BERICHT über eine EU-Strategie zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Verringerung alkoholbedingter Schäden

30.7.2007 - (2007/2005(INI))

Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit
Berichterstatter: Alessandro Foglietta

Verfahren : 2007/2005(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A6-0303/2007
Eingereichte Texte :
A6-0303/2007
Angenommene Texte :

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zu einer EU-Strategie zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Verringerung alkoholbedingter Schäden

(2007/2005(INI))

Das Europäische Parlament,

–   gestützt auf Artikel 152 des EG-Vertrags,

–   in Kenntnis der Mitteilung der Kommission über eine EU-Strategie zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Verringerung alkoholbedingter Schäden (KOM(2006)0625),

–   unter Hinweis auf die Empfehlung 2001/458/EG des Rates vom 5. Juni 2001 zum Alkoholkonsum von jungen Menschen, insbesondere von Kindern und Jugendlichen[1],

–   unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 5. Juni 2001 zu einer Gemeinschaftsstrategie zur Minderung der schädlichen Wirkungen des Alkohols[2],

–   unter Hinweis auf die Empfehlung 2004/345/EG der Kommission vom 6. April 2004 zu Durchsetzungsmaßnahmen im Bereich der Straßenverkehrssicherheit[3],

–   unter Hinweis auf die Erklärung von Stockholm über Jugend und Alkohol der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus dem Jahr 2001,

–   unter Hinweis auf die verschiedenen maßgeblichen Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Rechtsache Franzen (C-189/95), Rechtsache Heinonen (C-394/97), Rechtsache Gourmet (C-405/98), Rechtsache Catalonia (C-190 und C-179/90), Rechtsache Loi Evin (C-262/02 und C-429/02),

–   unter Hinweis auf die WHO-Resolution vom 25. Mai 2005 zu Problemen im Bereich der öffentlichen Gesundheit aufgrund von Alkohol (WHA 58.26),

–   unter Hinweis auf Ziel 12 des Programms „Health 21“ aus dem Jahr 1999 sowie in Kenntnis des Aktionsplans Alkohol 2000-2005 der Europäischen Region der WHO,

–   gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (A6‑0303/2007),

A. in der Erwägung, dass sich die Terminologie, die bei der Erörterung alkoholbedingter Schäden verwendet wird, auf die von der WHO festgelegte offizielle Terminologie stützen sollte, um Unklarheiten und Doppeldeutigkeiten zu vermeiden,

B.  in der Erwägung, dass gefährlicher und schädlicher Alkoholkonsum insbesondere bei Jugendlichen auf europäischer Ebene ganz klar ein Problem darstellt, den menschlichen Organismus, insbesondere den von Kindern und Heranwachsenden, schädigt und Todesfälle durch entsprechende Erkrankungen sowie Unfälle verursacht, sowie für soziale Probleme und Kriminalität und große Schäden für die europäische Wirtschaft verantwortlich ist, sowie in der Erwägung, dass es mittlerweile in allen Mitgliedstaaten vordringlich geboten ist, eine evidenzbasierte Alkoholpolitik zu betreiben;

C. in der Erwägung, dass gefährlicher und schädlicher Alkoholkonsum ein erheblicher Krankheitsfaktor und eine Bedrohung der öffentlichen Gesundheit ist, der der Gesundheit und der Gesellschaft vielfältige Schäden zufügt,

D. in der Erwägung, dass in Artikel 152 des Vertrags die Zuständigkeit und Verantwortung der Europäischen Union bekräftigt wird, gesundheitspolitische Probleme anzugehen und die einzelstaatlichen Maßnahmen in diesem Bereich zu ergänzen; ferner in der Erwägung, dass die Arbeit auf Gemeinschaftsebene im Hinblick auf die Feststellung und Verbreitung der guten Praxis, die in diesem Bereich zu positiven Ergebnissen geführt hat, eine wichtige Ergänzung der einzelstaatlichen politischen Maßnahmen darstellt, sowie unter Hinweis darauf, dass wirksame einzelstaatliche Aktionspläne bei ähnlichen Maßnahmen in anderen Mitgliedstaten berücksichtigt werden und auf einzelstaatlicher Ebene Synergien schaffen sollten,

E.  in der Erwägung, dass wirtschaftliche und soziale Faktoren (Stress und Überlastung bei der Arbeit, Arbeitslosigkeit, prekäre Lebensverhältnisse usw.) eine wesentliche Rolle beim gefährlichen und schädlichen Alkoholkonsum spielen können und ausschlaggebend dafür sein können, dass eine Abhängigkeit von Alkohol entsteht,

F.  in der Erwägung, dass in den Mitgliedstaaten unterschiedliche Strategien zur Vermeidung von gefährlichem und schädlichem Alkoholkonsum bzw. zur Verringerung alkoholbedingter Gesundheitsschäden verfolgt werden,

G. in der Erwägung, dass es wünschenswert ist, dass die Europäische Union allgemeine Ziele im Hinblick auf ein Eindämmen der schädlichen Folgen des gefährlichen und schädlichen Alkoholkonsums in den Mitgliedstaaten formuliert und in enger Abstimmung mit den Mitgliedstaaten Maßnahmen treffen kann, um alkoholbedingte Schäden zu vermeiden, die sowohl die Trinker selbst als auch Dritte betreffen, z.B. Schädigungen und Beeinträchtigungen der Gesundheit wie fetales Alkoholsyndrom (FAS) und fetale Alkohol-Spektrumsstörungen (FASD), Lebererkrankungen, Krebs, Bluthochdruck und Herzinfarkt ebenso wie Verkehrs- und Arbeitsunfälle, aber auch soziale Schäden wie häusliche Gewalt und Gewalt in der Familie, Vernachlässigung von Kindern, Arbeitslosigkeit, Armut, soziale Stigmatisierung und soziale Ausgrenzung,

H. in der Erwägung, dass der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wiederholt bekräftigt hat, dass die Bekämpfung alkoholbedingter Schäden ein wichtiges und berechtigtes gesundheitspolitisches Ziel ist,

I.   in der Erwägung, dass bei den Jugendlichen in den verschiedenen Mitgliedstaaten zwar besorgniserregende einheitliche Trinkgewohnheiten festgestellt werden können, sich die Trinkgewohnheiten und -traditionen innerhalb der Europäischen Union aber erheblich unterscheiden, was bei der Ausarbeitung einer europäischen Strategie zur Bekämpfung alkoholbedingter Probleme berücksichtigt werden sollte, damit jeder Mitgliedstaat Lösungen finden kann, die den jeweiligen Problemen und der Art der alkoholbedingten Schäden angemessen sind; in der Erwägung, dass eine einheitliche Alkoholpolitik für alle Mitgliedstaaten niemals zustande käme; in der Erwägung, dass es außerdem eine ganze Reihe von Problemen im Zusammenhang mit der Alkoholpolitik gibt, die grenzüberschreitend sind und deren Lösung für die einzelnen Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene zunehmend schwieriger wird; in der Erwägung, dass daher auf Ebene der EU konzertierte Maßnahmen getroffen werden müssen, ferner in der Erwägung, dass die Kommission die Mitgliedstaaten dazu bewegen sollte, eine wirksame und ehrgeizige Politik gegen den gefährlichen und schädlichen Alkoholkonsum zu betreiben, und die Mitgliedstaaten dabei soviel wie möglich unterstützen sollte,

J.   in der Erwägung, dass politische Maßnahmen auf einzelstaatlicher oder auf Gemeinschaftsebene keinesfalls die Verantwortung ersetzen können, die letztlich der Einzelne bzw. seine Familie für einen maßvollen und begrenzten Alkoholkonsum trägt;

K. in der Erwägung, dass Leitlinien für einen Konsum mit geringem Risiko im Rahmen europaweiter öffentlicher Kampagnen vorgegeben werden könnten, die auf die Besonderheiten der Mitgliedstaaten zugeschnitten sind; in der Erwägung, dass strenge und gezielte Maßnahmen getroffen werden sollten, um schädlichen und gefährlichen Alkoholkonsum im Straßenverkehr und am Arbeitsplatz zu vermeiden; in der Erwägung, dass auch Maßnahmen getroffen werden sollten, um zu verhindern, dass Minderjährige und Schwangere Alkohol konsumieren,

L.  in der Erwägung, dass die Gesellschaft einen großen Teil der Kosten trägt, die infolge eines gefährlichen und schädlichen Alkoholkonsums anfallen; in der Erwägung, dass infolgedessen die Gesellschaft insgesamt von einer wirksamen Verringerung der alkoholbedingten Schäden profitieren würde; in der Erwägung, dass es daher vernünftig ist, bestimmte Beschränkungen für den Zugang zu alkoholischen Getränken festzulegen,

M. in der Erwägung, dass gesundheitsbezogene Angaben auf alkoholischen Getränken verboten und nährwertbezogene Angaben nur in Ausnahmefällen zulässig sind, wie in der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel[4] festgelegt ist,

N. in der Erwägung, dass Alkoholkonsum erhebliche Auswirkungen auf den Stoffwechsel verschiedener Nährstoffe hat; in der Erwägung, dass Alkoholkonsum wegen der Wechselwirkungen die Wirksamkeit verschiedener Arzneimittel beeinflusst,

O. in der Erwägung, dass die schädlichen Auswirkungen des Alkoholkonsums auf die Leber eindeutig nachgewiesen sind, ebenso seine nachteiligen Auswirkungen auf das zentrale und periphere Nervensystem, was in der heutigen alternden Gesellschaft zunehmend ins Gewicht fällt,

1.  begrüßt den Ansatz, den die Kommission in der Mitteilung im Hinblick auf den gefährlichen und schädlichen Alkoholkonsum und seine gesundheitsschädlichen Auswirkungen gewählt hat; fordert die Kommission gleichwohl auf, für die Mitgliedstaaten ehrgeizige Globalziele zu beschreiben, damit sie den gefährlichen und schädlichen Alkoholkonsum eindämmen, ohne dabei das Subsidiaritätsprinzip anzutasten; fordert die Mitgliedstaaten auf, besonderes Augenmerk auf schutzbedürftige gesellschaftliche Gruppen wie Kinder, Jugendliche und Schwangere zu richten und gegen den gefährlichen und schädlichen Alkoholkonsum von Heranwachsenden sowie den Konsum von Alkohol am Arbeitsplatz und Alkohol am Steuer durch Informations- bzw. Aufklärungskampagnen vorzugehen sowie gegebenenfalls zu überprüfen, ob bestehende einzelstaatliche Gesetze überhaupt eingehalten werden;

2.  räumt ein, dass Alkoholkonsum als Teil des europäischen Kulturerbes und Lebensstils gelten kann; erkennt außerdem an, dass ein geringer Alkoholkonsum – also nach dem Aktionsplan Alkohol 2000-2005 (PAEA) des WHO-Regionalbüros für Europa 10 Gramm täglich – einen Beitrag zur Vorbeugung gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Ischämie bei manchen Personen mittleren Alters leistet; räumt ein, dass die Mehrheit der Personen, die Alkohol trinken, ihn zwar in Maßen genießen, dass gefährlicher und schädlicher Alkoholkonsum aber sehr wohl ein typisches Verhaltensmuster von Jugendlichen ist;

3.  weist darauf hin, dass gefährlicher und schädlicher Alkoholkonsum in allen gesellschaftlichen Gruppierungen vorkommt und auf sehr verschiedene Faktoren zurückzuführen ist, weshalb ein umfassender Ansatz zur Bekämpfung dieses Problems erforderlich ist;

4.  erkennt an, dass ein auf fundierte wissenschaftliche Bewertungen gestütztes Eingreifen notwendig ist, wenn dem gefährlichen und schädlichen Alkoholkonsum wirksam Einhalt geboten werden soll; ist der Ansicht, dass angesichts der Tatsache, dass Alkohol einer der wichtigsten Risikofaktoren für die Gesundheit ist, die Erhebung von Daten, insbesondere über das Verhältnis zwischen Blutalkoholkonzentration und Verkehrsunfällen, Alkohol und Lebererkrankungen sowie Alkohol und neuropsychologischen Störungen, Syndromen und Erkrankungen in der gesamten Europäischen Union von größter Bedeutung ist; fordert die Mitgliedstaaten und alle Interessenvertreter daher auf, die Mittel für die Erhebung von Daten sowie für eine verbesserte Wirksamkeit von Informationen und Vorsorgekampagnen und -programmen aufzustocken;

5.  weist darauf hin, dass die dringlichsten Probleme des gefährlichen und schädlichen Alkoholkonsums mit den Auswirkungen von Alkohol auf Jugendliche zusammenhängen, die empfindlicher auf körperliches und seelisches Leid reagieren und stärker unter sozialer Stigmatisierung aufgrund ihres eigenen Alkoholkonsums oder dem anderer Menschen leiden;

