Entschließungsantrag - B8-1086/2016Entschließungsantrag
B8-1086/2016

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu dem Entwurf eines Durchführungsbeschlusses der Kommission zur Erneuerung der Zulassung des Inverkehrbringens von Saatgut zum Anbau von genetisch verändertem Mais der Sorte MON 810 (MON-ØØ81Ø-6)

3.10.2016 - (D046170/00 – 2016/2921(RSP))

eingereicht gemäß Artikel 106 Absätze 2 und 3 der Geschäftsordnung
Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit

Ko-Berichterstatter: Bart Staes, Lynn Boylan, Guillaume Balas, Sirpa Pietikäinen, Eleonora Evi

Verfahren : 2016/2921(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B8-1086/2016
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B8-1086/2016

Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Entwurf eines Durchführungsbeschlusses der Kommission zur Erneuerung der Zulassung des Inverkehrbringens von Saatgut zum Anbau von genetisch verändertem Mais der Sorte MON 810 (MON-ØØ81Ø-6)

(D046170/00 – 2016/2921(RSP))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf den Entwurf eines Durchführungsbeschlusses der Kommission zur Erneuerung der Zulassung des Inverkehrbringens von Saatgut zum Anbau von genetisch verändertem Mais der Sorte MON 810 (MON-ØØ81Ø-6) (D046170/00),

–  gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel[1], insbesondere auf Artikel 23 Absatz 3,

–  gestützt auf die Artikel 11 und 13 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren[2],

–   unter Hinweis auf das wissenschaftliche Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit vom 6. Dezember 2012, mit dem die Schlussfolgerungen zur Risikobewertung und die Empfehlungen zum Risikomanagement bei insektenresistentem genetisch verändertem Mais der Sorte MON 810 aktualisiert werden[3],

–  unter Hinweis auf das wissenschaftliche Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit vom 6. Dezember 2012, mit dem die Schlussfolgerungen zur Umweltverträglichkeitsprüfung und die Empfehlungen zum Risikomanagement beim Anbau von insektenresistentem genetisch verändertem Mais der Sorten Bt11 und MON 810 ergänzt werden[4],

–   unter Hinweis auf das Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit vom 28. Mai 2015, mit dem die Empfehlungen zum Risikomanagement aktualisiert werden, die Exposition von nicht zur Zielgruppe gehörenden zu erhaltenden Lepidoptera gegenüber Bt-Maispollen in geschützten Lebensräumen zu begrenzen[5],

–   unter Hinweis auf das wissenschaftliche Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit vom 9. März 2016 über den Bericht von Monsanto Europe S.A. über das jährliche Umwelt-Monitoring nach dem Inverkehrbringen in Bezug auf den Anbau von genetisch verändertem Mais der Sorte MON 810 im Jahr 2014[6],

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Januar 2014 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates über das Inverkehrbringen eines genetisch veränderten, gegen bestimmte Lepidopteren resistenten Maisprodukts (Zea mays L., Linie 1507) für den Anbau gemäß der Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates[7],

–  unter Hinweis auf den Entwurf einer Entschließung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit,

–  gestützt auf Artikel 106 Absätze 2 und 3 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass Monsanto Europe S.A. am 11. und 18. April 2007 gemäß den Artikeln 11 und 23 der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 bei der Kommission drei Anträge stellte, nämlich auf Erneuerung der Zulassung von bereits existierenden aus der Maissorte MON 810 gewonnenen Lebensmitteln, Lebensmittelzutaten und Futtermitteln, auf Erneuerung der Zulassung von Futtermitteln, die die Maissorte MON 810 enthalten oder aus ihr bestehen, sowie auf Erneuerung der Zulassung der Maissorte MON 810 in Erzeugnissen, die aus ihr bestehen oder sie enthalten, für andere Verwendungen – ausgenommen als Lebens- oder Futtermittel –, die bei allen anderen Maissorten zugelassen sind, einschließlich zum Anbau; in der Erwägung, dass diese Erzeugnisse nach dem Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 der Kommission gemäß Artikel 8 Absatz 1 Buchstaben a und b und Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe b der genannten Verordnung gemeldet und in das Gemeinschaftsregister genetisch veränderter Lebensmittel und Futtermittel aufgenommen wurden;

B.  in der Erwägung, dass Monsanto Europe S.A. die Kommission mit Schreiben vom 9. März 2016 ersuchte, den Teil des Antrags über den Anbau getrennt vom übrigen Antrag zu prüfen;

C.  in der Erwägung, dass genetisch veränderter Mais der Sorte MON 810, wie in dem Antrag beschrieben, das (aus Bacillus thuringiensis kurstaki gewonnene) Protein Cry1Ab exprimiert, das Schutz gegen bestimmte Lepidoptera-Schädlinge verleiht, u.a. gegen den Maiszünsler (Ostrinia nubilalis) und den violetten Stengelbohrer (Sesamia spp.);

