BERICHT mit dem Vorschlag für eine Empfehlung des Europäischen Parlaments an den Rat zu den Verhandlungen über ein Abkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR) zur Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus und grenzüberschreitender Kriminalität, einschließlich organisierter Kriminalität

19.7.2006 - (2006/2193(INI))

Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres
Berichterstatterin: Sophia in 't Veld

Verfahren : 2006/2193(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A6-0252/2006
Eingereichte Texte :
A6-0252/2006
Angenommene Texte :

VORSCHLAG FÜR EINE EMPFEHLUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS AN DEN RAT

zu den Verhandlungen über ein Abkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR) zur Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus und grenzüberschreitender Kriminalität, einschließlich organisierter Kriminalität

(2006/2193(INI))

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis des Entwurfs einer Empfehlung an den Rat von Sophia in 't Veld im Namen der ALDE-Fraktion zu dem Inhalt des Abkommens mit den Vereinigten Staaten von Amerika zur Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR) zur Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus und grenzüberschreitender Kriminalität, einschließlich organisierter Kriminalität (B6-0382/2006),

–   gestützt auf Artikel 114 Absatz 3 und Artikel 94 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A6‑0252/2006),

A.  unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Frage der Fluggastdatensätze (PNR)[1], zu der das Parlament von Anfang an folgende Auffassung vertreten hat,

- seine Bereitschaft zur Genehmigung des Zugangs von Behörden zu personenbezogenen Daten von Fluggästen zu Zwecken der Identifizierung, wenn dies im Interesse der Sicherheit notwendig ist, und der Überprüfung gefährlicher Personen oder bekannter Verbrecher und Terroristen anhand einer „Beobachtungsliste“ (wie dies in der EU im Zusammenhang mit dem Schengen- Abkommen oder im Einklang mit der Richtlinie 2004/82/EG[2] gehandhabt wird, die Zugang zu Identifikationsdaten gewährt, die von Luftfahrtgesellschaften im Rahmen des Advanced-Passenger-Information-System (APIS) verwaltet werden)*,

- seine schwerwiegenden Bedenken in Bezug auf den systematischen Zugang von Behörden zu verhaltensspezifischen Daten, wie Kreditkartennummer, E-Mail-Adresse, Angehöriger einer speziellen Gruppe, Informationen über Vielflieger (Frequent Flyer) über normale Fluggäste (d.h. Personen, die im Empfängerland nicht als gefährlich oder kriminell registriert sind), nur um anhand eines theoretischen Schemas zu prüfen, ob ein solcher Fluggast eine potenzielle Bedrohung des Fluges in ein Zielland oder ein Transitland darstellen könnte,

B.   in dem Bewusstsein, dass ein systematischer Zugang zu so genannten verhaltensspezifischen Daten in der EU zwar nicht akzeptabel ist, von anderen Ländern, darunter den USA, Kanada und Australien, zum Schutze ihrer innenpolitischen Sicherheit aber derzeit verlangt wird, jedoch unter Hinweis auf folgende Umstände:

- in Kanada und Australien ist nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Zugang zu Daten zulässig, die mengenmäßig und zeitlich begrenzt sind und der Kontrolle einer Justizbehörde unterliegen, weshalb diese Systeme vom Parlament und von den nationalen Datenschutzbeauftragten in der EU für angemessen erachtet worden sind;

- in den USA gibt es auch nach langen Verhandlungen mit der Kommission und nach einigen Bekundungen des guten Willens in den so genannten Verpflichtungserklärungen immer noch keinen gesetzlich verankerten amerikanischen Datenschutz im Bereich des Luftverkehrs; daher sind alle PNR-Daten zugänglich, mit der einzigen Ausnahme „sensibler“ Daten, da die Daten noch jahrelang, nachdem die Sicherheitsüberprüfung durchgeführt wurde, aufbewahrt werden können; außerdem gibt es keinen Rechtsschutz für Nichtamerikaner,

