Entschließungsantrag - B7-0245/2012Entschließungsantrag
B7-0245/2012

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Ukraine

21.5.2012 - (2012/2658(RSP))

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
gemäß Artikel 110 Absatz 2 der Geschäftsordnung

José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, Elmar Brok, Michael Gahler, Roberta Angelilli, Elena Băsescu, Ivo Belet, Andrzej Grzyb, Anna Ibrisagic, Ioannis Kasoulides, Tunne Kelam, Lena Kolarska-Bobińska, Eduard Kukan, Krzysztof Lisek, Mario Mauro, Francisco José Millán Mon, Monica Luisa Macovei, Ria Oomen-Ruijten, Bernd Posselt, Cristian Dan Preda, Jacek Protasiewicz, Zuzana Roithová, Jacek Saryusz-Wolski, Inese Vaidere im Namen der PPE-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B7-0235/2012

Verfahren : 2012/2658(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B7-0245/2012
Eingereichte Texte :
B7-0245/2012
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Abstimmungen :
Angenommene Texte :

B7‑0245/2012

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Ukraine

(2012/2658(RSP))

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Ukraine,

–   unter Hinweis auf die Entschließung der Parlamentarischen Versammlung Euronest vom 3. April 2012 zur Situation von Julija Tymoschenko,

–   unter Hinweis auf die Erklärung der Hohen Vertreterin, Catherine Ashton, vom 26. April 2012 zur Situation von Julija Tymoschenko,

–   unter Hinweis auf die Erklärung von Androulla Vassiliou, für Sport zuständiges Mitglied der Kommission, vom 4. Mai 2012 zur Fußball-Europameisterschaft 2012,

–   unter Hinweis auf die Erklärung des polnischen Staatspräsidenten Bronislaw Komorowski vom 9. Mai 2012, in der er deutlich machte, dass die Fußball-Europameisterschaft 2012 ausgetragen werden sollte,

–   in Kenntnis des am 15. Mai 2012 veröffentlichten Fortschrittsberichts über die Umsetzung der Europäischen Nachbarschaftspolitik in der Ukraine (SWD(2012) 124 endg.),

–   unter Hinweis auf die Ergebnisse der Tagung des Kooperationsrates EU-Ukraine vom 15. Mai 2012,

–   unter Hinweis auf das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA) zwischen der Europäischen Union und der Ukraine, das am 1. März 1998[1] in Kraft getreten ist, und die laufenden Verhandlungen über das Assoziierungsabkommen, das das PKA ablösen soll,

–   gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass die Lage der Menschenrechte, die Achtung der bürgerlichen Freiheiten und der Grundfreiheiten, Rechtsstaatlichkeit, zu der auch faire, unparteiische und unabhängige rechtliche Verfahren zählen, und die Konzentration auf innerstaatliche Reformen die Voraussetzungen für den weiteren Ausbau der Beziehungen zwischen der EU und der Ukraine darstellen;

B.  in der Erwägung, dass die Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens EU-Ukraine, einschließlich einer weitreichenden und umfassenden Freihandelszone, für die europäische Perspektive der Ukraine wichtig sein wird; in der Erwägung, dass sich eine schrittweise Vertiefung der Beziehungen zwischen der Ukraine und der EU ergeben wird, je mehr gemeinsame Werte die Ukraine mit der EU teilt und je mehr Reformen sie im Geiste dieses Abkommens durchführt; in der Erwägung, dass es auch von großer Bedeutung für die EU ist, dass sich jenseits ihrer Ostgrenze – ein beträchtlicher Teil davon ist die Grenze mit der Ukraine – ein Raum der Rechtsstaatlichkeit und des Wohlstands erstreckt;

C. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament die Durchführung der Strafverfolgung, die Gerichtsverfahren sowie das gegen Julija Tymoschenko ergangene Urteil als Verletzung der Menschenrechte und Verstoß gegen die Rechtsstaatlichkeit verurteilt und die humanitäre Lage in den Justizvollzugsanstalten sowie die selektive Anwendung des Rechts gegen Jurij Luzenko, Valerij Iwaschtschenko und andere kritisiert hat; in der Erwägung, dass das Urteil zum Rechtsmittelverfahren in der Rechtssache Julija Tymoschenko gegen die Entscheidung des Bezirksgerichts Petschersk in Kiew für den 26. Juni 2012 erwartet wird;

D. in der Erwägung, dass die Ukraine die Fußball-Europameisterschaft 2012 im Juni gemeinsam mit Polen austragen wird; in der Erwägung, dass hochrangige europäische Politiker bereits mitgeteilt haben, dass sie nicht die Absicht hätten, den in der Ukraine stattfindenden Spielen beizuwohnen, sie jedoch nicht zu einem Boykott der Spiele im Rahmen der Fußball-Europameisterschaft aufgerufen haben;

E.  in der Erwägung, dass die Ukraine ein für den 11./12. Mai in Jalta angesetztes Gipfeltreffen mittel- und osteuropäischer Staats- und Regierungschefs verschoben hat, nachdem die Staatspräsidenten von acht Ländern ihre Teilnahme aus Protest gegen die Behandlung von Julija Tymoschenko abgesagt hatten;

1.  betont, dass eines seiner wichtigsten außenpolitischen Ziele in der Verbesserung und im Ausbau der Beziehungen zur Ukraine und der Stärkung der Europäischen Nachbarschaftspolitik besteht, die darauf ausgerichtet ist, die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen der betreffenden Länder mit der EU und ihren Mitgliedstaaten zu befördern, hebt hervor, dass die Verbesserung der Menschenrechtslage – einschließlich der Entkriminalisierung politischer Entscheidungen in einem reformierten Strafgesetzbuch – und der Rechtsstaatlichkeit sowie eine Vertiefung der Demokratie durch das Ende der Unterdrückung der politischen Opposition und freie, faire und transparente Wahlen Voraussetzungen für die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens und dessen wirksame Umsetzung sind;

2.  äußert sich erneut besorgt über die Gerichtsverfahren gegen ehemalige und derzeitige hochrangige Regierungsvertreter, die nicht im Einklang mit den europäischen Normen in Bezug auf Fairness, Unparteilichkeit, Transparenz und Unabhängigkeit durchgeführt wurden; fordert die bedingungslose und unverzügliche Freilassung aller politischen Häftlinge, einschließlich der Oppositionsführer;

3.  fordert die ukrainischen Staatsorgane auf, zwischen politischer und strafrechtlicher Verantwortung zu unterscheiden und das geltende Strafrecht dementsprechend zu ändern; betont, dass der demokratische Wettstreit um politische Entscheidungen im Parlament und durch der Beteiligung der Wähler an freien Wahlen stattfinden muss und nicht durch persönlich oder politisch motivierte Akte strafrechtlicher Verfolgung und manipulierte Urteile in den Strafgerichten untergraben werden sollte;

4.  fordert die ukrainischen Staatsorgane auf, im Einklang mit den in Europa üblichen fairen und gerechten Rechtsnormen und der in Europa üblichen fairen und gerechten Rechtspraxis die Unparteilichkeit und Transparenz des Rechtsmittelverfahrens in der Rechtssache Julija Tymoschenko zu gewährleisten, und fordert ein Ende der selektiven Anwendung des Rechts gegen politische und sonstige Gegner; bedauert die Tatsache, dass der für Straf- und Zivilsachen zuständige Oberste Gerichtshof der Ukraine sein Urteil zu dem Rechtsmittelverfahren in der Rechtssache Julija Tymoschenko gegen die Entscheidung des Bezirksgerichts Petschersk in Kiew verschoben hat;

