Gemeinsamer Entschließungsantrag - RC-B8-0695/2017Gemeinsamer Entschließungsantrag
RC-B8-0695/2017

GEMEINSAMER ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu El Salvador: Fälle aufgrund von Fehlgeburten strafrechtlich verfolgter Frauen

13.12.2017 - (2017/3003(RSP))

eingereicht gemäß Artikel 135 Absatz 5 und Artikel 123 Absatz 4 der Geschäftsordnung
anstelle der Entschließungsanträge der Fraktionen:
Verts/ALE (B8-0695/2017)
GUE/NGL (B8-0698/2017)
ALDE (B8-0699/2017)
S&D (B8-0701/2017)

Victor Boştinaru, Elena Valenciano, Soraya Post, Francisco Assis, Iratxe García Pérez im Namen der S&D-Fraktion
Beatriz Becerra Basterrechea, Petras Auštrevičius, Nedzhmi Ali, Izaskun Bilbao Barandica, Gérard Deprez, Martina Dlabajová, María Teresa Giménez Barbat, Nathalie Griesbeck, Marian Harkin, Filiz Hyusmenova, Ivan Jakovčić, Petr Ježek, Ilhan Kyuchyuk, Patricia Lalonde, Valentinas Mazuronis, Louis Michel, Javier Nart, Norica Nicolai, Urmas Paet, Maite Pagazaurtundúa Ruiz, Jozo Radoš, Robert Rochefort, Marietje Schaake, Pavel Telička, Ivo Vajgl, Johannes Cornelis van Baalen, Hilde Vautmans, Cecilia Wikström im Namen der ALDE-Fraktion
Miguel Urbán Crespo, Malin Björk, Patrick Le Hyaric, Marie-Christine Vergiat, Barbara Spinelli, Lola Sánchez Caldentey, Estefanía Torres Martínez, Tania González Peñas, Xabier Benito Ziluaga, Sabine Lösing im Namen der GUE/NGL-Fraktion
Molly Scott Cato, Bodil Valero, Ernest Urtasun, Barbara Lochbihler, Terry Reintke, Florent Marcellesi, Michel Reimon, Bronis Ropė, Davor Škrlec, Jordi Solé, Heidi Hautala, Karima Delli, Michèle Rivasi im Namen der Verts/ALE-Fraktion
Ignazio Corrao, Fabio Massimo Castaldo

Verfahren : 2017/3003(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
RC-B8-0695/2017
Eingereichte Texte :
RC-B8-0695/2017
Angenommene Texte :

Entschließung des Europäischen Parlaments zu El Salvador: Fälle aufgrund von Fehlgeburten strafrechtlich verfolgter Frauen

(2017/3003(RSP))

Das Europäische Parlament,

–  gestützt auf die Artikel 2 und 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV),

–  gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere auf Artikel 8, 19, 157, 216 und Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a,

–  unter Hinweis auf Kapitel 7 des Aktionsplans EU-CELAC für den Zeitraum 2015–2017 zu Geschlechterfragen,

–  unter Hinweis auf die Erklärung und die Aktionsplattform von Peking, die am 15. September 1995 auf der vierten Weltfrauenkonferenz angenommen wurden, sowie auf die entsprechenden Abschlussdokumente, die im Rahmen der Sondertagungen der Vereinten Nationen Peking +5 (2005), Peking +10 (2000), Peking +15 (2010) und Peking +20 (2015) angenommen wurden,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Dreiervorsitzes im Rat der Europäischen Union (Estland, Bulgarien und Österreich) vom 19. Juli 2017 zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen,

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Dezember 2016 zu dem Jahresbericht 2015 über die Menschenrechte und die Demokratie in der Welt und die Politik der Europäischen Union in diesem Bereich[1],

–  unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1567/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003 über die Unterstützung von Strategien und Aktionen im Bereich der reproduktiven und sexuellen Gesundheit und den damit verbundenen Rechten in den Entwicklungsländern[2],

–  unter Hinweis auf das fünfte Millenniums-Entwicklungsziel, das in der Verbesserung der Gesundheit der Mütter besteht,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1979 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau,

