Gemeinsamer Entschließungsantrag - RC-B6-0024/2007Gemeinsamer Entschließungsantrag
RC-B6-0024/2007

GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

17.1.2007

eingereicht gemäß Artikel 103 Absatz 4 der Geschäftsordnung von
anstelle der Entschließungsanträge folgender Fraktionen: zur Verurteilung und Inhaftierung von fünf bulgarischen Krankenschwestern und einem palästinensischen Arzt durch Libyen

Verfahren : 2006/2676(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
RC-B6-0024/2007
Eingereichte Texte :
RC-B6-0024/2007
Angenommene Texte :

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Verurteilung und Inhaftierung von fünf bulgarischen Krankenschwestern und einem palästinensischen Arzt durch Libyen

Das Europäische Parlament,

–  in Kenntnis der EU-Jahresberichte zur Menschenrechtslage, insbesondere der Jahresberichte 2005 und 2006,

–  unter Hinweis auf seine Entschließungen zum Beitritt Bulgariens zur EU, insbesondere auf seine Entschließungen vom 30. November 2006 (Ziffer 25), vom 15. Dezember 2005 (Ziffer 32) und vom 13. April 2005 (Ziffer 39),

–  in Kenntnis der Schlussfolgerungen der Tagung des Rates Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen vom 11. Oktober 2004, in denen der Rat seine große Besorgnis über das Schicksal des medizinischen Personals zum Ausdruck brachte, seines Beschlusses, den libyschen Gesundheitsdiensten Unterstützung zu leisten, der Erklärung des EU-Vorsitzes zu der Entscheidung des libyschen Strafgerichtshofs fünf bulgarische Krankenschwestern und einen palästinensischen Arzt zum Tode zu verurteilen, der Erklärung von Kommissionsmitglied Ferrero-Waldner vom 19. Dezember 2006 zum Urteil des libyschen Gerichts im Banghazi-Prozess und der Erklärungen des Präsidenten des Europäischen Parlaments vom 30. November 2006 und vom 25. Dezember 2006,

–  in Kenntnis der Berichte des EU-Ratsvorsitzes an den Europäischen Rat über die Umsetzung der Strategischen Partnerschaft der EU mit dem Mittelmeerraum vom Dezember 2005 und vom Dezember 2006,

–   in Kenntnis der politischen Leitlinien der EU betreffend die Todesstrafe,

–  gestützt auf Artikel 103 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die libyschen Behörden am 9. Februar 1999 einige im Al-Fatih-Krankenhaus in Banghazi tätige bulgarische medizinische Mitarbeiter festnahmen, und in der Erwägung, dass am 7. Februar 2000 vor dem libyschen Volksgerichtshof ein Verfahren gegen sechs bulgarische Staatsangehörige, einen Palästinenser und neun Libyer wegen vorsätzlicher Infizierung mehrerer hundert Kinder mit dem HIV-Virus eingeleitet wurde,

B.   in der Erwägung, dass das Gericht am 6. Mai 2004 fünf bulgarische Krankenschwestern und einen palästinensischen Arzt zum Tod durch ein Exekutionskommando verurteilte; in der Erwägung, dass der Oberste Gerichtshof Libyens am 25. Dezember 2005 seine Entscheidung zu der gegen das Todesurteil eingelegten Berufung fällte und eine Wiederaufnahme des Verfahrens anordnete; in der Erwägung, dass ab dem 11. Mai 2006 ein neues Verfahren geführt wurde, das die Todesurteile am 19. Dezember 2006 bestätigte,

C.  in der Erwägung, dass stichhaltige Beweise darauf hindeuten, dass die Angeklagten in der Haftanstalt gefoltert wurden, um falsche Geständnisse zu erpressen; in der Erwägung, dass auch zahlreiche andere eklatante Verletzungen der Rechte der Angeklagten verübt wurden,

D.  in der Erwägung, dass im Jahre 2003 renommierte internationale Experten für HIV/Aids auf Ersuchen der libyschen Behörden einen Bericht vorlegten, der zu der grundsätzlichen Schlussfolgerung gelangt, dass die Ausbreitung des HIV-Virus auf eine Infektion im Krankenhaus zurückzuführen war, die bereits vor der Ankunft der Angeklagten in Libyen ihren Anfang genommen hatte; in der Erwägung, dass vor kurzem erschienene Veröffentlichungen stichhaltige wissenschaftliche Beweise über den Ursprung und den zeitlichen Verlauf der Infektion in Banghazi enthalten; in der Erwägung, dass diese stichhaltigen Beweise für die Unschuld der Angeklagten außer Acht gelassen wurden und unberücksichtigt blieben,

