/2011
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Angenommene Texte :

B7‑0722/2011

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in Syrien

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Syrien, insbesondere jene vom 27. Oktober 2011 zur Lage in Ägypten und Syrien, insbesondere in Bezug auf die christlichen Gemeinschaften, vom 15. September 2011 zur Lage in Syrien, vom 15. September 2011 zu dem Fall von Rafah Nashed und vom 7. Juli 2011 zur Lage in Syrien, Jemen und Bahrain im Zusammenhang mit der Lage in der Arabischen Welt und in Nordafrika,

–   unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ vom 1. Dezember 2011 zu Syrien,

–   unter Hinweis auf den Beschluss 2011/782/GASP des Rates vom 1. Dezember 2011 über restriktive Maßnahmen gegen Syrien und zur Aufhebung des Beschlusses 2011/273/GASP,

–   unter Hinweis auf die Erklärungen der Hohen Vertreterin der EU Catherine Ashton zu den Ergebnissen der Sondersitzung des Menschenrechtsrats zu Syrien vom 2. Dezember 2011, zur Veröffentlichung des Berichts des Unabhängigen internationalen Untersuchungsausschusses zur Arabischen Republik Syrien vom 28. November 2011 und nach ihrem Treffen mit dem Syrischen Nationalrat am 23. November 2011;

–   unter Hinweis auf die Resolution des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen vom 2. Dezember 2011 zur Lage der Menschenrechte in der Arabischen Republik Syrien,

–   unter Hinweis auf die Erklärung der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte Navi Pillay in der 18. Sondersitzung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen zur Überprüfung der Lage der Menschenrechte in der Arabischen Republik Syrien vom 2. Dezember 2011,

–   unter Hinweis auf den Bericht des Unabhängigen internationalen Untersuchungsausschusses zur Arabischen Republik Syrien vom 23. November 2011,

–   unter Hinweis auf die Resolution des Dritten Ausschusses der Generalversammlung der Vereinten Nationen zur Lage der Menschenrechte in der Arabischen Republik Syrien vom 22. November 2011,

–   unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahre 1948,

–   unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966, zu dessen Vertragsparteien Syrien gehört,

–   unter Hinweis auf die Beschlüsse der Liga der Arabischen Staaten vom 16. November 2011 zur Aussetzung der Mitgliedschaft Syriens und vom 27. November 2011 zur Verhängung von Sanktionen gegen Syrien,

–   unter Hinweis auf Abschlusserklärung der Europa-Mittelmeer-Ministerkonferenz von Barcelona vom 27./28. November 1995 (Erklärung von Barcelona) und die Gemeinsame Erklärung des Pariser Gipfels für den Mittelmeerraum vom 13. Juli 2008, die auch von Syrien unterzeichnet wurde,

–   gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass in Syrien seit März 2011 im Rahmen der brutalen Unterdrückung der syrischen Bevölkerung durch das Regime nach Schätzungen der Vereinten Nationen mehr als 4000 Menschen, darunter mehr als 300 Kinder, getötet und noch mehr Menschen verletzt wurden, Berichten zufolge mehr als 14 000 Menschen inhaftiert wurden und Zehntausende in die Nachbarländer geflüchtet sind oder im Inland vertrieben wurden; in der Erwägung, dass das gewaltsame Vorgehen gegen Zivilpersonen und die schweren Menschenrechtsverletzungen der syrischen Behörden und Streit- und Sicherheitskräfte trotz weitreichender internationaler Verurteilung andauern und weiter zunehmen;

B.  in der Erwägung, dass die von Präsident Bashar Al-Assad angekündigten und zugesagten Reformen und Amnestien niemals in die Praxis umgesetzt wurden und das Regime dadurch seine gesamte Glaubwürdigkeit verloren hat; in der Erwägung, dass sich immer mehr Syrer in einer katastrophalen humanitären Lage befinden, was eine humanitäre Krise in einigen Gebieten des Landes zur Folge haben wird; in der Erwägung, dass die Gewaltanwendung mit Maßnahmen des Regimes und seiner Anhänger einhergeht, mit denen die religiösen Spannungen verschärft und interethnische und interreligiöse Konflikte im Land ausgelöst werden sollen;

C. in der Erwägung, dass in der Resolution des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen vom 2. Dezember 2011 die weit verbreiteten, systematischen und groben Verstöße gegen die Menschenrechte und Grundfreiheiten durch die syrischen Behörden und Streit- und Sicherheitskräfte – wie z. B. Tötungen, willkürliche Hinrichtungen, Verfolgungen, willkürliche Verhaftungen, Verschleppungen, Folter, Misshandlungen, Vergewaltigungen und andere Formen der sexuellen Gewalt gegen Zivilpersonen, einschließlich Kinder, sowie die Verweigerung und Behinderung medizinischer Hilfe für verletzte Personen – scharf verurteilt werden und vorgeschlagen wird, ein Mandat für einen Sonderberichterstatter zur Lage der Menschenrechte in dem Land zu erteilen;

