Gemeinsamer Entschließungsantrag - RC-B7-0467/2012Gemeinsamer Entschließungsantrag
RC-B7-0467/2012

GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu den Wahlen in Georgien

24.10.2012 - (2012/2816(RSP))

eingereicht gemäß Artikel 110 Absätze 2 und 4 der Geschäftsordnung
anstelle der Entschließungsanträge der Fraktionen:
Verts/ALE (B7‑0467/2012)
PPE (B7‑0468/2012)
ECR (B7‑0469/2012)
S&D (B7‑0470/2012)
ALDE (B7‑0473/2012)

José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, Elmar Brok, Arnaud Danjean, Elena Băsescu, Krzysztof Lisek, Ioannis Kasoulides, Tunne Kelam, Rafał Trzaskowski, Corien Wortmann-Kool, Jacek Protasiewicz, Cristian Dan Preda, Lena Kolarska-Bobińska, Anna Ibrisagic, Eduard Kukan, Monica Luisa Macovei, Marietta Giannakou, Inese Vaidere, Andrzej Grzyb, Filip Kaczmarek, Paweł Zalewski, Jacek Saryusz-Wolski, Laima Liucija Andrikienė, Roberta Angelilli, Radvilė Morkūnaitė-Mikulėnienė, Michael Gahler im Namen der PPE-Fraktion
Libor Rouček, Kristian Vigenin, Mojca Kleva, Minodora Cliveti, Teresa Riera Madurell, Evgeni Kirilov, Richard Falbr, Edit Herczog im Namen der S&D-Fraktion
Norica Nicolai, Graham Watson, Marietje Schaake, Sonia Alfano, Robert Rochefort, Leonidas Donskis, Ramon Tremosa i Balcells, Izaskun Bilbao Barandica, Kristiina Ojuland, Gerben-Jan Gerbrandy, Johannes Cornelis van Baalen, Hannu Takkula, Jelko Kacin, Alexander Graf Lambsdorff im Namen der ALDE-Fraktion
Ulrike Lunacek, Indrek Tarand, Nicole Kiil-Nielsen, Raül Romeva i Rueda im Namen der Verts/ALE-Fraktion
Charles Tannock, Ryszard Antoni Legutko, Tomasz Piotr Poręba, Ryszard Czarnecki, Marek Henryk Migalski im Namen der ECR-Fraktion

Verfahren : 2012/2816(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
RC-B7-0467/2012

Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Wahlen in Georgien

(2012/2816(RSP))

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen und Berichte zu Georgien, insbesondere seine Entschließung vom 17. November 2011 mit seinen Empfehlungen an den Rat, die Kommission und den EAD zu den Verhandlungen über das Assoziierungsabkommen EU-Georgien[1],

–   unter Hinweis auf das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA) zwischen Georgien und der Europäischen Union, das am 1. Juli 1999 in Kraft trat,

–   unter Hinweis auf den im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) erstellten gemeinsamen Aktionsplan EU-Georgien, der vom Kooperationsrat EU-Georgien am 14. November 2006 befürwortet wurde und in dem die strategischen Ziele dargelegt sind, die auf dem Bekenntnis zu gemeinsamen Werten und zu einer wirksamen Durchführung politischer, wirtschaftlicher und institutioneller Reformen basieren,

–   unter Hinweis auf das Waffenstillstandsabkommen vom 12. August 2008, das von der EU vermittelt und von Georgien und der Russischen Föderation unterzeichnet wurde, und auf das Durchführungsabkommen vom 8. September 2008,

–   unter Hinweis auf die Gemeinsame Erklärung der Hohen Vertreterin Catherine Ashton und von Kommissionsmitglied Stefan Füle zu den Ergebnissen der Parlamentswahlen in Georgien vom 2. Oktober 2012,

–   unter Hinweis auf die Erklärung über die vorläufigen Erkenntnisse und Schlussfolgerungen der internationalen Wahlbeobachtungsmission für die Parlamentswahlen in Georgien vom 1. Oktober 2012,

