BERICHT zu Kaschmir: derzeitige Lage und künftige Perspektiven
25.4.2007 - (2005/2242(INI))
Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten
Berichterstatterin: Baroness Nicholson of Winterbourne
ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
zu Kaschmir: derzeitige Lage und künftige Perspektiven
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine jüngsten Entschließungen zu Jammu und Kaschmir, insbesondere seine Entschließung vom 29. September 2005 zu den Beziehungen EU-Indien: eine strategische Partnerschaft[1], vom 17. November 2005 zu Kaschmir[2], vom 18. Mai 2006 zu dem Jahresbericht 2005 zur Menschenrechtslage in der Welt und zur Menschenrechtspolitik der Europäischen Union[3], vom 28. September 2006 zu den Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen der EU und Indien[4], vom 22. April 2004 zu dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Islamischen Republik Pakistan über Partnerschaft und Entwicklung[5] und vom 22. April 2004 zur Lage betreffend Menschenrechte und Demokratie in der Islamischen Republik Pakistan[6],
– in Kenntnis aller Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu diesem Thema zwischen 1948 und 1971[7],
– unter Hinweis auf die Befürchtungen verschiedener Arbeitsgruppen und Berichterstatter des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen und dessen Vorläufer, des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen, sowie internationaler Menschenrechtsorganisationen in Bezug auf die Verletzung der Menschenrechte in Kaschmir,
– unter Hinweis auf den Vertrag zwischen Indien und Pakistan von 1960 über die Wasserversorgung (Indus Waters Treaty),
– unter Hinweis auf den vom Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten im November 2004 angenommenen Bericht über die Reisen der Ad hoc-Delegation des Parlaments nach Jammu und Kaschmir,
– unter Hinweis auf das verheerende Erdbeben, das Jammu und Kaschmir am 8. Oktober 2005 heimgesucht hat,
– unter Hinweis auf die Resolution Nr. A/RES/60/13 vom 14. November 2005 der Generalversammlung der Vereinten Nationen, in der die Regierungen und die Menschen, die an der Erdbebennothilfe und an den Wiederaufbaubemühungen beteiligt waren, gelobt werden,
– unter Hinweis auf den Besuch des Präsidenten Musharraf der Islamischen Republik Pakistan beim Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten vom 12. September 2006,
– unter Hinweis auf das 7. Gipfeltreffen EU-Indien in Helsinki vom 13. Oktober 2006,
– unter Hinweis auf die erneuten Friedensbemühungen in Kaschmir seit Inkrafttreten des Waffenstillstandsabkommens im Jahr 2003 und die anschließende Zusage von Präsident Musharraf im Januar 2004, wonach Pakistan dem grenzüberschreitenden Terrorismus keine Basis biete, die zukunftsorientierte Vision des indischen Premierministers Manmohan Singh, wonach Grenzen nicht aufgehoben werden können, jedoch bedeutungslos gemacht werden sollten, und die weitere Runde von Friedensgesprächen, die am 17. Januar 2007 begonnen haben,
– unter Hinweis auf den jüngsten Vierpunkteplan von General Musharraf, den Kaschmir-Konflikt zu lösen (keine Veränderung der Grenzen von Jammu und Kaschmir, Freizügigkeit für die Menschen an der Grenz- und Kontrolllinie (LoC), eine gestaffelte Entmilitarisierung und Selbstverwaltung mit einem gemeinsamen Überwachungsmechanismus, an dem sich Indien, Pakistan und die Kaschmiris beteiligen), sowie unter Hinweis auf den Vorschlag von Premierminister Singh, es solle ein umfassender Vertrag für Frieden, Sicherheit und Freundschaft ausgearbeitet werden,
– unter Hinweis auf den Besuch des indischen Außenministers Pranab Mukherjee in Pakistan, der am 13. Januar 2007 begann, und in dessen Verlauf vier Abkommen über vertrauensbildende Maßnahmen unterzeichnet wurden,
– unter Hinweis auf den Asienbericht Nr. 125 der Internationalen Krisengruppe vom 11. Dezember 2006 und die Berichte von Freedom House, Human Rights Watch und der Abteilung Menschenrechte des Außenministeriums der Vereinigten Staaten,
– unter Hinweis auf die Reisen des Berichterstatters des Parlaments zu beiden Seiten der Grenz- und Kontrolllinie (Line of Control – LoC) im Juni 2006,
– gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A6‑0158/2006),
A. in der Erwägung, dass das umstrittene Gebiet, welches das ehemalige Fürstentum Jammu und Kaschmir bildete, derzeit jeweils separat von der Republik Indien, der Islamischen Republik Pakistan und der Volksrepublik China verwaltet wird und eine Gesamtbevölkerung von 13,4 Millionen hat,
B. in der Erwägung, dass ein Großteil von Jammu und Kaschmir, insbesondere Gilgit und Baltistan, unter extremer Armut und Vernachlässigung leidet, erschreckende Defizite bei den grundlegenden Fähigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen, sowie in Bezug auf den Zugang zur Gesundheitsfürsorge aufweist, und dass demokratische Strukturen und Rechtsstaatlichkeit und Justiz nur sehr mangelhaft entwickelt sind; ferner in der Erwägung, dass die Gesamtregion Jammu und Kaschmir unter einem außergewöhnlichen wirtschaftlichen Niedergang leidet,
C. in der Erwägung, dass die Frage der Wasserressourcen auch ein Faktor ist, der den Konflikt zwischen Pakistan und Indien über Jammu und Kaschmir verschärft und für eine endgültige Lösung von Bedeutung ist,
D. in der Erwägung, dass Jammu und Kaschmir seit nunmehr fast 60 Jahren Konflikte verursachen, und dass es in dieser Zeit eine Vielzahl von bewaffneten Konflikten zwischen Indien, Pakistan und China gegeben hat; in der Erwägung, dass dieser Konflikt über 80 000 Todesopfer gefordert haben soll; in der Erwägung, dass die Konflikte zwischen Indien und Pakistan jetzt auch mit internationalem Terrorismus zu tun haben, und in der Erwägung, dass China, Indien und Pakistan inzwischen Atommächte sind, obwohl Indien und Pakistan den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet haben,
E. in der Erwägung, dass es zahlreiche Hinweise gibt, wonach Pakistan militante kaschmirische Gruppierungen über Jahre hinweg ausgebildet und mit Waffen, Geld und Schutz unterstützt hat und diese Gruppierungen aber nie für die Verbrechen, die sie in dem von Indien verwalteten Teil begangen haben, zur Rechenschaft gezogen hat; in der Erwägung, dass die Einschleusung von militanten Gruppierungen in den von Indien verwalteten Teil Jammu und Kaschmir Berichten der indischen Regierung zufolge jedoch seit dem 11. September 2001 erheblich zurückgegangen ist,
F. in der Erwägung, dass seit November 2003 Waffenruhe an der Grenz- und Kontrolllinie herrscht und dass diese Waffenruhe trotz einiger Verstöße weiterhin gehalten hat,
G. in der Erwägung, dass Indien und Pakistan dank dieser Waffenruhe einen Dialog über Jammu und Kaschmir aufnehmen konnten, der jetzt erste bescheidene Erfolge zeigt, und in der Erwägung, dass eine Reihe Vertrauen schaffender Maßnahmen als Teil des Friedensprozesses durchgeführt wird; ferner in der Erwägung, dass die Bevölkerung Kaschmirs sich bemüht, die Früchte dieser vertrauensbildenden Maßnahmen zu ernten, und sie vor Ort konkret umsetzt; in der Erwägung, dass die Kaschmiris auf der chinesischen Seite bei diesem Prozess außen vor bleiben,
H. in der Erwägung, dass das zum Abschluss des Besuchs von Präsident Musharraf in Indien im April 2005 von Indien und Pakistan gemeinsam veröffentlichte Kommuniqué dazu beigetragen hat, den Prozess der Annäherung zwischen den beiden Ländern zu verstärken, insbesondere indem die Unumkehrbarkeit des Friedensprozesses bekräftigt und die Anstrebung einer nichtmilitärischen Lösung des Kaschmir-Konflikts hervorgehoben wurde,
I. in der Erwägung, dass die wirtschaftliche Entwicklung für den Aufbau der physischen und sozialen Infrastruktur sowie zur Verbesserung des Produktionspotenzials von Jammu und Kaschmir entscheidend ist; in der Erwägung, dass die Gemeinsame Erklärung EU-Pakistan von 8. Februar 2007 ein positiver Schritt zur Stärkung ihrer Beziehungen ist, sowie in der Erwägung, dass beide Seiten bestrebt sind, die Umsetzung der Kooperationsabkommen der dritten Generation voranzutreiben, in der Überzeugung, dass dies zur Förderung der sozioökonomischen Entwicklung und des Wohlstands in Pakistan beitragen könnte; in der Erwägung, dass die EU und Pakistan ihr Engagement bekräftigt haben, Konflikte auf friedlichem Wege im Einklang mit dem Völkerrecht, bilateralen Abkommen und den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen zu lösen,
J. in der Erwägung, dass das derzeitige, seit 1994 geltende ausführliche Kooperationsabkommen der dritten Generation zwischen der Europäischen Union und Indien als institutionelle Grundlage eine gemeinsame politische Erklärung hat, in der jährliche Treffen auf Ministerebene festgelegt wurden und die Einleitung eines umfassenden politischen Dialogs gefördert wurde,
K. in der Erwägung, dass am Morgen des 8. Oktober 2005 ein Erdbeben mit einer Stärke von 7,6 auf der Richterskala, das verheerendste internationale Erdbeben seit Menschengedenken, ein breites Gebiet von Afghanistan bis Pakistan und Indien heimsuchte, die größten Auswirkungen jedoch in Jammu und Kaschmir zu spüren waren, wobei in Azad Jammu und Kaschmir (AJK) und in der nordwestlichen Grenzregion Pakistans (NWFP) außergewöhnlich hohe Verluste zu verzeichnen waren,