6.  ist besorgt über die Zunahme des Alkoholkonsums bei Jugendlichen und stellt mit Sorge fest, dass Jugendliche tendenziell immer früher zu trinken beginnen und aufgrund ihrer höheren Risikobereitschaft gefährliche Verhaltensweisen an den Tag legen, wie etwa Komatrinken und andere Formen des gefährlichen Alkoholkonsums, der schnell betrunken macht, gleichzeitiger Konsum von Alkohol und Drogen und Autofahren unter Einfluss von Alkohol und Drogen;

7.  betont, dass bei Jugendlichen die Tendenz festzustellen ist, dass ihr Alkoholkonsum zunimmt, wenn sie ein Studium aufnehmen; ist der Ansicht, dass verstärkte Anstrengungen an den Hochschulen dazu beitragen könnten, die Zahl der starken Trinker in Zukunft zu verringern; fordert daher alle Mitgliedstaaten auf, ihre Vorsorgeprogramme in diesem Bereich zu verstärken;

8.  (i) fordert die Kommission auf, die konkreten schädlichen Auswirkungen des Alkoholkonsums von Jugendlichen in den Mitgliedstaaten zu benennen und zu quantifizieren, um dann gemeinschaftliche Zielsetzungen für die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Eindämmung des gefährlichen und schädlichen Alkoholkonsums durch Jugendliche zu formulieren, wobei sich die Mitgliedstaaten verpflichten, die schädlichen Folgen auf europäischer Ebene zu verringern, und die bereits unternommenen Bemühungen berücksichtigt werden;

     (ii) betont, dass die Mitgliedstaaten unbeschadet etwaiger Verpflichtungen aufgrund der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft auf einzelstaatlicher Ebene den zu ergreifenden Maßnahmen eigenständig Gestalt geben können, dass sie aber der Kommission über die bei der Bekämpfung des gefährlichen und schädlichen Alkoholkonsums durch Jugendliche erzielten Fortschritte Bericht erstatten sollten,

     (iii) weist darauf hin, dass die Kommission Hilfestellung leisten und die Mitgliedstaaten beim Erfahrungsaustausch und beim Austausch bewährter Verfahren sowie bei der Durchführung von europäischen Forschungsvorhaben zur Bekämpfung der schädlichen Folgen des Alkoholkonsums durch Jugendliche unterstützen muss, wenn die Ziele, die Europa sich gesteckt hat, erreicht werden sollen;

9.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, unter Einbeziehung entsprechender nichtstaatlicher Organisationen und Wirtschaftsverbände im Rahmen des von der Kommission vorgeschlagenen Forums für Alkohol und Gesundheit den Austausch bewährter Methoden voranzutreiben, um insbesondere den gefährlichen und schädlichen Alkoholkonsum bei Kindern und Jugendlichen zu verhindern, und folgende Maßnahmen anzunehmen:

     (i) Aufklärungskampagnen, die von den Mitgliedstaaten und Interessenverbänden über die Gefahren des gefährlichen und schädlichen Alkoholkonsums durchgeführt werden, insbesondere Aufklärungsprogramme im Schulunterricht, die Kinder und Jugendliche vor allem dazu ermuntern sollen, regelmäßig Sport zu treiben, aber auch Aufklärungskampagnen für deren Eltern, um sie darauf vorzubereiten, im Familienkreis über alkoholbedingte Probleme zu sprechen, sowie für die Lehrer, wobei ebenfalls frühzeitig vermittelt werden sollte, dass Erwachsene Alkohol in Maßen und verantwortungsvoll konsumieren sollten;

(ii) Beschränkung des Zugangs zu alkoholischen Getränken und ihrer Verfügbarkeit für Jugendliche, beispielsweise durch die strenge Durchsetzung der bestehenden Rechtsvorschriften, die den Verkauf von Alkohol an Jugendliche verbieten, durch schärfere Kontrollen von Händlern und Vertriebsstrukturen, zum Beispiel Restaurants und Bars, Supermärkten und Einzelhandelsgeschäften,

(iii) Einbeziehung der Einzelhandels- und Restaurationsbranche in die Ausarbeitung und Umsetzung konkreter Maßnahmen zur Unterbindung des Verkaufs und des Ausschanks von Alkohol und Alkopops an Minderjährige,

(iv) schwerpunktmäßige Konzentration der Aufmerksamkeit auf die so genannten „Alkopops“, die ganz gezielt für Jugendliche entwickelt wurden, damit den Verbrauchern durch Maßnahmen wie strengere Kennzeichnungsvorschriften und die Auflage, Alkopops in Geschäften deutlicher von Limonaden zu trennen, klar wird, dass es sich um alkoholische Getränke handelt, und Verbot ihres Verkaufs an Jugendliche; zudem Befürwortung höherer Steuern auf solche Getränke,

(v) Erarbeitung von Leitlinien zur Festlegung des Mindestalters für den Verkauf und den Ausschank von alkoholischen Getränken an Jugendliche, die von den Mitgliedstaaten umzusetzen sind,

(vi) europaweite Einführung eines Grenzwerts für den Blutalkoholgehalt von Fahranfängern, der – soweit irgend machbar – möglichst nahe an der Null-Promille-Grenze liegt, wie das Parlament bereits in seiner Entschließung vom 18. Januar 2007 zur Halbzeitbilanz des Aktionsprogramms für die Straßenverkehrssicherheit[5] gefordert hat, wobei zu bedenken ist, dass manche Fertiggerichte Spuren von Alkohol enthalten können,

(vii) mehr Möglichkeiten, den Alkoholgehalt im Blut nachzuweisen und zu überprüfen, z.B. durch Rechentabellen für die Selbsteinschätzung im Internet, und umfassende Verfügbarkeit von Atemalkohol-Messgeräten, insbesondere in Diskotheken, Bars und Stadien sowie auf Autobahnen und Straßen im Allgemeinen, insbesondere in der Nacht, damit dem Verbraucher auf jeden Fall vermittelt wird, dass der Konsum von Alkohol und das Lenken von Fahrzeugen nicht miteinander vereinbar sind,

(viii) Durchführung aller erforderlichen Maßnahmen zwecks Verschärfung der Kontrollen von alkoholisierten Fahrern auf ein Höchstmaß,

(ix) Verschärfung der Strafen für Alkohol am Steuer durch die Mitgliedstaaten wie Verlängerung des Führerscheinentzugs und der Fahrzeugbeschlagnahme,

(x) Aufforderung an die Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass für Autofahrer, die Alkohol getrunken haben, öffentliche Verkehrsmittel als Alternative verfügbar sind;

