BERICHT über die Mitteilung der Kommission über den Beitrag der öffentlichen Haushalte zu Wachstum und Beschäftigung: Verbesserung von Qualität und Nachhaltigkeit
(KOM(2000) 846 – C5‑0172/2001 – 2001/2082(COS))

14. September 2001

Ausschuss für Wirtschaft und Währung
Berichterstatterin: Karla M.H. Peijs

Verfahren : 2001/2082(COS)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A5-0306/2001
Eingereichte Texte :
A5-0306/2001
Aussprachen :
Abstimmungen :
Angenommene Texte :

GESCHÄFTSORDNUNGSSEITE

Mit Schreiben vom 22. Dezember 2000 übermittelte die Kommission dem Europäischen Parlament ihre Mitteilung über den Beitrag der öffentlichen Haushalte zu Wachstum und Beschäftigung: Verbesserung von Qualität und Nachhaltigkeit (KOM(2000) 846 – 2001/2082(COS)).

In der Sitzung vom 14. Mai 2001 gab die Präsidentin des Europäischen Parlaments bekannt, dass sie diese Mitteilung an den Ausschuss für Wirtschaft und Währung als federführenden Ausschuss sowie an den Haushaltsausschuss, den Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und den Ausschuss für Industrie, Außenhandel, Forschung und Energie als mitberatende Ausschüsse überwiesen hat (C5‑0172/2001).

Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung hatte in seiner Sitzung vom 21. März 2001 Karla M.H. Peijs als Berichterstatterin benannt.

Der Ausschuss prüfte die Mitteilung der Kommission und den Berichtsentwurf in seinen Sitzungen vom 11. Juni, 28. August und 13. September 2001.

In der letztgenannten Sitzung nahm der Ausschuss den Entschließungsantrag mit 19 Stimmen bei 16 Gegenstimmen an.

Bei der Abstimmung waren anwesend: Christa Randzio-Plath, Vorsitzende; Philippe A.R. Herzog, stellvertretender Vorsitzender; Generoso Andria, Richard A. Balfe, Luis Berenguer Fuster, Pervenche Berès, Hans Blokland, Hans Udo Bullmann, Gérard Caudron (in Vertretung von Bruno Trentin gemäß Artikel 153 Absatz 2 der Geschäftsordnung), Harald Ettl (in Vertretung von Giorgos Katiforis), Jonathan Evans, Carles-Alfred Gasòliba i Böhm, Robert Goebbels, Lisbeth Grönfeldt Bergman, Christopher Huhne, Pierre Jonckheer, Othmar Karas, Christoph Werner Konrad, Alain Lipietz, Astrid Lulling, Jules Maaten (in Vertretung von Karin Riis-Jørgensen), Thomas Mann (in Vertretung von Brice Hortefeux), Ioannis Marinos, Miquel Mayol i Raynal, Ioannis Patakis, Fernando Pérez Royo, John Purvis (in Vertretung von Piia-Noora Kauppi), Alexander Radwan, Bernhard Rapkay, Olle Schmidt, Charles Tannock, Marianne L.P. Thyssen, Ieke van den Burg (in Vertretung von Helena Torres Marques), Theresa Villiers und Karl von Wogau.

Die Stellungnahme des Haushaltsausschusses ist diesem Bericht beigefügt; der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten hat am 17. Mai 2001 und der Ausschuss für Industrie, Außenhandel, Forschung und Energie hat am 29. Mai 2001 beschlossen, keine Stellungnahme abzugeben.

Der Bericht wurde am 14. September 2001 eingereicht.

Die Frist für die Einreichung von Änderungsanträgen wird im Entwurf der Tagesordnung für die Tagung angegeben, auf der der Bericht geprüft wird.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Mitteilung der Kommission über den Beitrag der öffentlichen Haushalte zu Wachstum und Beschäftigung: Verbesserung von Qualität und Nachhaltigkeit (KOM(2000) 846 – C5‑0172/2001 – 2001/2082(COS))

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis der Mitteilung der Kommission (KOM(2000) 846 – C5‑0172/2001),

–   gestützt auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates in Lissabon vom 23.-24. März 2000[1],

–   gestützt auf Artikel 47 Absatz 1 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Währung sowie der Stellungnahme des Haushaltsausschusses (A5‑0306/2001),

A.   in der Erwägung, dass die übermäßigen öffentlichen Ausgaben in Kontinentaleuropa während der letzten dreißig Jahre die europäischen Regierungen gezwungen haben, ihre Steuern auf ein unerträgliches Niveau anzuheben, wodurch mögliches Wachstum unterminiert wurde,

B.   in der Erwägung, dass, wenn man den Problemen der unsicheren Finanzierung der Steuerreform, des übermäßigen Ausgabenanstiegs oder möglicher Haushaltsziele gegenübersteht, welche die drei größten Staaten der Eurozone betreffen, die Gefahr besteht, dass die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht erfüllt werden, der als Ziel „nahezu ausgeglichene Haushalte“ oder „Haushaltsüberschüsse“ festlegt,

C.   in der Erwägung, dass die Tatsache, dass es in Japan nicht gelungen ist, mittels öffentlicher Investitionen das Wirtschaftswachstum auf nachhaltige Weise anzukurbeln, die politischen Entscheidungsträger veranlassen sollte, äußerste Vorsicht an den Tag zu legen, wenn derartige Maßnahmen geplant werden,

D.   mit Interesse feststellend, dass der Kommissionsbericht davon ausgeht, dass der so genannte Rückgang der öffentlichen Investitionen in Europa nur rein statistischer Natur sein kann,

E.   in der Erwägung, dass viele europäische Regierungen ab 1998 ihre Bemühungen um Haushaltsanpassung verringert haben, wobei sie hauptsächlich auf konjunkturbedingte Einnahmen und UMTS-Erlöse zurückgriffen, um das öffentliche Defizit und die öffentliche Verschuldung zu verringern,

F.   in der Erwägung, dass die 60%-Schwelle der Staatsverschuldung den Mitgliedstaaten, die investieren möchten, bereits ausreichend Raum verschafft, und dass eine Überschreitung dieser Schwelle die Gefahr mit sich bringt, dass sie in einer mittel- bis langfristigen Perspektive in eine unhaltbare steuerliche Position geraten,

G.   in der Erwägung, dass die Steigerung der Beschäftigungsquote in Europa eine große Herausforderung für die kommenden Jahre ist,

H.   in Kenntnis, dass der Stockholm-Gipfel den Rat aufgefordert hat, regelmäßig die langfristige Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen zu überprüfen, einschließlich der zu erwartenden Belastungen, die sich aufgrund der demografischen Veränderungen ergeben werden und dies sowohl im Rahmen der Grundzüge der Wirtschaftspolitik als auch im Kontext der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme zu geschehen hat,

1.   begrüßt ausdrücklich die Mitteilung der Kommission, die zum ersten Mal gemäß des Auftrages des Europäischen Rates von Lissabon, die Rolle der öffentlichen Haushalte und ihren Beitrag zur Erreichung des neuen strategischen Ziels der Förderung von Wachstum und Beschäftigung würdigt;

2.   unterstreicht, dass neben den öffentlichen Haushalten auch zahlreiche andere Faktoren langfristig Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen beeinflussen und dass dies nur durch einen ausgewogenen Policy Mix erreicht werden kann;

3.   erinnert die Mitgliedstaaten, insbesondere die größeren, daran, dass ihr Haushaltskonsolidierungsprozess nicht abgeschlossen ist und dass Versuche, den haushaltspolitischen Kurs zu lockern, für die internationale Glaubwürdigkeit der gesamten Eurozone Gefahren mit sich bringen und der übrigen Welt signalisieren würde, dass strukturelle Reformen in Europa nur langsam fortschreiten;

4.   fordert die Mitgliedstaaten auf, zu den Verpflichtungen zu stehen, die sie in den Stabilitäts- und Konvergenzprogrammen eingegangen sind, die vom Rat im Februar-März 2001 aktualisiert und bestätigt wurden;

5.   ist besorgt, dass die jüngste Erwähnung in den Schlussfolgerungen der Präsidentschaft nach dem Gipfel von Göteborg, die automatischen Stabilisatoren zum Tragen kommen zu lassen, von europäischen Regierungen als wirkliche Lizenz, Ausgaben zu tätigen, interpretiert werden kann; bemerkt, dass automatische Stabilisatoren in einem verantwortbaren Ausmaß nur dann erlaubt werden sollten, wenn die finanzpolitische Ausgangsposition des Mitgliedstaates als nachhaltig betrachtet werden kann;

6.   warnt die nationalen Regierungen, dass sogar eine zeitweilige Lockerung des steuerpolitischen Kurses ein Jahrzehnt schmerzvoller Haushaltsanpassung zunichte machen kann und dass die Verpflichtung der Bewerberländer, solide öffentliche Finanzen bis zum EU-Beitritt aufzubauen, durch eine solche Kursabweichung geschwächt werden kann;

7.   unterstützt den allgemeinen Tenor des Berichts der Europäischen Kommission; begrüßt insbesondere den Versuch der Europäischen Kommission, durch vier Kriterien zu definieren, was eine nachhaltige Verringerung der Abgabenbelastung wäre: Erreichung eines „in etwa ausgeglichenen Haushalts oder eines Haushaltsüberschusses“, keine prozyklischen Maßnahmen, Berücksichtigung der Höhe der öffentlichen Verschuldung und der langfristigen Nachhaltigkeit der Haushalte, und Steuerreformen sollten Teil eines umfassenden Reformpakets sein (d.h., um die Anreize für die Beschäftigung und unternehmerische Aktivität zu verbessern);

8.   fordert die Kommission auf, ihre Bemühungen durch die Schaffung eines „Verhaltenskodexes“ fortzusetzen, der den nationalen Regierungen als Leitlinie dienen soll, wenn sie Steuersenkungen planen, und ihre Arbeit in Kooperation mit den nationalen Finanzministern zu intensivieren, um ein gemeinsames Verständnis der Anfälligkeit der Steuereinnahmen und öffentlichen Ausgaben für Veränderungen der Konjunkturzyklen der einzelnen Volkswirtschaften zu erzielen; unterstreicht die Notwendigkeit unfairen Steuerwettbewerb im Interesse eines funktionierenden Binnenmarktes zu unterbinden;

9.   betont, dass der Grundsatz, dass „Arbeit sich lohnt“, vorrangig für die Steuerpolitiken sein sollte, die die Beschäftigungsfrage angehen, und um die so genannten „Strukturprobleme“ in Europa zu lösen; betont in diesem Zusammenhang, dass die Verringerung der Abgabenbelastung der Arbeit insbesondere auf die Niedrigverdiener abzielen sollte, um die Anreize, wieder eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, zu steigern, und nicht etwa mit Erhöhungen der Mehrwertsteuer einhergehen sollten, die sich negativ auf die Inflation auswirken würden, dies aber keinesfalls gegen die europaweite Koordinierung und Ökologisierung der Steuersysteme spricht;

10.   fordert vor diesem Hintergrund die Beseitigung steuerlicher und administrativer Hindernisse, die verhindern, dass Frauen oder ältere Menschen zur Erwerbstätigkeit zurückkehren bzw. erwerbstätig bleiben, um einem größeren Anteil des Arbeitskräftepotenzials Zugang zum Arbeitsmarkt zu verschaffen;

11.   betont, dass die Gefahr besteht, dass öffentliche Investitionen fehlgeleitet und mangelhaft verwaltet werden und eine somit höhere öffentliche Verschuldung und gegebenenfalls eine höhere Abgabenbelastung für den Produktionssektor mit sich bringen können; unterstützt den Standpunkt der Kommission, dass die Öffnung des öffentlichen Beschaffungswesens für einen europaweiten Wettbewerb, vereinfachte Verfahren vorausgesetzt, höhere Erträge zu geringeren Kosten liefern kann;

12.   ist der Auffassung, dass eine Aufstockung der öffentlichen und privaten Ausgaben für Bildung und Forschung und Entwicklung eine Notwendigkeit für die erfolgreiche Umwandlung in eine Wissensgesellschaft darstellt; betont jedoch, dass dies mit Strukturreformen in den entsprechenden Bereichen gekoppelt sein sollte; ermuntert öffentliche Forschungsinstitute und Hochschulen, Partnerschaften mit dem privaten Sektor einzugehen, um die vorhandenen Finanzmittel für Bildung und Forschung zu optimieren;

13.   bedauert, dass der Kommissionsvorschlag, einen Absatz über die langfristige Nachhaltigkeit öffentlicher Finanzen in die Stabilitäts- und Konvergenzprogramme einzubeziehen, nicht ausreicht, um eine adäquate Antwort auf Probleme im Zusammenhang mit der Bevölkerungsalterung zu geben; fordert statt dessen den Rat und die Kommission auf, die derzeitigen Erfordernisse des Stabilitäts- und Wachstumspaktes zu erweitern, indem neue, individuelle Ziele für jedes Land festgelegt werden, wobei das Ausmaß versteckter Verpflichtungen, die mit der Bevölkerungsalterung einhergehen, berücksichtigt wird; schlägt vor, dass solche Ziele bis 2005 erreicht werden sollten;

14.   beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

BEGRÜNDUNG

Öffentliche Finanzen: Beitrag zu Wachstum und Beschäftigung

Diese allgemeine Bewertung der öffentlichen Finanzen in der Eurozone folgt der Struktur des Kommissionsberichts, wobei jedoch offen hervorgehoben wird, was in dem Kommissionspapier relevant und was fraglich oder zu kritisieren ist. Wir haben zehn Punkte herausgestellt, die die Gliederung unseres Berichts bilden.

1.   Überblick über die öffentlichen Haushalte der EU zu Beginn des 21. Jahrhunderts:

Wie die Kommission zurecht erklärt, ist der Umfang der öffentlichen Ausgaben im Laufe der letzten dreißig Jahre außergewöhnlich stark gestiegen; die Ausgaben des Sektors Staat beliefen sich 1970 auf 35% des BIP, stiegen dann aber kontinuierlich an und erreichten in den frühen neunziger Jahren einen Höchstwert von über 50%. Der übermäßige Anstieg der öffentlichen Ausgaben führte im Laufe der Jahre zu einer unhaltbaren Haushaltsposition. In der Folge des Vertrags von Maastricht begannen die Mitgliedstaaten ab 1995, ihre öffentlichen Ausgaben zu kürzen und die Steuern anzuheben. Dieser doppelte Trend ermöglichte es der EU, 2000 einen geringen Überschuss zu erzielen. Diese Errungenschaft wurde jedoch teuer durch niedrigeres Wachstum bezahlt. Derzeit, und entgegen einem traditionell durch die Wirtschaftstheorie beschriebenen Muster, kam es in den achtziger Jahren nicht nur zu einem Stillstand im Aufholprozess Europas gegenüber den Vereinigten Staaten, sondern Europa fiel in den neunziger Jahren noch gegenüber den Vereinigten Staaten zurück. Das Pro-Kopf-Vermögen beträgt jetzt lediglich 65% im Vergleich zu dem der USA, es ist etwa 9 Punkte niedriger als der in den frühen achtziger Jahren erzielte Höchstwert. Zwei verschiedene Erklärungen sind hierfür möglich:

-   ->   die effizienten öffentlichen Ausgaben wurden gekürzt, was in den neunziger Jahren in Anbetracht einer Verminderung der positiven Nebeneffekte der öffentlichen Ausgaben und einem allgemeinen Rückgang der Nachfrage zu einer Verlangsamung führte. Dies wäre ein alter keynesianischer Ansatz.

In Anbetracht der Nachteile in Verbindung mit den öffentlichen Ausgaben unterstützen wir einen begründeteren Standpunkt, der die Bedeutung der Angebotsseite der Wirtschaft hervorhebt:

-   ->   zur Finanzierung ineffizienter öffentlicher Ausgaben wurde das Niveau der Besteuerung derart angehoben, dass der private Sektor blockiert wurde. Wird dieser Auffassung Skepsis entgegengebracht, so lässt sich der amerikanische Fall heranziehen, wo niedrige öffentliche Ausgaben und eine dauerhaft solide Haushaltspolitik es dem privaten Sektor ermöglicht haben, die technologischen Innovationen, die Mitte der neunziger Jahre verwirklicht wurden, voll auszuschöpfen. Dort gab es keine Aktionspläne, bürokratischen Systeme und den Wunsch, die Wirtschaftsakteure zu leiten. Sie arbeiten ganz einfach. Und dies funktioniert.

