Gemeinsamer Entschließungsantrag - RC-B5-0633/2001Gemeinsamer Entschließungsantrag
RC-B5-0633/2001

GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

3. Oktober 2001

eingereicht gemäß Artikel 50 Absatz 5 der Geschäftsordnung von
anstelle der Entschließungsanträge folgender Fraktionen: zu der Patentierung der Gene BRCA1 und BRCA2 („Brustkrebsgene“)

Verfahren : 2001/2613(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
RC-B5-0633/2001
Eingereichte Texte :
RC-B5-0633/2001
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Angenommene Texte :

Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Patentierung der Gene BRCA1 und BRCA2 („Brustkrebsgene“)

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 30. März 2000 zu dem Beschluss des Europäischen Patentamts bezüglich des am 8. Dezember 1999 erteilten Patents Nr. EP 695 351, in der es das EPA auffordert, „ zu gewährleisten, dass kein bestehendes Patent und keine Patentanmeldung in Europa gegen den Grundsatz der Nichtpatentierbarkeit von Menschen, ihrer Gene oder Zellen in ihrer natürlichen Umgebung … verstößt“,

–  unter Hinweis auf die „Stellungnahme zur Patentierbarkeit des menschlichen Genoms“, die der Internationale Ausschuss für Bioethik der Unesco (IBC) zum Abschluss seiner achten Tagung am 14. September 2001 durch Konsens angenommen hat; darin heißt es, dass „starke ethische Gründe für den Ausschluss des menschlichen Genoms von der Patentierbarkeit sprechen“, und weiterhin wird empfohlen, dass „ die Welthandelsorganisation (WTO) in ihrer Überprüfung des TRIPS-Übereinkommens feststellt, dass das menschliche Genom gemäß Artikel 27 Absatz 2 auf der Grundlage der darin aufgeführten Erwägungen des öffentlichen Interesses, insbesondere der öffentlichen Ordnung, der guten Sitten und des Schutzes des menschlichen Lebens und der menschlichen Gesundheit, nicht patentierbar ist“,

A.  in der Erwägung, dass eine US-Gesellschaft, Myriad Genetics, US-Patente auf die sogenannten „Brustkrebsgene“ BRCA1 und BRCA2 erteilt bekam und auch beim Europäischen Patentamt Patente auf diese Gene beantragt hat,

B.  in der Erwägung, dass in den USA Genlaboratorien von Myriad Genetics Lizenzen erhalten, um eine sehr begrenzte Anzahl von Mutationen der Gene BRCA1 und BRCA2 (gegen Gebühr) zu testen, und dass sie gezwungen sind, etwaige weitere Tests bei Myriad Genetics zu beantragen, wodurch beträchtliche zusätzliche Ausgaben entstehen,

C.  in der Erwägung, dass in der Europäischen Union kostengünstigere und effektivere Testverfahren für die Brustkrebsgene BRCA1 und BRCA2 existieren und dass die bestehenden US-amerikanischen Patente deren Anwendung heute schon erschweren,

D.  in der Erwägung, dass das Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente in seinem Artikel 52 Absatz 2 Buchstabe a vorschreibt, dass keine Patente für Entdeckungen erteilt werden, und dass Artikel 53 Buchstabe a Erfindungen, deren Veröffentlichung oder Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde, von der Patentierbarkeit ausschließt;

E.  in der Erwägung, dass das aufgrund der US-Patente bestehende Monopol und die Vermarktungspolitik des Unternehmens schon heute dazu führen, dass betroffene Frauen in Europa länger als notwendig auf die Testresultate warten müssen, da die Gentests teilweise nur in den Labors von Myriad Genetics in den USA durchgeführt werden dürfen,

F.  in der Erwägung, dass die Erteilung ähnlicher Patente durch das EPA auch innerhalb der Europäischen Union ein Monopol für die betreffende Firma schaffen könnte, das die weitere Anwendung bereits existierender kostengünstigerer und effektiverer Tests auf die Brustkrebsgene BRCA1 und BRCA2 stark behindern oder sogar unmöglich machen könnte; diese Entwicklung könnte in unverantwortlicher Weise zu Lasten der betroffenen Frauen gehen und das öffentliche Gesundheitswesen finanziell stark belasten; sie könnte außerdem ein wesentliches Hindernis für die Entwicklung und Erforschung neuer Diagnostikmethoden darstellen,

G.  in der Erwägung, dass das EPA am 10. Januar 2001 mit Patent Nr. 699 754 und am 23. Mai 2001 mit Patent Nr. 705 903 Patente auf BRCA1 an Myriad Genetics erteilt hat und die Erteilung weiterer Patente auf die Brustkrebsgene BRCA1 und BRCA2 prüft,

H.  in der Erwägung, dass die Einspruchsfrist gegen das Patent Nr. EP 699 754 vom 10. Januar am 10. Oktober 2001 abläuft und dass das Institut Curie und das französische Gesundheitsministerium Einspruch gegen dieses Patent einlegen werden,

1.  äußert seine Bestürzung über die möglichen Konsequenzen der Erteilung eines Patents auf ein menschliches Gen durch das Europäische Patentamt;

2.  erneuert seine Aufforderung an das Europäische Patentamt, „zu gewährleisten, dass kein bestehendes Patent und keine Patentanmeldung in Europa gegen den Grundsatz der Nichtpatentierbarkeit von Menschen, ihrer Gene oder Zellen in ihrer natürlichen Umgebung… verstößt“;

3.  ersucht das EPA, die Erteilung von Patenten auf diese Gene zu überprüfen, und unterstützt diejenigen, die Einspruch gegen die Erteilung dieser Patente einlegen, wie beispielsweise das Institut Curie, und erneuert seine Forderung nach einer Überprüfung der Tätigkeit des EPA, um zu gewährleisten, dass es einer öffentlichen Rechenschaftspflicht unterliegt, und um seine Verfahrensregeln abzuändern, damit das EPA ein Patent aus eigener Initiative zurücknehmen kann;

4.  erneuert seine Aufforderung an den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit der genetische Code des Menschen für die Forschung in aller Welt zur freien Verfügung steht und damit medizinische Anwendungen bestimmter menschlicher Gene nicht durch auf Patenten beruhende Monopole verhindert werden;

5.  ersucht seine zuständigen Dienststellen, unverzüglich einen Einspruch gegen die Europäischen Patente Nr. 699 754 und Nr. 705 903 vorzubereiten, und fordert die anderen EU-Institutionen und die Regierungen der Mitgliedstaaten auf, dies ebenfalls zu tun;

6.  beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Europäischen Patentamt und den Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln.