Parlamentarische Anfrage - O-000053/2016Parlamentarische Anfrage
O-000053/2016

Rechtlicher und verbindlicher Charakter des sogenannten Abkommens EU-Türkei

22.3.2016

Anfrage zur mündlichen Beantwortung O-000053/2016
an den Rat
Artikel 128 der Geschäftsordnung
Birgit Sippel, im Namen der S&D-Fraktion

Nach dem Vertrag von Lissabon wird eine internationale Übereinkunft mit Auswirkungen auf „ordentliche“ EU-Rechtsvorschriften vom Rat oder der Kommission gemäß Artikel 218 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ausgehandelt und vom Parlament gebilligt, das „in allen Phasen des Verfahrens unverzüglich und umfassend unterrichtet“ wird (Artikel 218 Absatz 10 AEUV). Ziel dieser Bestimmungen ist es, zum einen das Parlament nicht unter Druck zu setzen, Maßnahmen in EU-Recht umzusetzen, für die vorab keine Zustimmung erteilt wurde, und zum anderen den Grundsatz des „guten Glaubens“ mit dem betreffenden Drittstaat umzusetzen. Ungeachtet dieser eindeutigen Bestimmungen des Vertrags wurde ein sogenanntes Abkommen EU-Türkei von einigen Mitgliedstaaten (unter Beteiligung der Kommission) ausgehandelt und anschließend von den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten abgeschlossen, die an dem Treffen mit dem türkischen Ministerpräsidenten teilnahmen. Trotz seiner generischen Bezeichnung („Erklärung“) enthält das Abkommen eine Reihe von Verpflichtungen für beide Seiten und eine gemeinsame Überwachungsregelung.

1. Ist der Rat der Auffassung, dass das „Abkommen EU-Türkei“, das Bereiche umfasst, die gegenwärtig ausschließlich oder teilweise im Zuständigkeitsbereich der EU liegen, nach dem Völkerrecht und/oder EU-Recht bindend ist?

2. Warum wurde das Abkommen, falls dem so ist, nicht gemäß Artikel 218 AEUV ausgehandelt und geschlossen?

3. Wurde die Türkei, falls dem nicht so ist, über den nicht bindenden Charakter des Abkommens und über die Tatsache unterrichtet, dass einige Aspekte möglicherweise nicht wie erwartet umgesetzt werden?