C.  in der Erwägung, dass seit den schrecklichen Ereignissen des 11. September 2001 eine ganze Reihe von einzelnen Sicherheitsmaßnahmen eingeführt wurden, die oft die systematische Erhebung und Überwachung personenbezogener Daten aller Bürger umfassen, insbesondere Daten über Überweisungen sowie Telekommunikations- und Passagierdaten; in der Erwägung, dass sich die Lage des einzelnen Bürgers gegenüber dem Staat zu verschlechtern droht, da es keine kohärente EU-Sicherheitspolitik gibt,

D.  unter Hinweis darauf, dass das Parlament vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gegen den Beschluss 2004/296/EG[3] des Rates zu dem Abschluss eines auf der Grundlage des Beschlusses 2004/535/EG[4] der Kommission ausgehandelten Abkommens mit den USA auf Nichtigkeit mit der Begründung geklagt hat, dass diesem Beschluss die Rechtsgrundlage und die Rechtsklarheit fehlt, und weil die nach dem Abkommen zulässige Erhebung personenbezogener Daten im Verhältnis zur Notwendigkeit, die organisierte Kriminalität und den Terrorismus zu bekämpfen, unverhältnismäßig ist,

E.   mit Genugtuung feststellend, dass der Gerichtshof den Beschluss 2004/496/EG des Rates und den Beschluss 2004/535/EG der Kommission für nichtig erklärt hat[5],

F.   in dem Bedauern, dass der Gerichtshof auf die Bedenken des Parlaments in Bezug auf die Rechtsstruktur des Abkommens und die Übereinstimmung des Inhalts mit den Datenschutzbestimmungen gemäß Artikel 8 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) nicht reagiert hat,

G.  unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Gerichtshof erkannt hat, dass der Beschluss 2004/496/EG des Rates nicht rechtsgültig auf der Grundlage von Artikel 95 des EG-Vertrags im Zusammenhang mit Richtlinie 95/46/EWG[6] erlassen werden konnte, da die Übermittlung und Benutzung von PNR-Daten durch das CBP (Custom and Border Protection, Zoll- und Grenzschutzbehörde der USA) Datenverarbeitungsvorgänge mit Bezug zur öffentlichen Sicherheit und zu staatlichem Handeln in Bereichen des Strafrechts betrifft, die nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 95/46/EWG und auch nicht unter die erste Säule fallen,

H.  unter Berücksichtigung der Bereitschaft der Kommission und des Rates, mit dem Parlament eng zusammenzuarbeiten um sicherzustellen, dass dem Urteil des Gerichtshofs uneingeschränkt Folge geleistet wird,

I.    unter Zustimmung zur Stellungnahme der Artikel 29-Arbeitsgruppe vom 14. Juni 2006 zu den Folgemaßnahmen im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofs[7],

J.    in der Erwägung, dass die Frage von so überragender Bedeutung ist, dass die EU sich auf jeden Fall mit den Vereinigten Staaten auf ein angemessenes internationales Abkommen einigen sollte, in dem unter gebührender Berücksichtigung der Grundrechte Folgendes festgelegt wird:

  

(a)

welche Daten zu Identifizierungszwecken notwendig sind und systematisch auf automatisiertem Wege (APIS) übermittelt werden sollten, und welche Daten im Zusammenhang mit dem „Verhalten“ der Fluggäste im Einzelfall über Personen weitergegeben werden könnten, die für die öffentliche Sicherheit aufgrund krimineller oder terroristischer Aktivitäten auf „Beobachtungslisten“ als „gefährlich“ eingestuft wurden;

  

(b)

die Liste der schweren Verbrechen, aufgrund derer um zusätzliche Informationen nachgesucht werden kann,

  

(c)

die Liste der Behörden und Instanzen, die die Daten gemeinsam nutzen dürfen sowie die einzuhaltenden Datenschutzbestimmungen,

  

(d)

die Speicherfrist für die beiden Arten von Daten, wobei klar ist, dass Daten im Zusammenhang mit der Verhütung schwerer Verbrechen im Einklang mit dem Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten über justizielle Zusammenarbeit und Auslieferung ausgetauscht werden müssen,

  

