Gemeinsamer Entschließungsantrag - RC-B7-0588/2011Gemeinsamer Entschließungsantrag
RC-B7-0588/2011

GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zum Verbot von Streumunition

16.11.2011

eingereicht gemäß Artikel 110 Absatz 4 der Geschäftsordnung
anstelle der Entschließungsanträge der Fraktionen:
Verts/ALE (B7‑0588/2011)
ALDE (B7‑0589/2011)
GUE/NGL (B7‑0590/2011)
PPE (B7‑0592/2011)
S&D (B7‑0593/2011)

Elmar Brok, José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, Michael Gahler, Anna Ibrisagic, Tunne Kelam, Roberta Angelilli, Eduard Kukan im Namen der PPE-Fraktion
Roberto Gualtieri, Kristian Vigenin, Pino Arlacchi, Richard Howitt, Ana Gomes im Namen der S&D-Fraktion
Marietje Schaake, Elizabeth Lynne, Johannes Cornelis van Baalen, Leonidas Donskis, Kristiina Ojuland, Sonia Alfano, Izaskun Bilbao Barandica, Ramon Tremosa i Balcells, Jelko Kacin, Robert Rochefort im Namen der ALDE-Fraktion
Ulrike Lunacek im Namen der Verts/ALE-Fraktion
Sabine Lösing, Nikolaos Chountis, Takis Hadjigeorgiou, Gabriele Zimmer, Willy Meyer, Bairbre de Brún, Cornelis de Jong, Alfreds Rubiks, Kyriacos Triantaphyllides im Namen der GUE/NGL-Fraktion

Verfahren : 2011/2913(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
RC-B7-0588/2011
Eingereichte Texte :
RC-B7-0588/2011
Abstimmungen :
Angenommene Texte :

Entschließung des Europäischen Parlaments zum Verbot von Streumunition

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf das Übereinkommen über Streumunition, das am 1. August 2010 in Kraft trat und am 8. November 2011 von 111 Staaten unterstützt wurde (108 Unterzeichner, darunter 3 Mitgliedstaaten der EU, 63 Ratifizierungen, darunter 19 Mitgliedstaaten der EU, und 3 beitrittswillige Staaten);

–   unter Hinweis auf den Protokollentwurf VI über Streumunition vom 26. August 2011 zu dem Übereinkommen über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßige Verletzungen verursachen oder unterschiedslos wirken können (CCW),

–   unter Hinweis auf die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 2. Dezember 2008 angenommene Resolution zu dem Übereinkommen über Streumunition,

–   unter Hinweis auf die Botschaft des VN-Generalsekretärs an die zweite Tagung der Vertragsstaaten des Übereinkommens über Streumunition, die am 13. September 2011 in Beirut vom Hohen Vertreter für Abrüstungsfragen, Sergio Duarte, vorgetragen wurde,

–   unter Hinweis auf die Erklärungen der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, insbesondere die Erklärung vom 1. August 2010 zum Übereinkommen über Streumunition und die Erklärung vom 29. April 2011 zu den Berichten über den Einsatz von Streumunition in Libyen,

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 20. November 2008 zum Übereinkommen über Streumunition[1],

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Juli 2010 zum Inkrafttreten des Übereinkommens über Streumunition (CCM) und zur Rolle der EU[2],

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. Juli 2011 zu dem Fortschritt im Bereich Antiminenaktionen[3],

–   gestützt auf Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass Streumunition aufgrund ihrer typischerweise großen tödlichen Wirkung eine ernsthafte Gefahr für die Zivilbevölkerung darstellt und der Einsatz dieser Munition auch noch nach einem Konflikt viele tragische Verletzungen und Todesfälle in der Zivilbevölkerung verursacht, da nicht explodierte Submunition oft von Kindern und anderen nichts ahnenden Unschuldigen gefunden wird;

B.  in der Erwägung, dass die Unterstützung der meisten Mitgliedstaaten der EU, parlamentarische Initiativen und der Einsatz von Organisationen der Zivilgesellschaft ausschlaggebend für den erfolgreichen Abschluss des „Oslo-Prozesses“ waren, der zum Inkrafttreten des Übereinkommens über Streumunition führte; in der Erwägung, dass 22 EU-Mitgliedstaaten Vertragsstaaten des CCM sind und dass fünf EU-Mitgliedstaaten das CCM weder unterzeichnet noch ratifiziert haben;

C. in der Erwägung, dass das CCM Vertragsstaaten verbietet, Streumunition einzusetzen, zu entwickeln, herzustellen, auf andere Weise zu erwerben, zu lagern, zurückzubehalten oder an irgendjemanden unmittelbar oder mittelbar weiterzugeben, und irgendjemanden zu unterstützen, zu ermutigen oder zu veranlassen, Tätigkeiten vorzunehmen, die einem Vertragsstaat aufgrund dieses Übereinkommens verboten sind;

D. in der Erwägung, dass durch das CCM ein neuer humanitärer Standard für die Unterstützung der Opfer, einschließlich der unmittelbar von Streumunition getroffenen Personen sowie ihrer Familien und Gemeinschaften, festgelegt wird;