(xi) stärkere Ausweitung von Aufklärungskampagnen wie „Fahrer bleibt nüchtern“, die sich positiv auf die Verkehrssicherheit auswirken und bei denen die Mitfahrer auf die Auswirkungen eines gefährlichen und schädlichen Alkoholkonsums hingewiesen werden,

(xii) Auslobung eines europäischen Preises für die beste Kampagne gegen gefährlichen und schädlichen Alkoholkonsum, die sich an Schulen und Jugendliche wendet,

(xiii) Intensivierung des Austauschs bewährter Verfahren der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von gefährlichem und schädlichem Alkoholkonsum und zwischen den einzelstaatlichen Polizeikräften zur Kontrolle von alkoholisierten jugendlichen Fahrern,

(xiv) Förderung von Initiativen, mit denen gewährleistet wird, dass Personen, die mit akuter Alkoholvergiftung in ein Krankenhaus eingeliefert werden, auch nach ihrer Entlassung weiter psychologisch betreut werden,

10. (i) fordert die Kommission auf, das Auftreten von FAS (Fetales Alkohol-Syndrom) und FASD (Fetale Alkohol-Spektrumsstörungen) in den Mitgliedstaaten zu quantifizieren, um dann gemeinschaftliche Ziele für die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Eindämmung von FAS und FASD zu formulieren, wobei sich die Mitgliedstaaten verpflichten, das Auftreten von FAS und FASD auf europäischer Ebene zu senken, und dabei den Bemühungen, die bereits unternommen wurden, Rechnung zu tragen,

     (ii) betont, dass die Mitgliedstaaten unbeschadet etwaiger Verpflichtungen, aufgrund von Rechtsvorschriften der Gemeinschaft auf einzelstaatlicher Ebene die zu ergreifenden Maßnahmen inhaltlich eigenständig festlegen können, dass sie aber der Kommission über die bei der Bekämpfung von FAS und FASD erzielten Fortschritte Bericht erstatten sollten,

     (iii) weist darauf hin, dass die Kommission Hilfestellung leisten und die Mitgliedstaaten beim Erfahrungsaustausch und beim Austausch bewährter Verfahren sowie bei der Durchführung von europäischen Forschungsvorhaben zur Bekämpfung von FAS und FASD unterstützen muss, wenn die Ziele, die Europa sich gesteckt hat, erreicht werden sollen;

11. vertritt die Auffassung, dass sowohl Frauen als auch Männer besser über die Gefahren des Alkoholkonsums in der Schwangerschaft und insbesondere über fetale Alkohol-Spektrumsstörungen (FASD) informiert werden sollten, um durch Alkoholkonsum in der Schwangerschaft bedingte Krankheiten und Entwicklungsverzögerungen von Neugeborenen, Kindern und Jugendlichen zu vermeiden; betont, dass entsprechende Warnhinweise auf der Verpackung alkoholischer Getränke Frauen vom Alkoholkonsum vor und während der Schwangerschaft abhalten könnten; stellt fest, dass für Frauen mit einem Alkoholproblem eine zusätzliche Unterstützung in der Schwangerschaft und eine Weiterbetreuung nach der Geburt erforderlich sein könnten; regt zudem an, dass Gynäkologen und das Personal in Schwangerenvorsorgekliniken entsprechend ausgebildet werden sollten, sodass sie potenzielle Fälle von gefährlichem und schädlichem Alkoholkonsum so früh wie möglich erkennen und die betroffenen Frauen beim völligen Verzicht auf Alkohol während der Schwangerschaft unterstützen können;

12. vertritt die Auffassung, dass Männer besser über den Zusammenhang zwischen Alkohol und Impotenz informiert werden sollten;

13. ist der Ansicht, dass bei Jugendlichen weder für Alkohol geworben noch Alkohol an sie verkauft werden darf;

14. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Leitlinien für Alkoholwerbung im Fernsehen zu erarbeiten und sicherzustellen, dass die neue Richtlinie über „Fernsehen ohne Grenzen“ unmittelbar nach ihrer Annahme umgesetzt wird; fordert die Kommission auf, die Anbieter von audiovisuellen Mediendiensten dazu anzuhalten, Vorschriften für die Zeiten, in denen für alkoholische Getränke geworben werden darf, in ihren Verhaltenskodex aufzunehmen;

15. begrüßt und unterstützt Selbstregulierungsverpflichtungen z. B. der Werbewirtschaft und der Alkoholproduzenten; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang auf, die Einhaltung dieser Verpflichtungen zu überprüfen und im Falle der Nichteinhaltung Sanktionen zu ergreifen;

16. weist darauf hin, dass die Mitgliedstaaten gegenwärtig durchaus obligatorische Gesundheitswarnungen für alkoholische Getränke einführen können; erinnert daran, dass die Kennzeichnung auf der Vorderseite der Verpackung einen Warnhinweis umfassen darf, dass Alkohol die körperliche und geistige Gesundheit erheblich gefährden kann, dass Alkohol süchtig macht und dass Alkoholkonsum in der Schwangerschaft den Fötus schädigen kann; stellt fest, dass Warnungen vor Gesundheitsschäden auf alkoholischen Getränken eine ähnliche europäische Harmonisierung erfordern könnten wie die Warnhinweise auf Tabakerzeugnissen, und fordert die Kommission daher auf, bis zum 1. Januar 2010 entweder einen Legislativvorschlag zur Einführung von Warnungen vor Gesundheitsschäden auf alkoholischen Getränken oder eine Mitteilung vorzulegen, in der sie erklärt, warum die Einführung bzw. Harmonisierung von Warnungen vor Gesundheitsschäden auf alkoholischen Getränken – im Gegensatz zu Warnhinweisen auf Tabakerzeugnissen – nicht notwendig ist; regt an, dass bei den Warnhinweisen insbesondere auf die Gefahren des Alkoholkonsums in der Schwangerschaft hinzuweisen wäre;

17. fordert die Kommission auf, Initiativen zu fördern, die auf den Austausch der besten medizinischen Verfahren in verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens sowie auf die Förderung von unabhängigen und unvoreingenommenen Informationskampagnen zur Sensibilisierung für die Gefahren des gefährlichen und schädlichen Alkoholskonsums abzielen; ist der Ansicht, dass auch Kampagnen durchgeführt werden sollten, die sich an für neuropsychologische Störungen, Syndrome und Erkrankungen anfällige Personen sowie an alte, einsame, abgeschieden oder isoliert lebende Menschen richten, da diese stärker gefährdet sind, im Alkohol Zuflucht zu suchen, was ihren Zustand noch verschlimmert und das Risiko erhöht, an neuropsychologischen Störungen, Syndromen oder Erkrankungen zu leiden;