–  unter Hinweis auf die Prüfung der Rechte der Frauen in El Salvador durch den Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau vom Februar 2017 und dessen abschließende Bemerkungen hierzu,

–  unter Hinweis auf die Artikel 6, 24 und 39 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes,

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen gegen Folter, dem El Salvador 1996 als Vertragspartei beigetreten ist,

–  unter Hinweis auf Artikel 144 der Verfassung der Republik El Salvador, in der festgestellt wird, dass mit anderen Staaten oder internationalen Organisationen abgeschlossene internationale Verträge Rechtsvorschriften der Republik darstellen und dass in Fällen, in denen ein Konflikt zwischen einem Vertrag und den Rechtsvorschriften vorliegt, der jeweilige Vertrag Vorrang hat,

–  unter Hinweis auf den Rahmen für die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Frauenrechte: Veränderung des Lebens von Mädchen und Frauen durch das auswärtige Handeln der EU (2016–2020),

–  unter Hinweis auf das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen von Istanbul),

–  unter Hinweis auf die Erklärung der Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen vom 11. Mai 2015 zur Diskriminierung von Frauen qua Gesetz und in der Praxis,

–  unter Hinweis auf die Interamerikanische Konvention über die Verhütung, Bestrafung und Abschaffung von Gewalt gegen Frauen (Konvention von Belém do Pará),

–  unter Hinweis auf das salvadorianische Gesetzesdekret Nr. 520 („Umfassendes Sondergesetz zum gewaltfreien Leben für Frauen“),

–  unter Hinweis auf die Artikel 133, 135 und 136 des Strafgesetzes El Salvadors,

–  unter Hinweis auf die Erklärung des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Seid Ra’ad Seid Al-Hussein, vom 17. November 2017 am Ende seiner Reise nach El Salvador,

–  unter Hinweis auf Artikel 1 der Verfassung der Republik El Salvador,

–  unter Hinweis auf das 2016 verabschiedete salvadorianische Gesetz zu Gleichstellung, Gleichheit und Beseitigung der Gewalt gegen Frauen, das 2012 verabschiedete Gesetz zum gewaltfreien Leben für Frauen und das im April 2009 verabschiedete Gesetz über den umfassenden Schutz von Kindern und Jugendlichen („LEPINA“), gemäß dem das Bildungsministerium verpflichtet ist, Bildungsangebote in den Bereichen Geschlechterfragen und reproduktive Gesundheit bereitzustellen und die Diskriminierung von Frauen im Bildungssystem zu bekämpfen;

–  gestützt auf Artikel 135Absatz 5 und Artikel 123 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.  in der Erwägung, dass die Gleichstellung der Geschlechter ein Grundwert der EU ist; in der Erwägung, dass das Recht auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung ein in den Verträgen und in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankertes Grundrecht ist und in den gesetzlichen Regelungen, in der Praxis, in der Rechtsprechung sowie im täglichen Leben gleichermaßen umfassend eingehalten, gefördert und angewendet werden sollte;

B.  in der Erwägung, dass der Ausschuss der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau in Artikel 36 und 37 der abschließenden Bemerkungen nach seiner Prüfung der Situation der Frauenrechte in El Salvador fordert, dass das Land seine sanktionierenden Abtreibungsgesetze aufhebt;

C.  in der Erwägung, dass in El Salvador seit dem Jahr 2000 mindestens 120 Frauen, bei denen es in den letzten Monaten der Schwangerschaft zu einer Totgeburt gekommen ist, aufgrund von Abtreibung oder Mord strafrechtlich verfolgt worden sind und 26 dieser Frauen wegen Mordes und 23 wegen Abtreibung verurteilt worden sind, und in der Erwägung, dass diese verurteilten Frauen extrem lange Haftstrafen zu verbüßen haben, obwohl sie nach internationalen Standards nicht als Straftäterinnen einzustufen sind; in der Erwägung, dass es sich in den meisten Fällen um junge, arme Frauen mit niedrigem Bildungsniveau handelte, die aus entlegenen Gemeinden stammen; in der Erwägung, dass derzeit zwei Fälle Gegenstand einer strafrechtlichen Verfolgung sind; in der Erwägung, dass das Revisionsgericht den Fall von Teodora del Carmen Vásquez, die die letzten zehn Jahre in Haft verbracht hat, am 13. Dezember 2017 erneut prüfen wird, während das Urteil im Fall von Evelyn Beatriz Hernandez Cruz im Oktober 2017 bestätigt wurde;