–   unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates zu Georgien vom 15. Oktober 2012,

–   unter Hinweis auf den am 15. Mai 2012 veröffentlichten ENP-Fortschrittsbericht zu Georgien,

–   unter Hinweis auf die am 7. Mai 2009 auf dem Gipfeltreffen zur Östlichen Partnerschaft in Prag abgegebene gemeinsame Erklärung,

–   gestützt auf Artikel 110 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass das aktive Engagement Georgiens und ein Bekenntnis zu gemeinsamen Werten und Grundsätzen, einschließlich Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, verantwortungsvolle Staatsführung und Achtung der Menschenrechte, von wesentlicher Bedeutung sind, um den europäischen Integrationsprozess voranzutreiben und die Verhandlungen sowie die anschließende Umsetzung des Assoziierungsabkommens zu einem Erfolg zu führen; in der Erwägung, dass die innenpolitische Stabilität Georgiens und die anhaltende Konzentration auf interne Reformen Grundvoraussetzungen für die weitere Entwicklung der Beziehungen zwischen der EU und Georgien sind;

B.  in der Erwägung, dass Georgien eines der Gründungsmitglieder der Östlichen Partnerschaft ist; in der Erwägung, dass die Vertreter der Partnerschaft aus der EU und aus den Staaten Osteuropas auf dem Gipfeltreffen in Warschau bekräftigt haben, dass die Östliche Partnerschaft auf einer Wertegemeinschaft beruht und sich auf die Grundsätze der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit stützt;

C. in der Erwägung, dass die jüngsten Parlamentswahlen in Georgien vom 1. Oktober 2012 frei und fair waren und international anerkannten Standards entsprachen; in der Erwägung, dass in der Regel Vereinigungs-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit respektiert wurden und dass das georgische Volk trotz eines sehr polarisierten Wahlkampfs seinen Willen frei äußerte;

D. in der Erwägung, dass der Rat und das Europäische Parlament die vorläufige Bewertung des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) betreffend die Durchführung der georgischen Parlamentswahlen vom 1. Oktober 2012 zur Kenntnis genommen haben;

E.  in der Erwägung, dass einige entscheidende Aspekte im Wahlgesetz noch geregelt werden müssen, insbesondere was mehrere wichtige frühere Empfehlungen des BDIMR der OSZE und der Venedig-Kommission betrifft, z. B. in Bezug auf die unterschiedliche Bevölkerungszahl in Einerwahlkreisen;

F.  in der Erwägung, dass Georgien als wichtiger Partner der EU während dieser Parlamentswahlen sein starkes Engagement für demokratische Standards unter Beweis stellte;

G. in der Erwägung, dass die von Georgien abtrünnigen Gebiete Südossetien und Abchasien noch immer de facto von russischen Streitkräften besetzt sind; in der Erwägung, dass ungeachtet der 2008 von der Russischen Föderation und Georgien unterzeichneten Waffenstillstandsvereinbarung der Zugang der EU-Beobachtermission zu Südossetien und Abchasien noch immer behindert wird;

H. in der Erwägung, dass die EU ihr Engagement und ihre uneingeschränkte Unterstützung für die territoriale Unversehrtheit und die Souveränität Georgiens sowie eine friedliche Konfliktlösung in Georgien aufrechterhält;

I.   in der Erwägung, dass die Ausstrahlung von Videoaufnahmen, in denen die Folter von Insassen georgischer Haftanstalten zu sehen ist, zu weit verbreiteten Protesten geführt und schwerwiegendes Fehlverhalten von Regierungsstellen, die für die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung verantwortlich sind, offenbart hat; in der Erwägung, dass wegen dieses Skandals zwei Minister zurückgetreten sind;