Es könnte argumentiert werden, dass – sofern sie ordnungsgemäß verwendet werden – die öffentlichen Ausgaben und das Steuersystem zum Wachstum beitragen könnten. Insbesondere könnten Investitionen das Wachstum auf dauerhafter Grundlage fördern. Vor diesem Hintergrund könnte jedwede Art von Investitionen, ob öffentlich oder privat, zum Wachstum beitragen, was Argumente für eine aktivere Beteiligung des Staates liefert. Leider, und die Kommission weist rasch darauf hin, können öffentliche Investitionen zu höheren Abgaben (was von Investitionen abhält) oder zu einem höheren Defizit/höherer Verschuldung führen (was höhere Zinssätze und geringere Möglichkeiten der Finanzierung für den privaten Sektor bedeutet). Zusätzlich besteht die Gefahr, dass private Investitionen verdrängt werden, die ansonsten effizienter hätten eingesetzt werden können. Schließlich zeigt die Erfahrung, dass öffentliche Investitionen oft fehlgeleitet und mangelhaft verwaltet werden. Leider ist Japan nur ein allzu deutliches Beispiel dafür. Die Frage, ob öffentliche Ausgaben in Ländern aufgestockt werden sollten, in denen sie niedrig sind, ist entsprechend umstritten. In Kontinentaleuropa, wo es sich gezeigt hat, dass öffentliche Ausgaben selbst nach einem Jahrzehnt von Bemühungen durch die politischen Entscheidungsträger, sie zu kürzen, immer noch auf hohem Niveau geblieben sind, muss das Argument aufgegeben werden, in übermäßigen öffentlichen Ausgaben den Schlüssel für alle Probleme des alten Kontinents zu sehen.

Ziffer 1: Die übermäßige Inanspruchnahme des öffentlichen Sektors und die übermäßige Erhöhung der öffentlichen Ausgaben haben die europäischen Regierungen gezwungen, ihre Steuern auf ein unerträgliches Niveau anzuheben, wodurch mögliches Wachstum zunichte gemacht wurde.

Ziffer 2: Wir unterstützen den Kurs der Kommission, der die negativen Auswirkungen übertrieben hoher öffentlicher Investitionen hervorhebt.

2.   Wahrung solider öffentlicher Finanzen in Stufe 3 der WWU

Die Tatsache, dass die EU im Jahr 2000 einen Überschuss erzielt hat, bedeutet nicht, dass die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte vollendet ist – bei weitem nicht. In vielen Fällen wurden Verbesserungen der öffentlichen Finanzen durch konjunkturbedingte Einnahmen, den vorübergehenden Rückgang der Sozial- und Arbeitslosenleistungen, UMTS-Erlöse und die Verringerung von Zinszahlungen auf grund der Konvergenz der Zinssätze gewährleistet. Diese vier Faktoren waren mehr oder weniger nicht von den Mitgliedstaaten abhängig, was ihre jeweiligen Verdienste schmälert. Die steuerliche Konsolidierung ist insbesondere für die größeren Länder nicht vorüber. Statt dessen besteht die Gefahr unangemessener Finanzmaßnahmen oder Steuersenkungen, die nicht durch einen stetigen Einkommensstrom finanziert werden. Die Kommission erinnert zu Recht daran, dass Staaten in der Vergangenheit eine prozyklische Politik verfolgt haben, was für die Konjunktur unangemessene Unruhe mit sich bringt (was gegen ihre Rolle des wirtschaftlichen Ausgleichs verstößt) und künftige Haushaltsungleichgewichte schafft. Die Verschlechterung der öffentlichen Bilanz im Falle einer Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit wird dann sofort eintreten, wie es in den Jahren 1992-1993 der Fall war. Die Kommission verweist darauf, dass sechs EU-Länder immer noch ein konjunkturbedingtes angepasstes Defizit von 1% des BIP oder mehr aufweisen (Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Portugal und Griechenland); gleichzeitig vertritt sie jedoch die Ansicht, dass jüngste Haushaltsentwicklungen darauf hinweisen, dass die EU „auf dem richtigen Weg ist“. Wir bedauern diese eher selbstgefällige Schlussfolgerung, die nicht recht zu der obengenannten Bewertung der Kommission passt und zu laschen Haltungen der Mitgliedstaaten, insbesondere im Vorfeld nationaler Wahlen, führen kann.

Wir begrüßen die vier von der Kommission in ihrem Papier festgelegten Kriterien zur Festlegung des Begriffs der nachhaltigen Steuersenkungen.

1)   „nahezu ausgeglichene Haushalte oder Haushaltsüberschüsse“;

2)   keine prozyklischen Maßnahmen;

3)   Berücksichtigung der Höhe der Staatsverschuldung und der langfristigen Nachhaltigkeit der Haushalte;

4)   Steuerreformen sollten Teil eines umfassenden Reformpakets ausmachen (zur Verbesserung der Anreize für Beschäftigung und unternehmerische Aktivitäten);

Ziffer 3: Die Mitgliedstaaten, insbesondere die größeren, sollten ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass der Prozess ihrer Haushaltskonsolidierung nicht abgeschlossen ist und dass Versuche, den haushaltspolitischen Kurs zu lockern, für die internationale Glaubwürdigkeit der gesamten Eurozone Risiken mit sich bringen.

Ziffer 4: Der Versuch der Europäischen Kommission, den relevanten Charakter einer Steuersenkung abzuschätzen, sollte geprüft werden, und es wäre in unserem Sinne, dass die Kommission ihre Bemühungen durch die Schaffung eines „Verhaltenskodexes“ fortsetzt, der den nationalen Regierungen als Leitlinie dienen soll, wenn sie Steuersenkungen planen;

Ziffer 5: Wir unterstützen uneingeschränkt die Ansicht, dass Steuersenkungen nur dann eingeführt werden sollten, wenn die Haushaltslage dies erfordert. Diesbezüglich sollten die vier Vorbedingungen einer wirksamen Steuersenkung, die die Kommission vorschlägt, unterstützt werden;