18. fordert die Kommission gleichzeitig auf, die Verbreitung von Instrumenten wie dem von der WHO entwickelten AUDIT (Alcohol Use Disorders Identification Test) zu fördern, die eine rasche Identifizierung von Personen ermöglichen, die gefährdet sind, noch bevor diese zugeben, dass sie ein Alkoholproblem haben; weist darauf hin, dass ein rechtzeitiges informelles Gespräch zwischen Allgemeinmediziner und Patient eine außerordentlich wirksame Maßnahme ist, Patienten über die Gefahren im Zusammenhang mit gefährlichem und schädlichen Alkoholkonsum zu informieren und die notwendigen Verhaltensänderungen von Personen, die Missbrauch betreiben, zu bewirken; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Weiterbildung von Allgemeinmedizinern zu unterstützen, damit sie Alkoholprobleme und alkoholbedingte Störungen erkennen und entsprechend eingreifen können;

19. ist der Ansicht, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten die notwendigen Maßnahmen treffen sollten, um die schädlichen sozialen Auswirkungen von Alkoholkonsum, wie Mobbing und Gewalt in der Familie, in den Griff zu bekommen; fordert mehr soziale und psychologische Unterstützung für Familien, die unter dem gefährlichen und schädlichen Alkoholkonsum eines Familienmitglieds leiden; fordert besondere Sozialhilfeleistungen für Kinder, die in Familien mit alkoholbedingten Problemen leben; schlägt die Einrichtung einer Notrufnummer vor, bei der alkoholbedingte Übergriffe in der Familie gemeldet werden können;

20. ist besorgt über den starken Alkoholkonsum vieler alter Menschen, der oft durch körperliche Schmerzen oder durch das Gefühl von Einsamkeit und Perspektivlosigkeit bedingt ist; weist darauf hin, dass Alkoholprobleme im Alter ein wichtiges Thema sind, das mit der fortschreitenden Alterung der Gesellschaft an Dringlichkeit gewinnt;

21. vertritt die Auffassung, dass bessere Kenntnisse über das Verhältnis von Alkoholkonsum und Krankenstand, Langzeitkrankenstand und Vorruhestand erforderlich sind; hält es für wichtig, unter Achtung der gemeinschaftlichen und einzelstaatlichen arbeitsrechtlichen Vorschriften Alkoholprobleme am Arbeitsplatz anzugehen, indem die Betroffenen ermutigt werden, Hilfe in Anspruch zu nehmen, weist jedoch darauf hin, dass dies stets unter gebührender Wahrung der Privatsphäre und der Rechte des Einzelnen erfolgen sollte; fordert die Arbeitgeber nachdrücklich auf, dem gefährlichen und schädlichen Alkoholkonsum am Arbeitsplatz besondere Aufmerksamkeit zu widmen, vorbeugende Aufklärungskampagnen durchzuführen und Arbeitnehmern mit Alkoholproblemen Hilfe zu leisten;

22. ist überzeugt davon, dass die Europäische Union vorrangig darauf hinwirken sollte, die Zahl der Verkehrsunfälle und der damit zusammenhängenden durch Alkoholkonsum verursachten Schäden (17 000 Todesopfer jährlich) zu verringern;

     (i) fordert die Kommission daher auf, die konkreten schädlichen Auswirkungen des Fahrens unter Alkoholeinfluss in den Mitgliedstaaten zu benennen und zu quantifizieren, um dann gemeinschaftliche Zielsetzungen für die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Eindämmung des Fahrens unter Alkoholeinfluss zu formulieren, wobei sich die Mitgliedstaaten verpflichten, die schädlichen Folgen des Fahrens unter Alkoholeinfluss zu senken, und dabei den bisher unternommenen Bemühungen Rechnung zu tragen;

     (ii) betont, dass die Mitgliedstaaten unbeschadet etwaiger Gemeinschaftsvorschriften auf einzelstaatlicher Ebene den zu ergreifenden Maßnahmen eigenständig Gestalt geben können, dass sie aber der Kommission über die bei der Bekämpfung des Fahrens unter Alkoholeinfluss erzielten Fortschritte Bericht erstatten sollten,

     (iii) weist darauf hin, dass die Kommission Hilfestellung leisten und die Mitgliedstaaten beim Erfahrungsaustausch und dem Austausch bewährter Methoden zwischen den Mitgliedstaaten sowie bei der Durchführung gemeinschaftlicher Untersuchungen zur Bekämpfung der schädlichen Folgen des Fahrens unter Alkoholeinfluss unterstützen muss, wenn die Ziele, die Europa sich gesteckt hat, erreicht werden sollen;

23. ist der Auffassung, dass den Gefahren im Zusammenhang mit dem gefährlichen und schädlichen Alkoholkonsum im Straßenverkehr besser begegnet werden kann, wenn folgende Maßnahmen getroffen werden:

(i) erhebliche Verstärkung der Kontrollen des Alkoholgehalts im Blut und Inangriffnahme des Problems, dass die Umsetzungsrate in den einzelnen Mitgliedstaaten höchst unterschiedlich ist, mit dem Ziel, die Kontrollhäufigkeit zu vereinheitlichen und sich darüber auszutauschen, an welchen Stellen die Kontrollen am besten durchgeführt werden sollten,

(ii) strengere Strafen für Alkohol am Steuer wie längerer Führerscheinentzug,

(iii) Festsetzung eines Höchstwerts für den Alkoholgehalt im Blut für Fahrer von Fahrzeugen, für die ein Führerschein der Klasse A oder B erforderlich ist, sowie für Fahrer von Fahrzeugen, für die ein Führerschein einer höheren Klasse erforderlich ist, und für alle Berufsfahrer, der – soweit irgend machbar – möglichst nahe an der Null-Promille-Grenze liegt, wobei zu bedenken ist, dass manche Fertiggerichte Spuren von Alkohol enthalten können;

24. betont, dass alle wirksamen Maßnahmen zur Vermeidung von Alkohol am Steuer gefördert werden sollten; fordert mit Nachdruck, dass Wegfahrsperren bei positivem Alkoholtest und andere Instrumente, die – insbesondere bei Berufsfahrern – Fahren im alkoholisierten Zustand durch technische Lösungen verhindern, weiterentwickelt werden;