(e)

die Rolle der Luftfahrtgesellschaften, des Congressional Research Service (CRS) oder der privaten Organisationen (z.B. SITA und AMADEUS) bei der Übermittlung von Fluggastdaten und die in Erwägung gezogenen Mittel (APIS, PNR usw.) zum Schutz der öffentlichen Sicherheit,

  

(f)

die Garantien, die den Fluggästen geboten werden, damit sie die Daten, die sie betreffen, korrigieren oder im Falle einer Diskrepanz zwischen den Daten in einem Reisevertrag und den Daten in Ausweisen, Visa, Reisepässen und anderen amtlichen Dokumenten eine Erklärung abgeben können,

  

(g)

die Verantwortung der Luftfahrtgesellschaften gegenüber Fluggästen und Behörden für Fehler, die bei der Abschrift oder der Verschlüsselung gemacht wurden und im Zusammenhang mit dem Schutz der verarbeiteten Daten,

  

(h)

das Recht, sich an eine unabhängige Instanz zu wenden und Mechanismen zur Inanspruchnahme von Rechtsmitteln im Falle des Verstoßes gegen die Rechte der Fluggäste,

1.  richtet folgende Empfehlungen an den Rat:

allgemeine Grundsätze

(a)  ab 1. Oktober 2006 sind Rechtslücken bei der Übermittlung von Fluggastdatensätzen auf europäischer Ebene zu vermeiden; ferner ist zu gewährleisten, dass die Rechte und Freiheiten der Fluggäste noch stärker als bisher im Rahmen der einseitigen Verpflichtungserklärungen der Regierung der Vereinigten Staaten geschützt werden;

(b)  bei neuen Abkommen in diesem Bereich sind die EG-Grundsätze zum Datenschutz gemäß Artikel 8 EMRK zu berücksichtigen;

in Bezug auf den Verhandlungsprozess:

(c)  nach Maßgabe der Zeitvorgaben ist Folgendes auszuhandeln:

- ein neues kurzfristiges internationales Abkommen, das den Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis November 2007 abdeckt (dieser Zeitraum wurde ursprünglich von dem Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten und der EG abgedeckt, das vom Gerichtshof für nichtig erklärt wurde);

- auf der Ebene der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) mittel- bis langfristig eine kohärentere Vorgehensweise für den Austausch von Fluggastdatensätzen, damit sowohl die Sicherheit des Luftverkehrs als auch die Achtung der Menschenrechte weltweit gewährleistet ist;

(d)  der Vorsitz erhält, unter Mitwirkung der Kommission, den Auftrag, das Europäische Parlament über die Verhandlungen über das Abkommen zu unterrichten und Vertreter des zuständigen Ausschusses als Beobachter in den Dialog mit der Regierung der Vereinigten Staaten einzubeziehen;

in Bezug auf den Inhalt des kurzfristigen Abkommens:

(e)  zunächst sind die Defizite, die bei der ersten von den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union gemeinsam durchgeführten Überprüfung des Abkommens[8] festgestellt wurden, zu beheben und die Empfehlungen des europäischen Datenschutzbeauftragten und der Artikel 29-Arbeitsgruppe[9] zu berücksichtigen;

(f)   der Inhalt der Verpflichtungserklärungen ist in den Korpus des Abkommens aufzunehmen, damit diese rechtsverbindlich werden und die beiden Vertragsparteien entsprechende Rechtsvorschriften erarbeiten oder bestehende Vorschriften abändern müssen und die Justiz Personen, die vom Abkommen abgedeckt sind, schützen muss;

(g)  als Nachweis des guten Willens seitens der amerikanischen Regierung sind die Zusagen, die nach über zwei Jahren nach Inkrafttreten des Abkommens immer noch nicht umgesetzt sind, unverzüglich wie folgt in das neue Abkommen aufzunehmen:

- der Grundsatz der Zweckbindung, der zuvor in der Verpflichtungserklärung Nr. 3 vorgesehen war, damit verhaltensbezogene Daten nicht zur Überprüfung von Wirtschaftskriminalität oder zur Verhütung der Vogelgrippe verwendet werden dürfen; eine solche Zweckbindung sollte ebenfalls für die Weiterleitung dieser Daten gelten;