L. in der Erwägung, dass das Erdbeben innerhalb weniger Minuten über 75 000 Todesopfer in Azad Jammu und Kaschmir forderte, eine Zahl, die später auf 88 000 anstieg, und 6 000 Menschenleben in dem von Indien verwalteten Jammu und Kaschmir forderte, und Zehntausende von Menschen dabei Verletzungen erlitten, Millionen heimatlos gemacht wurden, die auf der pakistanischen Seite nur die allernötigste Grundversorgung erhielten und ohne dauerhafte Bleibe, Beschäftigung, Gesundheitsfürsorge und Bildung sind; in der Erwägung, dass Dutzende von Städten und Dörfern teilweise oder vollkommen zerstört wurden, die Landwirtschaft stark geschwächt und die Umwelt verseucht wurde, sowie in der Erwägung, dass das Entwicklungsniveau stark zurückgeworfen wurde,
M. in der Erwägung, dass sowohl die staatlichen Streitkräfte als auch die bewaffneten Oppositionstruppen, die am Kaschmir-Konflikt beteiligt sind, sich an die Genfer Konvention von 1949 und das übliche internationale humanitäre Recht halten müssen, wonach Angriffe auf Zivilisten verboten sind und schwerwiegende Verstöße dagegen als Kriegsverbrechen gelten, die die Staaten strafrechtlich verfolgen müssen,
N. in der Erwägung, dass in den letzten zehn Jahren über 2 000 Soldaten beim Siachen-Gletscher getötet wurden, sowie in der Erwägung, dass der Waffenstillstand in der Region Siachen seit November 2005 zu begrüßen ist,
Einleitung
1. weist mit Nachdruck darauf hin, dass Indien, Pakistan und China (an das Pakistan 1963 das Gebiet jenseits des Karakorum-Gebietes abtrat) wichtige Partner der EU sind, wobei die Beziehungen zu den beiden ersten Ländern den Status einer strategischen Partnerschaft haben; ist davon überzeugt, dass eine Beilegung des anhaltenden Konflikts entlang der Grenz- und Kontrolllinie am besten durch ein ständiges Engagement der Regierungen Indiens und Pakistans erreicht werden kann, wobei die Bevölkerungen aller Teile des ehemaligen Fürstentums einbezogen werden muss; ist jedoch der Auffassung, dass die EU aufgrund früherer Erfahrungen der erfolgreichen Konfliktbewältigung in einem multi-ethnischen, multi-nationalen und multi-religiösen Rahmen hier etwas zu bieten hat; bietet daher diese Entschließung und alle Treffen, die sich daraus ergeben könnten, als Teil einer gemeinsamen Erfahrung an, von der auch die EU lernen kann; betont erneut die Bedeutung einer anhaltenden Unterstützung der EU sowohl für Indien als auch für Pakistan bei der Umsetzung des Friedensprozesses 2004;
2. stellt fest, dass Indien die größte säkulare Demokratie der Welt ist und demokratische Strukturen auf allen Ebenen entwickelt hat, während Pakistan die Demokratie in Azad Jammu und Kaschmir noch nicht voll umgesetzt hat und in Gilgit und Baltistan in Bezug auf die Demokratie noch einige Fortschritte machen muss; stellt fest, dass beide Länder Atommächte außerhalb des Atomwaffensperrvertrags sind; betont, dass zwar Indiens nukleare Doktrin auf dem Grundsatz beruht, keinen atomaren Erstschlag zu führen, Pakistan eine solche Zusage aber noch machen muss; stellt ebenfalls fest, dass Präsident Musharraf nicht in der Lage war, sein Versprechen von 1999 einzuhalten, dass die Streitkräfte nicht die Absicht hätten, länger an der Macht zu bleiben, als es unbedingt notwendig ist, um den Weg zu bereiten, dass sich eine echte Demokratie in Pakistan entfalten kann;
3. fordert die Vertreter der Regierungen sowohl Indiens als auch Pakistans auf, die Chance zu nutzen, die sich aus den Erklärungen des indischen Ministerpräsidenten und des pakistanischen Präsidenten ergibt, der Suche nach Möglichkeiten einer erweiterten Selbstverwaltung, Bewegungsfreiheit, Entmilitarisierung und zwischenstaatlicher Zusammenarbeit in Bereichen wie Wasser, Tourismus, Handel und Umwelt einen neuen Impuls zu geben und einen echten Durchbruch bei der Suche nach einer Lösung des Kaschmir-Konflikts zu fördern;
4. stellt fest, dass die Auswirkungen des Erdbebens auf die Menschen in Azad Jammu und Kaschmir die bereits schlechte Versorgung noch weiter verschlechtert und das Potenzial zum Aufbau von Institutionen und Kapazitäten auf dramatische Weise beeinträchtigt hat; fordert die Europäische Union nachdrücklich auf, den Bewohnern Kaschmirs in dieser Hinsicht Unterstützung und Hilfestellung zuteil werden zu lassen;
5. fordert die Regierung Pakistans und die Regierung Indiens mit Nachdruck auf, die wesentlichen Fragen, bei denen es um Uferstreitigkeiten im Zusammenhang mit den großen Strömen und die Nutzung der Flüsse, die durch Jammu und Kaschmir fließen (die Flüsse Indus, Jhelum, Chenab, Ravi, Beas und Sutlej), geht, so schnell wir möglich unter Bezugnahme auf den im Indus-Wasser-Vertrag (1960) derzeit zur Verfügung stehenden Mechanismus zu lösen; weist jedoch mit Nachdruck darauf hin, dass die Befriedigung der Bedürfnisse der Bevölkerung vor Ort in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei, Tierhaltung und Wasserversorgung, z.B. die Verstärkung des Mangla-Staudamms, eine wichtige Priorität bleiben muss;
6. nimmt die Bedeutung von Wasser, Sicherheit und einer nachhaltigen und sicheren Energieversorgung für die Stabilität und das Wachstum der Region sowie in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Entwicklung von Projekten in den Bereichen Bewässerung und Wasserkraft zur Kenntnis; hält es für unbedingt erforderlich, dass die Regierung Pakistans und die Regierung Indiens ihren konstruktiven Dialog fortführen und Vertreter der Bevölkerung Kaschmirs zu Fragen über Uferstreitigkeiten konsultieren, und fordert sie nachdrücklich auf, bei Wasserressourcen einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen und anzuerkennen, dass wichtige Zusammenhänge zwischen Wasser, Land, örtlichen Benutzern, Umwelt und Infrastruktur bestehen;
7. hebt das gemeinsame Erbe Indiens und Pakistans hervor, das in der alten Kultur Jammus und Kaschmirs zum Ausdruck kommt; erkennt den Pluralismus, die vielfältige Kultur und die vielen Glaubensrichtungen und säkularen Traditionen der Menschen in Jammu und Kaschmir, die im indischen Teil von Jammu und Kaschmir gewahrt werden, an und misst ihnen einen hohen Stellenwert bei;
Politische Lage: die Hoffnungen der Menschen
8. spricht Indien und Pakistan seine Anerkennung für die laufenden Friedensbemühungen aus und unterstützt diese; begrüßt die Tatsache, dass die bilateralen Gespräche, die nach den Bombenattentaten in Mumbai im Juli 2006 drei Monate lang ausgesetzt wurden, wieder aufgenommen wurden; unterstreicht, dass die Region, die EU und die internationale Gemeinschaft die laufenden bilateralen Gespräche unterstützen müssen, und dass der Austausch über eine Lösung des Konflikts weiter intensiviert werden muss, wobei den Menschen in Jammu und Kaschmir und ihren Nachbarn eine bessere Zukunft gewährleistet werden muss;
9. hat die Vertrauen schaffenden Maßnahmen, die von Indien und Pakistan eingeleitet wurden, die beim Abbau der Spannungen und des Misstrauens auf beiden Seiten einen gewissen Erfolg zeigen und grenzüberschreitende Familienzusammenführungen nach Jahren der Trennung ermöglicht haben, ausdrücklich begrüßt; weist besonders darauf hin, dass sich die Regierungen Indiens und Pakistans besonders darum bemühen sollten, die Bevölkerung Kaschmirs in die Lösung der Kernfragen einzubeziehen;
10. weist darauf hin, dass die normalen Bürger Kaschmirs aufgrund der humanitären Lage nach dem Erdbeben nunmehr in immer stärkerem Maße aus dem Friedensprozess Nutzen ziehen, weil an der Grenz- und Kontrolllinie Handel getrieben wird und sowohl die indische als auch die pakistanische Regierung sich politisch zur Freizügigkeit sowie zum freien Verkehr von Gütern und Dienstleistungen bekannt haben (auch wenn dies erst in begrenztem Umfang erfolgt);
11. weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Krisen und Konflikte der letzten Jahre die Bedeutung der Vereinten Nationen nicht geschwächt, sondern gestärkt haben, und dass die Vereinten Nationen weiterhin ein wichtiges Forum für den Dialog und die Diplomatie sind; verweist auf die große Zahl der Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (UNSC) von 1948 bis 1971 zu Kaschmir, in denen sowohl die indische Regierung als auch die pakistanische Regierung aufgefordert wurden, alles in ihren Kräften Stehende zu tun, um die Lage zu verbessern, und in denen die Überzeugung zum Ausdruck gebracht wurde, dass eine friedliche Beilegung des Konflikts den Interessen der Bevölkerungen in Jammu und Kaschmir, Indien und Pakistan am dienlichsten wäre; zieht angesichts dieser Überlegungen sowie angesichts wiederholter Verstöße gegen die in den diversen Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen dargelegten Punkte die Schlussfolgerung, dass die Voraussetzungen zur Einleitung einer Volksabstimmung bisher nicht erfüllt wurden;
12. bekräftigt, dass nach Artikel 1 Absatz 1 des Internationalen Pakts der VN über bürgerliche und politische Rechte alle Völker das unveräußerliche Recht auf Selbstbestimmung haben; kraft dieses Rechts können sie frei über ihren politischen Status entscheiden und in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung gestalten; bekräftigt, dass nach Artikel 1 Absatz 3 alle Vertragsstaaten entsprechend den Bestimmungen der Charta der Vereinten Nationen die Verwirklichung des Rechts auf Selbstbestimmung zu fördern und dieses Recht zu achten haben; stellt jedoch fest, dass in allen Resolutionen der Vereinten Nationen zum Kaschmir-Konflikt ausdrücklich und ausschließlich das Recht des ehemaligen Fürstentums Jammu und Kaschmir anerkannt wird, Teil von Indien oder Pakistan zu werden; begrüßt im Rahmen einer dauerhaften Lösung des Kaschmir-Konflikts, die für die gesamte Region von außerordentlichem Nutzen wäre, die neuen Ideen, die derzeit im Rahmen des strukturierten Dialogs (composite dialogue) und der Gespräche am Runden Tisch mit Indien erörtert werden, (wobei die Wiederaufnahme des Dialogs der indischen Regierung mit der Bewegung „All Parties Hurriyat Conference“ (APHC-Allparteienkonferenz) besonders zu begrüßen ist); begrüßt insbesondere die Idee, die Grenzen auf Dauer bedeutlungslos zu machen, die Einführung eines Systems der Selbstverwaltung und institutionelle Vorkehrungen für eine gemeinsame oder kooperative Verwaltung; ermuntert sowohl Indien als auch Pakistan nachdrücklich, diese Konzepte in gemeinsamen Diskussionen und mit den Kaschmiris auf beiden Seiten der Grenz- und Kontrolllinie und in Gilgit und Baltistan zu prüfen;
