Entschließungsantrag - B8-0020/2015Entschließungsantrag
B8-0020/2015

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zur Lage in der Ukraine

12.1.2015 - (2014/2965(RSP))

eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
gemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Charles Tannock, Anna Elżbieta Fotyga, Ryszard Czarnecki, Mark Demesmaeker, Ryszard Antoni Legutko, Tomasz Piotr Poręba, Karol Karski, Roberts Zīle, Stanisław Ożóg, Ruža Tomašić, Zbigniew Kuźmiuk, Geoffrey Van Orden im Namen der ECR-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B8-0008/2015

Verfahren : 2014/2965(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B8-0020/2015
Eingereichte Texte :
B8-0020/2015
Aussprachen :
Angenommene Texte :

B8‑0020/2015

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in der Ukraine

(2014/2965(RSP))

Das Europäische Parlament,

–       unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu der Ukraine und der Östlichen Partnerschaft,

–       unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) vom 17. November 2014 zur Ukraine,

–       unter Hinweis auf die Ratifizierung des Assoziierungsabkommens/Vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens,

–       unter Hinweis auf den Bericht der Wahlbeobachtungsdelegation zur Parlamentswahl in der Ukraine vom 26. Oktober 2014,

–       gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.     in der Erwägung, dass die EU wiederholt ihr Bekenntnis zur Unabhängigkeit, Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine und zu ihrem Recht, ohne Druck von außen über ihre Verbündeten und ihre Zukunft zu entscheiden, bekräftigt und ihre entschiedene Unterstützung dafür zugesagt hat;

B.     in der Erwägung, dass am 26. Oktober 2014 in der Ukraine eine Parlamentswahl stattfand, die trotz der extrem schwierigen Lage im Land effizient organisiert wurde und ordnungsgemäß und friedlich gemäß internationalen Standards ablief und bei der mit großer Mehrheit die Parteien als Sieger hervorgingen, die eine weitere Annäherung der Ukraine an die EU unterstützen;

C.     in der Erwägung, dass die EU am 27. Juni 2014 ein Assoziierungsabkommen mit der Ukraine sowie mit Georgien und mit der Republik Moldau unterzeichnete und später ratifizierte; in der Erwägung, dass mit der Unterzeichnung dieses Abkommens anerkannt wird, dass die Bevölkerung der Ukraine in einem Land leben möchte, in dem europäische Werte gelten und Demokratie und Rechtsstaatlichkeit herrschen;

D.     in der Erwägung, dass die Unterzeichnung des Budapester Memorandums, in dem die USA, Russland und das Vereinigte Königreich garantierten, die Unabhängigkeit und Souveränität der Ukraine in den bestehenden Grenzen zu achten und die Androhung oder Anwendung von Gewalt gegen die Ukraine zu unterlassen, sich am 5. Dezember 2014 zum zwanzigsten Mal jährte;

E.     in der Erwägung, dass die trilaterale Kontaktgruppe am 5. September 2014 einen Waffenstillstand vereinbarte, der am selben Tag in Kraft trat; in der Erwägung, dass seitdem tagtäglich von den Separatisten und den russischen Streitkräften gegen diese Waffenruhe verstoßen wird; in der Erwägung, dass Russland die Separatistenmilizen laufend weiter mit Waffen, Munition, gepanzerten Fahrzeugen und Ausrüstung versorgt und mit Söldnern sowie regulären russischen Einheiten nebst Kampfpanzern, modernen Luftabwehrsystemen und Artillerie unterstützt;

F.     in der Erwägung, dass den ukrainischen Behörden zufolge seit Beginn des Konflikts bis Dezember 2014 über 1 250 Militärangehörige gefallen sind und noch viele Menschen von den Kämpfern gefangen gehalten werden, darunter Soldaten, Journalisten, freiwillige Helfer und Anwohner;

G.     in der Erwägung, dass die direkte und indirekte militärische Intervention Russlands in der Ukraine, einschließlich der Annexion der Krim, einen Verstoß gegen das Völkerrecht darstellt, beispielsweise gegen die Charta der Vereinten Nationen, die Schlussakte von Helsinki und das Budapester Memorandum von 1994; in der Erwägung, dass Russland nach wie vor die Umsetzung des Vertrags über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) ablehnt;

H.     in der Erwägung, dass die russische Politik, seine Nachbarn, darunter die Ukraine, Georgien und Moldawien, durch militärische und wirtschaftliche Aggression und dadurch zu bestrafen, dass seit langem schwelende Konflikte immer wieder geschürt oder neu angefacht werden, darauf abzielt, sich in europäische Angelegenheiten einzumischen, Europa zu destabilisieren und die Einheit der EU zu schwächen;