3.   Auf dem Wege zu beschäftigungsfreundlicheren Abgaben- und Sozialleistungssystemen:

Die Kommission betont, dass die Abgabenbelastung für Niedrigverdiener besonders groß ist, was Arbeitskräfte mit geringer Qualifikation entmutigt, aktiv nach einer Beschäftigung zu suchen (wegen der vergleichsweise hohen Sozialleistungen), und die Arbeitgeber davon abhält, sie wegen der hohen Gesamtkosten für die Beschäftigung (Lohn + lohnbezogene Sozialversicherungssteuer) einzustellen. Dies unterstützt die Auffassung, dass die Abgabenbelastung der Arbeit verringert werden sollte, aber wie? Die Kommission betont, dass eine Steuersenkung, die vollständig durch eine Kürzung der öffentlichen Ausgaben aufgerechnet wird, sich wahrscheinlich positiv auf das Wachstum, die Beschäftigung, die Investitionen und sogar die staatliche Bilanz auswirkt, wohingegen eine unfundierte Steuersenkung die öffentliche Bilanz, sogar mittelfristig, verschlechtern wird. Ein theoretisch kluger Schritt könnte eine Verringerung der Arbeitsabgaben und die gleichzeitige Finanzierung der Deckungslücke durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer sein. Die Mehrwertsteuer ist eine Abgabe auf breiter Grundlage, neutraler und politisch weniger sensitiv, diese Vorteile haben jedoch negative Auswirkungen:

-   Steuersenkungen für Erwerbstätige werden in Anbetracht der Mehrwertsteuererhöhung weitgehend durch den Rückgang der Kaufkraft der Haushalte aufgewogen. Was die Regierung mit einer Hand gibt, nimmt sie sozusagen mit der anderen Hand wieder;

-   es ist wahrscheinlich, dass die Sozialleistungen in Anbetracht der höheren Inflation mechanisch ansteigen werden. Die Frage von Anreizen für die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit wird dann nicht angesprochen;

-   die ineffiziente Struktur des Steuersystems kann teilweise angegangen werden, die Höhe der gesamten Abgabenbelastung bleibt jedoch mehr oder weniger gleich;

-   in vielen Ländern sind die Mehrwertsteuereinnahmen (und allgemein die Verbrauchsteuereinnahmen) bereits ein sehr bedeutender Teil der gesamten Steuereinnahmen;

-   da die Mehrwertsteuer ein leichter und versteckter Weg ist, Abgaben zu erheben, kann dies dazu führen, dass die Regierungen durchaus zu künftigen Ausgabenüberschreitungen oder zur Einführung neuer Sozialleistungen bereit sind;

-   durch Modellprojektionen zeigt die Kommission, dass die Option der Mehrwertsteuererhöhung weniger effizient für Wachstum, Beschäftigung und Investitionen ist als eine Steuersenkung, die durch eine Kürzung der öffentlichen Ausgaben finanziert wird.

Daher sind wir der Auffassung, dass die Mehrwertsteuer-Variante nicht die richtige Lösung ist. Ein energischerer Standpunkt der Kommission in dieser Frage wäre vorzuziehen gewesen.

Ziffer 6: „Der Grundsatz, dass „Arbeit sich lohnt“, sollte eine Priorität für Steuerpolitiken sein, die die Beschäftigungsprobleme angehen, und um die sogenannten „Strukturprobleme“ in Europa zu lösen. Daher sollte die Verringerung der Abgabenbelastung der Arbeit insbesondere auf die Niedrigeinkommen abzielen. Da eine unfundierte Steuersenkung nicht selbstfinanziert werden kann, sollten Steuersenkungen einhergehen mit entsprechenden Kürzungen der öffentlichen Ausgaben.

Ziffer 7: Die Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Verringerung der Arbeitsabgaben heizt die Inflation an, könnte die Regierungen veranlassen, in ihren Bemühungen um Optimierung der öffentlichen Ausgaben nachzulassen, und ist ganz allgemein nicht der richtige Ansatz für das Problem der Beschäftigung.

4.   Öffentliche Finanzen und wissensbestimmte Wirtschaft:

Der Europäische Rat von Lissabon betonte die Bedeutung von öffentlichen Ausgaben, die dem Ziel einer wissensbestimmten Wirtschaft förderlich sind. Die Frage bleibt jedoch, ob die Neue Wirtschaft („New Economy“) am besten direkt - durch einfache öffentliche Ausgaben - oder indirekt durch eine Verbesserung des rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmens, der das Verhalten privater Unternehmen beeinflusst, unterstützt wird.

Die Kommission verfolgt keinen klaren Kurs zu dieser Frage, hauptsächlich in Anbetracht inadäquater Daten über die Aufgliederung und die Effizienz öffentlicher Investitionen. Es sollte jedoch auf vier im Kommissionsdokument enthaltene Punkte aufmerksam gemacht werden:

-   Ausgaben im Zusammenhang mit Outsourcing-Politiken, die auf verstärkte Effizienz abzielen, werden unter laufenden Ausgaben und nicht als öffentliche Investitionen verrechnet. Diese anscheinend harmlose Bemerkung hat bedeutende Auswirkungen: Der sogenannte „alarmierende“ Rückgang der öffentlichen Investitionen, der so oft herangezogen wird, um eine Neubelebung der öffentlichen Investitionen zu fordern, kann durch eine bloße Umschichtung zwischen statistischen Kategorien innerhalb der öffentlichen Ausgaben verursacht werden. Zieht man die Konsequenzen der hier gemachten Folgerung in Betracht, ist es schade, dass die Kommission keine grobe Schätzung der systematischen Fehler berechnen konnte;

-   anstatt Mehrausgaben sollte die tatsächliche Öffnung des öffentlichen Beschaffungswesens für den Wettbewerb besser durchgeführt werden, was die öffentlichen Ausgaben für Infrastruktur optimieren würde;

-   das Gesetz vom abnehmenden Ertragszuwachs gilt auch für öffentliche Investitionen, was bedeutet, dass eine Aufstockung der öffentlichen Investitionen unrentabel sein kann. Der Fall Japans, wo die öffentlichen Investitionen 8% des BIP ausmachen, ist ein gutes Beispiel.