13. bedauert die anhaltende politische und humanitäre Krise in allen vier Teilen Jammus und Kaschmirs; begrüßt jedoch die Rolle des strukturierten Friedensprozesses bei den Bemühungen um eine dauerhafte Lösung für die Kaschmiris auf der Grundlage von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Grundrechte; unterstützt den Ansatz des „zweiten Elements“ sowie einen umfassenden Dialog, an den namhafte Persönlichkeiten, Akademiker und andere einschlägige Experten aus allen Teilen Kaschmirs sowie aus Indien und Pakistan, die praktische Vorschläge für eine engere Zusammenarbeit vorlegen, beteiligt werden sollen; beglückwünscht Indien und Pakistan, diese Gruppen zusammengebracht zu haben, und schlägt vor, dass die EU praktische Unterstützung bietet, wann immer sie von beiden Seiten und im Rahmen des strukturierten Friedensprozesses dazu aufgefordert wird;
14. bedauert jedoch, dass Pakistan es konsequent versäumt hat, seine Verpflichtungen zur Einführung repräsentativer demokratischer Strukturen, die diese Bezeichnung auch verdienen, in Azad Jammu und Kaschmir einzuführen; stellt insbesondere fest, dass Kaschmir in der Nationalversammlung Pakistans immer noch nicht vertreten ist und dass Azad Jammu und Kaschmir von dem Ministerium für die Angelegenheiten Kaschmirs in Islamabad verwaltet wird, dass pakistanische Beamte den Kaschmir-Rat beherrschen, und dass der Chief Secretary, der Generalinspektor der Polizei, der Generalhaushaltsprüfer und der Finanzsekretär alle aus Pakistan stammen; missbilligt die Bestimmung in der Interimsverfassung von 1974, wonach jede politische Aktivität, die nicht der Doktrin entspricht, wonach Jammu und Kaschmir Teil Pakistans sind, untersagt ist und jeder Bewerber um einen Parlamentssitz in Azad Jammu und Kaschmir verpflichtet ist, eine entsprechende Loyalitätserklärung zu unterzeichnen; ist besorgt darüber, dass es in der Region Gilgit-Baltistan keinerlei demokratische Repräsentation gibt;
15. räumt ein, dass Pakistan sich in einer besonders komplexen Situation befindet und dass von vielen Seiten Druck auf das Land ausgeübt wird;
- bedauert jedoch zutiefst, dass aufgrund eines fehlenden ausreichenden politischen Willens auf nationaler Ebene, die grundlegende Versorgung, die politische Teilhabe und die Rechtsstaatlichkeit in Azad Jammu und Kaschmir anzugehen, die Frauen dort nach dem Erdbeben in einer verzweifelten Lage sind;
- weist erneut auf die Unterzeichnung des Kooperationsabkommens der dritten Generation EG-Pakistan im Jahr 2001 hin, in dem in Artikel 1 die Achtung der Menschenrechte und der Grundsätze der Demokratie als ein Grundelement festgeschrieben sind, und fordert die EU nachdrücklich auf, ihren Teil dazu beizutragen, um die Einhaltung dieser Grundsätze bei der Durchführung des Abkommens sicherzustellen; ist daher besonders besorgt darüber, dass die Menschen in Gilgit und Baltistan unter der direkten Herrschaft des Militärs stehen und über keine Demokratie verfügen;
- nimmt die Annahme des Gesetzes über den Schutz der Frauen zur Überarbeitung der sich auf die Scharia stützenden Hudood-Gesetze über Ehebruch und Vergewaltigung als einen positiven Schritt zur Kenntnis, um einen besseren Schutz der Rechte der Frau in Pakistan zu gewährleisten, und begrüßt das Eintreten von Präsident Musharraf und von überzeugten Reformern im Parlament für diese Änderungen trotz der Versuche, sie zum Scheitern zu bringen; betont jedoch, dass außer Frage steht, dass Pakistan noch mehr tun muss, um seine Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte zu erfüllen;
- ist weiterhin besorgt über die schwierige Lage, in der sich alle Minderheiten in der gesamten Region befinden;
16. fordert Pakistan nachdrücklich auf, seine Auffassung über demokratische Verantwortlichkeit und die Rechte der Minderheiten und die Rechte der Frauen in Azad Jammu und Kaschmir einer Revision zu unterziehen, da diese wie andernorts auch ein Schlüsselfaktor sind, wenn die Bedingungen für die Menschen verbessert und die Bedrohung des Terrorismus abgewehrt werden soll;
17. bringt seine Besorgnis über die fehlende Meinungsfreiheit in Azad Jammu und Kaschmir, sowie über Berichte über Folterung und Misshandlungen, über die Diskriminierung von Flüchtlingen aus dem von Indien verwalteten Jammu und Kaschmir und über Korruption unter Regierungsbeamten zum Ausdruck und fordert die pakistanische Regierung auf sicherzustellen, dass die Menschen in Azad Jammu und Kaschmir ihre bürgerlichen und politischen Grundrechte in einem Umfeld wahrnehmen können, das frei ist von Zwang und Angst;
18. fordert Pakistan ferner auf, in Azad Jammu und Kaschmir die Abhaltung freier und fairer Wahlen sicherzustellen, in Anbetracht der Tatsache, dass die Parlamentswahlen vom 11. Juli 2006 durch massiven Wahlschwindel und Manipulationen bei der Stimmabgabe gekennzeichnet waren und jeder Kandidat, der sich weigerte, sich dem Standpunkt anzuschließen, dass Kaschmir Pakistan beitreten solle, von den Wahlen ausgeschlossen wurde; fordert Pakistan ebenfalls auf, zum ersten Mal Wahlen in Gilgit und Baltistan abzuhalten;
19. fordert die Regierungen Pakistans und Indiens nachdrücklich auf, auch den in Siachen seit 2003 bestehenden Waffenstillstand in einen dauerhaften Friedensvertrag umzuwandeln, denn hier, auf dem höchsten Schlachtfeld der Welt, sterben mehr Soldaten jährlich aus klimatischen Gründen als wegen eines bewaffneten Konflikts;
20. fordert die Europäische Union auf, Indien und Pakistan bei der Aushandlung einer Zone der vollständigen Truppenentflechtung in der Region Siachen zu unterstützen, unbeschadet der Position jeder Seite, insbesondere indem sie Unterstützung in Form von Überwachungstechnologien und Verifizierungsverfahren anbietet;
21. fordert die militanten bewaffneten Gruppen auf, einen Waffenstillstand auszurufen, auf den ein Prozess der Entwaffnung, Demobilisierung und Wiedereingliederung folgen sollte; fordert die Regierung Pakistans und die Regierung Indiens auf, einen solchen Waffenstillstand zu erleichtern;
22. ermuntert die Regierung Pakistans, Internet-Seiten und Zeitschriften mit militantem Inhalt einzustellen; schlägt vor, dass die Regierungen Pakistans und Indiens die Verabschiedung eines Gesetzes gegen Hassreden ins Auge fassen;
23. stellt fest, dass das von Indien verwaltete Jammu und Kaschmir gemäß Artikel 370 der indischen Verfassung einen Sonderstatus genießt, der ihm größere Autonomie verleiht als den anderen Staaten der Union; ist über die jüngsten Maßnahmen in Jammu und Kaschmir zur Stärkung der Demokratie (was sich in der Wahlbeteiligung von 75 % bei den jüngsten Kommunalwahlen gezeigt hat) und über die Bemühungen von Premierminister Singh zur Wiederaufnahme des Dialogs mit der APHC erfreut; stellt fest, dass es in der Praxis immer noch Unzulänglichkeiten gibt, was die Menschenrechte und die direkte Demokratie betrifft, was z.B. dadurch zum Ausdruck kommt, dass alle Bewerber um ein politisches Amt in Jammu und Kaschmir (sowie in anderen Staaten) einen Loyalitätseid auf die Verfassung des Staates Jammu und Kaschmir leisten müssen, der die Integrität Indiens aufrechterhält; fordert die nationale Menschenrechtskommission Indiens (NHRC) mit Nachdruck auf, ihr Mandat im Zusammenhang mit mutmaßlichen oder nachgewiesenen Verstößen uneingeschränkt auszuüben und diesem Gremium noch mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen; fordert die NHRC mit Nachdruck auf, Abhilfe zu schaffen, was die Tatsache betrifft, dass Menschenrechtsexperten im Verwaltungsrat der Menschenrechtskommission nicht vertreten sind; sieht stärkeren Fortschritten in diesem Bereich und positiven Ergebnissen im Zusammenhang mit den neuen Gesetzen über Kinderarbeit und über Frauen und Gewalt mit Erwartung entgegen; stellt mit Besorgnis fest, dass zahlreiche Kaschmiris ohne faires Verfahren in Haft gehalten werden; bedauert die nachgewiesenen Menschenrechtsverletzungen durch die indischen Streitkräfte, insbesondere wenn die Morde und Vergewaltigungen weiterhin in einem Klima der Straflosigkeit verübt werden; stellt mit Besorgnis fest, dass die NHRC rechtlich nicht befugt ist, die Menschenrechtsverstöße zu untersuchen, die von den indischen Sicherheitskräften verübt wurden; ist aber dennoch erfreut über die Empfehlung der NHRC, der Folge geleistet wird, wonach die Armee hochrangige Offiziere benennen sollte, um die Einhaltung der grundlegenden Menschenrechte und der Rechtstaatlichkeit in ihren Militäreinheiten zu überwachen; nimmt die Zusage der indischen Regierung vom September 2005 zur Kenntnis, Menschenrechtsverletzungen nicht zu tolerieren; fordert das Unterhaus des indischen Parlaments, Lok Saba, nachdrücklich auf, die Abänderung des Gesetzes zum Schutze der Menschenrechte in Erwägung zu ziehen, damit die NRHC unabhängig Anschuldigungen über Missbrauch durch Angehörige der Streitkräfte nachgehen kann;
24. begrüßt in diesem Zusammenhang die Erklärungen des Premierministers Singh, der eine „Null-Toleranz für Menschenrechtsverletzungen" in Kaschmir forderte, und ersucht die indische Regierung, jegliches Vorgehen, wie Hinrichtungen ohne Gerichtsverfahren, das „Verschwinden“ von Personen, Folter und willkürliche Festnahmen in Jammu und Kaschmir einzustellen;