D.  in der Erwägung, dass die als „Las 17“ (Die 17) bekannten Frauen, die zwischen 2000 und 2011 zu jahrzehntelangen Haftstrafen verurteilt wurden, am schwersten bestraft wurden; in der Erwägung, dass eine begrenzte Anzahl von ihnen freigelassen wurde, nachdem Gerichte die früheren Urteile aufgehoben hatten;

E.  in der Erwägung, dass geschlechtsspezifische Gewalt in El Salvador ein schwerwiegendes Problem ist und aus Daten hervorgeht, dass es alle drei Stunden zu sexuellen Übergriffen gegen Frauen kommt, Vergewaltigungen oftmals zu unerwünschten Schwangerschaften führen und die Anzahl an Frauenmorden erschreckend hoch ist, bei denen es in nur 5 % der Fälle zu einem Gerichtsverfahren kommt;

F.  in der Erwägung, dass öffentliche Bedienstete jeder Behörde, darunter Krankenhäuser und Kliniken, verpflichtet sind, Patientinnen, die eine geburtshilfliche Notfallversorgung in Anspruch nehmen, melden müssen und dass dies einen Verstoß gegen die ärztliche Schweigepflicht darstellt und ein Umfeld schafft, in dem Frauen stigmatisiert werden; in der Erwägung, dass die Verpflichtung zur Meldung von Patienten zur Folge hat, dass Frauen, bei denen es während der Schwangerschaft zu ernsthaften Komplikationen kommt, aus Angst vor Verfolgung und Inhaftierung keine medizinische Hilfe in Anspruch nehmen; in der Erwägung, dass es generell als Straftat gilt, eine Meldung zu unterlassen;

G.  in der Erwägung, dass die Anzahl von geschlechtsspezifischen Morden an Frauen und Mädchen in El Salvador erschreckend hoch ist; in der Erwägung, dass 2015 und 2016 1 097 Frauen und zwischen Januar und Juni 2017 201 Frauen ermordet wurden; in der Erwägung, dass laut dem salvadorianischen Frauenverband für Frieden (ORMUSA) bei der nationalen Zivilpolizei El Salvadors 3 976 Anzeigen wegen sexueller Übergriffe registriert wurden, von denen es sich in 1 049 Fällen um Vergewaltigungen, auch innerhalb von Familien, handelte und 1 873 der Opfer minderjährig oder als „unmündig“ eingestuft waren;

H.  in der Erwägung, dass die Anzahl von Schwangerschaften bei Jugendlichen in El Salvador sehr hoch ist, was auch daran liegt, dass in den Schulen keine Sexualerziehung angeboten wird; in der Erwägung, dass sexueller Missbrauch und Vergewaltigung die häufigsten Gründe für frühe Schwangerschaften sind; in der Erwägung, dass laut dem Gesundheitsministerium im Jahr 2015 1 445 Mädchen zwischen 10 und 14 Jahren schwanger waren;

I.  in der Erwägung, dass El Salvador im Jahr 1998 Abtreibung unter allen Umständen unter Strafe stellte, auch in Fällen, in denen eine Schwangerschaft zu für die Frau oder das Mädchen lebensbedrohlichen Komplikationen führt, sowie in Fällen von Vergewaltigung, Inzest oder einem nicht überlebensfähigem Fötus; in der Erwägung, dass darüber hinaus im Jahr 1999 eine Verfassungsänderung verabschiedet wurde, durch die ein Embryo „ab dem Zeitpunkt der Empfängnis“ als Mensch anerkannt wird; in der Erwägung, dass daher jede Person, die – auch vor dem Fetalstadium – eine Abtreibung vornimmt oder an sich selbst herbeiführt, strafrechtlich zu verfolgen ist und die Haftstrafe bei zwei bis acht Jahren liegt, wobei die Staatsanwälte den Anklagepunkt in vielen Fällen auf „Totschlag in einem besonders schweren Fall“ erhöht haben und die Haftstrafe in diesem Fall bei bis zu 50 Jahren liegt; in der Erwägung, dass Rechtsvorschriften, mit denen Abtreibungen unter diesen Umständen möglicherweise erlaubt würden, zwar seit Oktober 2016 in der Nationalversammlung blockiert werden, derzeit allerdings darüber diskutiert wird, hier weitere Fortschritte zu machen;