- die Umstellung auf ein PUSH-System (gemäß Verpflichtungserklärung Nr. 13 wie im Falle der EG-Abkommen mit Kanada und Australien, da alle technischen Auflagen erfüllt sind und dies bereits umgesetzt wird, z.B. durch die SITA;

- die Erteilung von Informationen über die PNR-Bestimmungen an die Fluggäste, und Einführung ordnungsgemäßer gerichtlicher Beschwerdeverfahren gemäß den Verpflichtungserklärungen Nr. 36-42 und dem PNR-Abkommen mit Kanada und Australien;

- die Notwendigkeit, für angemessene Anweisungen und Schulungsmaßnahmen für das Personal zu sorgen, das mit den Daten umgeht, und die Notwendigkeit, die IT-Systeme zu sichern;

- die jährliche gemeinsame Überprüfung gemäß Verpflichtungserklärung Nr. 43 sollte auch wirklich jährlich in Zusammenarbeit mit den nationalen Datenschutzbeauftragten durchgeführt und anschließend vollständig veröffentlicht werden und nicht nur eine Bewertung der Umsetzung der Verpflichtungserklärungen enthalten, sondern auch die Ergebnisse des Abkommens hinsichtlich der Ausmerzung des Terrorismus und des Verbrechens;

in Bezug auf den Inhalt des mittelfristigen Abkommens:

(h)  die EU ist mit einem klaren Rechtsrahmen auszustatten, und zwar indem der Vorschlag für einen Rahmenbeschluss über Datenschutz vordringlich angenommen wird;

(i)   eine willkürliche Aufteilung zwischen den Säulen ist durch die Schaffung eines konsequenten säulenübergreifenden Schutzrahmens in der Union im Wege der Aktivierung der so genannten Passerelle-Klausel nach Artikel 42 des Vertrags über die Europäische Union zu vermeiden um zu gewährleisten, dass das neue Abkommen unter Einbeziehung des Parlaments geschlossen und vom Gerichtshof auf seine Rechtmäßigkeit geprüft wird;

(j)   die Daten, um die ersucht werden kann, sind mengenmäßig zu begrenzen, und sensible Daten sind in Übereinstimmung mit Artikel 8 der Richtlinie 95/46/EG an der Quelle zu filtern; weist darauf hin, dass die Luftfahrtgesellschaften nur die Daten übermitteln müssen, über die sie verfügen, so dass die amerikanischen Zoll- und Grenzschutzbehörden (Bureau of Customs and Border Protection) in der Praxis selten alle 34 angeforderten Datenkategorien erhalten; zieht die Schlussfolgerung, dass für die Zwecke des Abkommens, nämlich Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus und grenzüberschreitender Kriminalität, einschließlich der organisierten Kriminalität, sogar APIS-Daten ausreichen würden; fordert den Vorsitz des Rates und die Kommission auf, diese Frage in den Verhandlungen aufzuwerfen;

2.   wiederholt seine Forderung, das neue Abkommen solle den europäischen Fluggästen das gleiche Datenschutzniveau sichern wie das, welches die Bürger der Vereinigten Staaten genießen;

3.   weist mit Nachdruck auf seinen früheren Standpunkt hin, die Europäische Union solle die indirekte Schaffung eines europäischen PNR-Systems durch die Übermittlung einschlägiger Daten durch die amerikanischen Zoll- und Grenzschutzbehörden (CBP) an die Polizei- und Gerichtsbehörden in den Mitgliedstaaten vermeiden; ist der Auffassung, dass die systematische Erhebung von Daten normaler Fluggäste außerhalb (des Rahmens) eines Gerichtsverfahrens oder polizeilicher Ermittlungen in der EU weiterhin verboten bleiben sollte, und dass Daten erforderlichenfalls in Übereinstimmung mit dem geltenden Abkommen zwischen der EG und den Vereinigten Staaten über die Rechtshilfe in Strafsachen und die Auslieferung ausgetauscht werden sollten;