25. fordert die Kommission auf, unvoreingenommene und unabhängige Informationskampagnen durchzuführen bzw. von den Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit den Interessenverbänden durchgeführten Kampagnen zur Förderung eines verantwortungsvollen und moderaten Konsums zu unterstützen und die negativen Auswirkungen von gefährlichem und schädlichem Alkoholkonsum auf die körperliche und geistige Gesundheit sowie auf das soziale Wohlbefinden hervorzuheben;

26. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Maßnahmen zur Suchtbekämpfung zu verstärken und zu koordinieren und bis 2010 eine umfassende allgemeine Untersuchung über gefährlichen Konsum, Suchtverhalten und deren Gründe vorzulegen;

27. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, das Problem des illegalen Alkoholverkaufs bzw. des Schwarzmarkts anzugehen, die Qualität des verkauften Alkohols zu kontrollieren und die Kontrollen von selbstgemachten alkoholischen Getränken (wie selbstgebrannten Schnäpsen), die für Menschen tödlich sein können, zu verstärken;

28. fordert alle Akteure auf, im Rahmen des von der Kommission vorgeschlagenen Forums für Alkohol und Gesundheit die Durchführung konkreter Aktionen und Programme zur Behebung alkoholbedingter Schäden zu fördern, da sich das Forum zum Ziel gesetzt hat, bewährte Verfahren auszutauschen, die aktive Beteiligung zu fördern, eine angemessene Auswertung der Aktionen zu gewährleisten und ihre wirksame Umsetzung zu überwachen; erwartet von der Kommission, dass auch Vertreter des Europäischen Parlaments Zugang zum Forum für Alkohol und Gesundheit haben und dass die Kommission dem Europäischen Parlament jährlich über die Fortschritte des Forums Bericht erstattet;

29. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

  • [1]  ABl. L 161 vom 16.6.2001, S. 38.
  • [2]  ABl. C 175 vom 20.6.2001, S. 1.
  • [3]  ABl. L 111 vom 17.4.2004, S. 75.
  • [4]  ABl. L 404 vom 30.12.2006, S. 9; korrigierte Fassung in ABl. L 12 vom 18.1.2007, S. 3.
  • [5]  Angenommene Texte, P6_TA(2007)0603.

BEGRÜNDUNG

Das Problem des Alkoholmissbrauchs nimmt mittlerweile in allen Mitgliedstaaten der Euro­päischen Union erhebliche bis besorgniserregende Ausmaße an, wobei dem Alkohol in ver­schiedenen Kulturen schon immer ein von Tradition zu Tradition, von Region zu Region und von Staat zu Staat unterschiedlicher Wert beigemessen wurde.

Eine grundlegende und inzwischen klassische Unterscheidung erfolgt nach den Unterschieden zwischen Süd- und Nordeuropa, wobei von einer so genannten „feuchten“ Kultur gesprochen wird – in der seit Jahrtausenden über viele Generationen hinweg traditionell Wein zum Essen auf den Tisch kommt, der mit Genuss und maßvoll konsumiert wird und der Bestandteil des lokalen Kulturerbes und der Traditionen ist – und einer so genannten „trockenen" Kultur – in der die bewusstseinsverändernden Eigenschaften von Alkohol und die Tatsache, dass Alkoholkonsum nicht normaler Bestandteil des Alltags ist, sich darin äußern, dass außerhalb der Mahlzeiten getrunken wird, vorwiegend am Wochenende und in erheb­lichem Maße, um soziale Hemmungen zu überwinden und dem Konformismus und den strengen sozialen Regeln zu entkommen.

Seit einigen Jahrzehnten zeichnet sich jedoch in ganz Europa ein Wandel ab, in dessen Zuge sich das Trinkverhalten immer mehr vereinheitlicht, insbesondere bei Jugendlichen, die Alkohol zunehmend aus sozialen Gründen und aufgrund seiner bewusstseinsverändernden Wirkung konsumieren.

Von zahlreichen Einrichtungen, Regierungen, Vereinigungen und Wirtschaftsteilnehmern durchgeführte Studien zeigen eine besorgniserregende Tendenz zu unangemessenem Alkoholkonsum, der sich manchmal zu echtem Missbrauch entwickelt. Dies betrifft jedoch nur eine Minderheit der europäischen Bevölkerung.

Der maßvolle Konsum von Alkohol, der Bestandteil von Kultur und Tradition bestimmter Völker ist, darf an sich nicht verteufelt werden, doch Alkoholmissbrauch gefährdet das Wohl der europäischen Bürger, da er bekanntlich nicht nur gesundheitsschädigend ist, sondern auch eine Reihe von indirekten Folgen hat, wie etwa Verkehrsunfälle, Misshandlungen in der Familie, vor allem von Kindern, Zunahme aggressiver Verhaltensweisen und Missbrauch von Minderjährigen.

Die Daten über die Auswirkungen von Alkoholmissbrauch auf die europäische Gesellschaft geben zu denken. Insbesondere ist in den Studien der Kommission von Tausenden von alkoholbedingten Todesfällen jährlich in Europa die Rede; die Hälfte davon ist jedes Jahr auf Verkehrsunfälle unter Alkoholeinwirkung zurückzuführen. Alkoholmissbrauch ist für 16 % der Kindesmisshandlungen in der Familie verantwortlich. Ferner werden in der Europäischen Union 60 000 Kinder jährlich mit Fetalem Alkoholsyndrom geboren.

Diese Probleme erfordern eine angemessene Reaktion auf europäischer Ebene. Die Mitglied­staaten haben sich bereits im Rahmen der WHO zur Vorbeugung gegen Probleme im Zusammenhang mit dem Alkoholmissbrauch sowie zu deren Bekämpfung verpflichtet. Doch sie setzen auf einzelstaatlicher Ebene verschiedene Strategien um, wobei sie ganz unter­schiedliche Ansätze gewählt haben, was die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen – vor allem in Grenzgebieten – beeinträchtigt.

Daher ist es von wesentlicher Bedeutung, dem Kampf gegen den Alkoholmissbrauch einen europäischen Mehrwert zu verleihen, wobei zu berücksichtigen ist, dass sich die in Artikel 152 des Vertrags anerkannte Zuständigkeit der Europäischen Union auf ergänzende Maß­nahmen beschränkt und dass es angesichts der genannten kulturellen Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten sehr schwierig – wenn nicht unmöglich – ist, ein einheitliches Modell für 27 europäische Staaten vorzuschlagen.