Von unserem Standpunkt aus kann diese technische Bewertung gut durch eine politischere Beurteilung ergänzt werden. Die Erfahrung zeigt uns, dass in vielen Fällen öffentliche Investitionen und öffentliche Arbeiten ein angemessener Weg waren, um Regionen oder Untergruppen der Bevölkerung aus politischen Gründen Zuwendungen zukommen zu lassen. Das Ergebnis derartiger Praktiken ist nur allzu deutlich:

-   „Prestige-Leistungen“, deren positive Nebenwirkungen für die Wirtschaft nahezu Null sind;

-   unrentable Vorhaben, die Defizite nach sich ziehen, die vom Steuerzahler „getragen“ werden müssen;

-   zu gleichmäßige Verteilung von Mitteln auf zu viele Begünstigte;

-   Verschwendung von Mitteln in Anbetracht des geringen Wettbewerbs im öffentlichen Beschaffungswesen;

-   Entwicklung von „einträglichen“ Gewohnheiten innerhalb des privaten Sektors, was zu einer Energieverschwendung und dazu führt, dass man sich weniger bemüht, qualitativ hochwertige Waren zu produzieren und Dienstleistungen zu erbringen.

Ziffer 8: Wie auch immer diese Vorstellung ist, verstärkte Bemühungen im Bereich der öffentlichen Investitionen könnten schädlich sein und/oder fehlgeleitet werden. Die Öffnung des öffentlichen Beschaffungswesens für den europaweiten Wettbewerb kann – vereinfachte Verfahren vorausgesetzt – höhere Erträge zu geringen Kosten liefern.

Was F+E anbelangt, sind die öffentlichen Auslagen, im Prozentsatz des BIP ausgedrückt, in den USA geringer als in der Europäischen Union (Quelle: Schlüsselindikatoren 2000, GD Forschung), was zeigt, dass der derzeitige amerikanische technologische Vorsprung nicht auf höhere öffentliche Ausgaben in diesem Bereich zurückzuführen ist, sondern eher darauf, dass amerikanische Unternehmen in der Lage sind, von einer niedrigen Abgabenbelastung zu profitieren, und auf ein Bildungssystem zählen können, das weniger abgeneigt ist, gleichberechtigte Partnerschaften mit dem Privatsektor einzugehen.

Ziffer 9: Die Förderung von F+E kann besser durch institutionelle und regelungspolitische Vorkehrungen als durch direkte Ausgabenmaßnahmen erzielt werden. Die Ermunterung öffentlicher Forschungsinstitute und Hochschulen, Partnerschaften mit dem Privatsektor einzugehen, kann die vorhandenen Finanzmittel für Forschung optimieren.

5.   Langfristige Nachhaltigkeit öffentlicher Finanzen:

Die nationalen Behörden haben in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission und Eurostat Projektionen über die Nachhaltigkeit der Rentenausgaben bis zum Jahr 2050 durchgerechnet, falls die derzeitigen Trends verstärkt werden. Das Ergebnis ist, dass die Ausgaben von 1,7 auf 8,3 Prozentpunkte des BIP je nach den Rentensystemen der einzelnen Länder ansteigen werden. Schätzungen der OECD zufolge könnten die öffentlichen Ausgaben für das Gesundheitswesen um 3 Prozentpunkte des BIP ansteigen. Hier schlägt die Kommission eine vierteilige Antwort der Mitgliedstaaten auf diese negativen langfristigen Entwicklungen der öffentlichen Finanzen vor:

-   Absolute Konsolidierung der öffentlichen Haushalte. Dies bedeutet, dass die Mitgliedstaaten an ihren mittelfristigen Zielen für 2003 vor 2010 festhalten sollten, um die Höhe ihres öffentlichen Schuldenstands soweit wie möglich zu verringern;

-   Steigerung der Erwerbsquoten. Dies würde bedeuten, dass das in Lissabon festgesetzte Ziel (von 61% heute auf 70% bis zum Jahr 2010) erreicht wird;

-   Reform der öffentlichen Rentensysteme.

Zusätzlich schlägt die Kommission vor, in künftige Stabilitäts- und Konvergenzprogramme einen Abschnitt über die langfristige Nachhaltigkeit öffentlicher Finanzen einzubeziehen.

Ziffer 10: Bedauert, dass der Kommissionsvorschlag, einen Absatz über die langfristige Nachhaltigkeit öffentlicher Finanzen in die Stabilitäts- und Konvergenzprogramme einzubeziehen, nicht ausreicht, um eine adäquate Antwort auf die Probleme im Zusammenhang mit der Bevölkerungsalterung zu geben; fordert stattdessen den Rat und die Kommission auf, die derzeitigen Erfordernisse des Stabilitäts- und Wachstumspakts durch die Festsetzung neuer, individueller Ziele für jedes Land zu erweitern, wobei das Ausmaß versteckter Verpflichtungen, die mit der Bevölkerungsalterung einhergehen, berücksichtigt wird; schlägt vor, dass solche Ziele bis 2005 erreicht werden sollten;

Diese verstärkte Entwicklung des Stabilitäts- und Wachstumspakts würde Anreize für die nationalen Mitgliedstaaten einführen, ihre nationalen Rentensysteme auf eine nachhaltigere Grundlage zu stellen, die im Gegenzug mehr Spielraum lassen, um andere Politiken aus haushaltspolitischer Sicht zu verfolgen. Dies würde genau dem Geist einer soliden Reform entsprechen: erst nach einer erfolgreichen Strukturreform ist eine Auflockerung der Steuerpolitik vorstellbar. Andernfalls wird die Eurozone wahrscheinlich eine Aufeinanderfolge von Booms und Konkursen verzeichnen, die durch den schlechten Zustand ihrer öffentlichen Finanzen ausgelöst wird.

STELLUNGNAHME DES HAUSHALTSAUSSCHUSSES

4. September 2001

für den Ausschuss für Wirtschaft und Währung

zur Mitteilung der Kommission über den Beitrag der öffentlichen Haushalte zu Wachstum und Beschäftigung: Verbesserung von Qualität und Nachhaltigkeit

(KOM(2000) 846 – C5‑0172/2001 – 2001/2082 (COS))

Verfasser der Stellungnahme: Joan Colom i Naval

VERFAHREN

In seiner Sitzung vom 26. Juni 2001 benannte der Haushaltsausschuss Joan Colom i Naval als Verfasser der Stellungnahme.

