Parlamentarische Anfrage - O-000055/2014Parlamentarische Anfrage
O-000055/2014

Verlängerung der Haftzeit auf über 18 Monate in Griechenland als Verstoß gegen die Rückführungsrichtlinie

7.4.2014

Anfrage zur mündlichen Beantwortung O-000055/2014
an die Kommission
Artikel 115 der Geschäftsordnung
Nikolaos Chountis, Cornelia Ernst, Patrick Le Hyaric, Sabine Lösing, Marisa Matias, Willy Meyer, Paul Murphy, Alda Sousa, Kyriacos Triantaphyllides, Marie-Christine Vergiat, im Namen der GUE/NGL-Fraktion

Der griechische Staatsrat, das oberste Verwaltungsgericht, veröffentlichte am 20. März 2014 die Stellungnahme 44/2014 als Reaktion auf eine Anfrage der Polizeidirektion des Ministeriums für Bevölkerungsschutz. Die Stellungnahme 44/2014 befürwortet die unbegrenzte Verlängerung der Haftzeit von Migranten bis zum Zeitpunkt einer möglichen Rückführung, falls eine Rückführung schon beschlossen wurde, aber nicht ausgeführt werden konnte. Es wird erklärt, dass die Behörden den Migranten ein weiteres Mal auffordern können, das Land freiwillig zu verlassen. Sollte sich der Migrant einer Kooperation bzgl. der Rückkehr oder Rückführung widersetzen und besteht nach Meinung der Behörden eine „Fluchtgefahr“, können sie eine Verlängerung der Haftzeit des Migranten anordnen, bis seine Rückführung möglich ist. Diese Entscheidung ist rechtlich unhaltbar, da der Migrant freigelassen würde, gleichzeitig aber durch eine eingeschränkte Klausel gezwungen würde, in den Räumlichkeiten der Haftanstalt zu bleiben, bis seine Rückführung möglich ist. Diese Entscheidung wird in einem entscheidenden Moment getroffen, da die absolute Obergrenze der rechtlich zulässigen Haftdauer von Tausenden von Migranten, die im Rahmen der seit Herbst 2012 andauernden Durchkämmungsaktion „Xenios Zeus“ festgenommen und inhaftiert wurden (etwa 7 500 Personen), sehr bald ablaufen wird, wobei viele Häftlinge nicht abgeschoben werden können und unzumutbaren Haftbedingungen ausgesetzt sein werden.

Unter Verweis auf Artikel 15 der Rückführungsrichtlinie, in dem eine maximale Verlängerung der Haftdauer bei mangelnder Kooperationsbereitschaft um zwölf Monate (zusätzlich zu den ursprünglichen sechs Monaten) festgesetzt ist; darauf, dass die Haft ein letztes Mittel sein sollte; auf die Auslegung des EuGH (Rechtssache C 357/09 Kadzoev), durch die die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die maximale Haftdauer von 18 Monaten nicht zu überschreiten, bestätigt wird; sowie im Hinblick auf die Entscheidung des ECHR in der Rechtssache John gegen Griechenland von 2007, in der die Praxis der Pro-forma-Freilassung von Personen, um sie dann durch einen neuen Haftbefehl sofort erneut zu verhaften, verurteilt wird, wird die Kommission gebeten, folgende Fragen zu beantworten:

1. Erachtet die Kommission die oben genannte Entscheidung als einen Verstoß gegen die Menschenrechte und die Rückführungsrichtlinie durch Griechenland? Welche Maßnahmen wurden bis jetzt von der Kommission ergriffen? Wird die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten?

2. Hat die Kommission angesichts des letzten Berichts der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ mit dem Titel „Unsichtbares Leid. Die verlängerte und systematische Verhaftung von Migranten und Asylbewerbern unter unwürdigen Bedingungen in Griechenland“ bereits entsprechende Maßnahmen eingeleitet, um die Praxis menschenunwürdiger Verhaftungen von Migranten und Asylbewerbern zu stoppen?

3. Gegen welche Mitgliedstaaten und aus welchen Gründen hat die Kommission im Zusammenhang mit ihrer kürzlich veröffentlichten Mitteilung über die EU-Rückführungspolitik, die einen Bericht über die Umsetzung der Rückführungslichtlinie beinhaltet, ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet? Gegen welche Mitgliedstaaten wird die Kommission weitere Vertragsverletzungsverfahren einleiten?