1.  beglückwünscht das georgische Volk zu seinem bedeutenden Schritt im Hinblick auf die Konsolidierung der Demokratie in seinem Land; würdigt die demokratischen Parlamentswahlen vom 1. Oktober 2012, die in Einklang mit den im Rahmen von OSZE und Europarat eingegangenen Verpflichtungen durchgeführt wurden, auch wenn manche Probleme noch bewältigt werden müssen; betont, dass diese Wahlen ein wichtiger Schritt für die demokratische Entwicklung Georgiens und die politische Zukunft des Landes waren; begrüßt diese erste Machtübergabe im Wege demokratischer, freier und fairer Wahlen in Georgien;

2.  betont, dass eines der Hauptziele der Außenpolitik der EU darin besteht, die Beziehungen zu Georgien auszuweiten und zu fördern;

3.  begrüßt die Fortschritte in den Beziehungen zwischen der EU und Georgien und bekräftigt die Werte, Grundsätze und Verpflichtungen, zu denen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Marktwirtschaft, nachhaltige Entwicklung sowie verantwortungsvolle Staatsführung gehören;

4.  fordert alle georgischen Parteien auf, im bevorstehenden Übergangszeitraum und danach auf der Grundlage uneingeschränkter Achtung des demokratisch geäußerten Willens des georgischen Volkes konstruktiv zusammenzuarbeiten, um Stabilität, Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Menschenrechte und verantwortungsvolle Staatsführung sicherzustellen;

5.  fordert alle politischen Kräfte zur Zurückhaltung auf und vertraut auf eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen der exekutiven und legislativen Gewalt in Georgien während der voraussichtlichen Zeit der Kohabitation; stellt fest, dass die Zeit der verfassungspolitischen „Kohabitation“ konzertierte Anstrengungen erfordern wird, um einen politischen Kompromiss und einen politischen Konsens zu erzielen, wobei die georgische Verfassung und die wichtigsten Gesetze uneingeschränkt zu beachten sind; hebt hervor, dass konstruktive Beziehungen zwischen dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament für die demokratische Legitimität Georgiens und die Staatsführung von wesentlicher Bedeutung sind;

6.  begrüßt die Erklärung von Präsident Saakaschwili, dass er die Niederlage seiner Partei bei den Wahlen akzeptiert, und betont, dass die Abgabe einer solchen Erklärung in einer so frühen Phase nach den Wahlen ein positives Signal im Hinblick auf die Demokratie in Georgien ist; erachtet dies als außerordentlich für ein Land und eine Region ist, in denen andere postsowjetische Führungspersönlichkeiten ihr Amt in vielen Fällen nur unter dem Druck von Massenprotesten oder der Gefahr eines Bürgerkriegs aufgegeben haben;

7.  fordert die georgischen Regierungsstellen auf, uneingeschränkt sämtliche von der Internationalen Wahlbeobachtermission ermittelten Mängel anzugehen, einschließlich der Empfehlungen des BDIMIR der OSZE und der Venedig-Kommission zum Wahlgesetz;

8.  begrüßt die Umsetzung der Must-Carry- und Must-Offer-Regeln, die im Vorfeld der Wahlen einen erheblichen Beitrag zum Medienpluralismus geleistet haben;

9.  stellt fest, dass trotz des von Polarisierung und Spannungen geprägten Umfelds der Wahlen Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit generell respektiert wurden; ist sich jedoch bewusst, dass zuweilen verzeichnete Schikanen und Einschüchterungsversuche von Parteianhängern und -unterstützern das Umfeld der Kampagne beeinträchtigten;

10. unterstreicht die Bedeutung der Annahme und Umsetzung eines strikten und effektiven Gesetzes über die Parteienfinanzierung sowie eines Gesetzes über potenzielle und tatsächliche Interessenkonflikte für eine uneingeschränkt funktionsfähige Demokratie, um für öffentliche Mandatsträger eine klare Trennlinie zwischen privaten und öffentlichen Interessen zu ziehen;

11. fordert die georgischen Regierungsstellen mit Nachdruck auf, alle Fälle von Misshandlung und Folter in georgischen Haftanstalten zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen, und fordert eine tiefgreifende und effektive Reform des Strafvollzugssystems in Einklang mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union; begrüßt den Beschluss des für den Strafvollzug zuständigen georgischen Ministers, eine Beobachtergruppe einzusetzen, damit Menschenrechtsaktivisten und die Medien Zugang zu den Anstalten erhalten und die Haftbedingungen überprüfen können;