Der Ausschuss prüfte den Entwurf einer Stellungnahme in seiner Sitzung vom 3. September 2001.

In dieser Sitzung nahm er die nachstehenden Änderungsanträge einstimmig an.

Bei der Abstimmung waren anwesend: Terence Wynn, Vorsitzender; Reimer Böge, stellvertretender Vorsitzender; Ioannis Averoff, Jean-Louis Bourlanges, Gianfranco Dell'Alba, Gérard M.J. Deprez (in Vertretung von Carlos Costa Neves), Göran Färm, Markus Ferber, Salvador Garriga Polledo, Neena Gill, Catherine Guy-Quint, Jutta D. Haug, Anne Elisabet Jensen, Jan Mulder, Juan Andrés Naranjo Escobar, Giovanni Pittella, Bartho Pronk (in Vertretung von Armin Laschet), Heide Rühle, Esko Olavi Seppänen (in Vertretung von Francis Wurtz), Per Stenmarck, Francesco Turchi, Kyösti Tapio Virrankoski, Ralf Walter und Brigitte Wenzel-Perillo.

KURZE BEGRÜNDUNG

Die Kommission legte am 21. Dezember 2000 ihre „Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über den Beitrag der öffentlichen Haushalte zu Wachstum und Beschäftigung: Verbesserung von Qualität und Nachhaltigkeit[1] vor. Diesem Dokument folgte am 27. Juni 2001 eine „Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament (über) Öffentliche Finanzen in der WWU – 2001[2].

Diese gründlich erarbeiteten und lesenswerten Dokumente zeichnen (wenn sie auch etwas umfangreich sind) ein sehr gutes Bild der Entwicklung der öffentlichen Finanzen in den Mitgliedstaaten sowie der makroökonomischen Auswirkungen dieser Entwicklung. Leider erwähnen weder diese beiden Dokumente noch der Berichtsentwurf von Frau Karla Peijs, Berichterstatterin für den Ausschuss für Wirtschaft und Währung, die Tatsache, dass sich der Gesamthaushaltsplan der Union und die Haushaltspläne der Mitgliedstaaten gegenseitig beeinflussen. Ebenso wird der Tatsache, dass ein wesentlicher Teil der Ausgaben im Gesamthaushaltsplan der Union einen wichtigen Multiplikatoreffekt hat und zur Schaffung von Arbeitsplätzen führt, zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die vom Verfasser der Stellungnahme vorgeschlagenen Änderungsanträge versuchen, diese Lücke zu füllen.

ÄNDERUNGSANTRÄGE

Der Haushaltsausschuss ersucht den federführenden Ausschuss für Wirtschaft und Währung, folgende Änderungsanträge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:

Änderungsantrag 1
Erwägung A ist durch folgenden Text zu ersetzen:
in der Erwägung, dass die Steuern und Sozialabgaben insbesondere auf relativ unqualifizierte Tätigkeiten und Arbeiten im Niedriglohnbereich in den letzten dreißig Jahren in Kontinentaleuropa ständig zugenommen haben,
Änderungsantrag 2
Erwägung A-a (neu)
in der Erwägung, dass sich die allgemeinen Regierungsausgaben in der EU von 35 % des BSP im Jahre 1970 auf 46 % im Jahre 2000 erhöht haben, während der Anteil der öffentlichen Investitionen von 4 % des BSP im Jahre 1970 auf 2 % im Jahre 2000 gefallen ist. Selbst wenn man einräumt, dass neue Formen der Partnerschaft zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor insbesondere zur Finanzierung von Netzinfrastrukturen beigetragen haben, steht diese Entwicklung in krassem Gegensatz zu den Erfahrungen in den USA, wo die öffentlichen Investitionen schon in den siebziger Jahren ca. 3 % betrugen und bis jetzt relativ stabil etwa auf diesem Stand geblieben sind,
Änderungsantrag 3
Erwägung C ist durch folgenden Text zu ersetzen:
in der Erwägung, dass es in der Wirtschaftspolitik in Japan nicht gelungen ist, deflationäre Tendenzen zu korrigieren, was die Entscheidungsträger in der Politik und den Zentralbanken veranlassen sollte, makroökonomische Instrumente zusammen mit Strukturreformen zu nutzen, um ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu sichern,
Änderungsantrag 4
Erwägung D
ist zu streichen
Änderungsantrag 5
Erwägung I (neu)
in der Erwägung, dass die Zahlungen im Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union nur 1,07 % des BSP der Mitgliedstaaten (Stand 2001) ausmachen, dass jedoch ein wesentlicher Teil des Gesamthaushaltsplans, wie zum Beispiel die Ausgaben für die strukturpolitischen Maßnahmen und viele Programme der internen Politikbereiche, einen wichtigen Multiplikatoreffekt und arbeitsplatzschaffende Wirkung für die einzelnen Volkswirtschaften der Union hat,

Begründung

Obwohl der absolute Umfang des Gesamthaushaltsplans der Union im Vergleich zu den Haushaltsplänen der Mitgliedstaaten gering ist, ist seine relative Bedeutung auf Grund des Multiplikatoreffekts und der arbeitsplatzschaffenden Wirkung der Projekte im Rahmen der Strukturmaßnahmen und der zahlreichen Unionsprogramme um so wichtiger.

Änderungsantrag 6
Erwägung J (neu)
in der Erwägung, dass viele Gemeinschaftsprogramme und –maßnahmen, die aus dem Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union finanziert werden, durch das Prinzip der Kofinanzierung auf nationaler, regionaler und teilweise sogar auf kommunaler Ebene Anreize bieten und oft als Beispiel für ähnliche Maßnahmen auf diesen Ebenen dienen,

Begründung

Gemeinschaftsprogramme und andere Maßnahmen der Gemeinschaft dienen oft als Beispiel und Anreiz für Maßnahmen auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene.