25. fordert Indien und die Regierung des Staates Jammu und Kaschmir auf, alle Rechtsvorschriften aufzuheben, mit denen den Mitgliedern der Streitkräfte effektiv Straflosigkeit garantiert wird, und eine unabhängige und unparteiische Untersuchungskommission einzurichten, die sich mit gravierenden Verstößen der indischen Sicherheitskräfte gegen die internationalen Menschenrechte und das internationale humanitäre Recht seit dem Beginn des Konflikts befasst;
26. fordert die Regierungen Indiens und Pakistans nachdrücklich auf, internationalen Menschenrechtsorganisationen (wie Freedom House, Amnesty International und Human Rights Watch) unverzüglich und uneingeschränkt Zugang zu allen Teilen des ehemaligen Fürstentums zu gewähren, damit sie die dortige Menschenrechtslage untersuchen und in regelmäßigen Abständen unabhängige Berichte darüber verfassen können; drängt beide Regierungen, sich öffentlich zur uneingeschränkten Zusammenarbeit mit allen Menschenrechtsorganisationen, die ins Land kommen, zu bekennen;
27. erkennt die schwierigen Lebensbedingungen einer Reihe von Gruppen an, darunter die zwangsvertriebenen Pandits des Kaschmirtals; fordert mit Nachdruck, dass die Diskriminierung dieser und anderer Gruppen, insbesondere bei Beschäftigungsverhältnissen, energisch bekämpft wird; schlägt vor, dass solche Gruppen in Eigeninitiative Ausschüsse mit ihren eigenen gewählten Vertretern einführen und dadurch gewährleisten, dass Frauen und Jugendliche unter 25 angemessen vertreten sind;
28. schlägt vor, dass Indien den Grad des Erfolgs der Einsetzung des „Autonomous Hill Council“ in Ladakh 1993 überprüft; hofft, dass die Handelsroute Kargil-Skardu als Teil der Vertrauen schaffenden Maßnahmen wieder belebt werden kann, und dass die Trennung Ladakh/nördliche Gebiete durch Übergänge überbrückt werden kann, die mit denen vergleichbar sind, die bereits andernorts entlang der Grenz- und Kontrolllinie geöffnet wurden;
29. begrüßt insbesondere, dass generell eine immer größere Zahl von Visa für den Reiseverkehr zwischen Indien und Pakistan ausgestellt wird und die Busverbindung Srinagar-Muzzaffarabad wieder in Betrieb genommen wurde; stellt fest, dass ihre Benutzung – nach den jüngsten Statistiken – aber auf weniger als 400 Personen auf jeder Seite der Grenz- und Kontrolllinie beschränkt ist; fordert die indischen und die pakistanischen Behörden auf, die Beschränkungen im Bezug auf die Ausstellung von Reisegenehmigungen zu lockern;
30. beglückwünscht Indien zu seinen Anstrengungen im Hinblick auf die wirtschaftliche und soziale Entwicklung von Jammu und Kaschmir durch spezielle Pakete für diesen Staat und seine Schwerpunktlegung auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und Maßnahmen zur Förderung des Fremdenverkehrs in Jammu und Kaschmir und schlägt vor zu prüfen, wie die (bevorstehende) Partnerschaft EU-Indien in Zukunft dazu beitragen könnte, neue qualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen, besonders für Frauen und Jugendliche; ermuntert die Europäische Union, die Initiativen lokaler NRO zu unterstützen und Projekte ins Leben zu rufen, mit denen Kapazitäten für Frauen in den Bereichen Produktion und Vermarktung aufgebaut werden; vertritt die Ansicht, dass die Europäische Union Probleme im Bereich der Chancengleichheit lösen könnte, indem sie den Handel mit Erzeugnissen, mit denen traditionell Frauen ihren Lebensunterhalt verdienen, wie Textilien und Kunsthandwerk, verstärken und den Handel im Dienstleistungsbereich in den Sparten erleichtern, in denen Frauen beschäftigt sind; empfiehlt, die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Europäischen Union und Pakistan auf ähnliche Weise zu stärken;
Terrorismusbekämpfung
31. ist sich bewusst, dass es ohne die Beendigung des Terrorismus keine echten Fortschritte hin zu einer politischen Lösung oder einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Bevölkerung in ganz Jammu und Kaschmir geben kann; stellt fest, dass die Zahl der Opfer von Terroranschlägen zwar in den letzten fünf Jahren ständig gesunken ist, die Aktivitäten der sich ständig ändernden terroristischen Gruppen mit Basis in Azad Jammu und Kaschmir, wie Lashkar-e-Taiba und Harakat ul-Mujahedeen aber Hunderte Todesopfer im von Indien verwalteten Jammu und Kaschmir und darüber hinaus gefordert haben;
32. bedauert die nachgewiesenen Menschenrechtsverletzungen durch Pakistan, auch in Gilgit und Baltistan, wo 2004 angeblich gewalttätige Krawalle stattfanden, sowie die Tatsache, dass Terror und Gewalt durch die bewaffneten militanten Gruppen allzu häufig vorkommen; fordert Pakistan nachdrücklich auf, seine Auffassungen über die grundlegenden Rechte der freien Meinungsäußerung, der Vereinigungsfreiheit und der freien Religionsausübung in Azad Jammun und Kaschmir und in Gilgit und Baltistan zu überprüfen, und nimmt mit Besorgnis Anschuldigungen von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International über Folter und Inhaftierung ohne Gerichtsverfahren zur Kenntnis; fordert alle Beteiligten mit Nachdruck auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um gegen diese Verstöße vorzugehen; begrüßt die öffentlichen Zusagen Pakistans, gegen die Infiltration von militanten Gruppen über die Grenz- und Kontrolllinie vorzugehen, die außerhalb des Territoriums unter pakistanischer Kontrolle operieren; vertritt jedoch die Auffassung, dass Pakistan sehr viel stärkere und wirksamere Maßnahmen ergreifen muss; fordert nachdrücklich ein anhaltendes und entschiedenes Engagement von Präsident Musharraf, den Terrorismus zu bekämpfen, was anerkanntermaßen eine enorme Herausforderung bedeutet; billigt und unterstützt multilaterale und bilaterale Hilfen der Mitgliedstaaten der EU zur Unterstützung Pakistans bei der Bekämpfung des Terrorismus und bei intensiven Bemühungen, das Leben der Menschen in Azad Jammu und Kaschmir und in Gilgit und Baltistan zu verbessern; fordert die Regierung von Pakistan und die Mitgliedstaaten der EU ferner auf, ihre Anstrengungen zur Identifizierung und Festnahme potentieller Rekruten von Terroristen, die aus Mitgliedstaaten der EU nach Pakistan kommen, zu verstärken; begrüßt die jüngste Einrichtung einer gemeinsamen Plattform der beiden Regierungen zur Bekämpfung des Terrorismus und zum Austausch von nachrichtendienstlichen Informationen (Gemeinsamer Mechanismus zur Terrorismusbekämpfung Indien-Pakistan) und nimmt zur Kenntnis, dass die erste Sitzung der Plattform am 6. März 2007 in Islamabad stattfand;
33. unterstützt mit Nachdruck die an Pakistan gerichteten Empfehlungen der Internationalen Krisengruppe vom 11. Dezember 2006, die militanten Gruppierungen zu entwaffnen, die terroristischen Ausbildungslager zu schließen, der Anwerbung und Ausbildung von Terroristen auf seinem Gebiet Einhalt zu gebieten und die Geld- und Waffenzufuhr an die Taliban und an andere ausländische oder lokale militante Gruppierungen auf pakistanischem Gebiet zu unterbinden;
34. ist zu der Erkenntnis gelangt, dass die Menschen in Kaschmir auf eine sehr viel geringere militärische Präsenz auf beiden Seiten der Grenz- und Kontrolllinie hoffen und unterstützt dies; weist jedoch darauf hin, dass eine wirkliche Entmilitarisierung nur dann stattfinden kann, wenn gleichzeitig wirksame Maßnahmen getroffen werden, um die Bedrohung einer Infiltration Jammus und Kaschmirs durch Mitglieder militanter Gruppierungen von außerhalb Pakistans, anzugehen und wenn gleichzeitig Vertrauen schaffende Maßnahmen getroffen werden, wie die Beendigung der gegenseitigen Beschuldigungen, die vollständige Inbetriebnahme der Busverbindung Srinagar-Muzzaffarabad, Kommunikations- und Handelsverbindungen sowie sonstige Maßnahmen, die in enger Konsultation mit den interessierten Kreisen in Kaschmir auf beiden Seiten festgelegt werden; stellt fest, dass sich dies positiv auf ihre geistige Gesundheit und ihr Gefühl von Sicherheit auswirken wird, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, und weist mit Nachdruck darauf hin, dass nur neue Initiativen, die sich mit der Zukunft befassen, einen circulus virtuosus herbeiführen können;
Vertrauensbildende Maßnahmen
35. ist hoch erfreut über die jüngsten Anzeichen wieder aufgenommener Bemühungen, zu denen sogar tief greifende politische Neuausrichtungen seitens der pakistanischen und der indischen Regierung zur Lösung des Kaschmir-Konflikts gehören;
36. begrüßt insbesondere die Maßnahmen, die ergriffen wurden, um die Familien, die durch die Grenz- und Kontrolllinie getrennt wurden, wieder zusammenzuführen, indem fünf Grenzübergänge geöffnet wurden; ist sich dessen bewusst, dass die Öffnung von Treffpunkten entlang der Grenz- und Kontrolllinie als besonders langsam und der Dringlichkeit der Situation vor Ort nicht angemessen beschrieben wurde; befürwortet die Öffnung weiterer Grenzübergänge und hofft, dass der Grenzverkehr zunimmt; hofft darauf, dass diese auf alle Bürger auf beiden Seiten ausgeweitet werden, und empfiehlt Indien und Pakistan, Maßnahmen einzuleiten, um sämtliches Reisen zu erleichtern, sei es nun innerhalb des ehemaligen Fürstentums oder außerhalb, und zwar durch schnelle und unkomplizierte Verwaltungs- und Konsularverfahren;