Die Union kann jedoch einige grundlegende Maßnahmen annehmen und sich insbesondere für die Aufklärung der Bürger im Hinblick auf einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol engagieren, über die durch Alkoholmissbrauch verursachten Schäden informieren, die Her­steller und Vertreiber in die Verantwortung nehmen, von den Wirtschaftsteilnehmern die notwendige Hilfe einfordern, Schulen und Familien einbeziehen, Aussagen treffen, die den Jugendlichen positive Beispiele geben, sowie die Risiken für die am stärksten gefährdeten Gruppen bewusster machen.

Dies kann vor allem im Rahmen einer umfassenden Strategie geschehen, die neben Maß­nahmen zur Koordinierung der verschiedenen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Kampagnen auch einen größeren Austausch von Informationen und bewährten Verfahren vorsieht. Ein entschiedenes Eingreifen durch erwiesenermaßen wirksame Maßnahmen ist ge­fordert!

In erster Linie ist umfassende Information durch Aufklärungskampagnen ausschlaggebend, die auf drei Ebenen verfolgt werden, nämlich Familie, Schule und Medien. Aus den jüngsten Forschungsarbeiten der WHO geht hervor, dass sich die diesbezüglichen Sensibilisierungskampagnen als äußerst wirksam erwiesen haben, weshalb solche Initiativen verstärkt verfolgt werden sollten.

Die Mitteilung der Kommission, die sich auf fünf Prioritäten beim Kampf gegen durch Alkoholmissbrauch bedingte Schäden konzentriert, ist zu begrüßen. Außerdem sollte der Schutz von Jugendlichen eines der Hauptziele des Tätigwerdens der Gemeinschaft sein.

Es liegen eindeutige Hinweise darauf vor, dass der übermäßige Alkoholkonsum unter Jugendlichen zunimmt, die immer jünger mit dem Trinken anfangen. In der gesamten Europäischen Union setzen sich relativ einheitliche gefährliche, aber sozial akzeptierte Konsummuster durch, wie etwa Alkoholexzesse, bei denen mehr als fünf Einheiten Alkohol gemeinsam mit dem Ziel konsumiert werden, die Kontrolle zu verlieren und Hemmungen zu überwinden, oder der gleichzeitige Konsum von Alkohol und Drogen oder auch die Zunahme der Gelegenheiten, bei denen man sich betrinkt.

Gerade in diesem Bereich sollte der Ansatz der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union strenger und wirksamer sein. Die Institutionen müssen gewährleisten, dass die Schwächsten vor gesundheitsgefährdenden Massenphänomenen geschützt werden. Jugendlich zählen zu den gefährdeten Gruppen, da sie im Allgemeinen anfälliger sind für die Gefahr des Konfor­mismus und der Beeinflussung durch Moden und gesellschaftliche Trends als Erwachsene. Ferner ist zu bedenken, dass die Jugendlichen von heute die Verbraucher von morgen sind und sie daher – bei einer entsprechenden Erziehung – dazu beitragen werden, die negativen Auswirkungen des Alkoholsmissbrauchs in der Gesellschaft der Zukunft zu vermindern. Es ist schwierig, eine Grenze festzulegen, ein Alter, bis zu dem eine Person als „jugendlich“ und somit als „gefährdet“ gilt, und ab wann die Gesellschaft und die Institutionen ihre Aufmerksamkeit verringern und zulassen können, dass der freie Wille an die Stelle von Rechtsvorschriften tritt. Auch diesen Aspekt haben die Mitgliedstaaten unterschiedlich bewertet. Im Allgemeinen liegt das Alter, bis zu dem der Verkauf und der Ausschank an Jugendliche verboten ist, zwischen 16 und 18 Jahren. Es sollte ein einheitliches Mindestalter für die gesamte Europäische Union festgelegt werden, das zumindest mit der Volljährigkeit zusammenfallen sollte. Die Europäische Union kann eine solche Altersgrenze nicht durchsetzen, sie kann sie aber zumindest nachdrücklich empfehlen, was wir im Rahmen dieser Strategie tun wollen.

Ferner sind die Kontrollen und Strafen im Zusammenhang mit dem Verkauf von Alkohol an Personen zu verstärken, die das gesetzlich vorgeschriebene Mindestalter noch nicht erreicht haben.

Was die Gruppe von Jugendlichen angeht, die zwar volljährig sind, jedoch immer noch gefährdet sind, so ist es möglich und angemessen, Maßnahmen auszuarbeiten, die ihren Zu­gang zu Alkohol einschränken.

Insbesondere wird vorgeschlagen, die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von Alkohol für Jugendliche einzuschränken, auch durch eine Anhebung der Preise, eine Besteuerung der so genannten Alkopops, also der speziell für Jugendliche konzipierten alkoholischen Getränke.

In jedem Fall sollten angemessene Initiativen unternommen werden, insbesondere zur Bewusstseinsbildung im Hinblick auf die Gefahren und körperlichen, aber auch psychischen Schäden infolge von Alkoholmissbrauch. Es ist von ausschlaggebender Bedeutung, dass Bildungs- und Informationsmaßnahmen durchgeführt werden, weil das Problem des Missbrauchs in erster Linie wie alle anderen Verhaltensmuster eine Frage der Einstellung ist. Um die Gesellschaft zu verbessern, muss sich also die gängige Mentalität wandeln.

Was das Ziel angeht, die alkoholbedingten Verkehrsunfälle zu verringern, die leider oft von Jugendlichen verursacht werden, müssen die Kontrollen verschärft werden, so dass Kontrollen nicht nur für möglich gehalten werden, sondern höchstwahrscheinlich auch tatsächlich stattfinden. Nur so kann man eine abschreckende Wirkung erzielen, die die Fahrer vom Alkoholmissbrauch abhält.

In diesem Zusammenhang wird vorgeschlagen, für Führerscheinneulinge sehr strenge Promille-Grenzen festzulegen, um ein klares Zeichen in Bezug auf die Bekämpfung von Alkoholismus bei Jugendlichen zu setzen. Ein solches Vorgehen wäre auch bei jenen Personen sinnvoll, die zwar im Erwachsenenalter den Führer­schein machen, aber noch nicht über ausreichende Fahrpraxis verfügen, um zu gewährleisten, dass sie auch mit dem zulässigen Alkoholgehalt im Blut die vollständige Kontrolle über das Fahrzeug behalten. Auch hier kann die Europäische Union keine Grenze festsetzen, aber im Rahmen dieser Strategie können wir einen Appell an die Mitgliedstaaten richten und ihnen verdeutlichen, wofür sie sich nach Auffassung der Union entscheiden sollten.