E.  in der Erwägung, dass die EU im November 2004 einen „HIV-Aktionsplan für Banghazi“ auf den Weg brachte, der die technische und medizinische Unterstützung der infizierten Kinder und der betroffenen Familien sowie die Unterstützung der libyschen Behörden bei der Bekämpfung von Aids umfasst; in der Erwägung, dass zweieinhalb Millionen Euro aus dem Gemeinschaftshaushalt bereitgestellt wurden, um den Plan mit finanziellen Mitteln auszustatten; in der Erwägung, dass die Umsetzung dieses Aktionsplans sich aufgrund der Unterstützung der Kommission und der EU-Mitgliedstaaten auf einem guten Weg befindet; in der Erwägung, dass eine Vielzahl der infizierten Kinder in den Krankenhäusern der Mitgliedstaaten behandelt werden,

F.  in der Erwägung, dass im Januar 2006 der Internationale Fonds für Banghazi als eine gemeinnützige nichtstaatliche Einrichtung ins Leben gerufen wurde, um die Entwicklung der örtlichen medizinischen Infrastruktur in Banghazi zu unterstützen, die Behandlung der Patienten zu verbessern und den betroffenen Familien Hilfe anzubieten,

1.   verurteilt das am 19. Dezember 2006 vom Strafgerichtshof in Libyen gefällte Urteil, mit dem fünf bulgarische Krankenschwestern, Kristiana Wultschewa, Nassja Nenowa, Walentina Siropulo, Walja Tscherwenjaschka und Sneschana Dimitrowa, und ein palästinensischer Arzt, Aschraf Al Haquq, die im Zusammenhang mit dem HIV/Aids-Fall vom Krankenhaus in Banghazi im Jahr 1999 bereits acht Jahre in Libyen im Gefängnis verbracht haben, im Rahmen der Wiederaufnahme ihres Strafverfahrens für schuldig befunden und zum Tode verurteilt werden;

2.   bekräftigt seine entschiedene Ablehnung der Todesstrafe und erinnert daran, dass die EU die Auffassung vertritt, dass die Abschaffung der Todesstrafe zu einer besseren Achtung der Menschenwürde und zur allmählichen Entwicklung der Menschenrechte beiträgt; unterstreicht gleichzeitig, dass die EU jetzt über dieses Bekenntnis hinausgeht und nunmehr für die Abschaffung der Todesstrafe in ihren Mitgliedstaaten und in Drittstaaten eintritt;

3.   bekräftigt seine ernsten Bedenken bezüglich der Grundlage der Anklageerhebung gegen die beschuldigten Personen, sowie zu den Haftbedingungen und den im Verfahren aufgetretenen Verzögerungen;

4.  unterstreicht, dass mit dem 1. Januar 2007 fünf Bürger der Europäischen Union von dem Verfahren von Banghazi unmittelbar betroffen sind;

5.   fordert die zuständigen libyschen Behörden auf, die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen, um die Todesurteile zu überprüfen und aufzuheben und den Weg zu einer raschen Lösung dieses Falles auf humanitärer Grundlage zu ebnen, um auf diese Weise die erforderlichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Politik des Engagements der Europäischen Union gegenüber Libyen zu erfüllen;

6.  fordert Präsident Gaddafi auf, seine Machtbefugnisse auszuüben und dafür zu sorgen, dass die inhaftierten Krankenschwestern und der inhaftierte Arzt umgehend freigelassen werden;

7.  fordert die Kommission und den Rat auf, bei der libyschen Regierung auf eine baldige Freilassung der inhaftierten Krankenschwestern und des inhaftierten Arztes hinzuwirken;

8.  bringt seine uneingeschränkte Solidarität mit den Geschädigten der HIV/Aids-Infektion in Banghazi zum Ausdruck und nimmt zur Kenntnis, dass die internationale Staatengemeinschaft Maßnahmen ergriffen hat, um den Kindern Hilfe zu leisten;

9.   fordert die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten auf, weiterhin Unterstützung für die Umsetzung des HIV-Aktionsplans zu leisten und den Internationalen Fonds für Banghazi zu unterstützen, um das Leiden der HIV-infizierten Kinder und ihrer Familien zu lindern und den libyschen Behörden zu helfen, die Ausbreitung der HIV-Infektionen im Land einzudämmen und zu bekämpfen;

10.  unterstreicht seine Entschlossenheit, diesen Fall genau zu verfolgen, und fordert die Kommission und den Rat auf, das Europäische Parlament von jeder weiteren Entwicklung zu unterrichten;

11  fordert die Kommission und den Rat auf, eine Überprüfung der Politik des Engagements der Europäischen Union gegenüber Libyen in allen einschlägigen Bereichen, in denen die Union dies für angebracht hält, in Erwägung zu ziehen, falls es zu keiner positiven Wendung in diesem Fall kommen sollte;

12.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen der Mitgliedstaaten, der Regierung und dem Allgemeinen Volkskongress Libyens, der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zu übermitteln.