D.  in der Erwägung, dass das Inverkehrbringen von Saatgut der genetisch veränderten Maissorte MON 810 zum Anbau ursprünglich durch die Entscheidung 98/294/EG der Kommission[8] gemäß der Richtlinie 90/220/EWG des Rates[9] zugelassen wurde; in der Erwägung, dass Frankreich am 3. August 1998 das Inverkehrbringen von Erzeugnissen der Maissorte MON 810 durch Monsanto Europe S.A. (im Folgenden „Monsanto“) genehmigte;

E.  in der Erwägung, dass der Anbau von genetisch verändertem Mais der Sorte MON 810 gemäß Artikel 26c Absatz 2 der Richtlinie 2001/18/EG in folgenden Hoheitsgebieten verboten ist: Wallonien (Belgien), Bulgarien, Dänemark, Deutschland (außer zu Forschungszwecken), Griechenland, Frankreich, Kroatien, Italien, Zypern, Lettland, Litauen, Luxemburg, Ungarn, Malta, den Niederlanden, Österreich, Polen, Slowenien, Nordirland (Vereinigtes Königreich), Schottland (Vereinigtes Königreich), Wales (Vereinigtes Königreich);

F.  in der Erwägung, dass laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Hinweise darauf vorliegen, dass sich etwa 95-99 % der freigesetzten Pollen innerhalb eines Radius von 50 Metern der Pollenquelle absetzen, dass die Pollen während der Pollenflugzeit durch vertikale Windböen oder Windstöße jedoch auch hoch in die Luft getragen und über beträchtliche Entfernungen von bis zu mehreren Kilometern verbreitet werden können;

G.  in der Erwägung, dass die EFSA die Kreuzbestäubung bei Mais willkürlich aus der Reihe ihrer wissenschaftlichen Gutachten zu Mais der Sorte MON 810 ausschloss und auf diese Weise über potenzielle Gefahren für die biologische Vielfalt hinwegsah;

H.  in der Erwägung, dass Teosinte, die wilde Urform von Kulturmais, seit 2009 in Spanien zu finden ist; in der Erwägung, dass Populationen von Teosinte transgene DNA aus genetisch verändertem Mais der Sorte MON 810 aufnehmen könnten, der in einigen Regionen in Spanien, in denen Teosinte sich derzeit stark verbreitet, angebaut wird; in der Erwägung, dass ein Genfluss auf Teosinte erfolgen kann, was zur Folge hätte, dass diese Pflanze Bt-Toxine erzeugt, und die Hybride aus Mais und Teosinte im Vergleich zu den einheimischen Teosinte-Pflanzen widerstandsfähiger machen würde; in der Erwägung, dass dieses Szenario große Risiken für Landwirte und die Umwelt birgt;

I.  in der Erwägung, dass die zuständigen Behörden Spaniens die Kommission davon in Kenntnis gesetzt haben, dass auf spanischen Maisfeldern – und in sehr geringem Maße auch auf Feldern mit genetisch verändertem Mais – Teosinte wächst; in der Erwägung, dass aus den verfügbaren Informationen hervorgeht, dass außerdem auch in Frankreich Teosinte gefunden wurde;

J.  in der Erwägung, dass die Kommission die EFSA am 13. Juli 2016 aufgefordert hat, bis Ende September 2016 anhand der verfügbaren wissenschaftlichen Literatur und sonstiger einschlägiger Informationen zu prüfen, ob es neue Erkenntnisse gibt, die Auswirkungen auf die Schlussfolgerungen und Empfehlungen der wissenschaftlichen Gutachten der EFSA zum Anbau von genetisch verändertem Mais der Sorten MON 810, Bt11, 1507 und GA21 hätten;

K.  in der Erwägung, dass die Kommission in Ziffer 22 des Entwurfs des Durchführungsbeschlusses behauptet, die EFSA habe zwei Niveaus der „annehmbaren“ lokalen Sterblichkeitsrate geprüft (0,5 % und 1 %), wohingegen die EFSA in ihrem wissenschaftlichen Gutachten vom 28. Mai 2015 zur Aktualisierung der Empfehlungen zum Risikomanagement, um die Exposition von nicht zur Zielgruppe gehörenden zu erhaltenden Lepidoptera gegenüber Bt-Maispollen in geschützten Lebensräumen zu begrenzen, unmissverständlich ausführt, dass jedwedes spezifische Schutzniveau, das vom Gremium der EFSA für genetisch veränderte Organismen hier zur Veranschaulichung angeführt wird, nur als Beispiel gedacht ist und dass jeder angewandte Schwellenwert zwangsläufig willkürlich gewählt wurde und entsprechend den in der Union geltenden Schutzzielen angepasst werden sollte;