4.   schlägt vor, dass bis Ende 2006 ein Dialog zwischen der EU, den Vereinigten Staaten, Kanada und Australien eingeleitet wird, an dem Vertreter der Parlamente teilnehmen, mit Blick auf die gemeinsame Vorbereitung der für 2007 vorgesehenen Überprüfung und die Schaffung eines weltweit geltenden Standards für die Übermittlung von Fluggastdatensätzen, wenn dies als notwendig erachtet wird;

5.   empfiehlt nachdrücklich, dass das Parlament mit dem Kongress der Vereinigten Staaten als den demokratischen repräsentativen Institutionen der betroffenen Bürger zu diesem Thema eine gemeine Sitzung organisiert, um einen Dialog über die Bekämpfung des Terrorismus und die Auswirkungen auf die bürgerlichen Freiheiten und die Menschenrechte einzuleiten;

6.   beauftragt seinen Präsidenten, diese Empfehlung dem Rat und – zur Information – der Kommission zu übermitteln.

  • [1]  Entschließung zur Übermittlung personenbezogener Daten durch Luftfahrtgesellschaften bei transatlantischen Flügen (13. März 2003) Dok. P5_TA(2003)0097, Entschließung zur Weitergabe personenbezogener Daten durch Fluggesellschaften bei Transatlantikflügen: Stand der Verhandlungen mit den USA (9. Oktober 2003) Dok. P5_TA(2003)0429) und Entschließung zu dem Entwurf einer Entscheidung der Kommission über die Angemessenheit des Schutzes personenbezogener Daten, die in den Fluggastdatensätzen (PNR) enthalten sind, welche dem United Bureau of Customs and Border Protection (Zoll- und Grenzschutzbehörde der Vereinigten Staaten) übermittelt werden (2004/2011(INI)) (31. März 2004) Dok. P5_TA(2004)0245.
  • [2]  ABl. L 261 vom 6.08.2004, S. 24.
  • [3]  ABl. L 183 vom 20.5.2004, S. 83.
  • [4]  ABl. L 235 vom 6.7.2004, S. 11.
  • [5]  Urteil vom 30. Mai 2006 in den verbundenen Rechtssachen C-317/04 und 318/04.
  • [6]  Richtlinie 95/46/EWG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr
    (ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31).
  • [7]  (Siehe http://ec.europa.eu/justice_home/fsj/privacy/workinggroup/wpdocs/2006_en.htm)
  • [8]  Gemeinsame Überprüfung der Umsetzung der in dem Beschluss der Kommission 2004/535/EG vom 14. Mai 2004 (redaktionell überarbeitete Fassung vom 12.12.2005) enthaltenen Verpflichtungserklärung durch das U.S Bureau of Customs and Border Protection
  • [9]  (Siehe: http://ec.europa.eu/justice_home/fsj/privacy/workinggroup/wpdocs/2006_en.htm)

BEGRÜNDUNG

Nach dem Urteil des Gerichtshofs: Ein neues Abkommen EU/USA?

1.   Es ist weiterhin sinnvoll, ein europäisches Abkommen zu haben anstatt 25 bilaterale Abkommen (es liegt viel mehr im Interesse der Bürger Europas, um das wir uns kümmern müssen). Wenn sich die EU einig ist, hat sie offensichtlich mehr „Gewicht“ als es die Mitgliedstaaten einzeln haben. Dafür gibt es bereits Beispiele aus der Vergangenheit (siehe ehemaliges Abkommen EU/USA über Auslieferung und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen) und weitere, die im Moment ausgehandelt werden, wie es die Verhandlungen zur Gleichbehandlung von Visa belegen (siehe das Programm für die Befreiung von der Visumspflicht).

2.   Jedes europäische Abkommen muss jedoch ein echtes internationales Übereinkommen sein und nicht nur ein „Rahmen“ der einseitige, unverbindliche Verpflichtungserklärungen enthält, wie es der Fall bei dem gerade annullierten Abkommen der Fall ist. Von diesem Blickwinkel aus ist eine reine Bezugnahme auf „Verpflichtungserklärungen“ unbefriedigend, da sie hinsichtlich ihres Charakters bezüglich ihrer Verbindlichkeit und rechtlichen Einklagbarkeit Zweifel hinterlässt (Anmerkung: Verpflichtungserklärungen eines rein administrativen Charakters seitens der USA würden nicht die Forderung nach „rechtlichen“ Maßnahmen gemäß Artikel 8 EMRK erfüllen, die die Mitgliedstaaten und - die Gemeinschaftsinstitutionen - sowohl in der inneren Rechtsetzung als auch in internationalen Übereinkommen einhalten müssen.)

