Gemeinsamer Entschließungsantrag - RC-B5-0763/2001Gemeinsamer Entschließungsantrag
RC-B5-0763/2001

GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

12. Dezember 2001

eingereicht gemäß Artikel 50 Absatz 5 der Geschäftsordnung
anstelle der Entschließungsanträge folgender Fraktionen: zu Frauen in Afghanistan

Verfahren : 2001/2637(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
RC-B5-0763/2001
Eingereichte Texte :
RC-B5-0763/2001
Aussprachen :
Abstimmungen :
Angenommene Texte :

Entschließung des Europäischen Parlaments zu Frauen in Afghanistan

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Afghanistan und insbesondere zur Lage der afghanischen Frauen sowie unter Hinweis auf die Erklärung des Gipfels afghanischer Frauen in Brüssel vom 4. und 5. Dezember 2001,

–  unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,

–  unter Hinweis auf die Maßnahmen, die die „Afghanistan Support Group“ in Bonn am 4. und 5. Dezember 2001 für die Koordinierung der humanitären und der Entwicklungshilfebemühungen für Afghanistan getroffen hat,

A.  unter Hervorhebung der Tatsache, dass das Taliban-Regime mit einer in der neueren Geschichte beispiellosen Willkür gegen die Rechte der Frauen verstoßen und eine geschlechtsbedingte Apartheid verfügt hat, die Frauen jegliche Identität absprach,

B.  in der Erwägung, dass ca. 5 Millionen afghanische Flüchtlinge im Ausland leben, hauptsächlich in Pakistan und in Iran; in der Erwägung, dass diese Flüchtlinge mehrheitlich Frauen und Kinder sind,

C.  unter Hinweis auf die hohe Sterblichkeitsrate bei Frauen und Kindern,

D.  in der Erwägung, dass schätzungsweise weniger als 5% der afghanischen Frauen lesen und schreiben können, während unter dem Taliban-Regime der Prozentsatz der Mädchen im Schulalter, die des Lesens und Schreibens kundig sind, noch weit darunter liegt, nämlich bei etwa 1-2%,

1.  begrüßt die Vereinbarung, die bei den UN-Gesprächen über Afghanistan in Bonn am 5. Dezember 2001 erzielt wurde, sowie die Tatsache, dass der so gebildeten Übergangsregierung zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt zwei Frauen angehören, von denen eine die stellvertretende Premierministerin ist;

2.  fordert, dass die Rechte der Frauen in der neuen Verfassung uneingeschränkt garantiert werden;

3.  begrüßt ausdrücklich die geplante Bildung eines Ministeriums für Frauenfragen innerhalb der neuen Regierung sowie die Ankündigung, dass die Sonderkommission, die gemäß der Vereinbarung über die Abhaltung einer Loja Dschirga vorgesehen ist, dafür sorgen wird, dass an der konstituierenden Sitzung, die in 6 Monaten stattfinden soll, eine erhebliche Anzahl von Frauen teilnimmt;

4.  begrüßt die Forderungen, die die Teilnehmer der UN-Gespräche über Afghanistan an den UN-Sicherheitsrat gestellt haben, nämlich die frühzeitige Entsendung einer Truppe unter UN-Mandat nach Afghanistan zu genehmigen, die bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit für Kabul und seine Umgebung Hilfestellung leistet und gegebenenfalls allmählich auf andere städtische Zentren und Gebiete des Landes ausgeweitet werden könnte;

5.  schlägt vor, dass die Vereinten Nationen eine Berichterstatterin für die Gleichstellung der Geschlechter ernennen, die die Aufgabe hat, die Einhaltung der den Frauen gegenüber eingegangenen Verpflichtungen während des Übergangs- und Wiederaufbauprozesses in Afghanistan zu überwachen;

6.  fordert alle politischen Kräfte auf, die Rolle der Frauen anzuerkennen, insbesondere dadurch, dass spezifische Programme zur Frauenförderung aufgelegt werden, damit Frauen sich politisch betätigen können, sowohl als Wählerinnen als auch als Kandidatinnen bei Wahlen auf allen Ebenen;

7.  wiederholt seine Überzeugung, dass die Interimsregierung und die übrigen eingesetzten Gremien förmliche Vorkehrungen für die Einbindung ziviler Organisationen vor Ort, insbesondere Frauenorganisationen, treffen und die Persönlichkeitsrechte und das humanitäre Völkerrecht respektieren müssen;

8.  fordert, dass Frauen und Mädchen uneingeschränkten Zugang zu Programmen für Bildung, Gesundheitsvorsorge, Berufstätigkeit und Berufsausbildung sowie zur Bereitstellung von Unterkünften haben müssen, und betont, dass diese Programme auch die Frauen in benachteiligten ländlichen Gebieten, Witwen, behinderte und vertriebene Frauen sowie Analphabetinnen erreichen müssen;

9.  fordert, dass die Gewährung internationaler Hilfe für den Wiederaufbau von Afghanistan von der Bedingung abhängig gemacht wird, dass die Frauen an der Entscheidungsfindung und der Verwendung dieser Hilfen beteiligt werden;

10.  fordert die Geberländer und insbesondere die EU auf, dafür zu sorgen, dass 25-30% der Wirtschaftshilfe, die für den Wiederaufbau Afghanistans bereitgestellt wird, unmittelbar den afghanischen Frauen zugute kommt;

11.  fordert die afghanischen Behörden und die internationalen Organisationen auf, rasch Schritte zu ergreifen, um medizinische Infrastrukturen aufzubauen, die auf die besonderen medizinischen Bedürfnisse von Frauen und Kindern in Afghanistan und in den Flüchtlingslagern zugeschnitten sind;

12.  fordert die zuständigen Behörden auf, dafür zu sorgen, dass die künftigen Programme für den Aufbau von Unterkünften und Häusern auch Witwen und alleinstehenden Frauen zugute kommen;

13.  empfiehlt die Einrichtung spezifischer Programme für Frauen, die Opfer von Gewalttaten sind;

14.  empfiehlt, dass die neuen afghanischen Behörden die Einrichtung von Bildungsprogrammen für junge Männer prüfen, die bereits im Kindesalter Kampfverbänden angehört und nie ein Familienleben gekannt haben;

15.  fordert die Nachbarstaaten auf, die Flüchtlingslager für die Afghanen aktiv zu sichern und abzuschotten und die Extremisten, die die Grundrechte von Frauen verletzen, vor Gericht zu bringen;

16.  besteht nachdrücklich darauf, dass diejenigen, die in Afghanistan Verbrechen gegen die Menschlichkeit, insbesondere gegen Frauen, verübt haben, der Justiz überstellt werden müssen;

17.  schlägt vor, dass der Internationale Tag der Frau am 8. März 2002 zum „Tag der afghanischen Frauen“ erklärt wird;

18.  beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Beitrittsländer, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und der Interimsregierung von Afghanistan zu übermitteln.