Parlamentarische Anfrage - O-0151/2010Parlamentarische Anfrage
O-0151/2010

Tunesien - Artikel 61 a des Strafgesetzbuchs

12.10.2010

Anfrage zur mündlichen Beantwortung O-0151/2010
an den Rat
Artikel 115 der Geschäftsordnung
Annemie Neyts-Uyttebroeck, Niccolò Rinaldi, Marielle De Sarnez
im Namen der ALDE-Fraktion

Das tunesische Abgeordnetenhaus hat am 15. Juni 2010 eine Änderung von Artikel 61 a des Strafgesetzbuchs verabschiedet, mit dem Verstöße gegen die „äußere Sicherheit“ Tunesiens geahndet werden. Nach Artikel 61 a ist derzeit die Kontaktaufnahme zu Agenten ausländischer Mächte mit dem Ziel der Unterminierung der militärischen oder diplomatischen Lage in Tunesien strafbar. Tunesiern, die dieses Vergehens schuldig befunden werden, drohen bis zu 20 Jahre und mindestens fünf Jahre Haft. Nach dem neuen Gesetz macht sich jeder Tunesier strafbar, der Kontakt mit Agenten einer ausländischen Macht, Institution oder Organisation aufnimmt, um den „lebenswichtigen Interessen und der wirtschaftlichen Sicherheit Tunesiens“ zu schaden.

Mit den Änderungen des Strafgesetzbuchs wird das Engagement von Menschenrechtsaktivisten strafbar, insbesondere dasjenige besonders lautstarker Verteidiger der Menschenrechte, die kürzlich mit EU-Beamten und Parlamentariern zusammengetroffen sind und auf die alarmierende Menschenrechtslage hingewiesen haben, während die EU über eine Vertiefung ihrer Beziehungen mit Tunesien verhandelt.

Ferner sind europäische Fördermittel für unabhängige Organisationen der Zivilgesellschaft, namentlich die Tunesische Liga zur Verteidigung der Menschrechte (LTDH) und die Tunesische Demokratische Frauenvereinigung (AFTD), von der tunesischen Regierung seit 2006 (im Fall der LTDH) bzw. seit Februar 2010 (im Fall der AFTD) eingefroren worden.

Ist der Rat der Ansicht, dass diese neue Rechtsvorschrift im Widerspruch zu Artikel 2 des Assoziierungsabkommens zwischen Tunesien und der EU von 1995 steht, nach dem die Achtung demokratischer Grundsätze und Grundrechte die Grundlage für die Innen- und Außenpolitik der Vertragsparteien darstellt, und dass ihre Verabschiedung ein Hindernis auf dem Weg zur Intensivierung der Beziehungen zwischen der Union und Tunesien ist?

Welche konkreten Maßnahmen ergreift der Rat, um die wirksame Verwendung europäischer Fördermittel sicherzustellen?

Wie sieht die Menschenrechtsstrategie des Rates gegenüber Tunesien im Rahmen der Schlusserklärung des Assoziierungsrats EU-Tunesien vom 11. Mai 2010 aus?

Eingang: 12.10.2010

Weiterleitung: 13.10.2010

Fristablauf: 3.11.2010