D. in der Erwägung, dass der Unabhängige internationale Untersuchungsausschuss zur Arabischen Republik Syrien in seinem Bericht umfassende Belege vorgelegt hat, die zeigen, dass die syrischen Behörden und Streit- und Sicherheitskräfte seit März 2011 grobe Verstöße gegen die Menschenrechte begangen haben, die sich zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit ausweiten könnten; in der Erwägung, dass die syrische Regierung eine Zusammenarbeit mit diesem Ausschuss verweigert hat;

E.  in der Erwägung, dass die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte Navi Pillay in ihrer Erklärung vom 2. Dezember 2011 davor warnt, dass die anhaltende rücksichtlose Unterdrückung der syrischen Bevölkerung durch das Regime einen Bürgerkrieg zur Folge haben könnte, und in diesem Zusammenhang ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck bringt, dass Berichten zufolge die militärischen Aktivitäten der Oppositionsgruppen, einschließlich der sogenannten Freien Syrischen Armee, zunehmen;

F.  in der Erwägung, dass keine internationalen Beobachter, keine Vertreter von humanitären Organisationen und Menschenrechtsorganisationen und keine Medienvertreter in Syrien einreisen durften;

G. in der Erwägung, dass der Rat mit seinem Beschluss vom 1. Dezember 2011 die Sanktionen gegen das syrische Regime verschärft hat, indem dessen Fähigkeiten zur Durchführung der brutalen Unterdrückung ins Visier genommen werden;

H. in der Erwägung, dass der Rat in seinen Schlussfolgerungen vom 1. Dezember 2011 die syrische Opposition erneut zur Schaffung einer gemeinsamen Plattform auffordert, die weitere Bereitschaft EU zu Gesprächen mit repräsentativen Mitgliedern der Opposition, die sich der Gewaltlosigkeit verschrieben haben, bestätigt und die diesbezüglichen Verpflichtungen des Syrischen Nationalrats begrüßt;

I.   in der Erwägung, dass die Mitglieder des Europäischen Parlaments in den vergangenen Monaten einen Dialog und Meinungsaustausch mit verschiedenen Vertretern der syrischen Opposition im Exil und im Land aufgenommen haben;

J.   in der Erwägung, dass die Staaten der Arabischen Liga am 16. November 2011 beschlossen haben, die Mitgliedschaft Syriens in dieser Organisation auszusetzen, und am 27. November 2011 Wirtschaftssanktionen gegen das syrische Regime verhängt haben; in der Erwägung, dass Syrien am 5. Dezember 2011 angekündigt hat, dem Plan der Arabischen Liga bedingt zuzustimmen, dessen Umsetzung jedoch bislang ausgeblieben ist;

K. in der Erwägung, dass die Türkei am 30. November 2011 wirtschaftliche und finanzielle Sanktionen gegen das syrische Regime angekündigt hat; in der Erwägung, dass seit März 2011 zehntausende Syrer in der Türkei Zuflucht gesucht haben;

1.  verurteilt erneut nachdrücklich die brutale Unterdrückung der syrischen Bevölkerung durch das Regime; spricht den Familien der Opfer sein Mitgefühl aus; bekräftigt seine Solidarität mit der syrischen Bevölkerung, die für Freiheit, Würde und Demokratie kämpft, und würdigt ihren Mut und ihre Entschlossenheit, insbesondere mit Blick auf die Frauen, die eine entscheidende Rolle in dieser Auseinandersetzung spielen;

2.  fordert die syrischen Behörden und Streit- und Sicherheitskräfte auf, jegliche Anwendung von Gewalt, Folter, Unterdrückungsmaßnahmen und Schikanen gegen Zivilpersonen sofort zu beenden und unverzüglich alle aus Gesinnungsgründen inhaftierte Personen und alle willkürlich verhafteten Personen zu entlassen;

3.  fordert Präsident Bashar Al-Assad und sein Regime erneut auf, sich unverzüglich zurückzuziehen, damit in Syrien ein demokratischer Übergang vollzogen werden kann;

4.  fordert, dass die weit verbreiteten, systematischen und groben Verstöße gegen die Menschenrechte und Grundfreiheiten durch die syrischen Behörden und Streit- und Sicherheitskräfte unverzüglich unabhängig und in transparenter Weise untersucht werden, damit gewährleistet wird, dass alle Verantwortlichen für diese Verstöße, die sich zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit ausweiten könnten, von der internationalen Gemeinschaft zur Rechenschaft gezogen werden;