I.      in der Erwägung, dass der tragische Abschuss des Flugzeugs der Malaysia Airlines mit der Flugnummer MH17 im Luftraum über dem Gebiet Donezk für Entrüstung in der internationalen und europäischen Öffentlichkeit gesorgt hat; in der Erwägung, dass die Vereinten Nationen und die EU eine eingehende internationale Untersuchung der Umstände des Vorfalls gefordert haben;

J.      in der Erwägung, dass der Rat am 17. November 2014 die restriktiven Maßnahmen der EU gegen die Separatisten in der östlichen Ukraine verstärkt hat, indem die Vermögen von 13 natürlichen und 5 juristischen Personen eingefroren wurden und gegen sie ein Einreiseverbot in die EU verhängt wurde;

K.     in der Erwägung, dass es in der Ostukraine und auf der Krim immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen kommt, die insbesondere gegen die Krimtataren gerichtet sind und mit Einschüchterungen und einer neuen Welle von Verschleppungen einhergehen;

1.      bekundet der Ukraine und der ukrainischen Nation seine uneingeschränkte Solidarität; bekräftigt erneut, dass es sich nach wie vor für die Unabhängigkeit, die Souveränität, die territoriale Integrität, die Unverletzlichkeit der Grenzen und die Entscheidung der Ukraine für Europa einsetzt;

2.      verurteilt aufs Schärfste, dass die Russische Föderation einen nicht erklärten hybriden Krieg gegen die Ukraine führt und dabei reguläre russische Streitkräfte einsetzt und illegale bewaffnete Gruppen unterstützt; fordert Russland nachdrücklich auf, den Zustrom von Waffen und Kämpfern in die Ostukraine zu unterbinden; betont, dass die Maßnahmen Russlands gegen die Ukraine einen Akt der Aggression darstellen;

3.      hebt hervor, dass sich die Sanktionen der EU und der USA gegen Russland direkt auf die russische Wirtschaft auswirken; bekräftigt seine Aufforderung an die Mitgliedstaaten und den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD), die Sanktionen zu verschärfen und eine Reihe klarer Vorgaben zu beschließen, von deren Einhaltung die Verhängung neuer restriktiver Maßnahmen gegen Russland oder die Aufhebung der bereits verhängten Sanktionen abhängig gemacht werden, wobei zu diesen Vorgaben der vollständige Rückzug der russischen Truppen und Söldner aus ukrainischem Gebiet, die Beendigung der Versorgung von Terroristen mit Waffen und Ausrüstung, die uneingeschränkte Achtung der Waffenruhe durch Russland, die Einrichtung einer wirksamen internationalen Kontrolle und Überprüfung der Waffenruhe und die Wiederherstellung der Herrschaft der Ukraine über das gesamte Hoheitsgebiet einschließlich der Krim zählen;

4.      fordert in diesem Zusammenhang, das Militärembargo und die Sanktionen wirksamer durchzusetzen, um jede Zusammenarbeit der EU mit Russland im Verteidigungsbereich einschließlich der Raumfahrttechnologien zu verhindern;

5.      erachtet die Annexion der Krim als rechtswidrig und lehnt es ab, die russische De-facto-Herrschaft über die Halbinsel anzuerkennen, weshalb die Einfuhr von Erzeugnissen von der Krim und aus Sewastopol ohne ukrainisches Ursprungszeugnis untersagt und die Ausstellung von Schengen-Visa an Bewohner der Krim mit russischen Pässen verweigert wird; begrüßt die Entscheidung von Mastercard und Visa, sämtliche Leistungen in dem von Russland annektierten Gebiet der Krim auszusetzen;

6.      fordert den Rat erneut auf, die sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk auf die Liste der Terrororganisationen zu setzen;

7.      ist äußerst beunruhigt über die sich verschlechternde Lage der Menschenrechte in der Ostukraine und auf der Krim; verurteilt die anhaltende Einschüchterung und Schikanierung der Krimtataren, der ethnischen Ukrainer und all jener Bewohner der Krim, die die russische Staatsangehörigkeit ablehnen; betont, dass Russland für die Verschlechterung der Menschenrechtslage auf der rechtswidrig annektierten Krim und im Donezbecken direkt verantwortlich ist;

8.      beglückwünscht die ukrainischen Behörden zur effektiven und ordnungsgemäßen Durchführung der Parlamentswahl am 26. Oktober 2014 trotz der extrem schwierigen Lage im Land;