5.  fordert die ukrainischen Staatsorgane eindringlich auf, die Rechte aller Häftlinge, auch die von Frau Tymoschenko, Herrn Luzenko und Herrn Iwaschtschenko, auf eine angemessene medizinische Versorgung in einer geeigneten Einrichtung, das Recht auf unbeschränkten Zugang zu ihren Rechtsanwälten und das Recht, von ihren Angehörigen und anderen Personen wie dem Botschafter der EU besucht zu werden, vollumfänglich zu respektieren; betont, dass die Ukraine die gesetzlich verankerten Rechte und die Menschenrechte von Beschuldigten und Häftlinge, einschließlich ihres Rechts auf medizinische Versorgung, im Einklang mit internationalen Standards in vollem Umfang respektieren muss; verurteilt die vom Gefängnispersonal gegenüber Julija Tymoschenko eingesetzte Gewalt und weist auf die Verpflichtung der Ukraine hin, jede Beschwerde betreffend Folter oder eine andere Form der grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unverzüglich und unparteiisch zu prüfen;

6.  begrüßt die Tatsache, dass Frau Tymoschenko auf eigenen Wunsch von der Justizvollzugsanstalt Katschaniwska ins Krankenhaus verbracht wurde, und nimmt zur Kenntnis, dass sie vor kurzem von internationalen medizinischen Sachverständigen besucht wurde; fordert die ukrainischen Staatsorgane auf, ihre Empfehlungen zu respektieren;

7.  fordert, dass alle Gerichtsverfahren gegen ehemalige und derzeitige hochrangige Regierungsvertreter im Einklang mit den europäischen Normen in Bezug auf Fairness, Unparteilichkeit, Transparenz und Unabhängigkeit durchgeführt werden;

8.  betont die überragende Bedeutung einer freien, fairen und transparenten Parlamentswahl Ende des Jahres in der Ukraine, wozu auch das Recht der Oppositionsführer auf Teilnahme gehört, und erachtet ein nachdrückliches Bekenntnis zu demokratischen Werten und zur Rechtsstaatlichkeit auch zwischen den Wahlgängen und die Beteiligung des Europäischen Parlaments an einer internationalen Wahlbeobachtungsmission, um die nächsten Parlamentswahlen zu beobachten, als notwendig;

9.  weist die ukrainischen Staatsorgane darauf hin, dass umfassende Reformen erforderlich sind, die ordnungsgemäß umgesetzt werden sollten, um der Ukraine den Weg zu einer Angleichung an europäische Normen und Standards zu ebnen; betont, dass die Annäherung der Ukraine an die EU sich auf das Bekenntnis zu Werten und Freiheiten der EU stützen sollte; unterstreicht, dass eine unabhängige Justiz der Eckstein dieser Standards sein muss;

10. bedauert die wiederholten Verlautbarungen, mit denen die ukrainischen Staatsorgane (Kabinett des Staatspräsidenten, Gesundheitsministerium und Justizministerium) die Öffentlichkeit in einseitiger und verzerrter Weise über die Rechtssache Julija Tymoschenko unterrichten, was für unparteiische und professionelle Staatsorgane nicht hinnehmbar sein sollte;

11. wünscht zwar eine erfolgreiche Fußball-Europameisterschaft 2012 in Polen und in der Ukraine, fordert die europäischen Politiker, die den Spielen der Fußball-Europameisterschaft 2012 in der Ukraine (als Privatpersonen) beiwohnen, jedoch auf, über ihr Wissen um die politische Lage in dem Land in der Öffentlichkeit keinen Zweifel aufkommen zu lassen und Möglichkeiten zu suchen, politische Häftlinge im Gefängnis zu besuchen oder die Spiele als Privatpersonen und nicht als VIP zu verfolgen;

12. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem EAD, dem Rat, der Kommission, den Mitgliedstaaten, dem Staatspräsidenten, der Regierung und dem Parlament der Ukraine sowie der Parlamentarischen Versammlung des Europarats und der OSZE zu übermitteln.