J.  in der Erwägung, dass es Frauen und Mädchen in El Salvador aus religiösen, kulturellen und sonstigen Gründen eine sichere und legale Abtreibung nach wie vor verwehrt bleibt, womit das Land gegen deren Recht auf Gesundheit, Leben sowie physische und psychische Unversehrtheit verstößt;

K.  in der Erwägung, dass das Bildungsministerium kürzlich Materialien ausgearbeitet hat, um sexuelle und reproduktive Gesundheit in die nationalen Lehrpläne der Schulen aufzunehmen, dass jedoch in den fertiggestellten Materialien aufgrund von Widerständen mehrerer Kräfte der Schwerpunkt stattdessen auf sexueller Abstinenz liegt, und das obwohl 42 % der Frauen und Mädchen bereits schwanger waren, bevor sie 20 Jahre alt wurden;

L.  in der Erwägung, dass die Müttersterblichkeit in Lateinamerika bei Mädchen unter 16 Jahren um das Vierfache erhöht ist; in der Erwägung, dass obstetrische Fisteln in 65 % der Fälle bei Schwangerschaften von Jugendlichen auftreten und diese erhebliche Folgen für deren Leben, einschließlich schwerwiegender gesundheitlicher Probleme und sozialer Ausgrenzung, haben; in der Erwägung, dass frühe Schwangerschaften auch für die Säuglinge gefährlich sind, wobei die Sterblichkeitsrate 50 % höher ist als im Durchschnitt; in der Erwägung, dass bis zu 40 % der Frauen in der Region bereits Opfer sexueller Gewalt geworden sind; in der Erwägung, dass in Lateinamerika 95 % aller Abtreibungen unsicher sind;

M.  in der Erwägung, dass Berichten des Gesundheitsministeriums zufolge zwischen 2011 und 2015 14 Frauen aufgrund von Komplikationen im Zusammenhang mit einer Abtreibung, 13 Frauen aufgrund einer Eileiterschwangerschaft und 63 Frauen aufgrund des derzeitigen Abtreibungsgesetzes starben; in der Erwägung, dass 57 % der Todesfälle bei schwangeren Mädchen und Frauen zwischen 10 und 19 Jahren auf Suizid zurückgehen; in der Erwägung, dass viele Frauen bei schwangerschaftsbedingten Komplikationen Angst haben, medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen, was zu noch mehr Todesfällen führt, die verhindert werden könnten; in der Erwägung, dass dies insbesondere die wirtschaftlich am schlechtesten gestellten Frauen betrifft, die keinen Zugang zu Diensten der sexuellen und reproduktiven Gesundheit haben;

N.  in der Erwägung, dass Human Rights Watch und Amnesty International feststellen, dass in El Salvador Frauen, die Fehl- oder Totgeburten erleiden, oftmals aufgrund des Verdachts, dass sie eine Abtreibung vornehmen haben lassen, strafrechtlich verfolgt werden; in der Erwägung, dass Frauen in solchen Fällen oftmals von medizinischem Personal gemeldet und in der Folge noch im Krankenhaus verhaftet werden;

O.  in der Erwägung, dass Experten der Vereinten Nationen gewarnt haben, dass der Beschluss der salvadorianischen Behörden schwerwiegende Verletzungen der Rechte von Frauen und Mädchen auf Leben, Gesundheit sowie körperliche und seelische Unversehrtheit zur Folge hat und somit deren wirtschaftliche und soziale Möglichkeiten beeinträchtigt werden;