37. hält es für wesentlich, den Austausch über die Grenz- und Kontrolllinie hinweg quer durch alle Ebenen der Bürgergesellschaft und alle Schichten der Bevölkerung noch mehr zu intensivieren; schlägt vor, Austauschprogramme zwischen Rechtsvereinigungen, Schulen und Hochschulen zu schaffen, einschließlich einer gemeinsamen Universität mit einem Campus auf beiden Seiten der Trennungslinie; schlägt vor, dazu beizutragen, das gegenseitige Misstrauen zwischen den Armeen auf beiden Seiten abzubauen; schlägt vor, dass zwischen den Militärs ein Dialog eingeleitet wird;
38. empfiehlt, über die Errichtung eines gemeinsamen indisch-pakistanischen Überwachungszentrums nachzudenken, das Daten über die Wetterbildung und seismische Aktivität weitergeben soll, um Frühwarnungen bei Naturkatastrophen auf beiden Seiten der Grenz- und Kontrolllinie geben zu können;
39. empfiehlt, auf politischer Ebene die Einrichtung eines gemeinsamen parlamentarischen Ausschusses Indien-Pakistan, um einen intensiveren parlamentarischen Austausch und Dialog zu fördern; schlägt ebenfalls vor, gemeinsame Arbeitsgruppen der lokalen Regierung einzurichten, um Handels- und Fremdenverkehrsfragen zu prüfen;
40. ermuntert die Unternehmen in der EU, sich darüber klar zu werden, welches Investitions- und Fremdenverkehrspotenzial ganz Kaschmir hat, und insbesondere darüber, dass hoch motivierte Arbeitskräfte vorhanden sind; schlägt vor, dass die europäischen Unternehmen Joint Ventures mit den lokalen Unternehmen eingehen und dass Vorkehrungen zur Absicherung von Investitionen getroffen werden, um das Vertrauen der Investoren zu erhöhen; fordert alle Beteiligten auf, die Vertretung der jeweiligen Handelskammern bei internationalen Handelsmessen in der Europäischen Union zu unterstützen und zu erleichtern, damit diese den Export ihrer Produkte fördern können;
41. unterstützt nach wie vor die Forderung an Pakistan, die Humanressourcen zu entwickeln, indem es in den tertiären Bildungssektor investiert, wozu auch Berufsschulen und Fachhochschulen in den bundesstaatlich verwalteten Gebieten gehören, einschließlich der Gebiete von Gilgit-Baltistan in Kaschmir;
42. stellt fest, dass Indien das Land ist, das am meisten vom Allgemeinen Präferenzsystem (APS) profitiert; fordert die Kommission eindringlich auf, die APS+-Regelung sowie andere geeignete Handelsmaßnahmen automatisch zu überprüfen, und zwar unmittelbar nach großen Naturkatastrophen, wie Erdbeben; begrüßt die Zusage aller südasiatischen Staaten im Rahmen des Südasiatischen Bündnisses für regionale Zusammenarbeit (SAARC), engagiert daran zu arbeiten, dass die SAFTA politisch und wirtschaftlich Realität wird, die sich eigentlich nur günstig auf die drei Teile von Jammu und Kaschmir auswirken kann; fordert die Regierung Pakistans auf, das „System der Positivliste“ einzustellen; stellt mit Zufriedenheit fest, dass der Handel zwischen den beiden Ländern im vergangenen Jahrzehnt zwar fluktuiert hat, der gesamte Umfang des offiziellen Handels zwischen Indien und Pakistan jedoch von 180 Millionen USD im Jahre 1996 auf 602 Millionen USD im Jahre 2005 gestiegen ist, und dass diese Tendenz noch zunehmen könnte und gefördert werden sollte, zumal der hohe Grad, den der inoffizielle Handel erreicht, auf das latent vorhandene Handelspotenzial zwischen diesen Ländern schließen lässt;
43. weist mit Nachdruck darauf hin, dass der Fremdenverkehr ein erhebliches Potenzial zur Ankurbelung der heimischen Wirtschaft darstellt; fordert die Regierungen der EU daher auf, die Sicherheitslage genau zu beobachten, um aktuelle, koordinierte Reisehinweise für diejenigen bereitstellen zu können, die nach Jammu und Kaschmir reisen möchten;
Reaktionen auf das Erdbeben vom 8. Oktober 2005
44. weist mit Nachdruck darauf hin, dass das Erdbeben schwerwiegende Auswirkungen auf das Leben der Kaschmiris beiderseits der Grenz- und Kontrolllinie hatte und dass die überwältigende humanitäre Lage die fragile Kapazität der Institutionen vor Ort in Azad Jammu und Kaschmir und in der NWPF (North West Frontier Province) verschlechtert hat; hebt mit Nachdruck hervor, dass für diese Menschen das blanke Überleben inzwischen am wichtigsten ist;
45. bedauert, dass Azad Jammu Kaschmir zusätzlich zu den zahlreichen Todesopfern unglaublichen materiellen Schaden an seiner Infrastruktur (Krankenhäuser, Schulen, Regierungsgebäude, Kommunikationsverbindungen) und an den vielfach bereits instabilen grundlegenden Institutionen und Dienstleistungen erlitten hat;
46. ist zutiefst betrübt darüber, dass dem Erdbeben eine unverhältnismäßig große Zahl von Kindern zum Opfer gefallen ist – nach Zahlen der UNICEF wurden 17 000 Kinder getötet; ist äußerst besorgt über Berichte über Kinderhandel unmittelbar nach der Katastrophe und fordert die Regierung Pakistans auf, sich gezielt um die Frage der Rechte und des Schutzes der Kinder in Azad Jammu und Kaschmir und in Gilgit und Baltistan zu kümmern und wirksamere Maßnahmen zur Bekämpfung des Kinderhandels zu ergreifen;
47. verweist auf das Schicksal der Binnenvertriebenen und der Menschen, die nach dem Erdebeben weiterhin äußerst hilfsbedürftig sind; begrüßt in Ermangelung einer Konvention über die Rechte der Binnenvertriebenen die „Leitsätze“ der Vereinten Nationen, die die Grundlage für eine humane Reaktion auf die schleichende Bedrohung der Menschenrechte durch die notgedrungene Vertreibung bilden, und fordert, dass alle einschlägigen Behörden, die ein Interesse an Kaschmir haben, diese Grundsätze achten; fordert die Regierung Pakistans auf, alles in ihrer Macht stehende zu unternehmen, um sobald wie möglich den Bewohnern derjenigen Dörfer Land zuzuweisen, die durch Erdrutsche praktisch verschwunden sind, um ihnen die Möglichkeit zu geben, sich als Dörfer neu zu bilden und dauerhaften und endgültigen Wohnraum neu aufzubauen; empfiehlt mit Nachdruck, dass die EU sich konsequent auf die oben genannten Grundsätze konzentriert, sowie auf die umfassenderen Fragen Demokratie, Justiz und Menschenrechte in allen vier Teilen Kaschmirs; ist ebenfalls der Auffassung, dass die seit langem bestehenden „Flüchtlingslager“ auf beiden Seiten der Grenz- und Kontrolllinie aufgelöst werden sollten und dem Schutz, den Bedürfnissen und der sozialen Integration der Menschen, die dort untergebracht sind, angemessen Rechnung getragen werden sollte und ihnen entweder gestattet werden muss, rasch nach Hause zurückzukehren, oder die permanent umgesiedelt werden müssen; stellt fest, dass die internationale Gemeinschaft in dieser Hinsicht Hilfestellung leisten sollte;
48. weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Katastrophe eine Region getroffen hat, die bereits durch einen Konflikt und durch Terrorismus geschwächt ist und deren fundamentale Institutionen und regionale Stabilität durch organisierte Kriminalität und Einschleusung radikalislamischer Netze über die Grenz- und Kontrolllinie, die sich das zerklüftete Gelände zu nutze machen, ausgehöhlt worden sind;
49. ist bestürzt darüber, dass sich die bereits äußerst bescheidenen Lebensbedingungen in Azad Jammu und Kaschmir vor dem Erdbeben (in Bezug auf Nahrung, Wasser, Unterkunft, sanitäre Einrichtungen, Schulen und eine mehr schlecht als recht funktionierende Gesundheitsfürsorge) infolge des Erdbebes sehr verschlechtert haben; fordert die zuständigen Behörden eindringlich auf, jetzt, da es Millionen an der grundlegendsten Versorgung fehlt, ihre Energien auf die Bekämpfung der Korruption zu konzentrieren, die den Strom der internationalen Hilfsgelder denen vorenthält, für die sie eigentlich gedacht waren, wobei außerdem beunruhigende Behauptungen laut geworden sind, wonach von den Vereinten Nationen verbotene terroristische Vereinigungen im Erdbebengebiet in Azad Jammu und Kaschmir tätig geworden sind; fordert die Kommission, die Regierungen der Mitgliedstaaten, die Regierung Indiens und die Regierung Pakistans sowie die Hilfsagenturen auf, sich weiterhin auf die Grundbedürfnisse der Opfer des Erdbebens zu konzentrieren;
50. stellt fest, dass die Schwere und das Ausmaß des Erdbebens sehr viel größere Auswirkungen auf die pakistanische Seite der Grenz- und Kontrolllinie hatte, wodurch eine Vielzahl von lokalen Regierungsinfrastrukturen ausgelöscht und Verzögerungen bei solchen Dienstleistungen unvermeidlich waren, die zur Behebung des Notfalls erforderlich waren; beglückwünscht die Regierungen, die Streitkräfte und die örtliche Bevölkerung auf beiden Seiten der Grenz- und Kontrolllinie zu ihrem Einsatz, ihrer Entschlossenheit und ihrem Engagement, den vielfachen Herausforderungen gerecht zu werden, die sich durch das Erdbeben ergaben;
Auswirkungen des Erdbebens vom 8. Oktober 2005
51. erkennt an, dass die internationale Gemeinschaft, Indien und Pakistan unter den gegebenen Umständen schnell und positiv auf das Erdbeben reagiert haben: es gab sofort Kontakte auf höchster Ebene zwischen Indien und Pakistan; die einheimischen und lokalen nichtstaatlichen Organisationen haben gut reagiert und mit den lokalen und zentralen Verwaltungen zusammengearbeitet; empfiehlt, dass die Europäische Union weitere Ersuchen um zusätzliche Unterstützung für den Wiederaufbau in den vom Erdbeben betroffenen Gebieten positiv aufnimmt, und bittet die Kommission, aktualisierte Informationen über Ersuchen, die in diesem Zusammenhang eingegangen sind, vorzulegen;