Änderungsantrag 7
Erwägung K (neu)
in der Erwägung, dass die beiden Teile der Haushaltsbehörde die Auffassung vertreten, dass für den Haushalt der Europäischen Union derselbe Sparzwang gilt wie für die Haushaltspläne der Mitgliedstaaten,

Begründung

Die beiden Teile der Haushaltsbehörde versuchen bereits seit vielen Jahren, den Haushalt der Europäischen Union auf ein Minimum zu beschränken, und zwar in Übereinstimmung mit den Bemühungen der Mitgliedstaaten, den Umfang ihrer nationalen Haushaltspläne einzuschränken, um so die Kriterien für die Währungsunion zu erfüllen.

Änderungsantrag 8
Ziffer 3 ist durch folgenden Text zu ersetzen:
begrüßt die Tatsache, dass in den Schlussfolgerungen des Vorsitzes nach dem Gipfel von Göteborg klargestellt wurde, dass die Ziele eines ausgeglichenen Haushalts oder eines Haushaltsüberschusses mit Zahlen gemessen werden müssen, die das strukturelle Defizit berechnen. Die Forderung, automatische Stabilisatoren zum Tragen kommen zu lassen und eine prozyklische Steuerpolitik zu vermeiden, steht mit diesem Konzept in Einklang;
Änderungsantrag 9
Ziffer 3 a (neu)
fordert die Mitgliedstaaten auf, in ihren Konvergenz- und Stabilitätsprogrammen nicht nur nominale Defizitzahlen, sondern auch Zahlen für die strukturellen Defizite anzugeben, wobei in den Berechnungen die Auswirkungen der Konjunktur auf Ausgaben und Einnahmen ausgeschlossen werden sollten;
Änderungsantrag 10
Ziffer 9 ist durch folgenden Text zu ersetzen
unterstreicht, dass nicht nur der Umfang sondern auch die Qualität der öffentlichen Investitionen deren Beitrag zum Wirtschaftswachstum und zur Beschäftigung bestimmen. Öffentliche Investitionen müssen gezielt eingesetzt werden – dabei die wirtschaftlichen und sozialen Prioritäten widerspiegeln – und effizient verwaltet werden;
Änderungsantrag 11
Ziffer 12 (neu)
ist als Vertretung der Steuerzahler der Europäischen Union der Auffassung, dass der Haushalt der Union garantieren muss, dass die Durchführung der Aufgaben der Union auf einer soliden finanziellen Basis, mit minimalen Belastungen für die Steuerzahler der Union, erfolgt; bemerkt, dass durch den Höchstsatz für die Erhöhung der Mittel und durch die Obergrenzen der verschiedenen Ausgabenrubriken gemäß der Finanziellen Vorausschau ein bestimmter Zusammenhang zwischen dem Wachstum der Haushaltspläne der Mitgliedstaaten und dem Haushaltsplan der Union besteht;

Begründung

Eines der Elemente zur Berechnung des Höchstsatzes für die Erhöhung ist das Wachstum der Haushalte der Mitgliedstaaten. In diesem Sinne besteht eine direkte Verbindung zwischen dem Wachstum des Haushalts der Union und dem Wachstum der nationalen Haushalte der Mitgliedstaaten. Darüber hinaus werden in der Finanziellen Vorausschau Obergrenzen für die verschiedenen Ausgabenrubriken festgesetzt. Sowohl das Parlament als auch der Rat haben in den vergangenen Jahren eine Sparpolitik verfolgt.

Änderungsantrag 12
Ziffer 13 (neu)
erinnert daran, dass eine feste und ständige Verknüpfung zwischen dem Wachstum des Haushaltsplans der Union und dem Wachstum der Haushaltspläne der Mitgliedstaaten nicht angemessen ist, solange die Aufgaben der Union weiter zunehmen;

Begründung

Eine feste und ständige Verknüpfung zwischen dem Wachstum des Gesamthaushaltsplans der Union und dem Wachstum der Haushaltspläne der Mitgliedstaaten ist nicht angemessen, da sich die Aufgaben der Union unterschiedlich von den Aufgaben der Mitgliedstaaten entwickeln. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Union in Zukunft weitere Aufgaben übertragen werden, und diese Aufgaben könnten erhöhte öffentliche Ausgaben auf Unionsebene mit sich bringen.

Änderungsantrag 13
Ziffer 14 (neu)
betont, dass der Haushalt der Europäischen Union eine wichtige Rolle bei der Unterstützung von Beschäftigung und Wirtschaftswachstum spielt und einen Multiplikatoreffekt hat, auch wenn die bereitgestellten Summen in absoluten Beträgen oft nur gering sind; bemerkt daher, dass nicht nur die Haushaltspläne der Mitgliedstaaten den Haushaltsplan der Union beeinflussen, sondern dass auch der Haushaltsplan der Union Auswirkungen auf die Haushaltspläne der Mitgliedstaaten hat;

Begründung

Das Maß des Wachstums der nationalen Haushaltspläne der Mitgliedstaaten ist einer der bestimmenden Faktoren für das Wachstum des Haushaltsplans der Union, und zwar direkt durch den Höchstsatz der Erhöhung oder indirekt durch die in der Finanziellen Vorausschau festgelegten Obergrenzen. Andererseits schaffen Ausgaben aus dem Haushaltsplan der Union Arbeitsplätze und stimulieren die wirtschaftlichen Aktivitäten in den Mitgliedstaaten und beeinflussen daher wiederum den Haushaltsplan der Union.

  • [1] KOM(2000) 846 endg.
  • [2] KOM(2001) 355 endg. und SEK(2001) 1093