P.  in der Erwägung, dass der Ausschuss der Vereinten Nationen für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte El Salvador im März 2015 aufgefordert hat, seine Rechtsvorschriften im Bereich der Abtreibung zu überarbeiten und zu ändern, um deren Vereinbarkeit mit anderen Rechten, wie dem Recht auf Gesundheit und Leben, sicherzustellen; in der Erwägung, dass körperliche, sexuelle und psychische Gewalt gegen Frauen eine Menschenrechtsverletzung darstellt;

Q.  in der Erwägung, dass El Salvador aktiv an der 61. Tagung der Kommission der Vereinten Nationen für die Rechtsstellung teilgenommen hat; in der Erwägung, dass alle Seiten die VN-Aktionsplattform von Peking unter anderem hinsichtlich des Zugangs zu Bildung und Gesundheit als grundlegende Menschenrechte sowie der sexuellen und reproduktiven Rechte weiterhin fördern sollten;

R.  in der Erwägung, dass die Vertragsüberwachungsorgane der Vereinten Nationen, darunter der Menschenrechtsausschuss und der Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau, verschiedene Staaten Lateinamerikas aufgefordert haben, bei restriktiven Rechtsvorschriften im Bereich der Abtreibung Ausnahmen für Fälle festzulegen, in denen das Leben oder die Gesundheit der Frau durch die Schwangerschaft gefährdet wird, eine schwere Schädigung des Embryos vorliegt oder die Schwangerschaft auf Vergewaltigung oder Inzest zurückgeht;

S.  in der Erwägung, dass der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Seid Ra’ad Al Hussein, seiner Besorgnis über die Lage von Frauen und Mädchen in El Salvador nach seinem Besuch in dem Land im November 2017 Ausdruck verliehen hat; in der Erwägung, dass er El Salvador aufgefordert hat, ein Moratorium für die Anwendung von Artikel 133 des Strafgesetzes einzuführen und die Fälle von Frauen zu überprüfen, die sich wegen Straftaten im Zusammenhang mit Abtreibung in Haft befinden;

T.  in der Erwägung, dass in dem Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes und von dem Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ausdrücklich der Zusammenhang zwischen unsicherer rechtswidriger Abtreibung und hohen Raten der Müttersterblichkeit anerkannt worden ist; in der Erwägung, dass in dem Übereinkommen gegen Folter darauf hingewiesen wird, dass Staaten, in denen es ein absolutes Verbot der Abtreibung unter allen Umständen gibt, Frauen und Mädchen in Situationen geraten können, in denen sie erniedrigt und grausam behandelt werden;

U.  in der Erwägung, dass die allgemeine regelmäßige Überprüfung der Vereinten Nationen zehn Empfehlungen an den Staat El Salvador enthält, sein Abtreibungsrecht in Einklang mit den internationalen Menschenrechtsnormen zu bringen, die alle von der Regierung abgelehnt wurden;

V.  in der Erwägung, dass gemäß den Grundsätzen der Vereinten Nationen für die Behandlung weiblicher Gefangener und für nicht freiheitsentziehende Maßnahmen für weibliche Straffällige (Bangkok-Regeln) Frauen, die Kinder zu versorgen haben, und schwangere Frauen immer dann, wenn dies möglich und angemessen ist, nicht freiheitsentziehende Strafen erhalten sollten;

W.  in der Erwägung, dass die Vermeidung ungeplanter Schwangerschaften und die Verringerung der Zahl von Fällen, in denen Jugendliche Mütter werden, durch einen allgemeinen Zugang zu sexual- und reproduktionsmedizinischer Versorgung eines der Ziele ist, die in die Ziele für nachhaltige Entwicklung aufgenommen wurden;

1.  äußert seine ernste Besorgnis über die Lage bei den Menschenrechten von Mädchen und Frauen, einschließlich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte, in El Salvador und verurteilt alle Formen von Gewalt gegen Frauen; erinnert daran, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte und der Würde von Frauen und Mädchen darstellen; betont, dass in Artikel 7 des Römischen Statuts des Internationalen Gerichtshofs (das El Salvador am 3. März 2016 ratifiziert hat) erzwungene Schwangerschaft als ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und eine Form geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen definiert wird, die eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte und der Würde von Frauen und Mädchen darstellt;

2.  lehnt die Verurteilung und Inhaftierung von Frauen und Mädchen, die Totgeburten oder Fehlgeburten erleiden, entschieden ab, und fordert, dass sie unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden; ist der Auffassung, dass niemand aufgrund derartiger Urteile inhaftiert werden sollte;

3.  verurteilt die Verfolgung von Frauen wegen Abtreibung, eine lange Untersuchungshaft und unverhältnismäßige Strafen, die gegen Frauen verhängt werden, die sich um Abtreibung bemühen, sowie die Inhaftierung von Frauen, unmittelbar nachdem sie sich in ein Krankenhaus begeben haben, weil sie Hilfe benötigten, wenn das medizinische Personal sie den Behörden gemeldet hat, weil es Angst hat, selbst strafrechtlich belangt zu werden;

4.  verurteilt, dass Abtreibung gemäß den Artikeln 133, 135 und 136 des Strafgesetzes absolut unter Strafe gestellt wird, sowie die schweren und diskriminierenden Auswirkungen auf Frauen, die sich daraus ergeben, dass sie gezwungen werden, sich unsicherer Methoden der Abtreibung zu bedienen, und dadurch ihre Gesundheit und ihr Leben ernsthaft gefährdet werden; fordert die gesetzgebende Versammlung von El Salvador auf, den Empfehlungen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Seid Ra’ad Al-Hussein, und der Empfehlung des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau Folge zu leisten und ein Moratorium für ihre Anwendung einzuführen;

5.  fordert El Salvador auf, dafür zu sorgen, dass Frauen und Mädchen Zugang zu sicherer und legaler Abtreibung haben; fordert die gesetzgebende Versammlung von El Salvador in diesem Zusammenhang auf, den Gesetzesentwurf zur Reform der Artikel 133, 135 und 136 des Strafgesetzes zu unterstützen, um Abtreibung zu mindest dann nicht unter Strafe zu stellen, wenn die Schwangerschaft eine Gefahr für das Leben oder die körperliche oder geistige Gesundheit einer schwangeren Frau oder eines schwangeren Mädchens darstellt, wenn der Fötus schwere oder lebensbedrohende Behinderungen aufweist oder wenn die Schwangerschaft auf Vergewaltigung oder Inzest zurückgeht;

6.  fordert die staatlichen Stellen von El Salvador auf, ein Moratorium für die Durchsetzung des derzeitigen Rechts einzuführen und die Inhaftierung von Frauen zu überprüfen, denen eine Fehlgeburt, eine Totgeburt oder Straftaten im Zusammenhang mit Abtreibung vorgeworfen werden, damit sichergestellt werden kann, dass sie freigelassen werden, und für einen fairen Prozess in Verfahren mit Bezug zu Abtreibung zu sorgen, beschuldigten Frauen zu gestatten, die Zeit vor dem Verfahren außerhalb eines Gefängnisses zu verbringen, und das Berufsgeheimnis aller medizinischen Bediensteten und die Vertraulichkeit für Patienten sicherzustellen; verurteilt alle Maßnahmen mit Strafcharakter gegen Frauen und Mädchen, die sich um Abtreibung bemühen, sowie gegen Angehörige der Gesundheitsberufe und andere, die dabei behilflich sind, das Verfahren in Anspruch nehmen zu können und durchzuführen, und fordert die Beseitigung solcher Maßnahmen;

7.  erinnert an die Pflicht der Regierung von El Salvador, die Rechte ihrer Bürger zu schützen und die Rechtsstaatlichkeit hinsichtlich des Grundsatzes der Unschuldsvermutung zu wahren, insbesondere des Grundsatzes, dass Personen, gegen die ein Verfahren läuft, solange als unschuldig gelten, als ihre Schuld nicht nachgewiesen ist, und dass die Strafverfolgungsbehörden und nicht der einzelne Angeklagte die Beweislast tragen sollten, was im Einklang mit dem Römischen Statut steht, das El Salvador ratifiziert hat; fordert die staatlichen Stellen von El Salvador auf, Beamten, einschließlich Mitglieder der Justiz, eine Schulung in Geschlechterfragen anzubieten; fordert den EAD und die Kommission auf, solche Vorhaben zu finanzieren und zu unterstützen;