E.  unter Hinweis darauf, dass der Entwurf des Protokolls VI, der auf der vierten Überprüfungskonferenz zum Übereinkommen über konventionelle Waffen zu erörtern ist, weder rechtlich mit dem CCM in Einklang steht noch eine Ergänzung dazu ist; in der Erwägung, dass die Vertragsstaaten des CCM rechtlich zwar zur Vernichtung sämtlicher Munition verpflichtet sind, dass aber der genannte Protokollentwurf nur das Verbot von Streumunition aus der Zeit vor 1980 und eine lange Übergangszeit vorsieht, durch die die Einhaltung der Bestimmungen um mindestens 12 weitere Jahre verschoben werden darf, und dass er den Einsatz von Streumunition nur mit Selbstzerstörungsmechanismus erlaubt und den Staaten die Möglichkeit gibt, Streumunition mit einer sogenannten Ausfallrate von bis zu 1 % zu verwenden;

F.  in der Erwägung, dass seit Unterzeichnung des CCM Meldungen zufolge Streumunition in jüngster Zeit in Kambodscha, Thailand und Libyen gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt wurde und dass nun dringend Schritte unternommen werden müssen, damit nicht explodierte Streumunition geräumt wird, um weitere Todesfälle und Verletzungen zu verhindern;

1.  fordert die Mitgliedstaaten der EU auf, ein etwaiges Protokoll zum Übereinkommen über konventionelle Waffen (CCW), das den Einsatz von gemäß dem CCM verbotener Streumunition erlauben würde, weder anzunehmen noch zu unterstützen oder später zu ratifizieren, und fordert den Rat und die Mitgliedstaaten der EU auf, auf der Vierten Vertragsstaatenkonferenz zum CCW vom 14. November bis 25. November 2011 in Genf entsprechend zu handeln;

2.  bedauert sehr, dass durch den Entwurf des Protokolls VI, der auf dieser Konferenz erörtert werden soll, die Gefahr besteht, dass der durch das CCM aufgestellte deutliche und einschneidende internationale humanitäre Standard untergraben wird, der ein umfassendes Verbot von Streumunition beinhaltet, und zudem der Schutz von Zivilpersonen geschwächt würde;

3.  fordert die Staaten auf, sich die humanitären Folgen und die hohen politischen Kosten einer Zustimmung zu diesem Protokollentwurf klarzumachen, der eine Fülle von Ausnahmen und Schlupflöchern enthält, die den Einsatz von Streumunition ermöglichen würden;

4.  fordert die Mitgliedstaaten und die Kandidatenländer, die noch nicht Vertragsstaaten des CCM sind, auf, ihm beizutreten, und fordert die Unterzeichnerstaaten auf, es sobald wie möglich zu ratifizieren;

5.  vertritt die Auffassung, dass das Protokoll VI nicht mit dem CCM in Einklang steht und dass die Mitgliedstaaten, die das CCM unterzeichnet haben, die rechtliche Verpflichtung haben, sich nachdrücklich dagegen zu wenden und seine Verabschiedung abzulehnen;

6.  legt der VP/HR dringend nahe, die Mitgliedstaaten auf ihre auf dem CCM beruhenden rechtlichen Verpflichtungen hinzuweisen; fordert die VP/HR auf, besonderes Augenmerk auf das Ziel der Eindämmung der mit Streumunition verbundenen Bedrohung zu richten und einen Beitritt der Europäischen Union zum CCM zu erreichen, der nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon nun möglich ist;

7.  begrüßt es, dass 15 Vertragsstaaten und Unterzeichnerstaaten die Vernichtung der Lagerbestände vollzogen haben, dass weitere 12 Staaten sie bis zu dem ihnen gesetzten Termin vollziehen werden und dass Räumungstätigkeiten in 18 Staaten und drei weiteren Gebieten im Gang sind;

8.  fordert die Mitgliedstaaten, die noch nicht Vertragsstaaten des CCM sind, aber die humanitären Auswirkungen der Streumunition verringern wollen, auf, bis zum Beitritt überzeugende und transparente einzelstaatliche Maßnahmen zu ergreifen, einschließlich der Verabschiedung eines Moratoriums für den Einsatz, die Herstellung und die Weiterverbreitung von Streumunition, und so zügig wie möglich mit der Vernichtung der gelagerten Streumunition zu beginnen;

9.  fordert die Mitgliedstaaten, die das Übereinkommen unterzeichnet haben, auf, Rechtsvorschriften zu verabschieden, um das Übereinkommen auf nationaler Ebene umzusetzen; fordert die Mitgliedstaaten auf, bei den Bemühungen, die sie nach der vorliegenden Entschließung unternehmen, transparent vorzugehen und z. B. ihren Parlamenten regelmäßig über ihre Tätigkeit im Rahmen des Übereinkommens Bericht zu erstatten;

10. fordert den Rat und die Kommission auf, neben der Standardklausel über die Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen einen Verweis auf das Verbot von Streumunition als Standardklausel in Vereinbarungen mit Drittländern aufzunehmen, insbesondere im Kontext der Beziehungen der EU zu ihren Nachbarländern;

11. fordert den Rat und die Kommission auf, die Bekämpfung von Streumunition zu einem Bestandteil der Außenhilfeprogramme der Union zu machen, um Drittländer bei der Vernichtung von Lagerbeständen und bei der Leistung humanitärer Hilfe zu unterstützen;

12. fordert die Mitgliedstaaten, den Rat und die Kommission auf, Schritte zu unternehmen, um die Staaten davon abzuhalten, Streumunition an nichtstaatliche Akteure zu verbreiten;

13. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Kandidatenländer, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen sowie der Koalition gegen Streumunition zu übermitteln.