L.  in der Erwägung, dass die Kommission in dem Entwurf eines Durchführungsbeschlusses eine lokale Sterblichkeitsrate von weniger als 0,5 % angesetzt hat und im Anhang zu diesem Durchführungsbeschluss einen willkürlich gewählten Sicherheitsabstand von mindestens fünf Metern zwischen einem MON 810-Maisfeld und einem geschützten natürlichen Lebensraum gemäß der Begriffsbestimmung in Artikel 2 Nummer 3 der Richtlinie 2004/35/EG vorsieht, obwohl die EFSA unmissverständlich ausführt und bestätigt, dass um einen geschützten Lebensraum ein Sicherheitsabstand von 20 Metern – also viermal so weit wie von der Kommission vorgeschlagen – zum nächsten Maisfeld der Sorten Bt11 oder MON 810 eingehalten werden muss, damit davon ausgegangen werden kann, dass sogar bei extrem anfälligen nicht zur Zielgruppe gehörenden Lepidoptera-Larven die lokale Sterblichkeitsrate auf ein Niveau zurückgeht, das unter 0,5 % liegt;

M.  in der Erwägung, dass die EFSA in ihrem wissenschaftlichen Gutachten vom 28. Mai 2015 zur Aktualisierung der Empfehlungen zum Risikomanagement, um die Exposition von nicht zur Zielgruppe gehörenden zu erhaltenden Lepidoptera gegenüber Bt-Maispollen in geschützten Lebensräumen zu begrenzen, erklärt, dass derzeit nicht ausreichend Daten vorliegen, um die Sterblichkeitsrate von Larven aufgrund von Bt-Mais in ein Verhältnis zu der Sterblichkeitsrate allgemein zu setzen;

N.  in der Erwägung, dass, wie die EFSA feststellt, das jährliche Umwelt-Monitoring nach dem Inverkehrbringen fortlaufend unzulänglich umgesetzt wird und auch aus dem Umwelt-Monitoringbericht 2014 hervorgeht, dass die Umsetzung von Rückzugsgebieten, die frei von Bt-Mais sind, in Spanien zum Teil nicht eingehalten wird, wie auch bereits in früheren Jahren festgestellt wurde, und dass bei der Auswertung von Fragebögen für Landwirte sowie bei der Durchsicht der Literatur eine unzulängliche Methodik ausgemacht wurde, worauf ebenfalls bereits in früheren jährlichen Umwelt-Monitoringberichten nach dem Inverkehrbringen zu Mais der Sorte MON 810 hingewiesen wird;

O.  in der Erwägung, dass das Gremium der EFSA für genetisch veränderte Organismen jedes Jahr vergeblich seine Empfehlungen zum Umwelt-Monitoring nach dem Inverkehrbringen von MON 810 wiederholt, nämlich dass genauere Angaben zum Stichprobenverfahren gemacht werden, dass bei Fragebögen für Landwirte die Möglichkeit einer Stichprobenverzerrung eingeschränkt wird und dass sichergestellt wird, dass alle relevanten wissenschaftlichen Veröffentlichungen zusammengetragen werden; in der Erwägung, dass das Gremium der EFSA für genetisch veränderte Organismen im Hinblick auf eine Verbesserung der Stichprobengrundlage bei der Umfrage unter den Landwirten jedes Jahr erneut vergeblich auf die Bedeutung der nationalen Standortregister von genetisch veränderten Organismen hinweist und seine Empfehlungen wiederholt, dass Inhaber sich bereit erklären sollten, zu überlegen, wie die in den nationalen Registern aufgezeichneten Informationen am besten zu nutzen sind, und dass der Dialog mit denjenigen gefördert werden sollte, die im Zusammenhang mit dem Anbau von MON 810-Mais für die Verwaltung dieser Register zuständig sind;

1.  vertritt die Auffassung, dass der Entwurf eines Durchführungsbeschlusses der Kommission über die in der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 vorgesehenen Durchführungsbefugnisse hinausgeht;

2.  vertritt die Auffassung, dass die von der EFSA durchgeführte Risikobewertung des Anbaus unvollständig ist und die Empfehlungen der Kommission zum Risikomanagement mangelhaft sind;

3.  vertritt die Auffassung, dass der Entwurf eines Durchführungsbeschlusses der Kommission mit dem Unionsrecht unvereinbar ist, da er nicht dem Ziel der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 entspricht, welches im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 darin besteht, die Grundlage für ein hohes Schutzniveau für Leben und Gesundheit des Menschen, Gesundheit und Wohlergehen der Tiere, die Belange der Umwelt und die Verbraucherinteressen im Zusammenhang mit gentechnisch veränderten Lebensmitteln und Futtermitteln sicherzustellen und ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten;

4.  fordert die Kommission auf, ihren Entwurf eines Durchführungsbeschlusses zurückzuziehen;

5.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.