8.  verurteilt unmenschliche Bedingungen, wie Folter, Isolierung und das Verbot von Familienbesuchen, in Haftanstalten; fordert die Regierung von El Salvador auf, das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen gegen Folter zu ratifizieren, um in sämtlichen Haftanstalten und Arresteinrichtungen Folter sowie unmenschliche und erniedrigende Behandlung zu verhindern; fordert, dass internationale unabhängige Organisationen Zugang zu den Arresteinrichtungen erhalten; fordert die staatlichen Stellen von El Salvador nachdrücklich auf, die Bedingungen inhaftierter Frauen auch dadurch zu verbessern, dass ihnen Zugang zu Hygieneprodukten gewährt wird, wodurch ihre grundlegenden Menschenrechte geachtet würden;

9.  erinnert die Regierung und die Justiz daran, dass sie verpflichtet sind, die internationalen Normen in Bezug auf den gleichberechtigten Zugang zur Justiz und den Grundsatz eines fairen Verfahrens für alle Personen zu achten, und dass die Schuldfeststellung nur aufgrund konkreter und ausreichender Beweise erfolgen kann; verlangt von der Regierung, ausreichende öffentliche Mittel zur Verfügung zu stellen, um die Vertretung derjenigen vor Gericht zu unterstützen, die sie sich selbst nicht leisten können;

10.  fordert die Justiz auf, einen faires Verfahren mit allen Garantien für Teodora del Carmen Vásquez und Evelyn Beatriz Hernandez Cruz zu gewährleisten und ihre Verurteilungen aufzuheben; drückt seine Solidarität mit der Kampagne „Las 17“ aus, bei der es sich um Frauen handelt, die bis zu 40 Jahre lang ungerechtfertigt inhaftiert wurden, weil ihnen Fehlgeburten, Totgeburten und andere Komplikationen bei der Entbindung vorgeworfen wurden; äußert seine Solidarität mit jeder einzelnen Frau in El Salvador, die aus ähnlichen Gründen verfolgt oder wegen „Totschlag in einem besonders schweren Fall“ verurteilt wird; ersucht die zuständigen Behörden, alle Fälle im Hinblick auf die Gewährung einer Begnadigung zu überprüfen;

11.  bringt seine tiefe Besorgnis über die große Zahl von Kinderschwangerschaften in El Salvador zum Ausdruck; fordert die Behörden von El Salvador nachdrücklich auf, ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen und die Menschenrechte zu wahren, indem sie sicherstellen, dass alle Mädchen Zugang zu allen verfügbaren Informationen und medizinischen Diensten im Zusammenhang mit der Betreuung von Hochrisikoschwangerschaften nach einer Vergewaltigung haben;

12.  bedauert, dass der Körper von Frauen und Mädchen – insbesondere in Bezug auf ihre sexuelle Gesundheit und ihre reproduktiven Rechte – nach wie vor ein ideologisches Schlachtfeld darstellt, und fordert El Salvador auf, die unveräußerlichen Rechte von Frauen und Mädchen auf ihre körperliche Unversehrtheit und autonome Entscheidungsfindung unter anderem hinsichtlich des Rechts auf Zugang zu freiwilliger Familienplanung und sicherer und legaler Abtreibung anzuerkennen; vertritt die Ansicht, dass das allgemeine Verbot der therapeutischen Abtreibung und von Abtreibungen bei Schwangerschaften nach einer Vergewaltigung und Inzest sowie die Weigerung, eine kostenlose medizinische Versorgung in Fällen von Vergewaltigung bereitzustellen, einer Form von Folter gleichkommt;

13.  begrüßt die Verabschiedung des „Umfassenden Sondergesetzes für ein gewaltfreies Leben von Frauen“ nach einer vereinten parteienübergreifenden Abstimmung durch weibliche Mitglieder der gesetzgebenden Versammlung von El Salvador und erinnert die staatlichen Stellen von El Salvador daran, dass es vollständig umgesetzt werden muss, insbesondere hinsichtlich der Verpflichtung zum Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt;