52. stellt mit Besorgnis fest, dass in dem von der Asiatischen Entwicklungsbank und der Weltbank erstellten vorläufigen Bericht über die aktuelle Lage (Preliminary Damage and Needs Assessment), zu dem die Kommission beigetragen hat, der Verlust von Arbeitsplätzen bzw. des Lebensunterhalts infolge des Erdbebens auf insgesamt 29% und die Zahl der betroffenen Menschen auf etwa 1,64 Millionen beziffert wird, mehr als die Hälfte von ihnen – laut Schätzungen – Jugendliche und Kinder unter 15 Jahren; begrüßt das Vorhaben der Kommission „Earthquake Early Recovery and Reconstruction Support to Pakistan”, das über eine Mittelausstattung in Höhe von 50 Millionen Euro verfügt; betont, dass im Mittelpunkt dieses Vorhabens kurzfristig der Schutz der am meisten schutzbedürftigen Gruppen, die Wiederaufnahme der Wirtschaftsaktivitäten in den betroffenen Gebieten, einschließlich der Wiederbelebung der kleinen Unternehmen und der Wiederherstellung der verlorenen Vermögenswerte in der Landwirtschaft, sowie die Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten im Rahmen von Aus- und Weiterbildungsprogrammen und Programmen zur Förderung von Kenntnissen und Fertigkeiten stehen sollten; empfiehlt, dass die Maßnahmen zur Wiederherstellung und Sicherung des Lebensunterhalts mittel- und langfristig die Mikrofinanzierung und die Förderung von Kenntnissen und Fertigkeiten mit einschließen sollten, und fordert die Kommission dringend auf, solche Strategien langfristig zu unterstützen;
53. beglückwünscht all diejenigen, die daran beteiligt waren, die gesundheitlichen Bedürfnisse der Überlebenden des Erdbebens in den Lagern zu ermitteln und zu befriedigen, was trotz der Herausforderungen in Bezug auf die Versorgung mit sauberem Trinkwasser und angemessenen hygienischen Einrichtungen nach der Katastrophe nicht zu massiven Ausbrüchen von Krankheiten durch verseuchtes Wasser geführt hat; beglückwünscht die Regierung Pakistans dazu, dass sie für mehr als zwei Millionen Erdbebenopfer Unterkünfte bereitgestellt und die Opfer versorgt hat, um sie durch den Winter zu bringen, und beglückwünscht ferner Indien dazu, dass es nun neue Unterkünfte für 30 000 Menschen geschaffen hat, die auf seiner Seite der Grenz- und Kontrolllinie obdachlos geworden waren; ist besorgt darüber, dass Berichten zufolge Tausende Menschen immer noch in Zelten leben, wie bei dem Besuch der Delegation des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zur SAARC vom 15.- 22. Dezember 2006 in Azad Jammu und Kaschmir festgestellt wurde;
54. stellt fest, dass Pakistan innerhalb weniger Tage nach der Katastrophe auf föderaler Ebene einen Ausschuss zur Linderung der Not gegründet hat, um die Such- und Rettungs- sowie Hilfsoperationen zu koordinieren; bedauert jedoch, dass Pakistan sich wegen der Nationalität der Piloten nicht in der Lage sah, das indische Angebot anzunehmen, Helikopter bereitzustellen, und auch gemeinsame Rettungsaktionen von beiden Seiten der Grenz- und Kontrolllinie, ärztliche Hilfeteams und die Reparatur der Telekom-Infrastruktur abgelehnt hat, die alle erheblich dazu hätten beitragen können, die Zahl der Opfer zu reduzieren; bedauert daher, dass das Erdbeben nicht als eine Möglichkeit genutzt wurde, um politischen Willen zu zeigen, den humanitären Bedürfnissen der Bevölkerung von Kaschmir Vorrang zu geben und politische Differenzen zu überwinden;
55. begrüßt, dass die Nachbarstaaten Pakistans (Indien, China, Iran, Afghanistan) und, in weiter entfernter Nachbarschaft, die Türkei und die Organisation der Islamischen Konferenz und die internationale Gemeinschaft insgesamt Pakistan so schnell finanzielle Hilfe zugesagt haben; beglückwünscht die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, und insbesondere die Generaldirektion ECHO, die bereits in Pakistan präsent ist, zu ihrer sofortigen und effizienten Reaktion; fordert die Geldgeber auf, ihre ursprünglichen Zusagen so bald wie möglich einzulösen;
56. begrüßt insbesondere die Kommission zu ihrem Programm zur fortlaufenden Finanzierung als Reaktion auf das Erdbeben, dem nunmehr 48,6 Mio. Euro zugewiesen wurden und das in Partnerschaft mit NRO, dem Roten Kreuz und VN-Agenturen durchgeführt wird; fordert, dass sich die EU weiterhin beim Wiederaufbau in Kaschmir engagiert;
57. bedauert, dass die Regierung Pakistans darauf bestanden hat, dass alle indischen Aufschriften von den aus Indien stammenden humanitären Hilfslieferungen entfernt werden mussten, bevor sie verteilt wurden;
58. weist mit Nachdruck darauf hin, dass die anfänglich zögerliche Reaktion des pakistanischen Militärs auf die Katastrophe unmittelbar nach dem Erdbeben ein Vakuum geschaffen hat, das von militanten Organisationen vor Ort, wie z.B. der Organisation Jamaat-i-Islami und der Organisation Jamaat-ud-Dawa, vormals Lakshar-e-Tayyaba (die zur Terrororganisation erklärt wurde und als solche von der Regierung Musharraf 2002 verboten wurde) ausgenutzt wurde, und dass diese Organisationen de facto rasch zu Lieferanten von Nahrungsmitteln, Unterkünften, Schulmöglichkeiten für Kinder und Unterstützung für die Witwen geworden sind; ist sehr besorgt, dass dies die Glaubwürdigkeit solcher polarisierenden Gruppen in den Augen der lokalen Bevölkerung erhöht hat und das Potenzial für eine echte demokratische Vertretung weiter untergraben hat;
59. fordert die Regierungen Indiens und Pakistans ebenso wie die internationale Gemeinschaft mit Nachdruck auf, alles in ihren Kräften Stehende zu tun, um Schutzvorkehrungen zu treffen und die Verwendung der bereitgestellten Mittel genau zu verfolgen;
60. hält die Vereinbarung vom 2. Mai 2006, den Handel und Warenverkehr zwischen den geteilten Regionen von Jammu und Kaschmir über beide Seiten der Grenz- und Kontrolllinie hinweg wiederzubeleben, dadurch für einen riesigen Fortschritt, dass beschlossen wurde, einen Lastwagendienst auf der Strecke Srinagar-Muzaffarabad einzurichten, sowie einen zweiten Busdienst durch Kaschmir, der Poonch in Jammu und Kaschmir mit Rawalakot in Azad Jammu und Kaschmir verbindet; schlägt den Bau eines Straßennetzes zwischen Jammu und Sialkot und Gilgit-Baltistan vor; schlägt ebenfalls die Einführung einer Bahnverbindung zwischen Jammu und Srinagar und eine Verbesserung der Verbindungsstraße zwischen den beiden Städten vor; begrüßt die Zusage von Premierminister Singh vom 23. Mai 2006, einen freieren Handel und eine größere Freizügigkeit mit „sanften Grenzen“ zu schaffen, um ein Klima zu fördern, das der Beilegung des Kaschmir-Konflikts förderlich ist; ermuntert beide Seiten ausdrücklich, den offiziellen Handel rasch auszuweiten; fordert eine rasche Einigung über die Modalitäten im Straßengüterverkehr und betont, dass diese soweit wie möglich vereinfacht werden müssen; schlägt die Ausarbeitung eines integrierten Marktentwicklungsplans vor, mit mehreren Anlagen für die Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse, Kühlketten, Lieferungen in Kleincontainern und mit verplombten Lastwagen;
Schlussfolgerungen
61. fordert die EU und ihre Institutionen auf, dafür zu sorgen, dass das Schicksal der Menschen von Jammu und Kaschmir nicht aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit verschwindet, und zu gewährleisten, dass Hilfs- und andere Programme mit dem Ziel einer langfristigen Erholung und des Aufbaus von Institutionen entwickelt und durchgeführt werden;
62. unterstreicht, dass, wie die eigene Erfahrung in der EU zeigt, zunehmende bilaterale Handelsströme Schlüsselelemente für die Verbesserung der Beziehungen zwischen Ländern sind; ist der Auffassung, dass im Falle Jammus und Kaschmirs der Handel über die Grenz- und Kontrolllinie hinweg besonders wichtig ist, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und das Wirtschaftspotenzial zu entwickeln und freizusetzen; empfiehlt, dass Verkehrs- und Infrastrukturprojekte zur Priorität gemacht werden;
63. unterstützt ausdrücklich die fortgesetzten Bemühungen der Politiker auf beiden Seiten und auf allen Ebenen und fordert sie nachdrücklich auf, die Bedürfnisse der Menschen in Kaschmir sowohl in materieller als auch in institutioneller Hinsicht vorrangig zu behandeln, damit ihre politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Beeinträchtigungen behoben werden können; empfiehlt der EU, auf Ersuchen beider Regierungen zu reagieren;
64. erkennt die hervorragende Arbeit an, die die Delegationen der Kommission in Islamabad und Neu-Delhi leisten;
65. stellt fest, dass Naturkatastrophen manchmal die politischen Voraussetzungen für den Frieden schaffen; erinnert daran, dass die Natur keine Grenzen kennt und dass Pakistan und Indien den Menschen in Kaschmir nur durch gemeinsame nachhaltige Maßnahmen Hoffnung auf eine bessere Zukunft geben können;
66. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, den Regierungen der Republik Indien und der Islamischen Republik Pakistan, den zuständigen Behörden der Regierungen der von Indien und von Pakistan verwalteten Region Jammu und Kaschmir sowie der Volksrepublik China und den Vereinten Nationen zu übermitteln.
BEGRÜNDUNG
Hintergrund
1. Das Schicksal der Bevölkerung Kaschmirs ist seit über fünfzig Jahren ein Anliegen der internationalen Gemeinschaft. Eine unvorhergesehene Folge der Teilung des indischen Subkontinents führte dazu, dass das ehemals unabhängige, historische und wunderschöne Fürstentum Jammu und Kaschmir zwischen der Islamischen Republik Pakistan und der Republik Indien aufgeteilt wurde. Aus einem Konflikt entstanden, hat die Trennung Tausende von Leben gefordert und dazu geführt, dass Hunderttausende fliehen und Zuflucht suchen mussten, vielen von ihnen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und in Nordamerika. Sie haben nicht geschwiegen, sondern die Wiedervereinigung ihres geliebten ehemaligen Staates und die Zusammenführung der Familien sowie ein dauerhaftes Ende des Konflikts gefordert. Inzwischen hat sich die Europäische Union, obwohl sie nicht aufgefordert wurde, eine Vermittlerrolle zu übernehmen, angesichts der wachsenden Bedeutung der Region zunehmend für alle Fragen im Zusammenhang mit dem Subkontinent interessiert.