5.  fordert die syrische Regierung auf, dafür zu sorgen, dass internationale Beobachter, Vertreter von humanitären Organisationen und Menschenrechtsorganisationen und Medienvertreter ohne Schikanen oder Einschüchterungen sofort uneingeschränkt in Syrien einreisen dürfen und insbesondere Zugang zu den Gebieten erhalten, die am stärksten von der Gewalt betroffen sind; betont in diesem Zusammenhang, dass die syrische Oppositionsbewegung und friedliche Demonstranten die Entsendung internationaler Beobachter in das Land gefordert haben; fordert die syrische Regierung auf, die Hetzreden gegen Länder einzustellen, die die Wirtschaftssanktionen gegen das Regime unterstützen;

6.  fordert einen friedlichen und echten Übergang zur Demokratie, der den legitimen Wünschen der syrischen Bevölkerung entspricht und auf einem integrativen und überkonfessionellen nationalen politischen Dialog beruht, an dem sich alle demokratischen Kräfte und die Zivilgesellschaft des Landes beteiligen; fordert die Oppositionskräfte mit Nachdruck auf, bei ihrer Verteidigung der Bevölkerung nicht in die Falle einer weiteren Eskalation der Gewalt und Militarisierung der Situation zu laufen;

7.  fordert die syrische Regierung auf, die freiwillige Rückkehr aller im Ausland befindlicher Syrer, die in ihr Land zurückkehren möchten, zu ermöglichen und ihre Sicherheit zu garantieren;

8.  unterstützt weiterhin die Bildung syrischer organisierter demokratischer Oppositionsgruppen im und außerhalb des Landes und fordert diese auf, zusammenzuarbeiten und eine gemeinsame Plattform zu schaffen, damit für alle Menschen in Syrien Freiheit und Demokratie erreicht wird; betont in diesem Zusammenhang, wie wichtig es ist, dass die Menschenrechte, die Grundfreiheiten und die Rechte aller ethnischen und religiösen Gemeinschaften im Land gewahrt werden, was ein grundlegender Bestandteil einer echten Demokratie ist; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, neue Wege zu finden, um ihre nichtmilitärische Unterstützung für die Oppositionsbewegung zu verstärken;

9.  begrüßt und unterstützt den Beschluss des Rates vom 1. Dezember 2011, mit dem die restriktiven EU-Maßnahmen gegen Syrien verschärft werden; fordert weitere EU-Sanktionen, die sich gegen das syrische Regime richten, jedoch die negativen Auswirkungen auf die Bevölkerung auf ein Mindestmaß beschränken, solange die Unterdrückung fortgesetzt wird, und die Einrichtung eines angemessenen Mechanismus, mit dem gegenwärtig und in Zukunft humanitären Notfallsituationen begegnet werden kann; begrüßt und unterstützt die Schlussfolgerungen des Rates zu Syrien vom 1. Dezember 2011, in der erklärt wird, dass die EU bereit ist, eine neue und ehrgeizige Partnerschaft mit Syrien in allen Bereichen von gemeinsamem Interesse aufzubauen, wozu auch die Mobilisierung von Unterstützung und die Stärkung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen gehört, sobald Präsident Bashar al-Assad zurücktritt und sich ein echter demokratischer Übergang abzeichnet;

10. begrüßt und unterstützt die Resolutionen zur Lage der Menschenrechte in Syrien, die vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen am 2. Dezember 2011 und vom Dritten Ausschusses der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 22. November 2011 angenommen wurden, und den Bericht des Unabhängigen internationalen Untersuchungsausschusses zur Arabischen Republik Syrien vom 23. November 2011;

11. bedauert, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen bisher nicht in der Lage war, adäquat auf die derzeitigen brutalen Vorfälle in Syrien zu reagieren; fordert die Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und insbesondere Russland und China erneut auf, ihrer Verantwortung nachzukommen und für die Unterstützung der syrischen Bevölkerung bei ihrem Kampf für Freiheit, Würde und Demokratie, für den Schutz von Zivilpersonen vor brutaler Unterdrückung und für die Beendigung der Gewalt im Land einzutreten; unterstützt weiterhin die Anstrengungen der EU und ihrer Mitgliedstaaten in diesem Bereich; fordert gleichzeitig den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf, aufgrund der Verbrechen, die das Regime gegen die syrische Bevölkerung begangen hat, beim Internationalen Strafgerichtshof Klage zu erheben;

12. begrüßt den Beschluss der Liga der Arabischen Staaten, die Mitgliedschaft Syriens in der Organisation auszusetzen und Wirtschaftssanktionen gegen das Regime zu verhängen, und ihre Initiative für die Entsendung einer Beobachtermission in das Land;

13. begrüßt die Wirtschaftssanktionen der Türkei gegen das syrische Regime und die türkischen Anstrengungen im Zusammenhang mit der Aufnahme syrischer Flüchtlinge;

14. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Regierung und dem Parlament der Volksrepublik China, der Regierung und dem Parlament der Russischen Föderation, der Regierung und dem Parlament der Arabischen Republik Syrien und der Regierung und der Regierung und dem Parlament der Republik Türkei zu übermitteln.