9.      verurteilt die Organisation und Durchführung der rechtswidrigen „Präsidentschafts- und Parlamentswahlen“ in der „Volksrepublik Donezk“ und der „Volksrepublik Luhansk“ am 2. November 2014; bedauert, dass Russland sie für legitim erklärt hat und damit die Minsker Vereinbarungen untergräbt;

10.    fordert Russland erneut auf, die ukrainischen politischen Gefangenen umgehend freizulassen, darunter Nadija Sawtschenko, die kürzlich in die Werchowna Rada der Ukraine gewählt wurde und sich derzeit im Hungerstreik befindet;

11.    begrüßt die Bildung der Regierung Jazenjuk und hofft, dass sie die für die weitere Annäherung der Ukraine an die EU erforderlichen Reformen ordnungsgemäß und unverzüglich umsetzt; hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass die Werchowna Rada reformiert werden und effizienter arbeiten muss, indem unter anderem die zweiwöchige Frist für die Einreichung von Änderungsanträgen für Gesetzesvorhaben verlängert, eine angemessene Legisvakanz für die verabschiedeten Rechtsakte eingeführt und eine stärkere Beteiligung der Abgeordneten an der parlamentarischen Arbeit sichergestellt wird; fordert erneut, dass die Anstrengungen für den Kampf gegen die Korruption zu verstärken sind; begrüßt die Bestellung ausländischer Sachverständiger auf wichtige Posten in der neuen Verwaltung;

12.    empfiehlt den ukrainischen Behörden, sich weiter um einen professionellen und unabhängigen öffentlichen Dienst auf der Basis bewährter Verfahren und Erfahrungen der Mitgliedstaaten zu bemühen; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die Möglichkeit zu erwägen, Sachverständige und erfahrene Angehörige des öffentlichen Dienstes zu entsenden, die bei der Schulung der ukrainischen Kollegen behilflich sein könnten;

13.    fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich stärker für die Unterstützung der Ukraine zu engagieren und eine Geber- bzw. Investorenkonferenz zu veranstalten und in Zusammenarbeit mit den internationalen Finanzinstitutionen weitere Maßnahmen festzulegen, die der wirtschaftlichen und finanziellen Erholung der Ukraine dienen;

14.    fordert die Hohe Vertreterin / Vizepräsidentin der Kommission und die Kommission in diesem Zusammenhang auf, konkrete Maßnahmen zu ergreifen und Sondertransporte für Lieferungen und nichtletale Ausrüstungen, u. a. Nachtsichtgeräte und Körperpanzer für die ukrainischen Soldaten, die im Osten des Landes kämpfen, zu organisieren;

15.    fordert die Mitgliedstaaten auf, den ukrainischen Streitkräften militärische und technische Hilfe zu leisten und dadurch ihre Kampfbereitschaft und ihre Einsatzmöglichkeiten zu verbessern;

16.    begrüßt die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der Ukraine und betont die rechtlich anerkannte Perspektive der Ukraine auf eine spätere Mitgliedschaft in der EU, die grundsätzlich durch Artikel 49 des Vertrags über die Europäische Union gegeben ist; fordert die Mitgliedstaaten auf, das Assoziierungsabkommen vor dem Gipfel in Riga 2015 zu ratifizieren;

17.    hebt angesichts des verkündeten Stopps des South-Stream-Projekts die zunehmende strategische Bedeutung des ukrainischen Gasnetzes hervor und fordert die Kommission auf, Pläne für eine geeignete Modernisierung der ukrainischen Gasleitungen vorzulegen; begrüßt, dass sich die EU solidarisch zeigt und größere Gasmengen mittels Umkehrfluss aus den Mitgliedstaaten in die Ukraine geleitet werden;

18.    begrüßt die Bemühungen der ukrainischen Regierung von Ministerpräsident Jazenjuk, die Energieversorgung zu diversifizieren und die Beschaffung auf internationale Unternehmen auszudehnen, beispielsweise beim Einkauf von Kernbrennstoffen und bei der Beschaffung von Kraftwerksausrüstungen;

19.    bedauert die gegen die Ukraine gerichtete Propaganda in den russischen staatlichen Medien, mit der in der russischen Gesellschaft Hass und Vorurteile gegenüber dem Land geschürt werden;

20.    fordert die EU auf, sich solidarisch zu zeigen und mit einer Stimme zu sprechen, wenn es um die Reaktion auf russische Operationen in der Ukraine und in anderen Ländern der Östlichen Partnerschaft geht;

21.    beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Mitgliedstaaten, dem Präsidenten der Ukraine, den Regierungen und Parlamenten der Länder der Östlichen Partnerschaft und der Russischen Föderation, der Parlamentarischen Versammlung Euronest und den Parlamentarischen Versammlungen des Europarates und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zu übermitteln.