2. Die Trennung ermöglichte den Regionen des Kaschmir-Tals, Jammu, Ladakh und den Siachen-Gletscher Zugang zu der Republik Indien als Staat Jammu und Kaschmir. Die Islamische Republik Pakistan übernahm die Kontrolle über Azad Jammu und Kaschmir (AJK) und Gilgit und Baltistan; letztere wurden in Nordgebiete umbenannt, von denen Pakistan der Volksrepublik China 1963 einen kleinen Teil abtrat.
3. Später führten Indien und Pakistan drei Kriege wegen Kaschmir, die dazu führten, dass eine große Zahl von Streitkräften auf Dauer auf beiden Seiten der 1972 bilateral vereinbarten Grenze, bekannt unter der Bezeichnung Grenz- und Kontrolllinie (LoC), stationiert wurde.
Politik der EU und vorliegender Bericht
4. Die EU unterstützt entschieden die regionale Integration, eine Liberalisierung des Handels, und eine wirtschaftliche Zusammenarbeit. Sie hat sowohl mit Indien, das jetzt die größte Demokratie der Welt ist, als auch mit Pakistan, das aufgrund des Grenzkonflikts mit Afghanistan und seiner Rolle bei der Bekämpfung des Terrorismus ein wichtiger Verbündeter geworden ist, Kooperationsabkommen geschlossen. Beide Staaten sind Atommächte. Das Europäische Parlament ist an all diesen Aspekten sehr interessiert, deshalb dieser Bericht.
5. Die Berichterstatterin besuchte beide Seiten der Grenz- und Kontrolllinie und konnte sich mit Politikern auf allen Ebenen (Regierung und Opposition), auch mit der Bewegung „All Party Hurriyat Conference“ (APHC - Allparteienkonferenz), der Bürgergesellschaft, der akademischen Welt, Unternehmern, den Menschenrechtskommissionen, internationalen Diplomaten und dem Militär sehr ausführlich auszutauschen. Sie besuchte Bewohner von Lagern für ‚Migranten‘ und Flüchtlinge und traf mit Vertretern des Rates, der Kommission und diverser Botschaften zusammen sowie mit vielen EU-Bürgern kaschmirischer Herkunft. Die Berichterstatterin erhielt ausführliche Berichte vom Militär beider Seiten sowie erhebliche Unterstützung seitens der Delegationen der Kommission in Neu-Delhi und in Islamabad.
6. In den letzten Monaten haben mehrere Mitglieder des Europäischen Parlaments der Region sowohl offizielle als auch inoffizielle Besuche abgestattet und so weiteres Wissen für diesen Bericht zusammengetragen.
Der Friedensprozess
7. Trotz der Tatsache, dass der anhaltende Konflikt von der Außenwelt in den letzten Monaten als ziemlich aussichtslos empfunden wurde, haben die Regierungen Indiens und Pakistans in Zusammenarbeit mit einem großen Teil der Bevölkerung Kaschmirs auf beiden Seiten der Grenz- und Kontrolllinie und in den Hauptstädten erhebliche Anstrengungen im Hinblick auf eine dauerhafte und friedliche Lösung des Konflikts unternommen.
8. In den indischen Gesprächen am Runden Tisch, die Premierminister Singh eingeleitet hat, wird derzeit intensiv nach Möglichkeiten gesucht, die Grenzen weniger undurchlässig zu machen. In den nach der ersten Konferenz am Runden Tisch eingesetzten fünf Arbeitsgruppen sind alle Beteiligten einbezogen, obwohl einige Hardliner der Bewegung „All Party Hurriyat Conference“ versucht haben, die Treffen zu boykottieren. Die Arbeitsgruppen prüfen unter anderem die Möglichkeiten in Bezug auf eine größere Selbstverwaltung in naher Zukunft.
9. Obwohl in Pakistan auf sehr hoher Ebene (sowohl in der Armee als auch in der Verwaltung) abweichende Meinungen laut geworden sind, haben Präsident Musharraf, der Premierminister und der Außenminister mehrere wichtige Schritte unternommen und sich bereit erklärt, Wege zu beschreiten, die im Interesse aller sind.
10. In dem Bericht wird der resultierende strukturierte und dauerhafte Dialog zwischen Indien und Pakistan (India-Pakistan Composite and Permanent Dialogue), uneingeschränkt unterstützt, der zu einer Reihe Vertrauen schaffender Maßnahmen geführt hat, die es unter anderem getrennten Familien ermöglicht hat, die Grenz- und Kontrolllinie zu überqueren und sich zum ersten Mal seit 60 Jahren zu sehen.
11. Die EU hat das im April 2005 gemeinsam von Indien und Pakistan veröffentlichte Kommuniqué zu Kaschmir entschieden begrüßt, da dieses den Friedensprozess gefördert hat, indem darin die Unumkehrbarkeit des Friedensprozesses bekräftigt und die Bedeutung einer nichtmilitärischen Lösung des Konflikts hervorgehoben wurde. Die EU hat ebenfalls die seither bei diesem Dialog erzielten Fortschritte begrüßt.
12. In dem Bericht wird die EU eindringlich aufgefordert, weiterhin jede erdenkliche Unterstützung für diese sehr wichtigen Initiativen zu leisten, die das Potenzial bergen, den Frieden in einer sehr viel größeren Region herbeizuführen, und Organisationen wie z.B. die SAARC und die SAFTA zu stärken, an denen die EU sich uneingeschränkt beteiligt.
13. Darüber hinaus unterstreicht der Bericht den hohen Wert, den die EU der Demokratie und den Menschenrechten für alle Menschen in der Region beimisst, insbesondere für die Opfer des Erdbebens in Kaschmir im Jahr 2005, für Zwangsmigranten und für Zwangsflüchtlinge, und für diejenigen, die die Grundfreiheiten und die Demokratie entbehren müssen.
Jammu und Kaschmir
14. Trotz des Friedensprozesses wird Indien weiterhin kritisiert wegen seiner großen militärischen Präsenz an der Grenz- und Kontrolllinie und der Meldungen über vielfach nachgewiesene Menschenrechtsverletzungen, wie aus zahlreichen offiziellen (und persönlichen) Berichten hervorgeht, die beim Europäischen Parlament eingegangen sind. Es gibt Belege dafür, dass es in Azad Jammu und Kaschmir mindestens ein Ausbildungslager für Terroristen gibt, und dies macht es für Außenseiter schwer, sich ein Urteil über die erforderliche militärische Präsenz zu bilden, zumal Al Quaida in der Region aktiv ist.
In dem Bericht wird anerkannt und begrüßt, dass der Staat Jammu und Kaschmir Teil der multireligiösen, multiethnischen, säkularen Demokratie Indiens ist, es wird jedoch mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass es unbedingt notwendig ist, dass die Menschenrechte aller geachtet werden, auch wenn ein Konflikt in der Region herrscht.
15. Die Berichterstatterin verweist auf die seit langem bestehenden Flüchtlingslager in dem von Indien verwalteten Teil Kaschmirs und ruft dazu auf, die Situation der Bewohner der Orte, die mittlerweile zu kleineren Städten geworden sind, zu regularisieren, obwohl sie keinen offiziellen Status haben. Dies würde nämlich Tausenden von Jugendlichen, die ein Recht auf Zukunft haben, das ihren Eltern infolge der historischen Trennung verwehrt war, eine Zukunftsperspektive bieten. Das Gleiche trifft auf Pakistan zu.
16. Dennoch unterscheiden sich die indische und die pakistanische Verfassung sehr, was die Grundfreiheiten und die Rechte der Frauen, Kinder und Minderheiten betrifft, und dies wurde im Bericht berücksichtigt.
Azad Jammu und Kaschmir
17. In dem Bericht wird die anhaltend schlechte politische und humanitäre Lage in allen vier Teilen von Jammu und Kashmir bedauert; insbesondere wird jedoch auf das demokratische Defizit in Azad Jammu und Kaschmir und in Gilgit und Baltistan verwiesen, wo Pakistan es leider versäumt hat, seine Verpflichtungen zur Einführung bedeutsamer und repräsentativer demokratischer Strukturen zu erfüllen. Die Berichterstatterin ist nicht von dem wiederholt vorgebrachten Argument Pakistans überzeugt, die fehlende Vertretung der Kaschmiris in der pakistanischen Nationalversammlung spiegele die Tatsache wider, dass Pakistan Kaschmir nicht als Teil seiner Föderation betrachtet, da die pakistanischen Rechtsvorschriften gemäß dem Anpassungsgesetz vom 1. Januar 2005 von einigen geringfügigen Ausnahmen abgesehen nahezu uneingeschränkt in ganz Azad Jammu und Kaschmir und in Gilgit und Baltistan Anwendung finden.
18. Die Tatsache, dass Azad Jammu und Kaschmir von dem Ministerium für die Angelegenheiten Kaschmirs in Islamabad verwaltet wird, dass pakistanische Beamte den Kaschmir-Rat beherrschen und dass der Chief Secretary, der Generalinspektor der Polizei, der Generalhaushaltsprüfer und der Finanzsekretär alle aus Pakistan stammen, spricht für sich. Ebenso wenig können wir die Interimsverfassung von 1974 ignorieren, die eine Bestimmung enthält, wonach jede politische Aktivität, die nicht im Einklang mit der Doktrin steht, wonach Jammu und Kaschmir Teil Pakistans ist, verboten ist. Das so genannte Gesetz über die Interimsverfasssung von 1974 sieht zahlreiche Strukturen vor, die Merkmale eines selbstständigen Staates sind, wie z.B. ein gesetzgebendes Parlament, das regelmäßig gewählt wird, einen Premierminister, der an der Spitze einer Mehrheit im Parlament steht, einen indirekt gewählten Präsidenten, eine unabhängige Justiz und örtliche Regierungsbehörden. Diese Bestimmungen sind jedoch nicht viel mehr als eine leere Hülle. Die Macht wird vom Rat von Azad Jammu und Kaschmir ausgeübt, dem der Premierminister Pakistans vorsitzt, und der mehrheitlich aus Mitgliedern seines Kabinetts besteht oder deren Mitglieder ernannt werden. Darüber hinaus kann die pakistanische Regierung nach Abschnitt 56 des Gesetzes über eine Interimsverfassung für Jammu und Kaschmir (das von den Bundesministerien für Justiz und Angelegenheiten Kaschmirs in Islamabad ausgearbeitet wurde) jede gewählte Regierung in Azad Kaschmir entlassen, unabhängig von der Unterstützung, die diese Regierung gegebenenfalls in der legislativen Versammlung von Azad Jammu und Kaschmir genießt. Wie in ganz Pakistan hat der nationale Islamische Rat im Übrigen das letzte Wort und kann jedes Gesetz für ungültig erklären.