14.  begrüßt, dass El Salvador vor kurzem eine Politik zu sexueller und reproduktiver Gesundheit konzipiert hat, und begrüßt das neue Programm „Ciudad Mujer“, durch das Dienste für 1,5 Millionen Frauen im gesamten Land eingerichtet wurden, insbesondere durch Bewusstseinsbildung und Bereitstellung von Informationen über sexuelle und reproduktive Gesundheit und damit verbundene Rechte, unterstützt dessen Anliegen und fordert die Regierung von El Salvador nachdrücklich auf, den Zugang zu Informationen über moderne Verhütung und entsprechende Dienste zu gewährleisten sowie Bemühungen zu unternehmen, eine umfassende Sexualerziehung in öffentlichen Schulen zu bieten;

15.  fordert den Rat nachdrücklich auf, seine Arbeit zu beschleunigen, damit die EU das Übereinkommen von Istanbul ratifizieren und umsetzen kann, um Kohärenz zwischen dem internen und externen Tätigwerden der EU im Bereich Gewalt gegen Kinder, Frauen und Mädchen sicherzustellen;

16.  fordert den Rat auf, das Thema der sicheren und legalen Abtreibung in die EU-Leitlinien über Vergewaltigung und Gewalt gegen Frauen und Mädchen aufzunehmen; unterstreicht die Tatsache, dass der umfassende Zugang zu Gesundheitsdiensten, insbesondere im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte, ein grundlegendes Menschenrecht darstellt;

17.  fordert die Staats- und Regierungschefs der EU und der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC) auf, auf ihrem Gipfeltreffen das Kapitel über geschlechtsspezifische Gewalt im Aktionsplan EU-CELAC auszuweiten, damit ein klarer Zeitplan für ein Tätigwerden und für Umsetzungsmaßnahmen erstellt werden kann, durch die die erforderliche Sorgfalt in Bezug auf die Verhinderung aller Gewaltakte gegen Frauen sowie deren Untersuchung und Ahndung sichergestellt wird, und den Opfern eine angemessene Entschädigung zu bieten;

18.  begrüßt die Bemühungen der EU-Delegation in El Salvador, Kontakt mit den nationalen staatlichen Stellen hinsichtlich der Rechte von Frauen, einschließlich der strafrechtlichen Ahndung von Abtreibung, aufzunehmen; besteht darauf, dass dieses Thema als eine vorrangige Priorität betrachtet wird, und fordert den EAD auf, dem Parlament regelmäßig über sein Tätigwerden in diesem Bereich Bericht zu erstatten; besteht darauf, dass die EU-Delegation den Frauen, die sich derzeit wegen Straftaten im Zusammenhang mit Abtreibung in Haft befinden, jede geeignete Unterstützung gewährt, auch durch regelmäßige Besuche, Unterstützung ihrer Angehörigen und das Angebot von Rechtsberatung;

19.  erinnert die EU an ihre Verpflichtungen nach dem Rahmen für die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Rolle von Frauen mithilfe der EU-Außenbeziehungen 2016–2020; ersucht den EAD, die Revisionsverfahren vor Ort genau zu verfolgen, und ersucht die Kommission, dafür zu sorgen, dass bei der europäischen Entwicklungszusammenarbeit ein auf den Menschenrechten basierender Ansatz verfolgt wird, mit besonderem Schwerpunkt auf der Gleichstellung von Frauen und Männern und der Bekämpfung jeglicher Form von sexueller Gewalt gegen Frauen und Mädchen; fordert die EU-Mitgliedstaaten und -Organe auf, örtliche Menschenrechtsverteidiger und NRO stärker zu unterstützen, die für die Rechte von Frauen und Mädchen eintreten, insbesondere sexuelle und reproduktive Gesundheit und damit verbundene Rechte sowie Familienplanung in El Salvador, einschließlich Finanzierung;

20.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den staatlichen Stellen von El Salvador, dem Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, dem Zentralamerikanischen Parlament, dem Lateinamerikanischen Parlament, der Parlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika und dem Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten zu übermitteln.