Ebenso sollten die Promillegrenzen für Fahrer von Fahrzeugen einer höheren Klasse und Berufsfahrer gesenkt werden, und zwar weil diese Fahrzeuge an sich schon gefährlicher sind und die Reaktionsfähigkeit während der Arbeit nicht durch Alkohol vermindert werden darf.

Aus gesundheitspolitischer Sicht ist es wichtig, bereits auf Ebene der Grundversorgung Maß­nahmen zu fördern. Alkoholbedingte Krankheiten sollten verstärkt durch praktische Ärzte erfasst werden. Dabei handelt es sich um die so genannte „Kurzintervention“, bei der alle Patienten, die den Arzt wegen irgendeiner Erkrankung auf­suchen, einen einfachen Fragebogen ausfüllen. Durch diesen Fragebogen kann die Ge­fährdung eines Patienten bzw. das Vorliegen von Problemen im Zusammenhang mit Alkoholmissbrauch ermittelt werden. Erste Versuche haben gute Ergebnisse gezeitigt: In der Regel ist gefährdeten Personen nicht bewusst, dass ihr Verhalten gefährlich ist und zu Alkoholismus führen kann, und dank dieser Überprüfung können sie das Problem rechtzeitig in den Griff bekommen.

Auch eine bessere Information über die Gefahren des Alkoholkonsums durch werdende Mütter ist erforderlich. Die weite Verbreitung des Fetalen Alkoholsyndroms, mit dem 60 000   Kinder jährlich in Europa geboren werden, sowie von alkoholbedingtem Untergewicht bei der Geburt – jährlich ungefähr 60 000 Fälle in Europa – beweisen ganz klar, dass die Mütter über diese Gefahren nicht ausreichend aufgeklärt werden. Daher sind wirksame Informationskampagnen erforderlich, die das Verantwortungsgefühl von Paaren mit Kinderwunsch und vor allem von künftigen Müttern wecken.

Alkoholmissbrauch ist oft auch Ursache von Gewalt, insbesondere in der Familie; in diesem Zusammenhang wird vorgeschlagen, auf europäischer Ebene eine Notrufnummer einzurichten, bei der Fälle von Gewalt in der Familie gemeldet werden können, insbesondere um Kinder zu schützen.

Ein wirksamer Ansatz könnte nach Auffassung der Kommission auch darin bestehen, die Frage des gefährlichen und schädlichen Alkoholkonsums am Arbeitsplatz anzugehen, insbesondere wenn man bedenkt, dass am Arbeitsplatz eine engmaschige Verbreitung von Informationen erfolgen kann. Dem Arbeitgeber kann außerdem die Aufgabe übertragen werden, mit Arbeitnehmern mit alkoholbedingten Problemen einen Dialog zu führen und ihnen zu helfen. Solche Probleme gelten noch immer als privat, so dass unter allen Umständen die Privatsphäre des Arbeitnehmers in diesem Bereich gewahrt werden muss.

Das von der Kommission erwähnte Forum für Alkohol und Gesundheit sollte eingerichtet werden, um den Austausch von Informationen zu fördern und auch um neue Maßnahmen zur Bekämpfung des Alkoholmissbrauchs zu prüfen. Auf der Grundlage der auf einzelstaatlicher Ebene gesammelten Daten sind entsprechende Schlussfolgerungen zu ziehen.

Alle Maßnahmen sind allerdings so durchzuführen, dass ihre Wirksamkeit und Durchführbar­keit gewährleistet ist, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass Maßnahmen der Europäischen Union einen Mehrwert bieten müssen und nationale bzw. lokale Maßnahmen nur ergänzen können.

VERFAHREN

Titel

EU-Strategie zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Verringerung alkoholbedingter Schäden

Verfahrensnummer

2007/2005(INI)

Federführender Ausschuss

        Datum der Bekanntgabe der Genehmigung im Plenum

ENVI
18.1.2007

Mitberatende Ausschüsse

        Datum der Bekanntgabe im      Plenum

CULT

18.1.2007

EMPL

18.1.2007

TRAN

18.1.2007

 

 

Nicht abgegebene Stellungnahme

        Datum des Beschlusses

CULT

21.3.2007

EMPL

22.11.2006

TRAN

22.11.2006

 

 

Verstärkte Zusammenarbeit

        Datum der Bekanntgabe im Plenum

 

 

 

 

 

Berichterstatter

        Datum der Benennung

Alessandro Foglietta
28.11.2006

 

Ersetzte(r) Berichterstatter(in/innen)

 

 

Prüfung im Ausschuss

2.5.2007

 

 

 

 

Datum der Annahme

17.7.2007

Ergebnis der Schlussabstimmung

+

-

0

53

4
7

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Margrete Auken, Liam Aylward, Pilar Ayuso, Irena Belohorská, Johannes Blokland, John Bowis, Frieda Brepoels, Hiltrud Breyer, Dorette Corbey, Chris Davies, Avril Doyle, Edite Estrela, Jill Evans, Anne Ferreira, Karl-Heinz Florenz, Alessandro Foglietta, Matthias Groote, Françoise Grossetête, Satu Hassi, Gyula Hegyi, Jens Holm, Marie Anne Isler Béguin, Caroline Jackson, Dan Jørgensen, Christa Klaß, Eija-Riitta Korhola, Holger Krahmer, Urszula Krupa, Jules Maaten, Linda McAvan, Alexandru-Ioan Morţun, Roberto Musacchio, Riitta Myller, Péter Olajos, Miroslav Ouzký, Vladko Todorov Panayotov, Dagmar Roth-Behrendt, Guido Sacconi, Amalia Sartori, Karin Scheele, Carl Schlyter, Kathy Sinnott, Bogusław Sonik, María Sornosa Martínez, Evangelia Tzampazi, Thomas Ulmer, Marcello Vernola, Anja Weisgerber, Åsa Westlund, Anders Wijkman, Glenis Willmott

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende(r) Stellvertreter(in/innen)

Alfonso Andria, Antonio De Blasio, Bairbre de Brún, Christofer Fjellner, Jiří Maštálka, Miroslav Mikolášik, Renate Sommer, Andres Tarand, Lambert Van Nistelrooij

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende(r) Stellv. (Art. 178 Abs. 2)

Albert Deß, Flrancesco Ferrari, Hans-Peter Mayer, Salvatore Tatarella

Datum der Einreichung

30.7.2007

Anmerkungen (Angaben nur in einer Sprache verfügbar)