Gilgit und Baltistan
19. So schlimm die Lage in Azad Jammu und Kaschmir auch sein mag, in Gilgit und Baltistan, dem nördlichsten Teil des von Pakistan verwalteten Teils Kaschmirs, ist sie unendlich schlimmer. Diese Region hat keinen besonderen Status, und sogar der Schein einer demokratischen Repräsentation fehlt.
20. Die Region Gilgit und Baltistan (von Pakistan als Nordgebiete bezeichnet) wird von Pakistan verwaltet. Da Pakistan behauptet, die gesamte Region Jammu und Kaschmir sei strittiges Gebiet, hat das Land die Nordgebiete nicht offiziell eingegliedert. Daher ist die Region weder eine Provinz Pakistans, noch Teil von Azad Jammu und Kaschmir. Der Rat der Nordgebiete, der bereits vor einiger Zeit eingesetzt wurde und von dem nachdrücklich behauptet wird, er funktioniere wie eine Art Provinzparlament, verbirgt in Wirklichkeit die Tatsache, dass es überhaupt keine verfassungsrechtliche Identität oder Bürgerrechte gibt.
21. Die Menschen sollen arm, ungebildet und rückständig bleiben. Die Entbehrung und das Fehlen der lebensnotwendigsten Grundbedürfnisse sind nur allzu offensichtlich 25 kleine Krankenhäuser mit 140 Ärzten (das entspricht 1 Arzt für 6 000 Einwohner) im Vergleich zu 830 Krankenhäusern und 75 000 Ärzten für das übrige Pakistan, eine Alphabetisierungsrate von 33%, mit besonders schlechten Zahlen für Frauen und Mädchen; in Gilgit und Baltistan gibt es nur 12 weiterführende Schulen und 2 regionale Hochschulen ohne Möglichkeiten für weiterführende Studien; abgesehen von Arbeitsplätzen in der Regierung ist es nur der Fremdenverkehrssektor, der gewisse Beschäftigungsmöglichkeiten bietet, was offensichtlich problematisch ist. Unter der örtlichen Bevölkerung ist es nur einigen gelungen, sich einen Arbeitsplatz bei der Regierung zu sichern, aber sogar dann erhalten sie bis zu 35% weniger Gehalt als Beschäftigte, die von außerhalb kommen; es gibt auch keinen örtlichen Rundfunk.
22. Das Erdbeben von 2005, das an und für sich schon verheerend war, hat die Situation noch verschärft. Es wäre völlig verantwortungslos, nicht auf diese Situation hinzuweisen oder diese ständigen Ungerechtigkeiten nicht hervorzuheben; daher wird in dem Bericht eindringlich darauf verwiesen, dass Pakistan sein Konzept der demokratischen Rechenschaftspflicht überprüft und die Problematik der Grundversorgung in den Gebieten angeht, die (de facto) unter seiner Kontrolle stehen.
Die Frage der Volksabstimmung
23. In dem Bericht wird der Friedensprozess zwischen Pakistan und Indien als die einzige Möglichkeit, Fortschritte zu erzielen, klar und deutlich unterstützt.
24. Pakistan verweist weiterhin auf frühere Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, um seinen Standpunkt zu verteidigen, es müsse eine Volksabstimmung durchgeführt werden, um zu bestimmen, ob ein wiedervereinigtes Jammu und Kaschmir sich Indien oder Pakistan „anschließt“. In dem Bericht wird jedoch drauf verwiesen, dass Pakistan die Voraussetzungen, die die Vereinten Nationen für die Abhaltung einer Volksabstimmung festgelegt haben, nicht erfüllt hat und auch nicht mehr erfüllen kann. Die Lage hat sich anders entwickelt.
Schlussfolgerung
25. Abschließend wird in dem Bericht das alte und einzigartige Erbe der Bevölkerung Kaschmirs anerkannt, und die Berichterstatterin kann die Kaschmiris nur für ihre Beharrlichkeit loben. Nach so vielen Jahrzehnten des Konflikts und der Tragödie in diesem außerordentlich schönen und historischen Teil des Subkontinents ist es ermutigend, zu sehen, wie die beiden großen Länder Indien und Pakistan mit der Bevölkerung Kaschmirs zusammenkommen, und dass friedliche Lösungen nicht länger in weiter Ferne sind, ja, sogar manchmal schon umgesetzt werden; dies ist ein vertrauter Prozess, den das Europäische Parlament uneingeschränkt unterstützt.
Anlage
Liste der Resolutionen der Vereinten Nationen zu Kaschmir (1948-1971)
Resolution 38 (1948) adopted by the United Nations Security Council (hereafter referred to as the Security Council) at its 229th Meeting held on 17 January 1948;
Resolution 39 (1948) adopted by the Security Council at its 230th Meeting held on 20 January 1948;
Draft Resolution presented by the President of the Security Council and the Rapporteur on 6 February 1948;
Resolution 47 (1948) adopted by the Security Council at its 286th Meeting held on 21 April 1948;
Resolution 51 (1948) adopted by the Security Council at its 312th Meeting held on 3 June 1948;
Resolution adopted by the United Nations Commission for India and Pakistan on 13 August 1948;
Resolution adopted by the United Nations Commission for India and Pakistan on 5 January 1949;
Proposal in respect of Jammu and Kashmir made by General A.G.L. McNaughton, President of the Security Council of the United Nations on 22 December 1949;
Resolution 80 (1950) adopted by the Security Council at its 470th Meeting held on 14 March 1950;
Resolution 91 (1951) adopted by the Security Council at its 539th Meeting held on 30 March 1951;
Resolution 96 (1951) adopted by the Security Council al its 566th Meeting held on 10 November 1951;
Resolution 98 (1952) adopted by the Security Council at its 611th Meeting held on 23 December 1952;
Resolution 122 (1957) adopted by the Security Council at its 765th Meeting held on 24 January 1957;
Draft Resolution presented by Australia, Cuba, U.K. and U.S.A. on 14 February 1957;
Resolution 123 (1957) adopted by the Security Council at its 774th Meeting held on 21 February 1957;
Draft Resolution presented by Australia, Columbia, Philippines on 16 November 1957;
Resolution 126 (1957) adopted by the Security Council at its 808th Meeting held on 2 December 1957;
Draft Resolution submitted by Ireland to the Security Council on June 22, 1962;
Statement of the President of the Security Council (French Representative) made on the 18 May 1964 at the 1117th Meeting of the Council (Document No. S/PV. 1117, dated the 18 May l964) summarizing the conclusion of the debate on Kashmir;
Resolution 209 (1965) adopted by the Security Council at its 1237th Meeting held on 4 September 1965;
Resolution 210 (1965) adopted by the Security Council at its 1238th Meeting held on 6 September 1965;
Resolution 211 (1965) adopted by the Security Council at its 1242nd Meeting held on 20 September 1965;
Resolution 214 (1965) adopted by the Security Council at its 1245th Meeting held on 27 September 1965;
Resolution 215 (1965) adopted by the Security Council at its 1251st Meeting held on 5 November 1965;
Resolution 303 (1971) adopted by the Security Council at its 1606th Meeting held on 6 December 1971;
Question considered by the Security Council at its 1606th, 1607th and 1608th Meetings held on 4, 5 and 6 December 1971;
Resolution 307 (1971) adopted by the Security Council at its 1616th Meeting held on 21 December 1971.
VERFAHREN
Titel |
Kaschmir: derzeitige Lage und künftige Perspektiven |
|||||||||||
Verfahrensnummer |
||||||||||||
Federführender Ausschuss |
AFET |
|||||||||||
Mitberatende/r Ausschuss/Ausschüsse |
- |
|
|
|
|
|||||||
Nicht abgegebene Stellungnahme(n) |
- |
|
|
|
|
|||||||
Verstärkte Zusammenarbeit |
- |
|
|
|
|
|||||||
Berichtersatter Datum der Benennung |
Baroness Nicholson of Winterbourne |
|
||||||||||
Frühere Berichterstatter |
- |
|
||||||||||
Prüfung im Ausschuss |
28.11.2006 |
24.1.2007 |
26.2.2007 |
|
|
|||||||
Datum der Annahme |
21.3.2007 |
|||||||||||
Ergebnis der Schlussabstimmung |
+ - 0 |
60 1 11 |
||||||||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder |
Vittorio Agnoletto, Roberta Alma Anastase, Robert Atkins, Panagiotis Beglitis, Monika Beňová, André Brie, Philip Claeys, Simon Coveney, Véronique De Keyser, Hanna Foltyn-Kubicka, Michael Gahler, Bronisław Geremek, Alfred Gomolka, Richard Howitt, Jana Hybášková, Anna Ibrisagic, Bogdan Klich, Helmut Kuhne, Vytautas Landsbergis, Eugen Mihăescu, Philippe Morillon, Pasqualina Napoletano, Annemie Neyts-Uyttebroeck, Baroness Nicholson of Winterbourne, Raimon Obiols i Germà, Cem Özdemir, Janusz Onyszkiewicz, Justas Vincas Paleckis, Ioan Mircea Paşcu, Alojz Peterle, Tobias Pflüger, João de Deus Pinheiro, Mirosław Mariusz Piotrowski, Hubert Pirker, Michel Rocard, Raül Romeva i Rueda, Libor Rouček, José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, Jacek Saryusz-Wolski, Marek Siwiec, István Szent-Iványi, Charles Tannock, Inese Vaidere, Geoffrey Van Orden, Ari Vatanen, Kristian Vigenin, Jan Marinus Wiersma |
|||||||||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende/r Stellvertreter (in/innen) |
Laima Liucija Andrikienė, David Casa, Giulietto Chiesa, Alexandra Dobolyi, Andrew Duff, Carlo Fatuzzo, Kinga Gál, David Hammerstein Mintz, Tunne Kelam, Evgeni Kirilov, Jo Leinen, Yiannakis Matsis, Doris Pack, Inger Segelström, Adrian Severin, Jean Spautz, Csaba Sándor Tabajdi |
|||||||||||
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende/r Stellvertreter (in/innen) (Art. 178 Abs. 2) |
Sharon Bowles, Philip Bushill-Matthews, Roger Helmer, Sajjad Karim, Elizabeth Lynne, David Martin, Gérard Onesta, Ria Oomen-Ruijten |
|||||||||||
Datum der Einreichung |
25.4.2007 |
|||||||||||
Anmerkungen (Angaben nur in einer Sprache verfügbar) |
|
|||||||||||