12. fordert nachdrücklich, dass die neue Regierung die Korruptionsbekämpfung und die von der bisherigen Regierung bereits in Gang gesetzten politischen Reformen fortsetzt;

13. fordert den Rat und die Kommission auf, die notwendige Unterstützung für die neue Regierung sicherzustellen und den anhaltenden Dialog fortzusetzen, um Kontinuität und Dynamik der Verhandlungen über das Assoziierungsabkommen aufrecht zu erhalten, und es gemäß dem Grundsatz „mehr für mehr“ zu prüfen, um die Bemühungen zum Abschluss der Verhandlungen über einen visafreien Reiseverkehr zwischen Georgien und der EU im Kontext eines tiefgreifenden und umfassenden Freihandelsabkommens zu intensivieren;

14. bekräftigt die Unterstützung der Europäischen Union für die Souveränität und die territoriale Unversehrtheit Georgiens; hofft, dass sowohl Georgien als auch Russland sich weiterhin aktiv für eine Konfliktlösung ohne Vorbedingungen einsetzen; erwartet, dass Georgien in den Genfer Gesprächen weiter Engagement zeigt und sich wirklich um einen Dialog mit den abtrünnigen Regionen bemüht;

15. fordert die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, weitere Anstrengungen zu unternehmen, um Russland zur Einhaltung des Sechs-Punkte-Plans von Präsident Sarkozy betreffend die Stabilisierung und Beilegung des Konflikts in Georgien zu bewegen; fordert Russland diesbezüglich auf, seine Streitkräfte aus den abtrünnigen georgischen Gebieten Abchasien und Südossetien abzuziehen und den ungehinderten Zugang der Beobachtermission der Europäischen Union (EUMM) zu diesen beiden Provinzen zu gestatten;

16. betont, dass die neue Regierung das konstruktive Engagement Georgiens bei den Genfer Gesprächen aufrechterhalten sollte; bedauert in diesem Zusammenhang den schleppenden Fortgang der Verhandlungen und das Fehlen nennenswerter Fortschritte zwischen den beiden Parteien bei den Genfer Gesprächen über Sicherheit und Stabilität im Südkaukasus und fordert ein stärkeres Engagement mit Blick auf die uneingeschränkte Einhaltung aller sechs Punkte der Waffenstillstandsvereinbarung vom September 2008; nimmt die Einladung an das Bündnis „Georgischer Traum“ zur Kenntnis, Vertreter zur Teilnahme an der 21. Runde der in Genf geplanten Friedensgespräche über die Konflikte in Georgien unter internationaler Vermittlung zu entsenden;

17. sieht dem Abschluss der Verhandlungen über das neue Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Georgien im Sinne der europäischen Bestrebungen des Landes erwartungsvoll entgegen und unterstreicht die Bedeutung des Prozesses der Integration Georgiens in die europäischen Strukturen für die Fortführung wirtschaftlicher, sozialer und politischer Reformen; begrüßt das Engagement der EU für die Zielvorgabe eines visafreien Reiseverkehrs und erwartet, dass die Parteien in dieser Hinsicht beträchtliche Fortschritte erzielen;

18. erwartet, dass die neue Mehrheit und die neue Regierung die Zusammenarbeit mit EU und NATO fortsetzen, und hofft, dass die engen Beziehungen zwischen der EU und Georgien aufrechterhalten werden; begrüßt, dass die neue georgische Regierung sich ausdrücklich dazu verpflichtet hat, die euro-atlantische Integration zu fördern, und dass sie entschlossen ist, auf den Ergebnissen der von ihren Vorgängern geleisteten guten Arbeit aufzubauen;

19. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament von Georgien, dem Generalsekretär der NATO sowie der OSZE zu übermitteln.