3.   Da es sich um ein internationales Abkommen handeln würde, das die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und Grundrechte berühren würde, müsste es von den einzelstaatlichen Parlamenten ratifiziert werden. Technisch müsste diese Frage von den einzelstaatlichen Parlamenten selbst mit ihren nationalen Regierungen aufgegriffen werden, in dem die Erklärung gemäß Artikel 24 Absatz 5 des EU Vertrags abgegeben wird.

4.   Es wäre erforderlich, eine rechtliche Bewertung dahingehend zu initiieren, ob im Falle eine Ratifizierung nur durch einige Mitgliedstaaten, das Abkommen vorläufig angewandt werden könnte. Die entstehende Situation wäre die gleiche wie bezüglich des Abkommens zwischen der Europäischen Union und den USA über Auslieferung und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen.

Der Inhalt

5.   Gemäß dem Entwurf des Mandats der Europäischen Kommission und der Regierungen sollte das auszuhandelnde Abkommen gewährleisten, dass zumindest das gleiche Schutzniveau gewährt wird wie im gerade annullierten Abkommen.

Sowohl politisch als auch logisch ist dieser Vorschlag nicht stichhaltig. Nach zwei Jahren Anwendung, anerkennen sowohl die Gemeinschaft als auch die US-Regierung, dass das Abkommen verbessert werden kann. Die Artikel 29 Datenschutzgruppe verweist darauf, dass das künftige Abkommen zumindest das Datenschutzniveau gewährleisten muss, dass formell in dem gerade annullierten Abkommen festgeschrieben war.

Verbesserungen sind bestimmt möglich:

- bezogen auf eine bessere Definition des Zieles der Datenerhebung. Zu Beginn stand die Frage der Bekämpfung des Terrorismus, dann war es der Kampf gegen „grenzüberschreitende“ Kriminalität und vor kurzem war es die Kontrolle über die Vogelgrippe... Wird von uns erwartet, dass es künftig eine generelle Sicherheitsüberprüfung geben wird und ein Flugzeug die Berechtigung für die Durchleuchtung von Fahrgästen auf jede Art von Kriminalität ist, beispielsweise auf Steuervergehen oder Gewahrsamnahme auf Grund eines privaten Drogenkonsums? Eine derartige Situation wäre schwer mit der Notwendigkeit in Einklang zu bringen, nur in Ausnahmefällen von Datenschutzbestimmungen wie es in Artikel 8 EMRK geregelt ist, abzuweichen, den sowohl die Mitgliedstaaten als auch die EU einzuhalten haben. Eine Regelung, die so viele Ausnahmen zulassen soll, um die Verhinderung jeder Art von Kriminalität zu ermöglichen, wäre ohne irgendeine wirksame Bedeutung.

- bezogen auf die Zahl der zu verarbeitenden Daten (es wäre jetzt einfach zu prüfen, ob die von den 34 Arten der Fluggastdaten tatsächlich verwendeten Daten die sind, die mit den Fluggastdaten verbunden sind, die von den Mitgliedstaten bereits im Zusammenhang mit der Richtlinie zur Kontrolle illegaler Einwanderung genutzt werden). Welchen Sinn macht es, weiterhin über Jahre Milliarden von Daten zu erheben und zu speichern, die nicht einmal genutzt werden?

- bezogen auf die Vernichtung von Daten, wenn der Sicherheitscheck durchgeführt wurde (wie es vom kanadischen und australischem System getan wird, die vom Europäischen Parlament genehmigt wurden. In einer Gesellschaft, die vorgibt „demokratisch“ zu sein ist es schwer zu begründen, dass Daten von Personen erhalten werden, die keinen Anlass für Sicherheitsbedenken gegeben haben (Bedingung, die sich praktisch aus Artikel 8 EMRK ergibt).

- bezogen auf die einzubeziehenden Filter, die den Zugang zu sensitiven Daten verhindern sollen. Das läuft darauf hinaus, dass die Daten an der Quelle gefiltert werden müssen (PUSH-System) und nicht durch die Behörden, die die Empfänger der Daten sind.

- bezogen auf die Möglichkeit der Befassung eines Gerichts im Falle eines Missbrauchs (wiederum haben europäische Fluggäste nicht die Rechte von Fluggästen aus den Vereinigten Staaten; was für einen Sinn macht ein internationales Abkommen mit einem Verbündeten, wenn wir nicht das selbe Schutzniveau für unsere eigenen Bürger haben?)

Das Vorsorgeprinzip

6.   Es könnte nicht offensichtlicher sein, dass das Abkommen EU/USA in diesem Bereich dabei ist, sowohl für das Gemeinschaftsrecht als auch weltweit zu einem Präzedenzfall zu werden. Somit erscheint das von der Gruppe 29 vorgeschlagene besonnene Herangehen, das neue Abkommen nur für die verbleibende Zeit (November 2007) des durch das Gericht aufgehobenen Abkommens über die Fluggastdaten vorzusehen, als sehr angebracht.

Vor der Übernahme des Herangehens, dass die US-Regierung in diesem Bereich als globalen Standard einzuführen wünscht, ist es sehr zu empfehlen, eine tiefgreifende Diskussion in Gremien wie der ICAO und eine demokratische Aussprache in den einzelstaatlichen Parlamenten zu führen. Regelungen, die eine substanzielle Änderung in den Beziehungen zwischen Bürgern und öffentlichen Behörden mit sich bringen und sich jährlich auf hundert Millionen Menschen auswirken, erfordern viel mehr als eine „schnelle Einigung“ wie sie die Mitgliedstaaten und die Kommission auch noch nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs empfehlen.

Vielmehr müssen die Drohungen mit wirtschaftlichen Repressalien gegen Flugunternehmen und Fluggäste uneingeschränkt bewertet werden, damit sie, wenn sie willkürlich angewandt wurden (z.B. wenn keine der Personen als gefährlich eingestuft wurde) zu einer Klage gegen die US-Regierung vor der Welthandelsorganisation wegen missbräuchlicher Beeinflussung des Lufttransports und zu wirtschaftlichen Verlusten für ihre eigenen Flugunternehmen führen. Ausgehend von diesem Betrachtungswinkel, wecken die Daten, die der Kongress derzeit in Bezug auf die Effektivität solcher präventiven Kontrollen prüft, hinsichtlich ihrer Kosteneffizienz Zweifel.

ENTWURF EINER EMPFEHLUNG AN DEN RAT B6-0382/2006

eingereicht gemäß Artikel 114 Absatz 1 der Geschäftsordnung

von Sophia in 't Veld

im Namen der ALDE-Fraktion

zu dem Inhalt des Abkommens mit den Vereinigten Staaten von Amerika zur Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR) zur Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus und grenzüberschreitender Kriminalität, einschließlich organisierter Kriminalität

Das Europäische Parlament,

–   gestützt auf das Urteil des Gerichtshofs vom 30. Mai 2006 in den verbundenen Rechtssachen C-317/04 und 318/04,

–   gestützt auf Artikel 114 Absatz 1 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass der Gerichtshof den Beschluss 2004/496/EG, der den Präsidenten des Rates ermächtigte, das Abkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika über PNR und die von der Kommission am 14. Mai 2004 angenommene Angemessenheitsentscheidung zum selben Thema zu unterzeichnen, für nichtig erklärt hat,

B.  in der Erwägung, dass der Gerichtshof sich nicht zu den vom Parlament geäußerten Befürchtungen in Bezug auf die Rechtsstruktur des Abkommens und die Nichtübereinstimmung mit den Datenschutzgrundsätzen nach Artikel 7 EMRK geäußert hat,

1.  richtet folgende Empfehlungen an den Rat:

A. in der Erwägung, dass

a)  zu vermeiden ist, dass ab 1. Oktober 2006 bei der Weitergabe von Fluggastdatensätzen eine Rechtslücke entsteht; ferner in der Erwägung, dass die Rechte und Freiheiten der Fluggäste noch stärker als bisher im Rahmen der einseitigen Verpflichtungserklärung der Regierung der Vereinigten Staaten geschützt werden sollten,

b)  die EU dringend eines klaren Rechtsrahmens bedarf, woraus sich ergibt, dass der Vorschlag für einen Rahmenbeschluss über Datenschutz aus Gründen der Dringlichkeit angenommen werden sollte,

c)  die Grundsätze der EU zum Datenschutz bei neuen Abkommen in diesem Bereich berücksichtigt werden sollten,

d)  die künstliche Aufteilung zwischen den Pfeilern durch die Schaffung eines konsequenten pfeilerübergreifenden Schutzrahmens in der Union im Wege der Aktivierung der so genannten Passerelle-Klausel nach Artikel 42 VEU vermieden werden sollte, um zu gewährleisten, dass das neue Abkommen unter Einbeziehung des EP geschlossen und vom Gerichtshof einer juristischen Prüfung unterzogen wird;

B.  in der Erwägung, dass es aus zeitlichen Gründen notwendig ist,

a)  ein neues kurzfristiges internationales Abkommen auszuhandeln, das den Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis November 2007 abdeckt (Dieser Zeitraum wurde ursprünglich von dem Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union abgedeckt, das vom Gerichtshof für nichtig erklärt wurde),

b)  die Defizite, die bei der ersten von den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union gemeinsam durchgeführten Überprüfung des Abkommens festgestellt wurden, zu beheben und die Empfehlungen des europäischen Datenschutzbeauftragten und der Arbeitsgruppe Artikel 29 zu berücksichtigen,

c)  erforderlichenfalls auf der Ebene der ICAO mittel- bis langfristig eine kohärentere Vorgehensweise für den Austausch von Fluggastdatensätzen zu entwickeln, damit sowohl die Sicherheit des Luftverkehrs als auch die Achtung der Menschenrechte weltweit gewährleistet sind;

2.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Empfehlung dem Rat und - zur Information - der Kommission sowie dem Europäischen Rat zu übermitteln.

VERFAHREN

Titel

Verhandlungen über ein Abkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR) zur Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus und grenzüberschreitender Kriminalität, einschließlich der organisierten Kriminalität

Verfahrensnummer

2006/2193(INI)

Federführender Ausschuss
  Datum der Bekanntgabe der Genehmigung im Plenum

LIBE
0.0.0000

Datum des Beschlusses zur Ausarbeitung eines Berichts

6.7.2006

 

 

 

 

Berichterstatter(in/innen)
  Datum der Benennung

Sophia in 't Veld
20.6.2006

 

Ersetzte(r) Berichterstatter(in/innen)

 

 

Prüfung im Ausschuss

3.7.2006

 

 

 

 

Datum der Annahme

13.7.2006

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

31

0

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Edit Bauer, Giusto Catania, Carlos Coelho, Agustín Díaz de Mera García Consuegra, Adeline Hazan, Lívia Járóka, Magda Kósáné Kovács, Ole Krarup, Barbara Kudrycka, Stavros Lambrinidis, Henrik Lax, Sarah Ludford, Antonio Masip Hidalgo, Claude Moraes, Hartmut Nassauer, Martine Roure, Inger Segelström, Manfred Weber, Stefano Zappalà, Tatjana Ždanoka

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende(r) Stellvertreter(in/innen)

Gérard Deprez, Jeanine Hennis-Plasschaert, Sophia in 't Veld, Sylvia-Yvonne Kaufmann, Jean Lambert, Javier Moreno Sánchez, Bill Newton Dunn, Hubert Pirker, Marie-Line Reynaud

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende(r) Stellv. (Art. 178 Abs. 2)

Simon Busuttil, Manuel Medina Ortega

Datum der Einreichung

19.7.2006

Anmerkungen (Angaben nur in einer Sprache verfügbar)

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